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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 8.–9. 1998
nachgeführt , 2022-04-03
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Aus presse und internet

30. 9. 1998

Chefin der Ministerkonferenz deckt Schleswig-Holsteins Pläne für den Rechtschreibunterricht. Kultusministerin Behler für Nebeneinander von Alt und Neu. Main-Echo, , Inland
Auch in allen anderen Ländern würden neben den neuen Regeln Kenntnisse über die alten vermittelt. Deshalb sei manches an der Aufregung schwer zu verstehen, »zumal es sich nicht um eine Reform, sondern eher um ein Reförmchen handelt«. Behler, die Kultusministerin in Nordrhein-Westfalen ist, bekräftigte ihre Auffassung, daß mit dem Volksentscheid in Schleswig-Holstein kein neuer Sachverhalt und damit auch kein Handlungsbedarf für die Kultusminister gegeben sei.
: "Auch die Volksinitiative hat ein Verfallsdatum." Kiel rechnet damit, daß sich auch im Norden letztlich die neue Rechtschreibung durchsetzt. Süddeutsche Zeitung, , Politik
Wie es in den Schulen im Land weitergeht, darüber sprach Cornelia Bolesch mit Bildungsministerin Gisela Böhrk (SPD). […] Böhrk: Im übrigen hat ja auch das Gesetz der Volksinitiative ein Verfallsdatum. Es fordert eine Rechtschreibung, wie sie "in der Bevölkerung seit langem anerkannt und in der Mehrzahl der lieferbaren Bücher verwendet wird". Was geschieht also, wenn in ein paar Jahren die Mehrzahl der Bücher die neue Rechtsschreibung enthält? […] Die anderen Länder werden dem Beispiel von Schleswig-Holstein nicht folgen. Dieser Zug ist abgefahren.
: Österreich hält an Rechtschreibreform fest. An Schulen wird ausschließlich neue Orthographie gelehrt / "Keine Gämsen in Holstein". Süddeutsche Zeitung, , Politik
Nicht nur wegen der enormen räumlichen Distanz zu Schleswig-Holstein fühlen sich Österreich und seine Kultusbürokratie von dem Volksentscheid über die Rechtsschreibform kaum berührt.
: Alles richtig und doch falsch. Im Norden herrscht Verwirrung nach Schreibreform-Votum. Die Welt, , Seite 1
In den Schulen findet das Nebeneinander zweier gültiger Regelwerke keine Freunde. Schulleiter wissen nicht mehr, woran sie sich halten sollen. Von "Wir unterrichten erst einmal weiter nach den neuen Regeln" bis "Wir machen keine Übungen zur neuen Rechtschreibung mehr" lauten die Devisen.
: Kieler FDP: Keine Tricks mit dem Volksentscheid. Fraktionschef Kubicki warnt Bildungsministerin Böhrk vor neuem "parlamentarischen und rechtlichen Ärger" ­ SPD rechtfertigt den Erlaß. Die Welt, Regionalausgabe Hamburg, , Hamburg und der Norden
Gabriele Behler, die derzeitige Präsidentin der Kultusminister­konferenz, machte gestern Hoffnungen der Reform­gegner zunichte, mit dem schleswig-holsteinischen Volk­entscheid sei das Projekt für ganz Deutschland gescheitert. […] Die neue Schreibweise der deutschen Sprache werde weiterhin bundesweit problemlos unterrichtet. "Es ist viel Lärm gemacht worden um wenige kleine Änderungen."

