Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
Herr Professor von Raumer und die Deutsche Rechtschreibung
- autor
- Eisen, Paul
- titel
- Herr Professor von Raumer und die Deutsche Rechtschreibung.
- untertitel
- Ein Beitrag zur Herstellung einer orthographischen Einigung.
- widmung
- Dem früheren Preußischen Kultusminister Herrn Dr. Falk gewidmet in aufrichtiger Verehrung.
- verlag
- verlag von Friedrich Wreden
- ort
- Braunschweig
- datum
- 1880
- umfang
- 229 s.
- digitalisierung
-
Google-books:
- schrift, ortografie
- antiqua, ortografie gemäss historischen grundsätzen
- titel
Inhalt
Das buch enthält kein inhaltsverzeichnis.
Vorwort |
V |
|
Einleitung |
1 |
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I. | 34 |
|
§ 2 | Prinzipien |
35 |
II., § 3 | Raumer’ſche Präponderanz |
37 |
§ 5 | beſtehende Orthographie |
41 |
§ 6 | ſchwankende Schreibungen |
47 |
§ 7 | Was folgt aus allen dieſen Berechnungen? |
51 |
III., § 8 | was ändern? |
54 |
§ 9 | wie weit sollen Änderungen gehen? |
58 |
§ 10 | Jugendliche, Volkskarakter |
60 |
IV., § 11 | Prinzipien |
64 |
A., § 12 | Phonetisches Prinzip |
65 |
B., § 31 | Etymologiſches und historiſches Prinzip |
115 |
a., § 32 | Etymologiſches Prinzip |
117 |
b., § 33 | Historiſches Prinzip |
122 |
§ 35 | in eine Regel gefaßt |
126 |
§ 36 | fort mit den leidigen Schwankungen |
130 |
V., § 37 | S-laute |
142 |
§ 38 | das ß |
143 |
§ 51 | Ausſprache des ß |
175 |
§ 52 | ß in Lateiniſcher Schrift |
175 |
VI. | 184 |
|
§ 56 | 1. Umlaute |
184 |
§ 57 | 2. c k z |
185 |
§ 58 | 3. ch |
192 |
§ 59 | 4. tia tie tio |
195 |
Anhang |
199 |
|
§ 60 | Dehnungszeichen |
199 |
§ 61 | Eigennamen |
207 |
Wörterverzeichnis |
212 |
Auszüge
Vorwort.
Die vorliegende Schrift iſt im Sommer 1876, bald nach Veröffentlichung der Verhandlungen der Orthographiſchen Konferenz, begonnen, nach langer Pauſe aber erſt jetzt vollendet worden. Der Hauptgrund dieſer Unterbrechung war der unerwartete Tod des Herrn Profeſſors von Raumer in Erlangen, ein Ereignis, das wohl Alle, denen die Forſchung auf dem Gebiete unſerer vaterländiſchen Sprache einigermaßen am Herzen liegt, auf das empfindlichſte berührt hat. Es widerſtand uns kurz nach dem Ableben des verebrten Mannes eine Schrift in die Welt zu ſchicken, die ihrem Titel wie ihrem Inhalte nach an ihn und gegen ihn gerichtet war.
Was folgt aus allen dieſen Berechnungen?
Es folgt daraus, ſollten wir meinen, mit faſt mathematiſcher Gewisheit, daß Herr von Raumer denn doch die Sache mit ziemlich verkleinernder und zugleich verſchönernder Brille anſieht, wenn er meint, man werde „leicht“ finden, daß das ſtreitige orthographiſche Gebiet, verglichen mit der großen Maſſe des Übereinſtimmenden, „nur ein ſchmaler Grenzſaum“ ſei; es folgt daraus vor Allem, daß Herrn von Raumers Behauptung, es gebe zur Zeit eine „allgemein gültige" oder „feſtſtehende“ oder „feſtgeſtellte“ Orthographie, der Wahrheit nicht entſpreche; denn nach Allem, was bisher geſagt iſt, kann von einer ſolchen zur Zeit beſtehenden Orthographie die Rede nun und nimmer ſein.
Obwohl nemlich Herr von Raumer noch in dem Vorworte der für die Konferenz beſtimmten Schrift unſere Befugnis „an der hergebrachten Rechtſchreibung überhaupt zu ändern“ faſt auf ein Minimum beſchränkt, hat er doch ſelbſt in ſeiner Vorlage das althergebrachte th in Wörtern, wie Thurm Wirth Theil theuer Thee Thier Noth roth Fluth u. ſ. w. auf eigene Fauſt in bloßes t geändert und dann auch im Schooße der Konferenz das ganze th, ſoweit es ſich in Deutſchen Wörtern findet, ſowie die ebenfalls althergebrachten und nach der Theorie des Herrn von Raumer doch ſicherlich „zu Recht beſtehenden“ Dehnungszeichen in den meiſten Fällen tilgen helfen. Ja er gibt in der oben erwähnten Schrift, die für die Konferenz und kurz vor der Konferenz verfaßt iſt, eine Erklärung ab, die wir ungeachtet des prinzipiellen Gegenſatzes, in dem wir uns Herrn von Raumer gegenüber in Sachen der Orthographie befinden, doch Wort für Wort zu unterſchreiben vermögen. Sie lautet: „Die praktiſchen Bedenken gegen Veränderungen unſerer hergebrachten Orthographie gründen ſich hauptſächlich darauf, daß man an einer allgemeinen Gewohnheit nicht rütteln dürfe, weil dadurch eine unabſehbare Verwirrung herbeigeführt werden könne. Dieſe Bedenken verdienen die ernſteſte Erwägung. Aber wenn wir die Geſchichte unſerer Rechtſchreibung ins Auge faſſen, ſo ſehen wir, daß ſich unſere Orthographie durch ſolche Bedenken nicht hat leiten laſſen. Unbekümmert um die bisherige Gewohnheit führt ſie neue Schreibweiſen ein, bald der veränderten Gemeinſprache leiſe nachrückend, bald die hergebrachte ſchwerfälligere Schreibung mit einer einfacheren vertauſchend. Auch uns alſo wird das Recht nicht abzuſprechen ſein unſere Orthographie in zweckmäßiger Weiſe zu verbeſſern.“
Historiſches Prinzip
Nicht einmal Philip Wackernagels vereinzelt ſtehende orthographiſche Wunderlichkeiten und Weinholds zuweitgehende und nicht zeitgemäße orthographiſche Reformen laßen den Vergleich mit der durch und durch unphonetiſchen und deshalb natur- und ſprachwidrigen, überhaupt antiquariſch verroſteten Schreibweiſe der Engländer und Franzoſen auch nur im entfernteſten zu. Nein unſere hiſtoriſche Schreibweiſe hat mit dieſen orthographiſchen Anachronismen der Franzoſen und Engländer ganz und gar nichts gemein. Es iſt aber freilich nichts leichter als ein Prinzip an zu fechten oder gar lächerlich zu machen, indem man allerhand irrthümliche und abgeſchmackte Vorſtellungen über dasſelbe zu erzeugen und zu verbreiten ſucht.
Das hiſtoriſche Prinzip in eine Regel gefaßt lautet: Schreib der geſchichtlichen Entwickelung gemäß, d. h. ſchreib, wie ſich das eine oder das andere Wort dem Organismus der Sprache gemäß entwickelt haben muß.