Kompliziert wird es bei den Rücknahmen und Änderungen der bisherigen Reform-Ansätze. Wenn die Duden-Redaktion sich korrigiert, dann meist so, dass sie nun mehrere Schreibungen erlaubt. Das scheint überhaupt die Hauptfolge der Rechtschreibreform zu sein: Dass in vielen Zweifelsfällen künftig jeder schreiben kann, wie er will.
Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
Aus presse und internet
31. 8. 2000
30. 8. 2000
Natürlich ist es kein Problem, den Abc-Schützen die Schreibweise "Gämse" statt "Gemse" zu vermitteln. In den gymnasialen Jahrgangsstufen 5 bis 7 aber, in denen die wesentlichen Regeln der Rechtschreibung als Förderung von Sprachsicherheit und Ausdrucksfähigkeit behandelt werden, ist es sehr viel schwerer geworden, Einsicht in die neuen Regeln der Getrennt- und Zusammenschreibung sowie der Groß- und Kleinschreibung zu vermitteln. Die einzige Neuerung, die wirklich angenommen wird, ist die Neuregelung der "s"-Schreibung.
Man darf sich reaktionär und borniert verhalten, wie die FAZ-Redaktion dies tut ein jeder blamiert sich, so gut er kann. Der eigentliche Skandal liegt in meinen Augen aber anderswo: Durch die massive Kampagne, die die FAZ momentan fährt und deren vorläufiger Höhepunkt die unangenehme Selbstbeweihräucherung auf der Titelseite war, verliert sie ihren Tag für Tag ebenfalls auf dem Titelblatt postulierten Anspruch auf Überparteilichkeit.
Es verwundert, dass eine Bevölkerung, die offensichtlich in weiten Teilen mit der alten Rechtschreibung Probleme hat, die neue ablehnt, obwohl diese eine ganze Anzahl an Vereinfachungen bietet.
Als jemand, der sich keineswegs auf die Reform gefreut hat […], habe ich mich schneller als gedacht an die neue Ästhetik gewöhnt.
Einerseits wird das Thema heruntergespielt […], andererseits werden die wirklichen Probleme verschwiegen. Zum Beispiel: Die Festlegung, dass nach langem Vokal das „ß" erhalten bleibt, während nach kurzem Vokal „ss" zu stehen hat, bedeutet in der Praxis, dass die norddeutsche Sprechweise zum Maßstab für die allgemeindeutsche Schreibweise gemacht wird.
Ich hätte mir eigentlich gewünscht, dass die Süddeutsche wenn sie schon der Frankfurter Allgemeinen nicht zuvorgekommen ist sich ihr spontan anschließt und ebenfalls zur alten Rechtschreibung zurückkehrt.
Hier eine jener Situationsbeschreibungen der rechten Szene, die es uns kalt den Rücken runter laufen lassen, dort das unerhört beeindruckende Engagement deutscher Geistesgrößen gegen die neue Rechtschreibung […]. Von einem ähnlichen geschlossenen Engagement gegen den rechten Unrat hat man noch nicht so viel gehört.
29. 8. 2000
Da eine Strassentafel aber eine ziemlich lange Lebensdauer hat, kann es noch Jahrzehnte dauern, bis in den Strassen Zürichs orthographisch alles seine Richtigkeit hat.
Und die unzähligen strassennamen, die jeden tag auf papier (und in html) geschrieben werden?
Mann, immer dise shwirigen fragen. Wär das ein interviu würd ich de interviui sagen, er soll sich seine frage sonst wohin stecken.
Wurstbrote und Wein wurden auf der Terrasse gereicht, und im Dunst von Pfeifen- und Zigarrenrauch ging es bei der intellektuellen Tafelrunde um den Kulturverfall durch den Rechtsextremismus, um die Rechtschreibreform, um Visionen vom "Dritten Weg" und um die "Phrasen der Macht".
Schoeller (seines Zeichens Literaturchef beim Hessischen Fernsehen) brachte es auch fertig, die politische Diskussion am Sonntagvormittag als Gesprächsleiter so aus dem Ruder laufen zu lassen, dass nach einer halben Stunde statt vom angekündigten Thema "Deutschland, ein Lügenmärchen - wie käuflich ist die Republik?" nur noch von der Globalisierung der Wirtschaft, der Versteigerung der UMTS-Frequenzen, der Rentendebatte und der Rechtschreibreform die Rede war.
28. 8. 2000
Der Wortschatz einer lebenden Sprache erfährt im Laufe der Jahre und Jahrzehnte Veränderungen, und Rechtschreibreformen sollen nichts anderes tun, als diese Veränderungen festzustellen und gegebenenfalls für nun allgemein gültig erklären. Sie soll gewiss nicht im Sinne vermeintlicher «Vereinfachungen» neue Schreibweisen kreieren und diese zwangsweise einführen, dem (Schreib-)Volk indoktrinieren: greulich ist nicht gräulich, gräulich ist eine Farbe und greulich ist es, rau und nicht rauh zu schreiben, und ein Blütenstengel wird nicht zum Blütenstängel, nur weil einige Kultusminister dies für hübsch finden.
Dabei hätte es eine andere Möglichkeit gegeben: die Rechtschreibung in den Schulen konsequent zu üben […]. Jedenfalls sei die These gewagt, daß mit einem ernsteren Orthographieunterricht bessere Rechtschreibergebnisse erzielt worden wären als mit der "Reform". Wundersam sind deshalb die "pädagogischen" Argumente, mit denen sie verteidigt wird. […] Die Reformer haben hauptsächlich an den schreibenden Schüler gedacht […]. Aber das Schreiben bleibt […] kein Selbstzweck, sondern ist auf einen Leser angelegt.
Wundersam sind spekulationen, an wen die reformer hauptsächlich gedacht haben. Nachdem es der ortografieunterricht in 100 jahren nicht geschafft hat, ernster zu werden, könnte man sich immerhin fragen, ob es nicht doch am unterrichtsgegenstand liegt.
Allein für die Schloßstraße im Bezirk Steglitz wären für neue Schilder 12000 Mark fällig. Selbst beim Austausch beschädigter Namensträger solle, so bekräftigt die Bezirksverwaltung, "das Schloss sein ß behalten".
[…] ein "h" zu viel im Willy-Brandt-Zitat "Jetzt wächst zusammen, was zusammengehö(h)rt". Der Rasdorfer Bürgermeister Körbel blieb cool: "Völlig wurscht. Bei der heutigen Rechtschreibung weiß eh keiner mehr Bescheid." Der Lapsus wurde dennoch ausgebessert.
Das Hamburger Schulmeisterblatt hat prominente Rechtschreibreform-Gegner wie Günter Grass oder Martin Walser zum Diktat nach den alten Schreibregeln aufgefordert. Doch keiner will mitmachen.
Die Frage, wie wir unsere deutsche Sprache schreiben, ist eine unserer historischen Kultur als Ganzer. Weder die Wissenschaft (oder bestimmte Disziplinen) noch die Pädagogen, noch die Politiker - Parteien, Parlamente, Verwaltungen - entscheiden darüber. […] Lediglich die Regelung der Weise, in welcher die Schülerinnen und Schüler das Schreiben und folglich das richtige Schreiben in unserem Lande lernen, obliegt den Kultusministern. […] Weil, was die Schule lehrt und wie die Gesellschaft schreibt, einander bedingen, müssen die Kultusminister bei der Einführung von Veränderungen große Behutsamkeit walten lassen; umgekehrt darf das in der Schule Gelehrte nicht zum Hemmschuh lebendiger Sprachentwicklung werden. Die Festlegung "der richtigen Schreibweise" für alle liegt nicht in der Verantwortung der Kultusverwaltung. Die […] Rechtschreibreform ist ein Versuch, die eben beschriebene Verantwortung der Kultusminister auszuüben. Dass das Ergebnis nicht einhellig Zustimmung findet, darf niemanden verwundern und muss niemanden empören. Eine Rücknahme kritisierter Elemente der Rechtschreibreform bedeutet keine Niederlage, die begonnene Einführung kein Unglück, der Streit selber keine Blamage für die Nation.
Von der Rechtschreibreform sind Einige richtiggehend paralysiert worden, so dass sie ihren naturgegebenen Sprachsinn oft vorsichtshalber ausschalten, um ja nichts verkehrt zu machen. Drei besonders markante Beispiele: „Blut überströmt" fand die Abendzeitung jemanden auf dem Asphalt, einen „Bein amputierten Kranich" suchte laut dpa ganz Israel, und die evangelische Nachrichtenagentur idea befragte zum Desaster auf der „Kursk" den „See erfahrenen" Landesbischof Lohse. Der erwies sich bei dieser Gelegenheit als äußerst Bibel fest.
26. 8. 2000
Seit 1961 ist sein Enkel Ernst Pfenninger am Ruder. […] Er hatte immer schon den Mut, zu seinen Ideen zu stehen. So etwa zur gemässigten Kleinschreibung, die im Geschäftsverkehr der Trisa 1974 eingeführt wurde.
Die Strassenbenennungskommission der Stadt Zürich hat sich dazu durchgerungen, die Strassen künftig nach der neuen Rechtschreibung zu benennen. […] Verzichtet werde in Zukunft auch auf die Abkürzungen «Str.» und «str.». Sie seien vor allem für ausländische Gäste schwer verständlich, heisst es in der Mitteilung.
Schliesslich zeigt ja die im deutschen Sommertheater entbrannte hitzige Diskussion über die immer noch nicht verdaute Rechtschreibreform, dass keiner mehr so recht weiss, wo es sprachlich langgeht. Soll doch gestern in Frankfurt am Main tatsächlich einer in einer grossen Buchhandlung allen Ernstes den Kauf mit den Worten verweigert haben: «Ich kaufe den neuen Duden nicht, bei dem permanenten Wechsel in den Rechtschreibregeln weiss man ja nicht, ob sich die Investition überhaupt lohnt.»
Das Polizeidepartement, genauer die Strassenbenennungskommission, hat trotz anhaltender Finanzkrise einen "Duden" angeschafft und will sich ab sofort bei der Beschriftung der Zürcher Strassen an die deutsche Rechtschreibung halten. […] Bis aber ganz Zürich korrekt beschriftet ist, hat der "Duden" gewiss schon wieder andere Regeln.
Kaum; in dieser beziehung hat sich nichts geändert.
Die Gründe für die eine oder andere Schreibung sind vielfältig, manchmal konsequent und logisch, manchmal konsequent und unlogisch. Wir schreiben zum Beispiel "wenig" und "wenige" mit dem gleichen "g", obwohl wir ganz verschiedene Laute sprechen, aber wir schreiben "Schluß" mit "sch" und "Stuß" mit "s", obwohl sie mit gleichem Anlaut gesprochen werden. Die Sprachwissenschaftler unterscheiden allein bei der alphabetischen Schrift ein phonetisches, ein phonologisches und ein morphologisches Prinzip, und ein Blick auf die englische oder die französische Orthographie zeigt, daß man mit den sehr verschiedenen Konsequenzen dieser Prinzipien gut leben und schreiben kann. Der Glaube, daß es eine "richtige" Schreibung gibt, der man durch die Reform näher kommen könnte, ist also nicht einmal eine Fiktion, er ist einfach ein Irrtum.