29. 9. 1998

: «Ein Kriegszug gegen die Kinder.» Rechtschreib-Entscheidung in Schleswig-Holstein ohne Folgen für Berlin. Berliner Morgenpost, , Politik
«Es geht nicht an, daß wir in verschiedenen Bundes­ländern verschieden schreiben» - die anderen Länder müßten sich ebenfalls an die «urdemokratische Leitentscheidung» der Bürger Schleswig-Holsteins halten. Das sagt Matthias Dräger, Sprecher der Initiative «Wir gegen die Rechtschreib­reform». […] Das Votum habe «keine bindende Wirkung» für die anderen 15 Bundesländer, bekräftigt die Präsidentin der Kultus­minister­konferenz (KMK), Nordrhein-Westfalens Schul­ministerin Gabriele Behler. In Berlin bleibt es ebenfalls beim Unterricht nach der seit 1. August geltenden reformierten Rechtschreibung. Das bestätigt Schul­senatorin Ingrid Stahmer der Berliner Morgen­post. Die Neuerung sei gut an­genommen worden. […] Die Senatorin wünscht sich aber endlich Rechtssicherheit. Gleichwohl sehen sich die Reformgegner landauf, landab durch das Ergebnis im Norden bestärkt. Die 60 Mitglieder der Berliner Bürgerinitiative «Wir sind das Rechtschreibvolk», die vor einer Woche ihr Volksbegehren starteten, wollen sich an der Strategie der Schleswig-Holsteiner orientieren. […] Für den Schrift­steller und engagierten Reform­gegner Günther Grass bietet der Erfolg zumindest «eine Möglichkeit, noch einmal nach­zudenken».
: Kommentar: Denkzettel. Berliner Morgenpost, , Politik
Die Kultusminister der Länder haben den Unwillen vieler Bürger zu spüren bekommen. […] Wenn die Bürger die Reform nicht akzeptieren, wird sie sich totlaufen. Mit oder ohne Volksentscheid.
: Verwirrung an den Schulen. Aber die Gegner der Rechtschreibreform fühlen sich bestärkt. Berliner Zeitung, , Feuilleton
Auf die Nachrichten aus Kiel bekundeten Gegner der Rechtschreib­reform zum Teil über­schwenglich ihre Freude. Der Präsident der deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, Christian Meier, nennt sie ein "beglückendes Ergebnis". […] Vertreter von Lehrer­verbänden dagegen warnen vor der Verwirrung an den Schulen, die nach dem jahre­langen Streit schon groß genug war.
: Kinder lernen wieder die alten Schreibregeln. Kultusministerin: "Schleswig-Holstein ist isoliert" - Reformgegner fordern Rücktritt Böhrks. Dithmarscher Landeszeitung, , Regionale Nachrichten
Matthias Dräger, Sprecher der Initiative "Wir gegen die Rechtschreibreform", ist sicher, daß vom Volksentscheid im Norden eine "Signalwirkung für den gesamten deutschen Sprachraum" ausgehe und in der Folge weitere Bundesländer aus der Rechtschreibreform-Riege ausscheren werden. […] Die Lehrerverbände im Norden reagierten entsetzt auf den Stopp der Rechtschreibreform.
: "Das wird zur völligen Verwirrung unserer Kinder führen" - Heider Schul­leiter zu den Konsequenzen aus dem Volks­entscheid über Rechtschreib­reform. Dithmarscher Landeszeitung, , Regionale Nachrichten
"Das Ergebnis ist absurd", urteilt Dr. Harri Heise, Direktor des Werner-Heisenberg-Gymnasiums[,] zum Ausgang des Volksentscheides über die Rechtschreibreform.
neu : Ersatzkrieg. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 49, Feuilleton, Glosse (403 wörter)
Wer da, wo er zuständig ist, nichts zustande bringt, wer die Schulen verkommen und die Hochschulen ertrinken läßt, wird gierig nach jeder Gelegen­heit greifen, so etwas wie Handlungs­fähigkeit doch noch zu beweisen und allen Zweiflern den Mund zu stopfen. Deswegen gelang den Kultus­ministern bei der Rechtschreib­reform etwas, was ihnen sonst nur ausnahms­weise gelingt, eine Ent­scheidung nämlich.
: Gegner der Rechtschreibreform fordern jetzt bundesweite Umkehr. Referendum in Schleswig-Holstein hat aber keine Folgen für übrige Länder / Im Norden soll Altes und Neues korrekt sein. Frankfurter Rundschau, , Nachrichten Inland
Der Präsident der deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt, Christian Meier, sprach am Dienstag von einem "beglückenden Ergebnis" des Referendums und einem "schönen Sieg für die Bürger über eine anmaßende Exekutive".
: Dominoeffekt. Gar so einfach wird die Chose mit der Rechtschreibreform nicht. Frankfurter Rundschau, , Kommentare
Da mögen sie abwiegeln wie sie wollen: daß der Volksentscheid nur für Schleswig-Holstein gelte und kein anderes Bundesland binde. Das ist korrekt, nützt aber gar nichts. Die deutsche Rechtschreibung steht erneut zur Debatte. […] Also, Rechtschreibreform zum Wasweißichwievielten, wenn's auch ermüdet.
: Alte Regeln aus neuen Büchern. RECHTSCHREIBREFORM: Reaktionen aus Schleswig-Holstein. Mannheimer Morgen, , Kultur
Die Reaktionen gestern reichten von Befriedigung in den Kreisen der Reformgegner bis zum Entsetzen. […] "Die Welt geht nicht unter", ließ der Leiter der Mannheimer Duden-Redaktion, Matthias Wermke, verlauten. […] Professor Dieter Herberg, Mitglied der Rechtschreibkommission am Mannheimer Institut für deutsche Sprache, sprach unserer Zeitung gegenüber zwar von einer "prekären Lage", die aber "für den Rest der deutschsprachigen Welt" wenig Bedeutung habe.
: Kinder, Kinder. Mannheimer Morgen, , Kommentare auf Seite 2
Ein neuer Kanzler, neue Gesichter, neue Themen - nur in Schleswig-Holstein kocht man die alten wieder auf. […] Die Leidtragenden, da haben die Lehrerverbände recht, sind die Kinder, auch die Lehrer. Sie werden im Gewirr von Halbwissen und ideologisch gefärbten Emotionen, wie sie die Argumente der Rechtschreib­gegner weitgehend prägen, noch einmal zu Opfern einer Auseinander­setzung gemacht, die längst an Schubkraft verloren hat.
: Dreistes Stück. Hamburger Abendblatt, , Kommentar
