Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
Vielfalt und Einheit der deutschen Sprache
herausgeber |
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autoren |
Klein, Wolfgang |
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titel |
Vielfalt und Einheit der deutschen Sprache. |
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untertitel |
Zweiter Bericht zur Lage der deutschen Sprache. |
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verlag |
Stauffenburg-verlag, stauffenburg.de |
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ort |
D-72015 Tübingen |
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datum |
20. 9. 2017 |
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isbn |
978-3-95809-004-0 |
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ausstattung, umfang |
gebunden, 331 s. |
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umschlag |
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inhaltsverzeichnis |
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verlagstext |
Das Deutsche ist eine der bedeutendsten Kultursprachen der Welt, und wie alle Sprachen verändert es sich ständig. Dieser Wandel äußert sich beispielsweise in einer Vereinfachung des grammatischen Systems und einer gewaltigen Ausweitung des Wortschatzes; der Erste Bericht zur Lage der deutschen Sprache (2013) war diesen Entwicklungen gewidmet. Der Wandel zeigt sich aber auch in einer zunehmenden Differenzierung in einzelne Spielarten, je nachdem, wer wann und wo mit wem mithilfe welchen Mediums über welches Thema kommuniziert. Die heutige deutsche Sprache in ihrer Gesamtheit ist daher ein überaus komplexes Bündel sich vielfach überschneidender Varietäten, von denen einer, der „Standardsprache“ (oder „Hochsprache“), eine besondere Bedeutung zukommt: sie ist das Ergebnis von Angleichungen und expliziten Normierungen; es ist die Sprachform, die eine übergreifende Verständigung sicherstellen soll und die daher in der Schule gelehrt wird. Der Zweite Bericht zur Lage der deutschen Sprache ist dieser Vielfalt und der dahinter stehenden Einheit gewidmet. Der einleitende Beitrag gibt einen systematischen Überblick über die Vielfalt des heutigen Deutsch (Wolfgang Klein), der zweite zeichnet die Bemühungen um einen einheitlichen Standard nach (Peter Eisenberg). Die weiteren Beiträge sind verschiedenen Spielarten des Deutschen gewidmet, die häufig in der öffentlichen Diskussion stehen: Dialekten und Regionalsprachen (Jürgen Erich Schmidt), der Sprache von Jugendlichen (Nils Bahlo und Wolfgang Klein), der Sprache von Migranten (Norbert Dittmar und Yazgül Simsek), der internetbasierten Kommunikation (Angelika Storrer) und der gesprochenen Alltagssprache (Ludwig M. Eichinger). Alle Beiträge stützen sich auf reiches empirisches Material, das teils eigens für diesen Bericht erhoben und ausgewertet wurde. |
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auszug s. 90f., Eisenberg |
In Abschnitt 2.2.2 wurde darauf hingewiesen, dass die Auszeichnung von Empfehlungen zum Sprachgebrauch im Dudenkodex (und inzwischen auch anderen Normkodizes) einer freien Entwicklung der Standardsprache zuwiderläuft. Verschärft wird diese Art von Normfixierung durch Korrekturprogramme. Die zur Grammatik stecken in den Kinderschuhen, aber die zur Orthographie (Spellchecker) sind weit verbreitet und ersetzen teilweise bereits das Bestreben der Schreiber, die Orthographie selbst zu beherrschen. […] Lange Zeit hindurch hat man etwa abnehmende Rechtschreibfähigkeiten der jungen Generation daran festgemacht, dass heute sowohl Abiturienten als auch Real- und Hauptschüler schlechter schreiben als vor vierzig Jahren. Berücksichtigt man jedoch, dass sowohl der Anteil an Abiturienten als auch der an Realschülern (oder was dem entspricht) stark gestiegen, der an Hauptschülern dagegen gesunken ist, dann kann es gar nicht anders sein. Realistischer wäre ein Vergleich der jeweils besten oder schlechtesten sagen wir 10, 20 oder 30 Prozent Schreiber eines Jahrgangs. Inzwischen dürfte jedoch unbestreitbar sein, dass die Rechtschreibfähigkeiten seit einigen Jahren tatsächlich abnehmen, ähnlich wie es oben für Frankreich beschrieben wurde. In Deutschland kommt allerdings eine Verunsicherung durch die Neuregelung der Orthographie hinzu, die dem Orthographieunterricht quantitativ und qualitativ viel Wasser abgegraben hat. Eine Erhebung der Rechtschreibleistungen von Viertklässlern an derselben Schule in den Jahren 1972, 2002 und 2012 ergibt einen signifikanten Anstieg an Fehlern, am weitaus stärksten in den Bereichen Groß- und Klein- sowie Getrennt- und Zusammenschreibung (Steinig / Betzel 2014). Zu ähnlichen Schlüssen kommt eine ausführliche Untersuchung der Rechtschreibleistungen von Gymnasiasten (Grund 2016). Bemerkenswert ist andererseits, dass die Schreibdidaktik sich zunehmend an den sprachlichen Regularitäten, also dem Schriftsystem selbst orientiert und auf diesem Weg Erfolge erzielt (Hofmann 2011). Dem — im Wesentlichen gesteuerten — Schriftspracherwerb kommt für die Entwicklung des geschriebenen Standards überragende Bedeutung zu. Die Neuregelung der Orthographie hat ihm nicht nur durch ihre Inhalte schweren Schaden zugefügt, sondern auch dadurch, dass die allgemeine Verunsicherung zur Vermeidung von Rechtschreibunterricht in den Schulen und zur Geringschätzung von Rechtschreibnormen beigetragen hat. |