Nicht mehr in den Duden zu schauen - obwohl man's manchmal nötig hätte -, damit ist ein gewisses Maß an Schreibsouveränität erreicht; man hat die widerwärtigen Demütigungen, die noch in meiner Schulzeit Deutschlehrer allzu gern anlässlich von Rechtschreibfehlern austeilten, endgültig hinter sich. Und hier muss ein Teil des Zorns seinen Ursprung haben, den die Rechtschreibreform hervorgerufen hat. Plötzlich ist der Duden nicht mehr bloß für Schüler und Sekretärinnen, sondern auch für Martin Walser (wieder) nötig. […] Merke: Max Weber unterscheidet in seiner Herrschaftssoziologie drei Typen von Ordnung, die gesatzte, die durch Pietät geheiligte und die durch einen charismatischen Führer geoffenbarte. Was immer Theodor Ickler oder Christian Meier oder Durs Grünbein sagen: die Orthographie ist eine gesatzte Ordnung und kann durch Beschlüsse verändert werden. Konrad Duden, habe ich mir sagen lassen, hielt sie für ein unabschließbares work in progress.
25. 8. 2000
Contrariamente alle aspettative di molti, invece, il nuovo Duden si attiene rigorosamente alle nuove regole di scrittura, al centro in queste ultime settimane di forti critiche in tutto il mondo di lingua tedesca.
Wie lange kann man gegen ein Regelwerk ankämpfen, es ignorieren? Ein Jahr, drei Jahre, ein Jahrzehnt? Wenn die Schülerinnen und Schüler von heute in die Redaktionsstuben der FAZ eingezogen sein werden, wird sich dieses Problem ganz von selbst erledigen.
Die Diskussionen um die Reform bezeichnete Wermke als "normal": "Das ist ein langfristiger Prozess und der wird auch noch länger als fünf Jahre dauern." Zudem seien die besonders umstrittenen Fragen der Getrennt- und Zusammenschreibung bereits vor der Reform ein "kritischer Bereich" gewesen: "Hier ist vielleicht die Grenze der Regulierbarkeit erreicht", sagt Wermke.
2000-08-24
Den großen Themen dieses Sommers etwa dem Rechtsradikalismus und seinen Opfern und Tätern und der Rechtschreibreform, womöglich auch dem unangemessenen Ausschlag des Erregungspendels zu beiden Themen hat sich, bisher jedenfalls, noch kein Dokumentarist (wo sind sie geblieben?) gewidmet.
Die neue Orthographie spaltet die Nation. Dichter, Denker und Journalisten fordern ihre Rücknahme. Der neue Duden tut gut - sagen hingegen die Lehrer.
Nun liegt er vor, der neue Duden. Um es vorwegzunehmen: Er bietet keinen Anlass, das Totenglöcklein der Reform zu läuten. Auch heftige Gegner der Neuschreibung werden kaum Belege dafür finden, dass mit einer "Reform der Reform" das Ende der Neuregelung gekommen sei. […] Vor 120 Jahren hat Konrad Duden das erste Rechtschreibwörterbuch einer langen Reihe veröffentlicht, die bis heute seinen Namen trägt. Die deutsche Orthografie hat er geprägt, wusste aber, dass sie "weit davon entfernt ist, ein Meisterwerk zu sein". Die kleinen Veränderungen, die die heute gültigen Regeln mit sich gebracht haben, können sich vielleicht gar als ein Schritt auf dem Weg zum Meisterwerk erweisen, wir sind schließlich erst am Anfang ihrer Erprobung. An das Neue mussten die Zeitgenossen Konrad Dudens sich auch gewöhnen. Sie hatten aber einen längeren Atem als manche Menschen heute. Zur Aufgeregtheit bot noch kein Duden Anlass, die jetzt erscheinende Ausgabe macht da keine Ausnahme.
Was bringt die Rechtschreibreform den Kindern im schulischen Alltag? Statt weniger Fehler neue Beliebigkeit und orthografische Ungenauigkeiten, wie Studien zeigen. […] Was Einschulenden vielleicht eine Spur von Vereinfachung bringt, das verwirrt in der gegenwärtigen Übergangsphase viele Schüler zusätzlich. Die peripheren Neuerungen bedeuten für viele ein zusätzliches Moment der Verunsicherung. […] Im Gefolge der allgemeinen Verunsicherung ist eine neue Entwicklung zu beobachten, deren Reichweite noch gar nicht abzusehen ist: Der orthographische Neo-Liberalismus blüht auf. Der Präsident des deutschen Lehrerverbandes, Kraus, beobachtet, wie sich das Prinzip der Beliebigkeit in der Rechtschreibung ausbreitet: "Es schleicht sich das diffuse Gefühl ein, auf orthographische Genauigkeit komme es nicht an."
23. 8. 2000
Zu Ferienbeginn war nicht so recht klar, welches Thema die Sommerpause 2000 beherrschen würde. […] Dann kochte die Rechtschreibreform wieder hoch. Ausgelöst durch die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), die zur alten Orthografie zurückkehrte, schien plötzlich die Rolle rückwärts bevorzustehen. Aber das Thema erwies sich dann doch nicht als stark genug, um die Gemüter auf Dauer zu erregen.
Für eine Rücknahme der Rechtschreibreform haben sich mehr als 96 Prozent derjenigen ausgesprochen, die bislang auf Anzeigen in sechs deutschen Tageszeitungen reagiert haben. […] Die "Initiative für eine vernünftige Rechtschreibung", die die Anzeigen mit den Stimmzetteln aufgab, hat an den ersten beiden Posttagen 20 000 Unterschriften erhalten.
Ist diese ganze "Reform" und vor allem jetzt das Beharren auf ihr nicht eine Ungeheuerlichkeit? Da machen sich Kultusminister anheischig, gegen den in allen Umfragen deutlich zum Ausdruck kommenden Willen von mehr als zwei Dritteln der Bürger einer Sprachgemeinschaft direkt oder indirekt zu diktieren, daß es Hunderte von Wörtern gar nicht gibt, daß praktische Adjektivbildungen wie "besorgniserregend" überholt sind oder daß man zum Schneuzen die Schnauze braucht, die man, wenn man sie denn hätte, dabei doch gerade nicht benutzt!
Da streiten sich die großen und kleinen Geister um die deutsche Rechtschreibreform, und ob es nicht sinnvoll sei, sie wieder zu kassieren. Gemach, denn eigentlich sind solche Überlegungen überflüssig, wo doch die deutsche Sprache mehr und mehr von der englischen überwuchert wird und sich bald darin auflösen dürfte.
Um die Lebendigkeit des Lesens und Schreibens nicht an den überwältigenden Einfluss des Marktes, der Bildschirme und Displays zu verlieren, sind brauchbare, leicht erlernbare und wenigstens annähernd logische Rechtschreibregeln unabdingbar.
Die 22. Auflage des Dudens erscheint am morgigen Freitag. Dokumentiert das Werk nun das Scheitern der Rechtschreibreform, wie Kritiker, allen voran der Erlanger Sprachwissenschaftler Theodor Ickler, behaupten? […] Das diffuse Gefühl der Unsicherheit kann aber auch der neueste Duden nicht beseitigen. Allerdings hat es Rechtschreibungssicherheit nie gegeben – auch nicht zu einem Zeitpunkt, als die Experten noch nach einer Rechtschreibreform riefen, die sie nun nicht mehr (wahr)haben wollen. Jetzt tut mancher so, als sei früher im Deutschen alles glasklar geregelt gewesen.
22. 8. 2000
Ein eigener kurzer Abschnitt behandelt anschliessend die Schreibweise der Nachrichtenagenturen. Noch vor dem eigentlichen Wörterverzeichnis nimmt der Duden als Überblick eine Gegenüberstellung alter und neuer Schreibungen bei häufig gebrauchten Wörtern vor.
Für die Sachbezeichnung als solche ist die hochdeutsche Schreibweise — «der Weiher» — massgebend. […] Unsere Vorfahren neigten dazu, alles und jedes zu verhochdeutschen — auch mit unsinnigen Neubildungen. Degersheim (aus Tägerschen, wie heute noch gesagt wird) ist diesbezüglich wohl die gröbste Verballhornung eines Dorfnamens in der Ostschweiz. […] Und deshalb macht es Sinn, nicht «Männerweiher» oder «Knabenweiher» zu schreiben, sondern «Mannenweier» und «Buebenweier».
[…] geht es um die "Kampagne" als journalistische Kategorie. […] Die Verlockung ist groß, die Themen sind vielfältig. Ob es nun der Rechtsextremismus oder die Rechtschreibreform ist. […] Fast immer auch dient die "Kampagne" dazu, der Komplexität eines Themas zu entfliehen. Allemal sind Aktionismus und Empörung leichter darzustellen als inhaltliche Vorschläge, um ein Problem in den Griff zu bekommen.
Über die so genannte neue Rechtschreibregelung kann man sicherlich unterschiedlicher Meinung sein […]. Gleichwohl sollte man, wenn man will, über die Sache streiten und nicht Personen, die man zu seinen Intimfeinden erkoren hat, verunglimpfen und schmähen. Theodor Ickler aber geht in seinem Kulturkampf noch ein Stück weiter: Da es ihm, wie allen Zeloten, um die „geistige und moralische Hygiene" geht, kriminalisiert er alle, die anderer Meinung sind als er.
Mit äußerstem Befremden haben die Mitarbeiter des Instituts für Deutsche Sprache Theodor Icklers Leserbrief zur Kenntnis genommen. Wie er sich äußert und andere diffamiert, ist bemerkenswert. […] Es ist doch erstaunlich, wie viel Zeit ein Universitätsprofessor hat.
Vor allem sollten sich aber die Kritiker im Klaren sein, dass es wohl zu einer Neuauflage des Streits um die Großschreibung kommen dürfte, die den Experten und den Pädagogen, denen die Reform ohnehin schon immer zu wenig weit gegangen ist, sehr gelegen käme und was die am wenigsten erfreuliche Folge der jetzigen Auseinandersetzungen wäre, womit ein typisches Merkmal der deutschen Sprache – vergleichbar den slawischen Hatscheks oder der griechischen/russischen Schrift – wieder einmal bedroht sein könnte.
Von keinem einzigen habe ich auch nur einziges Mal auch nur ein einziges positives Wort über diese so genannte Reform gehört.
All dies geschieht nicht aus besserer Einsicht oder sachlicher Notwendigkeit, sondern allein deshalb, weil einige hoch bezahlte Mannheimer Institutssenioren über Jahrzehnte hinweg Frust geschoben haben und nun endlich einmal einen Erfolg sehen wollen, der sich zufällig mit den Wirtschaftsinteressen eines Konzerns deckt. Die einzig richtige Reaktion eines freien Volkes darauf ist ein gerütteltes Maß an Zivilcourage und der offene zivile Ungehorsam. Dass dabei die SZ ausgerechnet der sonst bisweilen schmerzhaft konservativ indoktrinierten FAZ die Vorreiterrolle überlassen hat, tut schon mächtig weh.
21. 8. 2000
Mit nahezu perfektem Timing meldet sich in der Diskussion um die Rechtschreibreform ab der kommenden Woche eine der höchsten Instanzen in Sachen Orthografie zu Wort, nämlich der «Duden».
Seit dem 1. August müssen alle deutschsprachigen Dokumente in den Gremien der Europäischen Union nach den Regeln der neuen Rechtschreibung abgefaßt sein. […] Der Vorsitzende der CDU/CSU-Abgeordneten im Europäischen Parlament, der hessische CDU-Abgeordnete Nassauer, […] äußerte sein Befremden darüber, daß es die Generalsekretäre nicht für nötig erachtet hätten, ein parlamentarisches Gremium mit der Sache zu befassen.
Der starre Blick auf die Vereinfachung der Rechtschreibung hat offenbar verhindert, daß die der bewährten Rechtschreibung zugrundeliegenden Regeln erkannt wurden und daß man über sie diskutierte. Nicht berücksichtigt wurde dabei, daß Rechtschreibung mehr ist als Konvention oder gar die bloße graphische Abbildung des Lautsystems durch Buchstaben. Sie dient dazu, die syntaktische, morphologische und lexikalische Struktur des Deutschen für Leser schnell erkennbar werden zu lassen. Nahezu alle Schwierigkeiten der Rechtschreibung finden hier ihre Begründung.