Die Wählerinnen und Wähler in Schleswig-Holstein haben das Schulgesetz geändert; daran haben alle sich zu halten. […] Es ist ein dreistes Stück, daß die Bildungsministerin den verbindlichen Volksentscheid nun als eine Art Kann-Bestimmung nehmen und die Rechtschreibung an den Schulen gewissermaßen freigeben will. […] Entweder vom Norden geht ein Signal aus, das zu gleichen Volksentscheiden auch in anderen Bundesländern führt - das würde die Rechtschreibreform generell in Frage stellen. Oder das Signal geht ins Leere, dann brauchen Böhrk und andere nur zuzuwarten, bis die Mehrzahl der lieferbaren Bücher nach den neuen Regeln der Rechtschreibung abgefaßt ist.
: Kommentar zur Rechtschreibreform und dem Votum in Schleswig-Holstein. Gießener Anzeiger, , Politik
Daß die Kieler Landesregierung künftig in den Schulen zwei Schreibweisen zulassen will, damit im Noden nicht die befürchtete "Sprachinsel" entsteht, ist zwar verständlich, dürfte aber in der Praxis vor allem zur Verwirrung bei den Schülern führen. So könnten die Eltern das Gegen­teil von dem erreicht haben, was sie be­absichtigten: Klarheit auf der Basis dessen, was auch bisher als richtig galt.
: »Sprachinsel« im Norden. Schleswig-Holstein: 56,4 stimmten für Stopp der Rechtschreibreform. junge Welt, , Inland
Schleswig-Holsteins Kultusministerin Gisela Böhrk verfiel bereits am Wahlabend in Katastrophenstimmung. […] Bei WIR ist man hingegen euphorisch. […] Bei aller Trickserei [mit einem fast gleich lautenden gegenvorschlag] unterblieb eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der Initiative fast vollständig. Offenbar aus Angst, in Wahlkampfzeiten wenig geliebte Positionen zu vertreten, wurde den Populisten und Schlimmerem das Feld überlassen: Einer der führenden Köpfe der Initiative, Detlef Lindenthal, ist auch sonst ganz rege. Im russischen Oblast Kaliningrad war er 1992 für die »Aktion Deutsches Königsberg« des Kieler Verlegers, Buchhändlers und Faschisten Dietmar Munier aktiv. Auch Wolfgang Deppert, Philosoph an der Kieler Universität und ehemaliger Vorsitzender der rechtsextremen Sekte »Deutsche Unitarier« engagierte sich bei WIR gegen die Reform.
»Benachteiligung der Wehrlosen.« Lehrer entsetzt über Rechtschreib-Entscheid in Schleswig-Holstein. Main-Echo, , Inland
Mit Kritik haben die Lehrerverbände auf den Entscheid gegen die Rechtschreibreform in Schleswig-Holstein reagiert.
: Böhrks Sonderweg. Kieler Nachrichten, , Schleswig-Holstein
Kultusministerin Gisela Böhrk (SPD) plant einen Erlaß, wonach zwar die neuen Schreibweisen ab November an den Schulen nicht mehr gelehrt und geübt werden dürfen. Zugleich aber sollen auch die neuen Schreibweisen auf Dauer akzeptiert und nicht als Fehler gewertet werden. […] Die CDU-Bildungsexpertin Angelika Volquartz protestierte: "Das ist eine Mißachtung des Volksentscheides." Sie und die Initiative "Wir gegen die Rechtschreibreform" forderten Böhrk zum Rücktritt auf. […] Ulrich Kliegis, Vorsitzender des Elternvereins, sagte, der Volksentscheid mache es möglich, daß die Eltern ihren Kindern endlich wieder beim Rechtschreiben helfen können. […] Irene Fröhlich, Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion, wirft der SPD vor, das Gezerre um den Text des Abstimmungszettels und den Abstimmungstermin habe die Abwehrhaltung der Bevölkerung gegen die Schreibreform gesteigert. Sie glaubt aber, nach einer Übergangsfrist von zwei bis drei Jahen werde auch Schleswig-Holstein wieder zur Schreibreform zurückkehren.
: Die letzte Chance. Kieler Nachrichten, , Kommentar
Der "Neuschrieb" soll, als hätte es den Volksentscheid nicht gegeben, auf unbegrenzte Zeit an den Schulen neben der herkömmlichen Schreibweise gleichwertig anerkannt bleiben. […] Jetzt ist die letzte Chance, die Reform bundesweit zu stoppen und zu korrigieren. Wenn Böhrk das immer noch nicht erkennt, sondern sich in erneuten Tricksereien übt, wird sie bald ihren Hut nehmen müssen.
: Erfolg der Demokratie. Keine Rechtschreibreform in Schleswig-Holstein. Passauer Neue Presse, , Feuilleton
Der Weilheimer Deutschlehrer und "Rechtschreibrebell" Friedrich Denk hat den Ausgang des Volksentscheids über die Rechtschreibreform in Schleswig-Holstein als "großen Erfolg der Demokratie und der Vernunft" begrüßt. […] Denk hatte im Spätherbst 1996 knapp 50 000 Unterschriften für eine Volksinitiative gegen die Rechtschreibreform in Bayern gesammelt.
Schreibreform: In Schleswig-Holstein gelten ab sofort alte und neue Regeln. Die Presse, , Kultur & Medien
Der Volksentscheid in Schleswig-Holstein habe keinerlei Auswirkungen auf Österreich, erklärte das Büro von Ministerin Gehrer. Im Unterrichtsressort gehe man davon aus, daß sich in den übrigen Ländern Deutschlands nichts ändern werde.
: Abfuhr gilt nicht der Reform. Rhein-Zeitung, , Meinung
Der Volksentscheid in Schleswig-Holstein war unsinnig. Er hätte im gesamten deutschsprachigen Raum stattfinden sollen - und zwar vor jener unseligen Kultusministerkonferenz von 1995.
: Junge Nordlichter müssen es ausbaden. Mehr Arbeit: Alte Regeln sind jetzt die neuen. Rhein-Zeitung,
Für den Fall, daß die Reformgegner recht behalten und die anderen Bundesländer — vom Beispiel Schleswig-Holsteins ermutigt — eigene Abstimmungen herbeiführen, befürchten die Experten ein großes Durcheinander: "Bei unterschiedlichen Ergebnissen wird die Bundesrepublik sehr kariert."
: Keine Chance für "Schiffahrt" mit drei "f". Volksentscheid zur Schreibreform macht Schleswig-Holstein zur Sprachinsel der alten Regeln. Saarbrücker Zeitung, , Themen des Tages
Fazit: Der Bund und Schleswig-Holstein schreiben nach den alten, die übrigen Länder nach den neuen Regeln. Von einer Vereinfachung durch die Rechtschreibreform kann kaum die Rede sein.
: 200 Mark fürs Schulbuch? Kieler Rechtschreib-Votum bleibt im Bund folgenlos - Nachteile für Schüler im hohen Norden. Saarbrücker Zeitung, , Kulturleben
Rechtschreib-Reform und kein Ende: Die Kieler Landesregierung geh davon aus, daß das Votum gegen die Reform nur auf Zeit gilt. […] Ab November sollen die Schüler altes neu lernen - nachdem sie nun fast zwei Jahre nach den neuen Regeln unterrichtet wurden.

