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Orthographisches Wörterbuch

autor
titel
Orthographisches Wörterbuch.
untertitel
Zum Nachschlagen in zweifel­haften Fällen der Recht­schreibung.
verlag
Beck'sche Universitäts-Buchhandlung
ort
Wien
datum
umfang
IV, 136 s.
schrift
fraktur
titel
titel
digitalisiert
books.google.com
verweis
einzelne fremd­wörter im wörter­verzeichnis

Inhalt

 

Vorwort

III

 

Einleitung

1

I.

Geschichtliches

9

II.

Das neutrale Gebiet

9

III.

Über s und ß

21

IV.

Über ie, ier, ieren

23

 

wörter­verzeichnis

25

 

Nachwort

135

Auszug: Vorwort

Schüler und Lehrer, Beamte und Geſchäfts­leute kommen gar oft in den Fall, daß ſie über ein Wort Auskunft haben möchten, zumal in einer Zeit, wo ſo viel von einer „neuen“ Rechtſchreibung geſprochen wird. Da die wenigſten in der Lage ſind, ſich an die Quellen­ſchriften zu wenden, ſo ſoll vor­liegendes Büchlein etwaige Zweifel kurz beantworten, und ich wünſchte, daß auch germaniſtiſche Fachmänner damit zufrieden ſein könnten, da ich von dem Stande der gegenwärtigen Sprach­forſchung mich habe leiten laſſen. Zugleich kenne ich aus langer Erfahrung alle die Fälle, wo mehr oder weniger Unſicherheit herrſcht. Sie erſcheinen hier kurz und alfabetiſch verzeichnet.

Nachwort

Es ſind hier die möglichen Fragen beantwortet, wie man ein Wort ſchreiben muß und wie man in gewiſſen Fällen ſchreiben darf. Das iſt freilich nicht Uniformierung nach franzöſi­ſcher Art, gegen die neulich ſelbſt ein Franzoſe (A. F. Didot) aufgetreten iſt. Unſere Sprache iſt viel zu urwüchſig, reich und mannigfaltig, als daß alles über einen Kamm geſchoren werden dürfte. Dagegen braucht der Unterricht in der Volks­ſchule eine gewiſſe Einheit, nur muß ſich dieſe wiſſen­ſchaftlich recht­fertigen laſſen. Wenn aber eine Behörde etwanige Miſſbräuche in der Schule regeln will, ſo ſollte ſie ſich mit andern deutſchen Behörden in Verbindung ſetzen, damit nicht jeder deutſche Landestheil für ſich eine Schreibung feſtſetzt. Dabei iſt nicht zu überſehen, daß in einer lebenden Sprache eine ſtarre Feſtſetzung der Wort­geſtalt nicht zuläßig iſt und daß man den Knoten nicht zerhauen, ſondern ihn löſen muß. Woher kommt übrigens die Schwankung in unſern Zeitungen und Büchern? In den meiſten Fällen daher, daß die Schreibenden entweder das bereits wiſſenſchaftlich Feſtgeſtellte nicht kennen oder es nicht befolgen. Erzwingen läßt ſich hier nichts, und fehlt man in der Schulſtube, ſo iſt Belehrung das einzige Mittel.

Aus dem Vorher­gehenden erſieht der Fachmann, daß für die Schreibung deutſcher Wörter mein Platz im linken Centrum iſt und daß ich für entlehnte Wörter der italieniſchen Weiſe mich nähere. Darüber läßt ſich rechten, aber ſoviel iſt ſicher, daß bis heute noch nicht zwei Germaniſten in allem übereinſtimmen und daß es nicht leicht einem gelingen wird, die Grenzlinie zu ziehen z. B. zwiſchen den ganz oder nur theilweiſe eingebürgerten Fremdwörtern.

Kennſt du, mein Numicius, Beſſeres, ſo theile freundlich es mit, wo nicht – his utere mecum.“ (Hor. Ep. 1. 6.)


Zitat

Eine eigentümliche Stellung nimmt neuerdings Theodor Ver­naleken ein. Der Mann, der 1848 zur ortho­graphiſchen Revolution aufgerufen, predigt 1868 den „orthographiſchen Frieden“. Er ſteht zwar heute noch wie 1851 auf weſentlich phonetiſchen Standpunkte („mir gilt die Aus­ſprache viel, die Ab­ſtammung etwas“), aber in der wichtigſten Frage hat er ſich von den Phonetikern aus hiſtoriſchen Rück­ſichten losgeſagt. Das Heyſe’ſche ſs, das er noch 1852 gegen Weinhold vertheidigte, läſst er ganz fallen, und bedauert offen, es jemals anerkannt zu haben. Für dasſelbe weiß Ver­naleken nichts zu ſagen als, daſs es „einzelne vor­geſchlagen“ hätten; gegen dasſelbe macht er geltend, daſs es große Verwirrung anrichte und ſogar die Abſtammung entſtelle.“ Er kehrt alſo zur Gott­ſched-Adelung’ſchen Schreibung zurück. Den ortho­graphiſchen Frieden will er übrigens dadurch her­ſtellen, daſs er die Anſicht geltend macht, es gebe in der deutſchen Ortho­graphie ein „neutrales Gebiet“, und „dahin gehöre alles, was mit Berechtigung in zweifacher Form auftreten darf.“ Damit bezeichnet Vernaleken aller­dings den richtigen Geſichts­punkt für unſere Zeit des Schwankens, des Ueber­ganges, wo das eine ſeine Berechtigung aus der Wiſſen­ſchaft, das andere aus dem Gebrauche ableitet, und man oft nicht ſagen kann: „die eine Form iſt abſolut richtig, die andere iſt fehler­haft.“ Da hilft nichts als das Zu­geſtändnis: „Beides ſoll neben einander ge­duldet werden, und die mit der Zeit wachſende Er­kenntnis wird aus­gleichend wirken.“ Nach dieſem Grund­ſatze hat Ver­naleken ſein „kurze ortho­graphiſches Wörter­buch zum Nach­ſchlagen in zweifel­haften Fällen der Recht­ſchreibung“ (Wien 1864) bearbeitet. Es entſpricht zwar dem gegen­wärtigen Stande der Sprach­forſchung, aber nicht dem der ortho­graphiſchen Bewegung, da ſich der Verfaſſer in einem Kardinal­punkte zu einem Rück­ſchritt ver­leiten ließ.