Respekt vor Ihrer vernünftigen Entscheidung, bei der neuen Orthografie zu bleiben […].
[…] gibt es schulische Pflichtlektüre: klassische und moderne Literatur. Diese ist nach den organisch gewachsenen Regeln der lebendigen deutschen Sprache geschrieben. Der Widerspruch und mit ihm das Desaster der Rechtschreibreform setzt also mitten in der Schule selbst ein.
"Ich kenne keinen renommierten Sprachwissenschaftler, der diese Reform wirklich billigt", sagt Borchmeyer. Die Linguisten in der Reformkommission seien entweder "zweit- und drittklassig" oder "geschäftlich mit der Sache verbunden".
Sein politisches Denken lebt von der Negation. […] Die Steuerreform? Nein! Frauen zum Bund? Nein! Tempo 100? Nein! Doppelte Staatsbürgerschaft? Nein! Green Card? Nein! Rechtschreibreform? Nein!
Zwar handelt es sich nicht einmal ansatzweise um eine Reform der Reform rein quantitativ sind die Änderungen geringfügig. In der Substanz aber sind sie so folgenschwer, dass sie die Legitimationsgrundlage des gesamten Reformwerks in Frage stellen.
19. 8. 2000
Für die Schreibweise "Holokaust" habe sich der Sender entschlossen, weil der Mord an den Juden ein von Deutschen verübtes Menschheitsverbrechen sei, sagte ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender […]. "Die aus dem Englischen stammende Schreibweise drückt sprachliche Distanz aus. Sprache darf aber nicht verschleiern. Die k-Schreibung soll verdeutlichen, dass wir Deutschen uns der eigenen Geschichte stellen." […] Das Auge des Lesers wird sich an diese Schreibweise indes nicht gewöhnen müssen. Der Stuttgarter Historiker Eberhard Jäckel, Mitglied des Fachberater-Gremiums der neuen Reihe, berichtet in der Freitag-Ausgabe der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) zwar davon, dass im Zuge der Rechtschreibreform ein entsprechender Vorschlag vorgelegen habe. Mit dem Hinweis darauf, dass der Begriff emotional sehr aufgeladen sei, habe man aber von einer Änderung abgesehen.
Ickler erweckt in seinem Artikel den Eindruck, als würden in der neuesten Auflage des Rechtschreibdudens amtliche Regeln stillschweigend revidiert. Das ist nicht der Fall.
Dass die Diskussion über die Rechtschreibreform in den deutschsprachigen Ländern den Blick für weniger zentrale Themen der Weltgeschichte verstellt, ist leicht nachzuvollziehen. Insbesondere die deutschen Dichter und Denker müssen sich in ihrer Tiefsinnigkeit der Rettung der Kinder vor sprachlicher Verwahrlosung naturgemäß aufgewühlter widmen als solchen Nebensächlichkeiten wie dem "Negerklatschen" rechtsradikaler Skins und ähnlicher inhumaner Kinkerlitzchen. […] Zwei Kammern des Parlaments in Prag haben sich nach lebhaften Debatten dazu durchgerungen, unter den Tschechen zehn Jahre nach der "Samtrevolution" einen zweiten tiefgreifenden Umsturz zuzulassen. Sie stellten einen Jahrtausende alten Brauch in Frage: Es geht um die Nachsilbe "-ova" bei weiblichen Nachnamen — vergleichbar dem "-in" für die Namenskennzeichnung von Hofeigentümerinnen in ländlichen Gegenden deutscher Zunge (siehe: "Die Bernauerin"). […] Auch in Tschechien hat also der Berg eine Maus geboren. Aber […] in Prag wird nicht so viel palavert.
Walsers Verweigerung in allen Ehren. Trotzdem wäre es schön, wenn ein nationales Rechtschreibdiktat der Dichter zustande käme. Man muss sich das einmal bildlich vorstellen! Da sitzt zum Beispiel Walter Kempowski auf dem Affenbänkchen, schreibt Stängel in altgewohnter Manier mit e, also Stengel, und Jens Jessen vom Zeit-Feuilleton streicht ihm das rot an, nicht ohne ihm launig zuzuraunen: „Mit ä schreib Stängel, sonst bist du ein Rechtschreibbengel!" Übrigens fällt uns bei dieser Gelegenheit auf, dass die nämlich-Eselsbrücke schon mit der Gämse nicht mehr funktioniert. „Wer Gämse mit e schreibt, ist . . ." – ja was eigentlich: Brämse? Sänse? Thämse? Wir rufen Deutschlands Dichter.
Autor Thomas Brussig über die Literaturszene, die Rechtschreibreform, die Motivation zu schreiben, Erzähltechnik und den Schausplatz DDR. […] SL: Was halten Sie persönlich von der Rechtschreibreform? Brussig: Ich schreibe weiter nach der alten. Also ich weiß gar nicht so richtig, was die neue ausmacht. Dass wohl jetzt ein paar Worte anders geschrieben werden, also dass die Schreibung selber logischer sein soll. Ich hatte mich nun an die alte gewöhnt, und insofern werde ich mich da nicht auf die neue umstellen. Mir war so, als ob die neue Rechtschreibung einem in der Getrennt- und Zusammenschreibung mehr Freiheiten gestattet, also dass die so sagt: “Wie du’s machst, ist es dann schon richtig”, aber ich weiß das nicht mal genau. Und das ist tatsächlich etwas wo ich unsicher bin, also in Getrennt- und Zusammenschreibung, Groß-, Kleinschreibung, und da würde ich eine Liberalisierung begrüßen. Aber ich schreibe weiter nach der alten. Weil ich das so gelernt habe, und weil ich da eben mit den Ausnahmen auch sicher war.
18. 8. 2000
Als das Sommertheater in diesem Jahr so schlecht anlief wie das Juliwetter nass war, entschloss sich die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» zur Tat und inszenierte ihr eigenes Theater unter dem Titel «Rückkehr zur alten Rechtschreibreform». Weil es dazu keinerlei vernünftige Gründe gibt und der Anlass stofflich zu wenig her gibt, zogen die Frankfurter die Sache als Fortsetzungsstück mit Kampagnencharakter auf. […] Zunächst schreibt die Reform weniger zwingend vor als früher […]. Die ganze konservative Polemik gegen das vermeintliche «Diktat von Bürokraten» geht ins Leere. Die Rechtschreibreform gewährt den Schreibenden «zusätzliche Freiheiten für eigene Entscheidungen» (Duden, Vorwort 21. Aufl.), ohne jenes Chaos anzurichten und jene Beliebigkeit zuzulassen, die die Kritiker — den Kulturverfall und den Untergang des Abendlandes beschwörend — als tödliche Gefahren an die Wand malen.
Martin Walser (73), Schriftsteller, will sich nicht in der alten Rechtschreibung prüfen lassen. «Ich sehe nicht ein, dass ich mich noch einmal auf eine Schulbank setzen lassen soll», sagte Walser gestern im Südwestrundfunk (SWR).
Ein sparsamerer Einsatz des Rotstifts bei den jungen Abc-Schützen hätte das Problem indessen zur Zufriedenheit aller gelöst. Die Entscheidung, stattdessen Lesbarkeit, Rechtschreibsicherheit, Eindeutigkeit plus Differenzierungsmöglichkeiten der deutschen Sprache zu opfern, trägt für mich die Züge eines gigantischen Schildbürgerstreichs.
Die verbreiteten klagen über die mangelhaften rechtschreib- und lesefähigkeiten der schulabgänger laufen jeweils nicht auf einen «sparsameren Einsatz des Rotstifts» hinaus.
Es ging den Reformern aber nicht um eine behutsame Anpassung an das gesprochene Wort und eingeschliffene Schreibweisen […]; sie planten vielmehr, sie dem Ziel unterzuordnen, orthographische Fehler zu vermeiden.
Nein.
Wir arbeiten in einem kleinen Verlagsbüro seit langer Zeit problemlos mit einem Programm, das nicht nur konsistente Umstellung auf die neue Rechtschreibung, sondern auch die Vereinheitlichung schwieriger Fachterminologien und die Berücksichtigung von Autorenwünschen gewährleistet.
Man hat Anfang der neunziger Jahre etwa dreißig Organisationen zu einer Anhörung eingeladen. Diese Einladung ist bei uns nicht eingegangen. […] Wir sind dann, wie die meisten anderen auch, erst mit der fertigen und beschlossenen Reform konfrontiert worden. Wir haben sogleich, als die Wörterliste bekannt wurde, protestiert. […] Ich halte es für geradezu rechtswidrig, daß Kultusminister tiefer in die Schreibung eingreifen.
Beide Institutionen reagieren damit auf die Kritik einiger Reformgegner am neuen Duden, die dahin zielt, dass in dem Nachschlagewerk eine Gewichtsverschiebung zu Gunsten der alten Schreibungen festzustellen sei. […] Theodor Ickler erweckt in seinem genannten Beitrag den Eindruck, als würden in der neuesten Auflage des Rechtschreibdudens amtliche Regeln stillschweigend revidiert. Das ist nicht der Fall.
"Ich sehe nicht ein, dass ich mich noch einmal auf eine Schulbank setzen lassen soll", sagte Walser in der Hörfunk-Sendung "Kultur Aktuell" des Südwestrundfunks (SWR) in Baden-Baden. Damit reagierte der Schriftsteller auf eine in der Wochenzeitung "Die Zeit" erschienene Einladung zum Diktat nach den alten Schreibregeln.
Und natürlich hat Walser auch Recht mit der Bemerkung, dass Fehler kein Argument pro oder contra eine Rechtschreibregelung sind. Doch war nicht die Begründung der Rechtschreibreform, dass die alte zu kompliziert, damit also zu fehlerträchtig gewesen sei? — Einen Martin Walser muss dies nicht bewegen.
Nun wird klar, was ihn bewegt: die ansicht, dass nicht die rechtschreibung für den menschen da ist, sondern umgekehrt der mensch der gottgegebenen rechtschreibung zu huldigen hat. Der von der Zeit implizit erhobene vorwurf der inkonsequenz und unredlichkeit prallt an der religionsähnlichen stellung der ortografie ab: Der papst sagt von sich auch, er sei ein sünder.
Die Aufgeregtheit der bekanntesten deutschsprachigen SchriftstellerInnen im Kampf gegen das ihrer Reaktion nach größte anzunehmende Übel namens Rechtschreibreform fand jedoch zumindest in dieser Redaktion wenig SympathisantInnen. […] Vor dem offiziellen Erscheinungstag - pünktlich zum Ende der Bremer Schulferien - am 25. August wurde kolportiert, dass der neue Duden die Reform in manchen Teilen zurücknehmen würde. […] Es stimmt nur auf den ersten Blick, dass der Duden die Rechtschreibreform in Teilen wieder zurücknimmt. Auf den zweiten Blick zeigt sich, dass die Redaktion sich von rigorosen Setzungen der letzten Auflage verabschiedet hat, die durch die ReformerInnen gar nicht "vorgeschrieben" waren.
17. 8. 2000
Die Debatte um die neue Rechtschreibung zeigt, dass sehr viele Leute die Freiheiten und Erleichterungen, welche die Reform gebracht hat, nicht nutzen möchten oder sogar davon überfordert sind.
Die Reformgegner sind meist denkfauler als die Schüler, zu deren Ausbildung sie bestellt sind.
In einer wirklich guten Rechtschreibreform müsste als Erstes sowieso die Grossschreibung abgeschafft werden.
Wer behauptet, die Rechtschreibreform bringe keine Vereinfachung, hat sich mit der Reform nicht gründlich auseinander gesetzt. […] Während meiner 20-jährigen Tätigkeit als Deutschlehrerin auf der Oberstufe hätte ich mir unzählige Übungsstunden zur Orthografie schenken können, wenn die neue Norm schon gegolten hätte.