Nach alter und neuer regelung: ". . . sollen die Schüler Altes neu lernen".

: Kiel: Schleswig-Holstein ist kein Signal. Kultusministerin bedauert Ablehnung der Rechtschreibreform - Alte und neue Regeln erlaubt. Stuttgarter Zeitung, , s. 2, Politik
Der Volksentscheid in Schleswig-Holstein gegen die Rechtschreibreform hat keine Wirkung für andere Bundesländer.
: Noch mehr Irrsinn. Stuttgarter Zeitung, , s. 3, Die dritte Seite
Erwachsene, die keiner zwingt, die neuen Regeln anzuwenden, haben entschieden: 312000 Schüler, die ohne Probleme seit zwei Jahren nach den neuen Regeln lernen, müssen als einzige in der Republik mitten im Schuljahr eine Rolle rückwärts machen. […] Niemand muß die neuen Regeln lieben, und jeder wird zustimmen, daß man sie frühzeitig hätte stoppen können. Aber kein tatsächlicher oder vermeintlicher Buchstabennotstand rechtfertigt jetzt noch das von den Gegnern zu verantwortende Chaos.
: Schadensbegrenzung in Kiel. Schüler sollen nur neue Schreibweise lernen und üben. Süddeutsche Zeitung, , Politik
"Schadensbegrenzung" ist das Ziel der schleswig-holsteinischen Landesregierung, nachdem sich am Sonntag in einem Volksentscheid eine deutliche Mehrheit für die Beibehaltung der alten Rechtschreibung ausgesprochen hat. Bildungsministerin Gisela Böhrk (SPD) kündigte einen Erlaß an, der die Folgen des notwendigen neuen Schulgesetzes für Lehrer und Schüler möglichst gering halten soll. Künftig würden an den Schulen beide Schreibweisen akzeptiert. "Gelehrt und geübt" würden künftig aber nur die neuen Schreibweisen.
: Sprachinsel zwischen den Meeren. Süddeutsche Zeitung, , Meinungsseite
Eines möchte man jetzt auf keinen Fall sein: Lehrer an einer Schule in Schleswig-Holstein. […] Die Hoffnung der Reformgegner, ihr Votum könne die neue Rechtschreibung in ganz Deutschland zu Fall bringen, scheint trügerisch. So haben sie mit einem unbarmherzigen Bürgervotum ihre Kinder im Land zwischen den Meeren auf eine Sprachinsel verbannt.
: Die Rechtschreibreform ist nicht gewollt. die tageszeitung, , s. 14, Inland
Zusammen mit der Bundestagswahl wurde in Schleswig-Holstein über die Rechtschreibreform abgestimmt. Das Votum: Alles soll beim alten bleiben. Die Kultusministerin nimmt das Ergebnis betrübt zur Kenntnis.
: Schriftliche Absage. Die Welt, , s. 4, Forum, Kommentar
Jetzt stehen die Kultusminister bundesweit vor einem Scherbenhaufen.
: Kiel akzeptiert Votum gegen Schreibreform. Böhrk: Keine Signalwirkung für den Bund. Die Welt, , s. 5, Deutschland
Nach dem erfolgreichen Volksentscheid gegen die neue Rechtschreibung in Schleswig-Holstein erwarten die Gegner der Rechtschreibreform einen Reformverzicht auch in den anderen Bundesländern.
: Karlsruhe billigt Sonderweg im Norden. Doch Parteien für einheitliche Schriftsprache. Die Welt, , s. 5, Deutschland
Die juristische Einschätzung besagt nichts über die politischen Folgerungen. Denn durch das Ausscheren eines Landes wäre die Einheitlichkeit der deutschen Schriftsprache zerstört. […] So unterstrich der Bundesgeschäftsführer der SPD, Franz Müntefering, in einem Brief an die SPD-Basis vom 14. August 1997: "Sollte ein Land ausscheren, wäre die Reform gescheitert. Ein Rückfall in die ,orthographische Vielstaaterei', wie sie vor der Einführung der für alle verbindlichen Regeln 1901 herrschte, wäre die Folge. Das kann niemand wollen."

26. 9. 1998

: Kuß oder Kuss. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 224, s. 12, Zeitgeschehen
Wie immer der Volksentscheid ausgeht, die Kultusminister werden - zunächst - hart bleiben. Aber nach einer Schamfrist werden sie ihr Reförmchen reformieren - hoffentlich.

24. 9. 1998

: Ein Stimmzettel verwirrt die Bürger; Sonntag entscheiden die Schleswig-Holsteiner über die Schreibreform - Was ist allgemein üblich? Die Welt, , Deutschland
Sind Sie für die "allgemein übliche Rechtschreibung"? Oder sind Sie für die "allgemein übliche Recht­schreibung"? Oder lehnen Sie beides ab? So etwa mögen dem schnellen Leser in der Wahlkabine die Fragen erscheinen, über die die Schleswig-Holsteiner am 27. September entscheiden sollen. […] Die Kieler Landes­regierung versucht offensichtlich den Wähler in die Irre zu führen. […] Die Arroganz, mit der die Kultus­bürokratie in der Bundes­republik Deutschland alle Kritik auch der Gutwilligsten beiseite gewischt hat und jeder demokratischen Behandlung des strittigen Themas aus dem Weg gegangen ist, und die Demagogie, mit der jetzt die Wähler Schleswig-Holsteins hinters Licht geführt werden sollen: das hat eine Abfuhr von den Bürgern verdient.