So ist die dümmste Änderung das Weglassen des Apostrophs.
Hätten sich unsere Vorfahren derart gesträubt, schrieben wir womöglich noch nach Luthers Regeln.
Ein Jahr nach ihrer offiziellen Einführung haben die neuen Rechtschreibregeln unter einer wichtigen Berufsgruppe offensichtlich kaum Anhänger gefunden: Bei einer Umfrage der AZ in Chefsekretariaten waren nur zurückhaltende bis negative Äußerungen zu hören.
Dieses Versagen der philologischen Fakultäten, die es zuließen, daß die Etymologie zugunsten der Linguistik nahezu aus dem Fächerkanon verschwand, erklärt gar vieles an den Albernheiten der neuen Rechtschreibreform. Den zwar reformwütigen, aber ansonsten ahnungslosen Kollegen von der Linguistik wäre gelegentlich ein Blick in Grimms "Deutsches Wörterbuch" zu empfehlen.
Das ist angesichts der kleinschreibung sehr zu empfehlen, aber von der idee der etymologischen ortografie hat man (richtigerweise) schon vor über hundert jahren abschied genommen, und das ist doch auch schon eine weile her.
In Deutschland hat sich die Gesamtsituation des sprachlichen "Standorts" verschlechtert. Das Deutsche […] ist dabei, die in kommunikativer Hinsicht wichtigste Eigenschaft eines Dialektes anzunehmen: Auf gleiche Weise Gedachtes wird uneinheitlich geschrieben. Die Vermehrung der Schreibweisen des Deutschen führt dazu, daß es bald nicht mehr zu den gelesenen (und im Ausland gelernten) Sprachen gehören wird.
Bei kritischer Betrachtung bleibt für eine Reform nur wenig übrig: Ein Dutzend schwer zu vermittelnde und überdies der Sprache nicht dienende Spitzfindigkeiten (irgendein - irgend jemand, Zäheit), dazu noch meinetwegen der Abschied von der Sonderregel "Schiffahrt" und von ein paar verstaubten Trennungsregeln (Mük-ke, We-ste) oder allzu gelehrten (Chir-urg).
Ein entsprechender Aufruf wird in der heutigen Ausgabe veröffentlicht. Dieser wendet sich an diejenigen Autoren, die zuletzt gegen die Reform protestiert haben, unter ihnen Günter Grass, Martin Walser, Elfriede Jelinek, Durs Grünbein und Hermann Kant.
Hier wurde ein kostbares Stück unserer Schreibkultur einem Zeitgeist geopfert, der Differenzierungen abhold ist.
Der Streit um die Rechtschreibreform erscheint mir verständlich, handelt es sich dabei um eine der Bevölkerung "verordnete" Änderung, wobei die Urheber für sich in Anspruch nehmen, alleine und nach Belieben über das Allgemeingut Sprache zu entscheiden.
Die Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit" hat alle Schriftsteller, die sich für eine Rücknahme der Rechtschreibreform ausgesprochen haben, zu einem Diktat nach den alten Regeln eingeladen.
Einen Vorteil hat das Gerede um die Rechtschreibreform: Wir kommen langsam dahinter, dass unsere Schriftsteller gar nicht so gut Deutsch und auch nicht so gut denken kännen, wie sie immer tun. […] Aber womöglich werden die nicht immer scharf nachdenkenden Dichter nun bald handzahm, denn die Zeit ruft die Reformgegner zum Diktat […].
Hätten die Antireformer sich nicht früher melden können? Mussten sie warten, bis auch die furche vor drei Monaten die neue Rechtschreibung einführte, was, ehe sie nicht nach Wochen darauf hin wies, keinen einzigen Leserbrief, keine einzige telefonische Beschwerde auslöste? Seit freilich die FAZ das Thema wieder aktualisiert hat, mehren sich auch bei uns Leserstimmen, die eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung befürworten. Warum erst jetzt?
16. 8. 2000
Auch die Mehrheit der User von AZ-Online will zur alten Rechtschreibung zurück. Auf die Frage: Sollen wir zur alten Rechtschreibung zurückkehren? antworteten in der vergangenen Woche 61,6 Prozent mit Ja 37,7 Prozent mit Nein 0,7 Prozent hatten keine Meinung.
Die britische Regierung will ein Gesetz erlassen, mit dem die Höhe von Gartenhecken reglementiert wird. […] Wer da von einem Sturm im Wasserglas spricht […], verkennt den Ernst der Lage. Ihm mangelt es am Sinn für die Themen, die zu erregen vermögen. Übersehen wir nicht: Was dem einen die Gartenhecken sind, ist anderen die Rechtschreibreform.
Massive Kritik übt der Vorsitzende des Arbeitskreises Landespolitik des CDU-Kreisverbandes Oldenburg-Land, Thorsten Thümler, an der Rechtschreibreform. […] "Die junge Generation in Deutschland wächst zurzeit mit völlig unverbindlichen Schreibvorgaben auf, die zu einer Verunsicherung bei den Schülern in der Rechtschreibung führen."
Die Lehrerschaft ist wie kaum ein anderer Berufsstand in einer fast unüberschaubaren Fülle von Einzel-Organisationen aufgesplittert. Das wurde kürzlich erst wieder deutlich bei unterschiedlichen Stellungnahmen der diversen Verbände zur Rechtschreib-Reform oder bei der Einschätzung von Laptops für Schüler, die auch nicht einheitlich ausfiel.
Heinz Strauf ist Schulleiter der Konrad-Adenauer-Hauptschule und Sprecher der Wipperfürther Schulen. […] Selbst im Fremdsprachenunterricht können neue Schreibweisen Verwirrung stiften: Wenn der Schüler beispielsweise auch im Italienischen "Spagetti" statt "Spaghetti" schreibt. Im Zuge der Europäisierung sollten solche Begriffe aus anderen Sprachen europaweit einheitlich geschrieben werden.
Also spagetti, maiones, ragu wie in der in Europa am meisten gesprochenen sprache russisch; filosofie, tradizion, ritmus wie im italienischen, russischen usw. — und das ganze natürlich in kleinschreibung.
Mitten hinein in die wieder heftig aufschäumende Diskussion über die Rechtschreibreform und deren Folgen fällt der neue Duden […]. Die 22. Auflage enthält 5000 Stichwörter mehr […]. Aber entscheidend ist, was sie über die Nachbearbeitung der Rechtschreibreform erzählt. Ist das Unvernünftige wenigstens ein bisschen vernünftiger geworden? Kann dieses dicke Buch die offensichtlich sehr unpopuläre Reform den Lesenden und Schreibenden ein wenig näher bringen? Solche Fragen lassen sich im Wesentlichen mit Nein beantworten.
Die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat offenbar nicht erst seit der Rechtschreibreform ein leicht getrübtes Verhältnis zur Orthografie. Sie befürchte, dass ihre Schreibung »schon vorhereine gewisse eigene Note hatte«, sagte sie. »Wenn im Zuge einer Überarbeitung die Fragwürdigkeiten korrigiert würden, käme mir das entgegen – ich habe sowieso noch nicht alles gelernt«, sagte Merkel. Aus Verantwortung gegenüber den Schulen sei sie aber dagegen, die Reform zukippen.
Um so mehr Aufmerksamkeit verdient ein seriöser Bericht, der jetzt vom Pädagogischen Landesinstitut in Ludwigsfelde angefertig worden ist. Moderatoren haben die Einführung der neuen Rechtschreibung in den Schulen Brandenburgs über Jahre verfolgt - und zwar nach den Berichten, die sie in Fortbildungsveranstaltungen von den Lehrern erhielten. Gesamturteil: Die Schulen haben positive Erfahrungen mit der neuen Rechtschreibung gemacht.
Eine an dem Werk beteiligte Mitarbeiterin sagt dazu, dass die Duden-Redaktion oft heftig um einzelne Schreibungen gerungen habe. Generell setze sich dabei zunehmend die Position durch, dass die Beobachtung der faktischen Sprachverwendung ein höheres Gewicht erhalte als der Anspruch der Regelfestsetzung.
Laut einer Umfrage des österreichischen Verbands für Sekretariat und Büromanagement halten 70 Prozent der 200 Befragten die Reform für "nicht gut", 18 Prozent für "teilweise gelungen" und zwölf Prozent für "gut". 51 Prozent wenden sie nicht an, neun Prozent nur teilweise. 55 Prozent sprechen sich für die Rückkehr zur alten Orthographie aus, 37 Prozent für die Beibehaltung der neuen.
Die Rechtschreibreform sei als "wirres Diktat einer abgehobenen Expertenkommission gegen den Willen und die Bedürfnisse der Menschen" gescheitert, stellte der Bildungssprecher der Kärntner Freiheitlichen, Johann Gallo, fest.
15. 8. 2000
Eine grosse Mehrheit der 1727 Anruferinnen und Anrufer sagte nein zur neuen deutschen Rechtschreibung. Ja: 10 Prozent, nein 90 Prozent.
Vom Willen beseelt, die jahrzehntelang geführte Diskussion um die Rechtschreibereform — sie drehte sich um die gemässigte Kleinschreibung, für welche man aber keine Lösung fand — doch noch zu einem irgendwie gearteten «Erfolg» zu führen, haben die Schreibungs-Gelehrten die Heilige Duden-Kuh nicht etwa am Schwanze aufgezäumt, sondern sie in ihren Anfangszustand, mit dem jede andere Heilige Kuh auch einmal (klein) angefangen hat, zurückversetzt: in jene des Kalbes. Und so kamen sie neben einigen guten Ideen auch auf einige Kalbereien und schliesslich noch auf eine Art Wichtigtuerei.
14. 8. 2000
Heute hat im größten Bundesland, Nordrhein-Westfalen, die Schule wieder angefangen. Doch in den Klassenzimmern herrscht Unsicherheit: alte oder neue Rechtschreibung?
4 you, You 2, in den USA werden täglich neue Sprachspielereien erfunden. Die Amerikaner finden die neuen Lautmalereien offensichtlich "funny", doch oft verstehen sie sie selbst nicht mehr.
An der hessisch-thüringischen Grenze ist gestern ein Denkmal am ehemaligen US-Stützpunkt "Point Alpha" enthüllt worden. In das Mahnmal aus Holz wurde der denkwürdige Satz hineingeschnitzt: "Jetzt wächst zusammen, was zusammen gehöhrt". Da scheint sich jemand verschnitzt zu haben.
Vielen Benutzern der Schriftsprache ist zuletzt immer klarer geworden, dass sie von den Reformern kräftig getäuscht worden sind. Denn die versprochene größere Vereinheitlichung ist nicht festzustellen.
Langwierige Diskussionen um die neue Rechtschreibung sind übrigens entbehrlich. Es genügt schon der Hinweis auf eine exemplarische Fehlleistung der Reformer. Nämlich dass sie auch in Zeiten der viel gelobten europäischen Integration den Buchstaben "ß", den es sonst in ganz Europa nicht gibt, keinesweg abgeschafft, sondern ganz im Gegenteil seinen Gebrauch sogar noch weiter verkompliziert haben.
13. 8. 2000
Der Leser von Morgen […] würde über viele Wendungen und Formulierungen in den Werken beispielsweise Thomas Manns stolpern, weil er ja etwas anderes in der Schule gelernt hat.
Der leser von übermorgen (nach der abschaffung der substantivgrossschreibung) würde hier nicht mehr stolpern. Wir danken dem besorgten schriftsteller für die beweisführung: 1. Der leser braucht die grosschreibung, um die bedeutung zu erfassen (Morgen = morning, morgen = tomorrow). 2. Es funktioniert nicht; selbst der empfindliche schriftsteller führt uns in die irre. 3. Es macht nichts; man versteht es trotzdem. 4. Der leser braucht keine künstlichen ortografischen krücken.