23. 9. 1998

: Viele Kinder müßten wieder umlernen; Volksentscheid über Schreibregeln. Westfälische Nachrichten, , Hintergrund und Meinung
Es wird eng in Kiel - davon sind sowohl die Gegner als auch die Befürworter der Rechtschreibreform überzeugt. […] Die Reformgegner könnten am Sonntag aber auch einen Pyrrhussieg erringen. Denn ihre eigene Forderung »wie sie in der Bevölkerung und den Büchern anerkannt ist«, kann schon in fünf oder sechs Jahren für ein Umschwenken auf die neuen Regeln sprechen.
Volksbegehren gegen Rechtschreibreform. Berliner Kurier, , Telegramm
Ein Volksbegehren gegen die umstrittene Rechtschreibreform wurde in Berlin gestartet. Die Neuregelung soll durch eine Änderung des Schulgesetzes gekippt werden, teilte der Berliner Verein für Rechtschreibung und Sprachpflege (BVR) als Initiator mit.

Der grösste tiefschlag in der 74-jährigen geschichte des Bundes für vereinfachte rechtschreibung (BVR): ein gegnerischer verein mit der gleichen abkürzung!

22. 9. 1998

: Volksbegehren gegen neue Rechtschreibung. Berliner Morgenpost, , Berlin
Mit einem Volksbegehren wollen jetzt auch Berliner Initiativen die Hauptstädter gegen die Rechtschreibreform mobil machen. Unter dem Motto «Berlin zeigt den Kultusministern die rote Karte!» sollte die Aktion am Montag abend im Magnus-Haus in Mitte starten.

21. 9. 1998

neu : In Frankreich sind Dichter die Hüter der Sprache. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 12, Briefe an die Herausgeber (392 wörter)
Ihr Bericht "Jeder kann schreiben, wie er will, und wie er denkt, daß er ver­standen wird" (F.A.Z. vom 1. August) läßt im Ausland den Eindruck entstehen, das für Ordnung und Disziplin bekannte Deutsch­land sei dabei, mit be­hördlicher Mithilfe den Nieder­gang seiner Sprache zu be­treiben. […] Aus französi­scher Sicht wirkt der Dilettan­tismus be­fremdend, mit dem in Deutschland von den ver­schiedensten Seiten an der Sprache herum­laboriert wird.
„Die Minister ließen sich leimen.“ Der Spiegel (), , nr. 39, s. 217, Kultur (331 wörter)
Meier: Anscheinend findet bislang keiner etwas dabei, daß von der Sekretärin bis zum Staats­sekretär alle Beamten und An­gestellten durch die Innen­minister dazu ver­pflichtet werden sollen […], sich auf die Schulbank zu setzen und den einstweilig gültigen Unsinn auch noch zu lernen. Eine un­glaubliche Anmaßung.

19. 9. 1998

: [Interview:] Prof. Wolfgang Deppert (60) ist seit 1971 am Philosophischen Seminar der Christian-Albrechts-Universität. Seit Ende 1996 engagiert er sich in der Gruppe "WIR gegen die Rechtschreibreform". Kieler Nachrichten, , Kiel
Der [Reform-]Bedarf wäre an einigen Stellen sicherlich gegeben. Doch mit Fortschritt hat die Reform nichts zu tun, sie verdient ihren Namen nicht. In vielen Punkten zielt sie darauf ab, die Sprachentwicklung zu ignorieren. Außerdem führt sie zu einer Reduzierung der Lesefreundlichkeit.
: [Interview:] Prof. Alf Schönfeldt (62) lehrt seit 1965 am Germanistischen Seminar der Christian-Albrechts-Universität. Sein Spezialgebiet ist die deutsche Gegenwartssprache. Kieler Nachrichten, , Kiel
Durch die Reformgegner wird das Prinzip "Rechtschreibung" in einem Maße aufgewertet, das der Rechtschreibung gar nicht zukommt. […] Die Angstmacherei ist das Unangenehmste in der ganzen Diskussion. […] Es handelt sich um harmlose Veränderungen, die zum großen Teil positiv sind, die den Schülern das Lernen unübersehbar erleichtern. […] Ich habe vor zehn Jahren — wie viele Sprachwissenschaftler auch — die Meinung vertreten, daß eine viel radikalere Reform eintreten müßte. Beispielsweise bin ich für eine ausgeprägte Kleinschreibung gewesen.

17. 9. 1998

: Powidl und Paradeiser, Beiried und Obers. Die Rechtschreibreform, Abteilung Österreich. Badische Zeitung,
Der EU-Sprachendienst erstellte eine Liste von 1500 österreichischen Worten als Handreichung für Dolmetscher.
: Grosse musikalische Umarmungsgesten. Basler Zeitung, , Feuilleton, Konzerte
Dodo Hug prangert auf subtile Weise gesellschaftliche Missstände und Fehlentwicklungen an. […] Ebenso bietet sie witzige Beiträge zur laufenden Diskussion rund um die neue deutsche Rechtschreibung. Etwa dann, wenn sie den punto (Punkt), das virgoletta (Komma), die parentesi (Klammern), den punto interrogativo (Fragezeichen) und den punto esclamativo (Ausrufezeichen) schalkhaft und charmant miteinander konferieren lässt.
: Massgeblich. Der Standard, , s. 31, kommentar

Zur frage der schreibweise von «Maß» am oktoberfest.

Gurke des Tages. die tageszeitung, , nr. 5637, s. 20, Die Wahrheit
Die bewegende Frage lautet, ob die "Maß" Bier richtig ist oder ob man jetzt die "Mass" Bier schreiben muß. […] In völliger Verkennung der süddeutschen Sprechgewohnheiten gebe der neue Duden aber dennoch als richtige Schreibweise weiterhin ausschließlich "die Maß" an, was nur eines von etlichen Beispielen sei, wie die neue Rechtschreibung die Pflege des bayerischen Dialektes erschwere.