12. 8. 2000
Die Rechtschreibung vom Bonifaz ist eine sogenannte einfache Hinschreibung. Man nennt sie auch die begrenzt kontrollierte Falschschreibung. Da kann man nämlich nicht viel falsch machen. Solang man beim Lesen weiß, was der Hinschreiber gemeint hat, kann es gar keine Falschschreibung sein. […] Daß man um das Recht-, Falsch- und um das reformierte Schreiben auf einmal wieder so einen Zinnober macht, ist dem Bonifaz, wie gesagt, ziemlich wurscht. […] Er behauptet nämlich, daß Schreiben so und so eine Kunst ist. Und weil man in und mit der Kunst alles darf, schreibt er wie er will, manchmal sogar so wie ihm der Schnabel gewachsen ist, gell.
Anm. der Redaktion: Wie bereits am vergangenen Wochenende legen wir erneut einen Schwerpunkt auf das Thema „Rechtschreibreform“, denn die Diskussion zu diesem Thema reißt unter unseren Leserinnen und Lesern nicht ab. Wir setzen daher die Debatte fort und drucken die Zuschriften weiterhin in genau der Schreibweise ab, wie uns die Leser die Texte zusandten. Alte und neue Rechtschreibung stehen also nebeneinander.
Bitte kommen auch Sie von der Neuschreibung wieder zur Rechtschreibung!
Interessant, welche emotionalisierten Verlautbarungen zur Rechtschreibreform zu lesen sind.
Sollten Sie die kulturlose Schreibweise beibehalten, müßte ich ernsthaft über mein Abo nachdenken.
Diese „Rechtschreibreform“ ist ein unausgegorenes Produkt ministerialer Sprachstümper […].
Mit einem Kulturgut wie der deutschen Sprache darf nicht so leichtfertig umgegangen werden.
Bei vielen Zuschriften habe ich das Gefühl, dass die Leser schlicht zu faul sind, etwas Neues zu lernen.
Meines Erachtens gibt es für FAZ, gesellschaftspolitisch aufgeschlossene Schriftsteller und engagierte Intellektuelle derzeit für ihr streitbares Engagement viel wichtigere Probleme, zu deren Lösung sie beitragen könnten. Ich wünsche der „Berliner Zeitung“ Erfolg bei ihrem Einsatz für die Beibehaltung der Reform!
Wer Spagetti ohne „h“ schreiben lernt, wird nie die Bedeutung des „h“ in der italienischen Sprache erfassen. Ohne „h“ wird dieses Wort auf italienisch nämlich „Spatschetti“ ausgesprochen. Dies nur ein Beispiel von vielen, die uns die dümmliche und ignorante Rechtschreibreform gebracht hat.
Wer girlande und intrige ohne „u“ nach dem „g“ schreiben lernt, wird nie die bedeutung des „u“ in der französischen sprache erfassen. Ohne „u“ werden diese wörter auf französisch nämlich „schirlande“ und „intrische“ ausgesprochen.
Falls auch die „Berliner Zeitung“ einem Qualitätsjournalismus verpflichtet sein sollte, wird sie diesem Spuk sicher auch bald ein Ende bereiten.
Statt hier anzusetzen und auszuforsten, bei Kommaregeln und adverbialen Bestimmungen, wurde gräulich oder greulich verschlimmbessert und — beispielsweise — schwerfälligst daherkommende ss- statt ß-Regeln den Lernenden befohlen.
Die Rückkehr der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" zur alten Rechtschreibung brach den Streit um die Rechtschreibreform wieder vom Zaun. Wir hörten uns unter Schülern des Leibniz-Gymnasiums um. […] Nur wenige Schüler haben über Rechtschreibreform groß nachgedacht. […] "So viele Wörter haben sich, gemessen am Wörterbestand im Duden, ja nicht verändert", plädiert Melanie Maus in der Diskussion um alte und neue Schreibweise für mehr Gelassenheit.
11. 8. 2000
Sind ein bisschen Freiheit, ein bisschen Anarchie, ein bisschen Tun-Können, was man will, nicht das Schönste, was auf diesem nun tatsächlich uns alle angehenden Feld herauskommen kann bei einer Reform? Einer Reform, die ans Ziel kommt, weil sie so glänzend also wie nur ganz selten tut, was solche Reformen viel häufiger sollten: scheitern, einfach völlig scheitern.
Am besten wäre es, die misslungene Übung abzubrechen. Wenn man sich nicht dazu durchringen kann, bleibt nur eine «Reform der Reform», wobei – und das wäre das Mindeste – die von der NZZ getroffenen Regelungen zu berücksichtigen wären.
Das hat man schon vorher gemacht. Nur heisst «berücksichtigen» nicht einfach so übernehmen. Und wenn man sich von der NZZ-schreibung «überschwänglich» zu «behände» verleiten lässt und dann die NZZ das nicht goutiert, hat man pech gehabt.
Wieso die Frankfurter Allgemeine Zeitung wieder zur alten Schreibweise zurückgekehrt ist, bleibt ein Rätsel – Mitgefühl für die schreibende Bevölkerung, die laut Umfragen zu 75 Prozent die verordneten Neuerungen ignoriert, wird es wohl nicht gewesen sein. Vielleicht sollte das Ganze nur eine selbsterlösende Rettungsaktion sein, um das jährlich drohende Sommerloch zu stopfen. […] Leider ist es nicht verwunderlich, daß die konsequente Ablehnung der Rechtschreibung durch die Junge Freiheit nicht zur Kenntnis genommen wurde, weder in der Anfangsphase des Chaos noch jetzt, da die Festung der Verwirrung stiftenden Neuerer zu bröckeln beginnt.
Ist das nun der Sieg der alten Rechtschreibung? Ickler: Das ist noch schwer zu sagen. Aber wir wissen, daß nun auch in vielen anderen Redaktionen nachgedacht wird. Ich glaube aber, das Vorbild der FAZ wird seine Wirkung tun. Diesen Schritt halte ich für ein ganz entscheidendes Ereignis, das ist ein Dammbruch und ich persönlich glaube, daß er zum baldigen Ende Rechtschreibreform beitragen wird.
Sind eine korrekte Rechtschreibung und mathematisches Denken nur einer Elite vorbehalten oder soll das Ziel, korrektes Deutsch und mathematisches Denken zu lernen, auch für die Massen erreichbar sein? Versuchen die deutschen Kultusminister zusammen mit der Schweiz und Österreich, eine Rechtschreibreform auszuhandeln, die das Lernen der Orthografie in einer neuen, logischen und leichteren Weise erlaubt, wird der Untergang der deutschen Sprache beschworen. Und das ausgerechnet von Schriftstellern. Dichter sollen sprachschöpferisch wie im "Ulysses" auch ohne Punkt und Komma in Satzbruchstücken schreiben, wenn es denn der Kunst dient. Nur im Alltag sind die meisten Menschen keine Künstler und sollten das normale Deutsch beherrschen. Was Lehrer und Schüler über die Rechtschreibung denken, ist vielen Intellektuellen leider gleichgültig.
10. 8. 2000
Unabhängig vom konkreten Anlass bleiben die Argumente erstaunlich gleich. Vor 125 Jahren war es nicht möglich, einen Leserbrief per E-Mail zu senden. Würden die Mails zur aktuellen Diskussion um die neue Rechtschreibung in Frakturschrift ausgedruckt und in der Wortwahl und in der Orthografie ein wenig angeglichen, liesse sich ein grosser Teil von ihnen kaum von Diskussionsbeiträgen des 19. Jahrhunderts unterscheiden.
Auffällig etwa, wie wenig Niederschlag die neue deutsche Debatte in der Schweiz fand: Bei der zuständigen Erziehungsdirektoren-Konferenz ging kein einziger Vorstoss ein, kein Antrag, nichts.
Alt Landammann Hans Höhener, Leiter der damaligen Delegation der Schweiz, hält die Aufgeregtheiten um die neue deutsche Rechtschreibung für überflüssig — ein Zurück zur alten Schreibweise ist nach seiner Auffassung ausgeschlossen. […] Dass aus der Reform nur ein Reförmchen geworden sei, hat nach Auffassung von Hans Höhener den Widerstand gegen die neue Rechtschreibung begünstigt: «Die Korrekturen waren zu wenig radikal. Aus Gründen der Akzeptanz war eine sanfte Landung angestrebt worden.» Wenn es nach der Schweiz gegangen wäre, hätte auch die gemässigte Kleinschreibung Eingang in die Reform gefunden.
«Herliche Berge, sonnige Höhen — ja, es wahr wunderschön hier oben.» Der Eintrag im Hüttenbuch auf zweieinhalbtausend Metern klingt noch in unseren Ohren nach. […] Im Internet, dem globalen Hüttenbuch, wird heute schon allen Rechtschreibregeln gespottet.
Obwohl die neue deutsche Rechtschreibung inzwischen verbindlich ist, müssen sich Schülerinnen und Schüler in Stadt und Landkreis Fulda zum Teil noch mit Sprach- und Lesebüchern in alter Schreibweise auseinandersetzen. Dies ergab eine Umfrage der FZ zum Schuljahresbeginn 2000/2001.
Der Einfluss der Politiker auf die Rechtschreibreform war, um es vorsichtig zu sagen, nicht immer förderlich. Doch den größten Schaden richten die Falschmeldungen, Unterstellungen, Verdächtigungen und Beleidigungen an, die derzeit in manchen Medien kursieren.
9. 8. 2000
Die Politik hat sich auch eingeschaltet. Die Freiheitliche Partei fordert, die Rechtschreibreform abzublasen, der SPÖ geht sie ebenso zuwenig weit wie den Grünen: «die einführung der kleinschreibung sollte auf der tagesordnung stehen.»
Der Tagi könnte mir und unzähligen anderen Leserinnen und Lesern eine riesige Freude bereiten, wenn auch er zur alten Rechtschreibung zurückkehren würde.
Ausgangspunkt der Reform war das geistige Umfeld der antiautoritären 68er-Bewegung.
Bitte stampft die neuen Rechtschreibregeln ein und kehrt zur gewohnten und altbewährten Schreibweise zurück!
Die Rechtschreibreform aber erfand Schreibweisen, die nie in Gebrauch waren und bis heute jeden empfindsamen Leser irritieren. In ihrem Mangel an Respekt vor der Schönheit und dem oft verborgenen Eigensinn sprachlicher Konventionen schuf sie bürokratische Konstruktionen, die außer den wehrlosen Kindern kaum jemand annimmt. Und so kommt es, wie es kommen muss: Auch die letzte bürokratische Monsteranmaßung des 20. Jahrhunderts scheitert.
Mit seinem Aufruf zu einer Versachlichung und mehr Toleranz im Streit um die Rechtschreibreform hat der Deutsche Philologenverband das Gegenteil erreicht. Die jetzt zur Diskussion stehenden Änderungen der ursprünglichen Rechtschreibreform seien so klein, daß sie nicht einmal dazu taugten, ein Sommerloch zu füllen, hatte der Philologenverband gemeinsam mit dem Bundesverband der Lehrer und Lehrerinnen an beruflichen Schulen (BLBS) und dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) mitgeteilt. […] Alle drei genannten Verbände sind Mitglieder des Deutschen Beamtenbundes. Dessen Vorsitzender, Erhard Geyer, hatte in einem Rundfunkgespräch am 5. August in einem Berliner Sender gesagt: "Es muß endlich eine Entscheidung her. Die alte Rechtschreibung sollte wieder angewendet werden."