10. 9. 1998

: Neue Rechtschreibung bei Staat und Verwaltung. Einführung 1. Januar 1999. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 209, s. 56, Zürich und Region
Für die Öffentlichkeit bestimmte amtliche Dokumente, Anträge an die Regierung, Parlamentsgeschäfte, Geschäftsberichte und Artikel in der Abstimmungszeitung werden ab diesem Datum den angepassten Regeln unterworfen.
: Angriff auf die Kontinuität. Die Furche (), , Feuilleton (322 wörter)
Vor allem die Autoren, Professoren, ebenso die Massen­medien und damit die Öffentlich­keit hatten den Ernst der Angelegen­heit, als alles noch zu verhindern gewesen wäre, nicht erkannt. Tatsächlich klang die Idee vor Jahren reichlich absurd: wozu eine Reform, wozu der Aufwand - das konnte doch nur der skurrile Einfall irgend­welcher Sonderlinge sein, der sich bald von selbst wieder ins Nichts auflösen würde.

7. 9. 1998

: Bundesstaat Switzerland; ein bescheidener Vorschlag. Neue Zürcher Zeitung,
IM KANTON ZÜRICH erwägt man die Einführung des Englischen als erste Fremdsprache ab dem ersten Schuljahr — ein Weg, den, falls die Schweiz der 51. Staat der USA würde, unser ganzes Land gehen müsste. Wir würden unsere vier Grundsprachen zwar zunächst wohl noch beibehalten — uns aber über diese hinaus sofort gemeinsam in Englisch unterhalten können. Vorteile wären, dass die Deutschschweizer sich nicht mehr mit der leidigen deutschen Rechtschreibereform herumschlagen müssten und dass die Schriftsteller dieses Landes ihre Bücher direkt in Englisch schreiben könnten.

In diesem fall würde es den BVR freuen, sich als zweigverein der Simplified spelling society zu etablieren und sich mit der leidigen englischen rechtschreibereform herumzuschlagen.

5. 9. 1998

: Goethe hat auch nicht. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 206, s. 9, Deutschland und die Welt
Goethe hat auch nicht nach dem Duden […] Nach der Rechtschreibreform ist eh alles wurscht […] Der Fortschritt rast: "Ulrike's Wollstudio" ist stinknormal. […] "Einkauf's Markt Hoffmann" Auch schon stinknormal?

3. 9. 1998

: Komma-Regeln geben mehr zu denken als die Rechtschreibreform. Basler Zeitung, , s. 29
Wo fühlen sich Schweizerinnen und Schweizer unsicher, wenn sie korrekt schreiben wollen? Viel Kopfzerbrechen bereiten die Kommaregeln, wenig die Rechtschreibreform. Dies und anderes mehr zeigt eine Grobauswertung von über 1000 Anfragen bei der Sprachauskunft, die seit September unter neuer Leitung steht.
: Powidl, Krotn und Faschiertes. Basler Zeitung, , Feuilleton, Kursiv
Deutsch, erfuhren wir schon im Sandkasten, ist nicht gleich Deutsch. […] Ein halbes Jahrtausend deutscher Hochsprache und die mit Ach und Krach über die Bühne gebrachte Rechtschreibreform haben nicht verhindert, dass Deutsche, Österreicher und Schweizer bisweilen per «Kannitverstan» miteinander kommunizieren.

9. 1998

: Die deutsche Rechtschreibung wird unerlernbar. Wiener Sprachblätter, , 48. jg., 3. heft, s. 89f.
Wenn die Chefrichter [des deutschen bundesverfassungsgerichts] behaupten, sie hätten nicht "Obergutachter" über die deutsche Sprache spielen wollen, so ist dies entweder tatsachenblind oder heuchlerisch zu nennen, denn von Anfang an unterstützten sie die Reform.
: Wer sagt, daß man Grüße als Grüs-se trennen soll? (Preisaufgabe aus Heft 6/1997). Der Sprachdienst, , 42. jg., nr. 5, s. 190195
Die Gründe, warum manche oder viele Schreiber glauben, ß beim Worttrennen in s-s auflösen zu müssen, dürften einerseits lang zurückreichende historische Ursachen haben, anderseits im Streben nach einer einfach scheinenden Schreibpraxis ohne lange phonologische Reflexionen liegen, und schließlich drittens im schreibtaktisch-psychologischen Bereich.

1998-08-31

neu Der Denkzettel. Der Spiegel (), , nr. 36, s. 119, Panorama (834 wörter)
Die Schlacht um die Reform des rechten Schreibens hat der hartnäckige Studiendirektor aus Weilheim zwar verloren, aber aufgeben mag ein Friedrich Denk noch lange nicht - nun will er in den Bundestag.

1998-08-22

: Orthographiereform. Aargauer Zeitung, , AZ am Wochenende, Kolumne
Was mich betrifft, blicke ich der Neuregelung ohne Enthusiasmus, aber mit Gelassenheit entgegen; denn die zunehmende Zahl von Studierenden, die sich an unsere Universitäten verirrt, ohne ihrer Muttersprache mächtig zu sein, wird sich dadurch kaum verringern.

19. 8. 1998

: "Die Wähler werden in die Irre geführt." Holsteinischer Courier, Der Courier Online, , Lokalnachrichten
"Aufklärung tut bitter Not", sagt Peter Dietrich von der Initiative "Wir gegen die Rechtschreibreform".

Das ist tragisch: Die zeitung, die in alter schreibung erscheint, zitiert den anhänger der alten schreibung in neuer schreibung (alt: tut not, neu: tut Not).

14. 8. 1998

: Die kulturelle Welt ist untergegangen. literaturcafe.de, , Literarisches Leben (437 wörter)
Aber seien wir doch mal ehrlich: Wer von uns hat die alte Schreibweise denn vollkommen fehlerfrei beherrscht? […] Sprache ist in vielen Fällen Definitionssache und wird wohl nie vollständig mit den Gesetzen der Logik zu erklären sein. Wenn die Reform zu etwas gut ist oder war, dann dazu, dass nun für viele Wörter Alternativen möglich sind und mehrere Schreibweisen richtig sind.
: Wem gehört die deutsche Sprache? Karlsruhe, die Rechtschreibung und das Volk. Süddeutsche Zeitung, , Feuilleton (1297 wörter)
Daß es nicht den sprach­wissenschaftlichen Obergutachter spielen wolle, hatte das Gericht ja schon zu Beginn des Verfahrens angekündigt. Es hat sich aber doch zum sprach­wissenschaftlichen Obergutachter aufgeschwungen, indem es über eine rein sprach­wissenschaftliche Frage autoritativ entschied […]. Die Folgen des Fehlurteils sind verheerend vor allem darum, weil das Karlsruher Urteil unserer Demokratie erneut ein obrigkeits­staatliches Korsett verpaßt. In einer Zeit des geradezu inflationären Geredes von ”Deregulierung” hat Karlsruhe die Minister ermächtigt, vorbei an den demokratischen Instanzen ihren Anordnungs­spielraum weit in den vor­staatlichen Bereich hinein auszudehnen. Es hat ihnen das Recht zugebilligt, […] in die innere Beziehung des Menschen zu seiner Sprache ein­zugreifen. Dem Erwachsenen wird die Gültigkeit seines Sprach­gefühls aberkannt, und Kindern wird es unmöglich gemacht, ein in sich stimmiges Sprachgefühl aufzubauen. Hier keine Persönlichkeitsrechte tangiert zu sehen, erfordert ein beachtliches Maß an Blindheit. Das vor­demokratische Kaiserreich, das 1901 eine behutsame Anpassung der Ortho­graphie vornahm, hat sich vergleich­bares nicht unterstanden. Auf paradoxe Weise verschwistert sich in dem Karlsruher Spruch Staatsautoritarismus mit einem post­modernen Laissez-faire-Libertinismus. Das gleiche Gericht, das die Kultus­minister bevollmächtigt, dem Volk sprach­widrige Schreibgewohnheiten zu diktieren, findet nichts dabei, wenn ein Bundesland aus der Reform­front ausschert. Denn dadurch werde die schriftliche Kommunikation nicht wesentlich erschwert. Dies ist die höchst­richterliche Verabschiedung der einheitlichen Rechtschreibung und der Freibrief für orthographische Beliebigkeit.

13. 8. 1998

: Man spricht und schreibt Deutsh und däutlich. Züri-Woche, , nr. 33, s. 1
Die Erstklässler, welche am kommenden Montag erstmals staunend ein Klassen­zimmer betreten werden, haben's gut. Sie können, sofern nicht längst lesende und schreibende Wunderkinder, bei Null anfangen und müssen sich nicht mühsam mit der Malaise (neu Maläse, ehrlich!) rund um die Rechtschreibe-Änderungen auseinander setzen. […] Bei älteren Schülern gilt: Die Fallen sind gestellt. Nie war die Chance so gross, den Lehrer bei einem Fehler zu ertappen.

1998-08-10

neu : Nicht immer nach den neuen Regeln. Die Rechtschreibreform wird auch bei neuen Bibeln zu Änderungen führen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 10, Zeitgeschehen (863 wörter)
Im Frühjahr kommenden Jahres soll die Lutherbibel in neuer Rechtschreibung erscheinen. […] In die Augen fallen wird den Bibel­lesern allerdings die neue Schreibung des Wortes „Greuel“, das in der Bibel 123 Mal vorkommt […]. An einigen wenigen Stellen aber wird die Luther­bibel von der neuen Rechtschreibung abweichen, weil nach der neuen Schreibung ein Miß­verständnis entstehen könnte oder zumindest das Ver­ständnis erschwert würde. Die Auf­forderung in Psalm 37 "Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn, er wird's wohlmachen" wird in der alten Schreibung bestehen­bleiben. Wohlma­chen wäre zwar nach den neuen Regeln getrennt zu schreiben, könnte aber dann im Sinne von „er wird es wahr­scheinlich machen“ miß­verstanden werden.

8. 8. 1998

: Das Nessessär macht Schule. Wenig Widerstand für neue Rechtschreibung an Glarner Schulen. Die Südostschweiz, Glarner Nachrichten, , nr. 182, s. 2, Glarnerland
Seit 1. August gilt offiziell die neue Recht­schreibung auch im Glarnerland. Doch noch haben viele Institutionen der Öffentlichkeit Mühe mit der Umstellung. Eine Ausnahme machen die Schulen, bei denen die Einführung schon recht weit fort­geschritten ist.

7. 8. 1998

: Memento mori für die deutsche Einheitsschreibung. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 180 s. 42

Leserbrief zu zz.: Zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung; eine Stellung­nahme der «Neuen Zürcher Zeitung». Neue Zürcher Zeitung, 17. 7. 1998

: Keine Eile mit den neuen Regeln. Der Startschuss in eine neue Rechtschreibeära ist gefallen. Im Kanton Zürich regt sich aber nicht viel. Tages-Anzeiger, , Zürich Region
Obwohl die neuen Sprachregeln seit einer Woche offiziell in Kraft sind, bleibt auf der Zürcher Kantons­verwaltung und auch in den Gemeinden vorläufig alles, wie es war. […] Auch auf der Stadt­verwaltung Zürich herrscht keine Rechtschreibe­hektik. Stadt­schreiber Martin Brunner: "Gemse oder Gämse, Stengel oder Stängel - das interessiert uns mässig, solche Wörter brauchen wir ja sowieso nicht." Die Änderungen seien marginal, und wo Kommas zu setzen seien, wisse heutzutage ja ohnehin kaum jemand.