"Erst die Reform, dann die Diskussion, das ist mehr als misslich", sagt Thomas Findeisen, Leiter der Schillerschule. […] Für überzogen hält Bruno Persichilli, Leiter der Ernst-Reuter-Schule, die Diskussion. "Es ändert sich ständig so viel in unserem Leben. Und bei technischen Neuerungen sind alle immer ganz wild darauf, mit dabei zu sein." […] Vielmehr fordert er wie Findeisen, die Schriftsprache weiter zu vereinfachen. Für entbehrlich hält der Pädagoge beispielsweise die Groß- und Kleinschreibung.
Die ganze Republik wartet auf den Bericht der drei Weisen, die das politische Klima hierzulande untersuchen. […] Alles ist möglich: Englisch, Französisch, Spanisch, Finnisch, Deutsch. […] Nach welchen Rechtschreibregeln wird man einen deutschen Bericht abfassen? Nach den alten, an die sich Zeitungen in Frankfurt und Wien, die wahrlich keine Würstchen sind, halten? Oder nach ganz neuen, wie sie die SPÖ fordert? Den Sozialdemokraten zufolge müßte es ja heißen: "ergebnis des berichts: fpö pfui, aber ende des boykotts".
Nur zwei Prozent schreiben nach den neuen Regeln, nur sieben Prozent sind für die Reform — dies ergab eine OGM-Umfrage. […] "Keinen Handlungsbedarf" sehen die österreichischen Schulbuchverlage beim Thema Rechtschreibung. Eine Rückkehr zur alten Schreibweise nannte Othmar Spachinger, Geschäftsführer von öbv & hpt, dem größten heimischen Schulbuchverlag, gar "denkunmöglich".
8. 8. 2000
Eine Mehrheit möchte zu den alten Regeln zurück. […] Was denken Sie, liebe Leserin, lieber Leser? Sind sie für oder gegen die neue Rechtschreibung?
Pro-standpunkt: Christian Schmid, kontra: Eveline Hasler. Eine rückkehr zu den alten Regeln wird nicht vorgeschlagen.
Während man sich in der Schweiz und in Österreich schön brav an die neue Rechtschreibreform hält, kommt die Debatte über Sinn und Unsinn der Neuerungen in Deutschland erst so richtig in Fahrt.
Die Meinungen zur Rechtschreibreform bleiben kontrovers. Die Lehrer in Deutschland streiten, die Mehrheit der Bürger fordert die Rücknahme der vor einem Jahr eingeführten neuen Regeln, die meisten der Zeitungsredaktionen warten ab und der Literatur-Nobelpreisträger Günter Grass ruft die deutschsprachige Presse auf, wieder die alte Rechtschreibform anzuwenden.
Auch wenn Sie, die folgende Frage betreffend, als Moderator fein raus sind - was halten Sie von der Rechtschreibreform? Wickert: Ich fand die von Anfang an total bescheuert, weil ich nicht möchte, dass Kultusminister mir vorschreiben, wie ich schreiben soll.
Die kultusminister möchten das auch nicht. Sie schreiben den schülern vor, wie sie schreiben sollen, und das bereits seit 1901.
Vor Einführung der Reform war die deutsche Sprache zweifellos einheitlicher als jetzt, verbindlicher. Leichter und logischer ist sie auch nicht geworden. Eines fällt daher auf: Inhaltlich finden sich kaum noch Befürworter des gesamten neuen Regelwerks. Wer es verteidigt, zählt praktische Argumente auf. […] Denn die Reform der Reform, wenn sie denn stattfindet, muss ein Mittelding sein aus Alt und Neu.
Also ein mittelding aus dem alten und dem, was selbst schon ein mittelding aus dem alten und dem, was selbst schon ein mittelding aus dem alten und dem, was selbst schon ein mittelding . . . war.
7. 8. 2000
Gering mag man veranschlagen, dass über die «FAZ» eine Sturzflut zustimmender Leserbriefe hereinbrach (Leser, die die «Verantwortungslosigkeit» des Blattes rügten, gab es auch, aber sehr wenige) — damit war immerhin zu rechnen. Schwerer dürfte wiegen, dass der schon erloschene Disput über den Nutzen der alten und die Nachteile der neuen Orthographie frisch auflodert, weshalb man in deutschen Zeitungen nach eineinviertel Jahren Absenz jetzt wieder inhaltliche — sprachwissenschaftliche — Auseinandersetzungen mit der Reform lesen kann.
Die vielen Schüler, die seit vier Jahren nach den neuen Regeln schreiben lernen und nach der Kenntnis dieser Regeln auch bewertet werden, haben unsere Entscheidung wesentlich bestimmt. […] Deswegen denken wir in dieser Sache an unsere Leser, vor allem an die jüngeren, und schreiben gemeinsam nach Regeln, von denen viele von uns nicht überzeugt sind.
"Halten Sie sich an die Regeln der Rechtschreibreform?" Nein 61%, teilweise 32%, ja 7%.
Von bislang 15500 T-Online-Besuchern sprechen sich gut 78 Prozent für diesen Schritt [rückkehr zur alten rechtschreibung] aus und nur 11,8 Prozent dagegen. […] Soviel Zustimmung nennen Gerichte Akzeptanz: Anerkennung, Anklang. Im Umkehrschluß ist daraus zu folgern, daß die sogenannte Rechtschreibreform keine Akzeptanz findet: Das war vor deren Einführung so - 70 bis 90 Prozent waren dagegen -, und das ist immer noch so.
Dabei ist die Kritik an dieser Reform durchaus berechtigt. Denn diese Reform ist viel zu wenig weit gegangen. Sie orientiert sich nicht an den Gepflogenheiten der Zeit. Sie ignoriert die Realität des Sprachgebrauchs im Internet und im rapid zunehmenden E-Mail-Verkehr. Sie leugnet die Durchdringung unserer Sprache durch internationalistische, auf englischsprachigen Fundamenten stehende Vokabeln. […] Das heißt: […] mit der längst überflüssigen Groß-Klein-Schreibung aufräumen (was übrigens auch, bravo, von den Grünen gefordert wird, und wenn die "Presse" jetzt loszetert, rufe ich unsere Jahrhundertdichter Ernst Jandl und H. C. Artmann in den Zeugenstand).
6. 8. 2000
Wir sind jetzt in einer Situation, daß Schule zum Rechtschreib-Elfenbeinturm wird. Das ist das, was mich auf die Palme bringt. Wir lehren in der Schule etwas, was über kurz oder lang außerhalb der Schule niemand mehr praktiziert. Wir Deutschlehrer stehen vor einer ernsten Glaubwürdigkeitsfrage, nämlich unseren Schülern etwas beizubringen, von dem die Schüler, vor allem die älteren Schüler wissen, daß es außerhalb der Schule nicht akzeptiert wird.
5. 8. 2000
Die gezielten Versuche, die Rechtschreibreform in Deutschland wieder rückgängig zu machen, beurteilt Schmid als «hochgradig ärgerlich». Sollte es tatsächlich so weit kommen, hätte dies nicht zuletzt auch staatsrechtliche Folgen. […] In den Bereich der Märchen gehört das Gerücht, beim Scheitern der Rechtschreibreform müssten Berge von Schulbüchern eingestampft und Millionen von Steuergeldern ans Bein gestrichen werden.
Dass die «Frankfurter Allgemeine Zeitung» (FAZ) so entschieden hat, wie sie jetzt entschieden hat, ist eigentlich kein Wunder. Ein Wunder ist, dass die Zeitung im vergangenen Jahr überhaupt auf die neue Regelung umgestellt hat. Die FAZ hat sich immer gegen jede Reform der Rechtschreibung gestellt. Es gab ja vor der Reform beinahe alle Jahre von irgendeiner Seite her mindestens einen Vorschlag zur Rechtschreibreform. Nur wird jetzt so getan, als hätte zuvor nichts als Zufriedenheit geherrscht.
Einen grund für die späten reaktionen findet man bei Friedrich Dieckmann, Berliner Zeitung, 4. 8. 2000, und bei Hans Krieger, Schweizer Monatshefte, 11. 2003.
Die "Frankfurter Allgemeine" ist am 1. August wieder zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt. "Schiffahrt" statt "Schifffahrt", "sitzenbleiben" statt "sitzen bleiben". Bingo. Ihre Ankündigung klang so, als breche sie mit dem Rest der Welt, ihren Lesern und den deutschen Literaten zuwillen (oder zu Willen?). Dreispaltig auf der Seite eins verkündigte sie ihre Kriegserklärung an die deutschen Kultusminister, von denen nur noch einige in jenem Amt sind, das sie zur so genannten "gemäßigten Rechtschreibreform" des Jahres 1998 befähigt hatte. […] Ich jedenfalls habe die neuen Rechtschreibregeln nicht gelernt und nicht befolgt.
Als begeisterte Vielleserin habe ich mir bislang drei Romane in der neuen Rechtschreibung gekauft. Immer wieder bin ich dort an Sätzen hängengeblieben, die durch die neuen Regeln so unübersichtlich waren, daß ich sie mehrmals lesen mußte, um überhaupt ihren Sinn zu erfassen. Das blockierte den Lesefluß und war auf Dauer äußerst ermüdend.
Statt das ß konsequent abzuschaffen, verkompliziert die Reform die Schreibung hier eher. Die Kommaregeln hätten endlich aufgelöst und dem individuellen Ausdruck anheim gestellt werden sollen.
Seit dem 1. August 1999 kann ich keinen Ihrer ernsten Texte mehr richtig ernstnehmen, keinen spaßigen mehr richtig spaßig finden, weil mir die unsinnigen Schreibweisen wie Messerhiebe in den Magen fahren.
Mich erinnert das Tun der FAZ an ein kleines Kind, das trotzig das Spielbrett umwirft, weil es die sichere Niederlage abwenden will.
Im Grunde handelt es sich doch nur um einige Rechtschreibkorrekturen, die im Schriftbild kaum auffallen. Von einer Reform könnte man wohl nur sprechen, wenn zum Beispiel die Großschreibung abgeschafft worden wäre.
[…] keine Sprache der Erde erlaubt drei gleiche Buchstaben in Folge. Wer sich so etwas ausdenkt, gehört in die Klappsmühle!
Ich halte es für schrecklich, drei Konsonanten hintereinander zu bringen, wie bei Stofffabrik oder Kammmacher.
… und bei sauerstoffflasche, balletttruppe?!
Die Vorstellung, daß Schreibfehler von den Regeln kommen, ist staatlich genährter Aberglaube.
Wer also das Überleben unserer Muttersprache sichern […] will, der muß bereit sein, notwendige Veränderungen zu akzeptieren. Trotz mancher Unzulänglichkeiten ist die jetzige Rechtschreibreform ein Schritt in die richtige Richtung.
Ihr Rückzieher stiftet nur Verwirrung. […] Die Rechtschreibreform mag von namhaften Schriftstellern bekämpft werden. Da diesem Personenkreis in bezug auf die Orthographie ohnehin „dichterische Freiheit“ zugestanden wird, kann es auf ihn nicht entscheidend ankommen.
Vor allem dürfte die Schule als Durchsetzungsinstrument ausfallen. Sollte die neue Schreibweise eines Tages bei der Notengebung berücksichtigt werden, so wird es fraglich sein, ob eine darauf beruhende Bewertung bei einer gerichtlichen Nachprüfung […] Bestand haben wird, da jeder Schüler der Schrift nicht nur in der Schule, sondern noch viel intensiver im Alltag begegnet und daher überfordert ist, sich die neue Schreibweise als die für ihn – in der Schule – verbindliche einzuprägen.
Jeder Einsichtige muß hoffen, daß Ihr Schritt – mit welchem Sie sich wieder an die Seite der ohnehin an der bisherigen Orthographie festhaltenden Autoren und Verlage stellen – als ein Signal wirkt, das am Ende doch noch obrigkeitlichen Starrsinn zum Einlenken bringt.
Das Attentat in Düsseldorf hat eine Debatte über den Rechtsradikalismus in Deutschland entzündet. Deutsche Autoren halten sich merklich zurück. […] Noch hat sich seit Düsseldorf kaum ein deutscher Schriftsteller zu Wort gemeldet. Stattdessen wird leidenschaftlich über die Reform der Rechtschreibreform diskutiert. Strasser: Im PEN wird die Rechtschreibreform nicht leidenschaftlich diskutiert […].
Was ich vermisse, ist eine generelle kleinschreibung. Ob man "am besten" oder "am Besten" oder "der beste" oder "der Beste" oder "der beste Sportler" schreibt, interessiert wirklich nur solche leute, deren bestreben nicht über fehlerkorrektur in aufsätzen hinausgeht.
In der Tat waren es die Schriftsteller und die Journalisten, diese Kärrner an der Front der Literatur, die sich mit der amtlich verordneten "Neu-Schreibung" nie abfinden konnten. Sie hatten — ein unverzeihlicher Fehler — im Vorfeld der Reformbemühungen viel zu lange geschwiegen, ihr Protestgeheul kam in einem Augenblick, da die deutschen Kultusminister und ihre österreichische Kollegin Gehrer die Sache bereits perfekt gemacht hatten.
4. 8. 2000
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung forderte in einem Appell an alle Zeitungen, Verlage, Betriebe und staatliche Stellen eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung.
Den Mitarbeitern des SWR sei es nach wie vor ausdrücklich freigestellt, „die Regeln der Rechtschreibreform nicht zu beachten". […] Mit anderen Worten: Der SWR hält sich sehr wohl an die neuen Regeln, ihr Tagebuch dürfen die Mitarbeiter aber nach den alten führen. Auch eine Lösung.
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung ging am Donnerstag mit einem "dringenden Aufruf" an die Öffentlichkeit, "die Einheit der deutschen Schreibung zu retten". Die Akademie appelliert an Zeitungen, Verlage, Betriebe und staatliche Stellen, zur alten Rechtschreibung zurückzukehren.
Das ganze Vorhaben hatte von Anfang an die Züge einer Verschwörung.
Die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung ist am Donnerstag mit einem „dringenden Aufruf“ an die Öffentlichkeit getreten, „die Einheit der deutschen Schreibung zu retten“, indem zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt werde. Der Appell richtete sich an Zeitungen, Verlage, Betriebe und staatliche Stellen. „Diese Reform war von Anfang an eine Mißgeburt“, schrieb die Akademie […].
Der Appell, den die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung am Donnerstag veröffentlicht hat, hat folgenden Wortlaut […].
Zur Rechtschreib-Diskussion lesen wir im „Westfalen-Blatt“ (Bielefeld): „Zwei Drittel der Bundesbürger lehnen die Rechtschreibreform ab, nur 22 Prozent der Befragten gaben an, die reformierte Schreibweise anzuwenden. Kann die Bilanz vernichtender sein? […]“
Die mutige Entscheidung der F.A.Z., […] zur klaren und eindeutig verständlichen alten Rechtschreibung zurückzukehren, kann ich nur begrüßen.
Meinem letzten Buch „Der letzte Zeichner“ wollte ich eine weitere Polemik unter dem Titel „Der letzte Rechtschreiber“ folgen lassen. Herzlichen Dank dafür, daß Sie mir diese Arbeit abgenommen haben.
Jetzt wäre eigentlich die Stunde der Opposition. Sie könnte eine Korrektur einfordern. […] Aber auch die CDU/CSU-Kultusminister wagen nicht, das Steuer herumzuwerfen.
Diese sogenannte Reform konnte und kann nicht verwirklicht werden, weil ihr die Zustimmung der Bevölkerung und auch der Parlamente fehlte und noch immer fehlt.
Kurios wird es allerdings, wenn seitens der F.A.Z. festgestellt wird: "Wie müssen die Leser darunter gelitten haben, daß diese Zeitung sich ... widerwillig entschloß, ... die verordnete Schreibung zu übernehmen. Wie befreit jubeln sie (die Leser) auf: Schon am ersten Tag erreichten die Redaktion Glückwünsche zuhauf. Es ist, als wollten die Leser mit den Redakteuren Geburtstag feiern" (F.A.Z. vom 28. Juli). Ich jubele nicht auf, und ich feiere auch nicht Geburtstag, denn es ist einfach peinlich, wie aus einer Mücke ein Elefant gemacht wird. Eine Mücke ist dieses Reförmchen. Ein Elefant wäre es gewesen, wenn der Vorschlag der Reformer, 1991 einstimmig gefaßt, realisiert worden wäre, die Kleinschreibung einzuführen.
Hannelore Philippi (52), Tierheilpraktikerin aus Schlüchtern: „Ich finde die neue Rechtschreibung wirklich bescheuert, weil sie eine Verunstaltung der deutschen Sprache ist. Ich finde zwar gut, wenn die Regeln gelegentlich aktualisiert werden, doch eine solch gravierende Umstellung, wie sie kürzlich durchgeführt wurde, ist für die Menschen wahnsinnig irritierend.
Dreieinhalb Jahre ist es jetzt her […], dass wir als erste Zeitung die neuen Regeln der Rechtschreibreform einführten. Und wir sind gut damit gefahren. Ich erinnere drei Abbestellungen, ganz am Anfang […], ansonsten waren Sie (das sind immerhin 390.000 Leserinnen und Leser) einverstanden. Die meisten hatten es […] erst gar nicht bemerkt.
Bislang galt: Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen! Tatsache aber ist, dass Schüler jetzt etwas lernen sollen, was außerhalb der Schule nicht oder anders praktiziert wird.
Alle 16 Länder-Kultusminister lehnten eine erneute Diskussion oder gar Rücknahme der Reform ab, und Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) wies die Forderung von Hinterbänklern nach einer parlamentarischen Debatte zurück: Rechtschreibregeln seien "keine politische Entscheidung". Dabei spricht durchaus nicht nur Liebe zur Rechtschreibreform aus den Worten ihrer Verteidiger. Sie sei "überflüssig" gewesen, urteilt etwa der saarländische Kultusminister Jürgen Schreier (CDU), ebenso überflüssig aber sei der Versuch, die bereits eingeführte Reform wieder zurückzunehmen: Das würde das "totale Rechtschreibchaos" bedeuten.
3. 8. 2000
Der Deutsche Hochschulverband, die Berufsvertretung der Professoren und Privatdozenten, hat am Mittwoch in Bonn angekündigt, ab dem 1. Oktober in seinem gesamten Schriftverkehr sowie in der Zeitschrift «Forschung & Lehre» ebenfalls zur früheren Rechtschreibung zurückzukehren.
«Bei uns gibt es im Gegensatz zu Deutschland keinen heiligen Krieg um die Reformen. Wir gehen die Sache pragmatisch und gelassen an», sagt beispielsweise Felix Baumer, Leiter des St. Galler Amtes für Volksschulen.
Gewiss, die Folge davon wird eine zunehmende Verwilderung sein, doch das ist nicht die Schuld der normalen Schriftsprachbenutzenden: Es ist die Schuld jener Rechtschreibereformer, die es nicht fertig brachten, eine wirkliche Vereinfachung zu erfinden. Stattdessen haben sie das komplizierte Alte durch ein ebenso kompliziertes Neues ersetzt.
Wie sich die Dinge gleichen: Die Rechtschreibung und vor allem ihre Reform hat schon im 19. Jahrhundert die Gemüter erhitzt. […] Zu jener Zeit ging es etwa um die Schreibung „ie" in Wörtern wie „stolziren" und „inspiziren"; in Fällen wie „Armuth", „Gluth", „Noth" sollte im Auslaut das „H" entfallen, andererseits schrieb man nach wie vor „That, „Thor", „Unterthan". Das „ß" in Gleichniß" wurde zu „s" und in „Waare" entfiel das doppelte „A", es blieb aber zum Beispiel in „Paar".
Eine repräsentative Forsa-Umfrage für „Die Woche“, die Vorkämpferin und Verteidigerin der neuen Schreibweisen, hat ergeben, daß 68 Prozent der Befragten die Rückkehr zur alten Rechtschreibung befürworten. Im öffentlichen Dienst würden die neuen Regeln, wenn überhaupt, „nur mit Unmut“ angewandt […].
Die neue deutsche Debatte über die Rechtschreibung wird in der Schweiz aufmerksam verfolgt, weil ein kleines Land einen großen Nachbarn stets neugierig beobachten muß. Doch man spürt ein Schmunzeln, wenn man sich mit Eidgenossen darüber unterhält, und in manchen Artikeln Schweizer Zeitungen macht man sich etwas lustig über die Deutschen und ihren tiefernsten Disput darüber, ob es „wohldurchdacht“ oder „wohl durchdacht“ heißen sollte. Manche vermuten dahinter gar ein Sommertheater […].
In Deutschland, so ist abzusehen, werden wir […] wohl in den nächsten Wochen und Monaten die Neuauflage einer verbissenen Grundsatzdebatte erleben, die viele von uns schon, wenn auch zähneknirschend, ad acta gelegt hatten.
Der Kölner Völkerrechts-Professor Hartmut Schiedermair (64) ist Präsident des Deutschen Hochschulverbandes. Herr Schiedermair, ist die Rechtschreibreform mies gemacht worden oder nur miesgemacht worden? Schiedermair (lachend): Das ist ja gerade das Problem, dass die Rechtschreibreform eine Verkürzung der sprachlichen Ausdrucksmöglichkeiten bewirkt hat. Und deshalb wehren wir uns dagegen.
[…] Solidarität mit Schulanfängern und anderen Menschen mit Schreib- und Leseproblemen, wie meinem geistig behinderten Sohn. Ihnen fällt das Lesen leichter, wenn sie gleich an der Schreibweise erkennen können, wie ein Wort ausgesprochen wird: "Spaß" mit langem a und "Pass" mit kurzem a, "groß" mit langen o und "Ross" mit kurzen o […]. Das richtige Schreiben fällt leichter, wenn Wörter wie "Riss" im Singular mit dem gleichen ss geschrieben werden wie im Plural. Und wenn unsinnige Regeln wegfallen. Warum sollte man st nicht trennen, wenn die Aussprache es nahe legt? Warum sollte man Schulkinder mit jener unsäglichen Regel plagen, nach der "Stofffetzen" mit zwei f geschrieben werden sollte, "Stoffflicken" aber mit drei f?
Mit beispielloser Courage ist das Blatt am 1. 8. 2000 zur alten Rechtschreibung zurückgekehrt. Und wieder stehen die Schriftsteller fast wie ein Mann geschlossen, um den schon verloren geglaubten Kampf wieder aufzunehmen, und diesmal, ja, bin ich dabei! Und wie sie alle voller Dank für die FAZ. Denn es gibt "jetzt keinen Anlaß mehr, die Flinte ins Korn zu werfen. Dank der F.A.Z.", wie es Christian Meier, […] formuliert hat.
Die sehr gute Nachricht ereilte mich am 26. Juli um 17 Uhr aus dem Radio und dem Mund des FAZ-Herausgebers Günther Nonnenmacher. Der da nämlich mitteilte, dass und warum die FAZ als erste deutsche Sprachgroßmacht erst einmal quasi privat die sogenannte Dudenreform negiere bzw. wieder zurücknehme und nämlich ab 1.8. wieder nach den alten Regeln schreibe und drucke.
"Die überwiegende Mehrheit der Bundesbürger wünscht sich, daß die neue Rechtschreibung wieder abgeschafft wird", schreibt die deutsche Zeitung "Die Woche" in ihrer neuesten Ausgabe.
ad Frau Dr. Rolland: da der "Neuschrieb" genauso gut oder schlecht begründbar ist wie der "Altschrieb", wird es Ihnen beschwerlich fallen, eine Rückkehr überzeugend zu argumentieren.