3. 8. 1998

: Die zwei Stilleben. Basler Zeitung, , Inland
Ich stand zum erstenmal in einem Museum vor einem Stilleben. Und war komplett überfordert. Entweder war das ein stilles Leben, oder es handelte sich um einen Fachausdruck, mit dem ein besonderer Stil der Malerei gekenn­zeichnet wird. […] Doch die Deutsch-Päpste haben beschlossen, diesem Wort ab sofort ein drittes «L» einzufügen. Womit mein kindliches Gedankenspiel zunichte gemacht wird.
: Starke Fehde um richtiges Schreiben. die tageszeitung, , nr. 5598, s. 6, Inland
In Schleswig-Holstein werden Landesregierung und Bürger­initiative sich nicht einig. […] Hat der Antrag der Initiative "Wir gegen die Rechtschreib­reform" im September Erfolg, und das ist angesichts der 220.000 Unterschriften beim voraus­gegangenen Volks­begehren nicht unwahrscheinlich, würden die 305.700 Schulkinder Schleswig-Holsteins fortan als einzige im gesamten Bundes­gebiet nach den alten Regeln unterrichtet. Man werde alles tun, so Simonis, diese "Insellösung" zu vermeiden. […] Simonis drohte deswegen gar, den vermeintlichen Reform­stopp durch einen Gegen-Gesetzentwurf zu Fall zu bringen.
Streit auch um niederländische Schreibreform. Die Presse, , Kultur & Medien

2. 8. 1998

: Ab jetzt gilt's! Das neue Deutsch: So wird's geschrieben. Sonntagsblick, , nr. 31, s. 28
Seit gestern ist sie gültig, die neue Rechtschreibung. Exklusiv publiziert SonntagsBlick auf den nächsten Seiten eine Liste der neuen Wörter. […] Um die Umstellung zu erleichtern, haben die Zentralen Sprachdienste der Bundes­kanzlei eine 68seitige Broschüre verfasst. Darin findet sich alles Wissens­werte über die neuen Regeln. Bereits sind 50 000 Stück gedruckt worden.

1. 8. 1998

: Wird's die Reform richten? Kommentar: Jeder dritte Schüler kann nicht richtig schreiben. Lübecker Nachrichten,
Selten hat ein behördlich verordnetes Änderungs­ansinnen solchen Wirbel verursacht wie der Eingriff ins Schrifttum. Kaum ein anderes Thema hat so sehr für gefüllte Leserbrief­seiten in den Zeitungen gesorgt wie dieses. […] Unter Schülern hat die Stiftung Lesen allerdings gravierende Mängel in der Beherrschung der Schriftsprache ausgemacht: Jeder dritte Schüler hat nach der 8. Klasse Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben. […] Dagegen hilft auch keine Rechtschreib­reform mit ihrer ver­meintlichen Vereinfachung: Wer "Flußschiffahrt" nicht dudengerecht zu Papier zu bringen vermochte, der kriegt "Flussschifffahrt" auch nicht hin.
: 64 Prozent gegen Rechtschreibreform. Die Presse, , Kultur & Medien
In Österreich lehnen 64 Prozent der Befragten die heute in Kraft tretende Rechtschreib­reform ab. Für 72 Prozent ist das Regelwerk ein Buch mit sieben Siegeln. […] Dies ergab eine Umfrage des Linzer Meinungsforschungs­institutes Spectra.
: Neue Schreibfreiheit. Der Standard, , s. 39, kommentar
Sehen Sie — es tut gar nicht weh. […] Ab heute, dem historischen 1. August 1998, gilt in Österreich die reformierte deutsche Rechtschreibung von Amts wegen, auch "Die Presse" konnte es nicht verhindern. […] Politiker, die das neue Regelwerk ja nicht entwickelt, sondern nur abgesegnet haben, müßten vor Neid erblassen. Ihnen war es noch nie beschieden, mit einer so winzigen Reform derartiges Aufsehen zu erregen. […] Recht­schreibung als ein Prozeß der permanenten Revolution, das wär 's. Ist nicht wieder einmal die gemäßigte Klein­schreibung auf der Strecke geblieben? Wie lange noch sollen die Staats­bürger mit der unnützen Unter­scheidung zwischen Haupt- und anderen Wörtern belastet werden?
: Ein kleines bißchen Neuschreib. die tageszeitung, , nr. 5597, s. 6, Inland
Ab heute gelten die neuen Schreibregeln, und alle machen's anders: Dichter gar nicht, Zeitungen später, Behörden je nachdem. […] Zwölf Jahre lang wurde die Rechtschreib­reform diskutiert, am heutigen Stichtag heißt die Devise "Nur nichts überstürzen": Zeitungen und Nachrichten­agenturen wenden die neuen Rechtschreib­regeln frühestens im Sommer 1999 an, Verlage und Schrift­steller sträuben sich ganz. Und auch die Länder­regierungen sind sich nicht einig: In den Schulen gelten die Regeln bereits, beim amtlichen Schriftverkehr nur in neun Bundesländern.
: Verwirrung der Sprache. Die Welt, , kommentar
Die größte Errungenschaft der ab dem heutigen Tage gültigen neuen Schreib­regeln ist es, erfolgreich den Begriff "Reform" besetzt zu haben. Ein Etiketten­schwindel. Denn bei genauer Betrachtung ist die "Rechtschreib­reformierung" vor allem eine Rechtschreib­deformierung. […] Die Konsequenz ist das Chaos: Eltern werden anders schreiben als ihre Kinder, Schleswig-Holsteiner vielleicht anders als Hessen. Zur "orthographical correctness" läßt sich niemand zwingen. Am wenigsten die WELT. Solange es irgendwie möglich ist, schreiben wir weiter nach alten Regeln.