Ihr Argument von der "geistigen Verarmung" führt auf die Spur, warum Sie und viele andere so vehement gegen die Reform sind: Ich befürchte, Sie betrachten die Rechtschreibung nicht als Mittel zum Zweck der möglichst einfachen und verständlichen Kommunikation, sondern allein als Indiz für Bildung.
Die Qualität der Reform wird allein durch den langfristigen Gebrauch feststellbar sein. Die Reform ist dann gescheitert, wenn die Ersten, die nur nach der neuen Orthografie schreiben gelernt haben, von sich aus - ohne Druck von irgendwem - wieder zur alten Schreibweise zurückkehren, weil die leichter ist.
Eine wichtige feststellung. Übrigens ist deshalb die reform von 1653 gescheitert, weil wir ohne druck von irgendwem zur eigennamengrossschreibung zurückkehren. Wir sind allerdings nicht die ersten.
Es kann nicht oft genug wiederholt werden: Das Rechtschreibreförmchen ändert wenig an der Sprache; oft muss man einen Text mehrmals lesen, um draufzukommen, ob er der alten oder der neuen Orthographie verpflichtet ist.
2000-08-02
Gleichzeitig fordert der Verband die Kultusministerkonferenz auf, "mit den erforderlichen Korrekturen an der Rechtschreibreform die deutsche Sprachkultur vor Schaden zu bewahren".
Das „Reförmchen“ reiche zu wenig weit: „Wenn schon die Rechtschreibreformdebatte noch einmal geführt werden soll, dann sollte die einführung der kleinschreibung auf der tagesordnung stehen und nicht bloß ein kleingeistiges herummäkeln an der schwachbrüstigen neuen rechtschreibung“, hieß es in der gedruckten Stellungnahme der Grünen.
Es kann doch wohl nicht sein, daß die heutige Generation dümmer ist als ihre Altvorderen und nicht in der Lage, korrekt schreiben zu lernen.
Die altvorderen waren dazu auch nicht in der lage: stichwort schreiben.
Mit Freude habe ich erfahren, daß Sie zur sogenannten alten deutschen Rechtschreibung zurückkehren.
«Sogenannte alte deutsche Rechtschreibung» …
Sie hätten den kolossalen Unsinn der Kultusministerkonferenz niemals unterstützen sollen.
Als Deutschlehrer kann ich Ihnen versichern, daß die Schüler, die die "neue" Rechtschreibung aus der Grundschule mitbringen, nicht weniger Probleme bei der Verschriftlichung ihrer Gedanken haben als die, die noch mit der "alten" Rechtschreibung groß geworden sind.
[…] ist mir bekannt, daß im Funkhaus in Hannover kritische Schreiben oder Telefonate von Hörern mit dem Faktor 1000, lobende, positive Zuschriften und Telefonate jedoch mit dem Faktor 5000 multipliziert wurden. Der Grund: In den Redaktionen des Senders war man der Überzeugung, daß Kritiker, Gegner und Nörgler viel eher zum Griffel oder zum Telefonhörer greifen als zufriedene Hörer, die des Lobes voll sind. […] Auch ich gratuliere der F.A.Z. im Namen von – entsprechend – mindestens 500 "verbündeten" Lesern zu ihrer Entscheidung.
Im fall des FAZ-hinundher hat man aber ein vorzeichenproblem.
Als Schülerin der elften Klasse eines Gymnasiums kann ich die Rückkehr zur alten Rechtschreibung nicht gutheißen. […] Ich glaube nicht, daß die Umstellung auf die alte Rechtschreibung überhaupt noch möglich ist, ohne eine riesengroße Verwirrung der meisten Schüler zu erreichen.
Man muss immer das positive sehen: dass anscheinend die meisten schüler die FAZ lesen.
Wie ist es möglich, daß eine mit einer stattlichen Anzahl von Fachvertretern des Faches Germanistische Linguistik besetzte Kommission ein solch fehlerhaftes Machwerk vorlegen konnte? Wie ist es möglich, daß – um nur ein Beispiel herauszugreifen – keiner wußte, daß „leid“ oder „recht“ in Sätzen wie „es tut mir leid“, „er hat recht“ keine Substantive, sondern Adverbien sind? Das sollte doch jeder Student im ersten Semester wissen.
Die Rechtschreibreform war mehr als überflüssig. Sie war eine Katastrophe.
Allerdings müssen „wir Gegner“ uns fragen, warum wir so spät aufgewacht sind und uns auf rein private Verweigerung zurückgezogen hatten.
Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ schüttelte die neuen Regeln wieder ab – gestern erschien die Zeitung zum ersten Mal wieder in alter Rechtschreibung. Sonderlich aufregend war ihr Erscheinungsbild deshalb allerdings nicht. Abgesehen von der Rückkehr zum „ß“ musste man die Abweichungen schon genau suchen. Für die Rolle rückwärts gibt es lauten Beifall von den Schriftstellern und auch von vielen Lesern. Doch solche Partisanenaktionen machen einsam: Keine andere große Zeitung in Deutschland wird der FAZ folgen.
Man kann vier Gruppen unterscheiden, die alle ein spezielles Interesse an ihr haben: Die Erfinder der Rechtschreibreform, die Kultusminister und ihre Untergebenen, einige Verlagshäuser sowie die "Modernisten".
Bereits am gestrigen ersten Tag hat unsere Telefonaktion zur Rechtschreibreform rege Resonanz gefunden. […] Sie erreichen uns ab 10 Uhr telefonisch unter (06352) 7035-18, können uns ein Fax unter (06352) 7035-20 bzw. eine e-mail unter redkib@ron.de schicken.
Eine seltsame Front: Altlinke Schriftsteller plötzlich auf den Barrikaden mit der rechtsdrehenden Journaille. Rinks und lechts. Alles velwechsert. […] An den Tastaturen der Schreiber wird Sprache gemacht, nicht beim Duden in Mannheim. Vielleicht rührt auch daher das gallige Unbehagen der Dichter. Sie fürchten den Verlust der Lufthoheit — auch wenn ihre Argumente auf dem Boden bleiben. Oder daneben sind.
In einer Forsa-Umfrage für die Hamburger Zeitung "Die Woche" vertraten 68 Prozent der Befragten die Meinung, die 1996 beschlossenen neuen Rechtschreibregeln sollten zurückgenommen werden. Lediglich 27 Prozent waren für die Beibehaltung der reformierten Schriftsprache. Die überwiegende Mehrheit der Deutschen, 75 Prozent, sei ohnehin in der täglichen Praxis bei den alten Regeln geblieben. Nur 22 Prozent der Befragten erklärten, selbst schon die reformierte Schreibweise zu gebrauchen.
Die Rechtschreibung und vor allem ihre Reform hat schon im 19. Jahrhundert die Gemüter erhitzt. […] auch damals rief die Reform, so ist zu lesen, „im Publikum und in der Presse großes Aufsehen hervor“.
Die „FAZ“ hat die wahre Dimension ihrer Rückkehr zur alten Schreibung selbst noch nicht erkannt: Nein, die Reform ist kein Skandal, wie das Blatt lautstark trompetet. Sie braucht nicht zurückgenommen zu werden, kein Staat muss ordnend eingreifen, kein Bundespräsident Machtworte sprechen. Im Gegenteil: Neue Toleranzen braucht das Land; mit dem Alleingang der „FAZ“-Rechtschreibreformrückbauer ist ein erster Schritt ins Offene gewagt.
Warum aber Festhalten an der oft irregulären alten Schreibe? Weil die neue unbestritten wieder Ungereimtheiten enthält? Warum dann nicht für mehr anstatt für weniger Reform? […] Oder weil wir uns in unserem überregulierten Dasein vom Staat nicht auch noch vorschreiben lassen sollen, wie wir schreiben müßten? Aber wer entscheidet dann, wie Schüler und Beamte schreiben? Die Zeitungen?
2000-08-01
Die Entscheidung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, von diesem Dienstag an zur alten Rechtschreibung zurückzukehren, findet weiterhin große und überwiegend zustimmende Resonanz. Seit Bekanntgabe des Beschlusses, also binnen vier Tagen, gingen mehr als 1700 Zuschriften bei der F.A.Z. ein; mehr als vier Fünftel der Schreiber begrüßten die Rückkehr zu den alten Regeln. Ein ähnliches Meinungsbild gibt die Abstimmung auf der Internet-Seite der F.A.Z. (www.faz.de) wieder […]. Rund 82 Prozent der Besucher sprachen sich für die Rückkehr zur alten Schreibweise aus. Zwölf Prozent stimmten dagegen, sechs Prozent waren für eine Mischform.
Friedrich Denk, Initiator der Frankfurter Erklärung der Schriftsteller von 1996 gegen die Neuregelung, setzte auf der Expo einen Preis über 10.000 Mark für ein Argument aus, das die Überlegenheit der reformierten Rechtschreibung beweise. Vorschläge seien bis zum 20. September an Professor Borchmeyer […] zu richten. Ein renommiertes Umfrageinstitut werde die Akzeptanz der Argumente überprüfen. Prämiert werde das beste Argument. Ihm müßten allerdings mindestens 50 Prozent der Befragten zustimmen. "Ich springe aus dem Fenster, wenn diese Anzahl erreicht wird", sagte Denk.
Wenn die Schule bei ihrem sturen Beharren bleibt, beschädigt sie sich als gesellschaftliche Einrichtung über diesen Anlaß hinaus. […] Die DDR kippte nach 40 Jahren, dieses Regelwerk sollte keine vier überleben.
Die zwanzigste Ausgabe des "Duden" war die letzte, die noch im engeren Sinne ein Wörterbuch war. Denn ein Wörterbuch kann keine Vorschrift sein, auch wenn es so wirkt. Es definiert weniger eine Norm, als daß es sie beschreibt, in zurückhaltender und verständlicher Weise. Es dokumentiert den landläufigen und gebildeten Umgang mit der Schriftsprache. […] Der Fehler, der mit dem 1996 erschienenen "Duden", mit dem ersten "Duden" der Rechtschreibreform, in dieses Wörterbuch einzog, war daher der Bruch mit dem Prinzip der Dokumentation zugunsten der Prospektion, der vorausgreifenden Norm. […] Wenn diese Zeitung mit dem heutigen Tag zu einer Rechtschreibung zurückkehrt, wie sie in der zwanzigsten Ausgabe des "Duden" dokumentiert ist, wird diese Rückkehr nicht bedeuten, daß wir keine jungen Wörter kennen. Denn ein gutes Wörterbuch erläßt weder überflüssige noch unpraktische Regeln.
Wenn aber das Top-Organ für Law, Order und Shareholder Value aus heiterem Himmel mit allen Regeln und Gesetzen bricht und im Alleingang eine hauseigene FAZ-Schreibreform einführt, ist das doch einen anerkennenden Zwischenruf wert. Zumal von der taz, die im deutschen Blätterwald standesgemäß für Subversion und Chaos zuständig ist, die sich aber jetzt in Sachen Anarchie um Längen abgehängt sehen muss, und das ausgerechnet von der alten Bonzentante aus Frankfurt. Chapeau!
Es ist höchste Zeit, daß die Kultusminister zu ihrer pädagogischen Verantwortung stehen und die von über 600 Professoren der Sprach- und Literaturwissenschaften, also den eigentlichen Fachleuten, als „verfehlt“ bezeichnete Reform auch für die Schulen stoppen.
Was die Warner vor dem ominösen 1. August 1999 vorausgesagt hatten, ist — leider — wirklich eingetreten. Der Wildwuchs hat beängstigende, verwirrende Formen angenommen; heute schreibt jeder, wie er will.
Wir haben schon immer geschrieben, wie wir wollten. Und alle anderen auch, wenn man unsere Fundsachen betrachtet. Was soll das gejammer über ein paar «verwirrungen» in einer kurzen übergangszeit?