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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 7.–8. 2001
nachgeführt , 2021-12-19
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Aus presse und internet

30. 8. 2001

: Liebe und Willkür. Artikelreihe „50 Jahre Adornos Minima Moralia“; SZ vom 6. und vom 8. August. Süddeutsche Zeitung, , s. 10, Leserbriefe
So sehr die Begegnung mit Theodor W. Adornos „Minima Moralia“ […] erfreut […], so befremdlich wirkt auf den Leser die Tatsache, dass die SZ sich nicht scheut, diese ja fast schon kanonischen Texte der Moderne ins Korsett des „Regelwerks“ der Rechtschreib­reform zu zwingen, mit der sie täglich den treuen Leser schockt.
: Ein Kind aus der ß-Klasse. die tageszeitung, , nr. 6536, s. 5, Themen des Tages
Vier Jahre prozessierten ihre Eltern gegen das nieder­sächsische Kultus­ministerium, von Instanz zu Instanz. Damit die Tochter in der Schule weiter "Fluß" und "Delphin" lernte statt "Fluss" und "Delfin", als letztes Kind in Deutschland, im Sonderunterricht. Vergeblich […]. Josephine wird sich endlich an die neuen Regeln halten, hofft die Schulbehörde. "Wir sehen das ganz gelassen", sagt Gabriele Ahrens. Sie erwartet, dass ihre Tochter auch am Gymnasium schreibt wie bisher. "Spätestens 2005 ist die Reform sowieso rückgängig gemacht." […] Warum schreibt sie dann nicht wie alle anderen? Die Zwölf­jährige schweigt, sucht nach Worten für etwas, das immer selbst­verständlich war: "Sieht halt doof aus", sagt sie. "ß kann ich viel schneller schreiben als ss!"
Klagen gegen die Rechtschreib­reform. Aus der Urteilsbegründung. die tageszeitung, , nr. 6536, s. 5, Themen des Tages
"Angesichts der […] weiten Verbreitung der geänderten Rechtschreibregeln infolge des Zeitablaufs seit 1996 erscheint es vielmehr zunehmend fraglich, ob tatsächlich auch derzeit noch die Rede davon sein kann, der Unterricht auf der Grundlage der Rechtschreib­reform beeinträchtige die Schüler darin, sich im Berufsleben zu behaupten. […]"
: Revolte und Melancholie, Zum 70. Geburtstag des Autors, Redakteurs und Verlegers Fritz J. Raddatz. Die Zeit, , nr. 36, 56. jg., s. 30, Feuilleton
So hatte er im vergangenen Dezember die höchst vernünftige Idee, einmal darzustellen, dass zwar nach wie vor heftig um die Reform der Recht­schreibung gekämpft werde, dass aber während­dessen in unseren Medien die schlichte Richtig­schreibung verloren gehe.

29. 8. 2001

: Speerspitze gegen die Recht­schreibung. Noch regen sich die Gegner der reformierten Orthografie. St. Galler Tagblatt, , nr. 200, s. 17, Wissen
Ein Merkmal der Reform ist nun, dass viele ihrer Regeln gar nicht die Recht­schreibung betreffen, sondern die Wort­bedeutung und Wortbildung. Wer verlangt, man müsse den Ausdruck vor Langerweile als vor langer Weile schreiben, wohlüberlegt als wohl überlegt, greulich als gräulich, heissersehnt als heiss ersehnt usf., der reformiert nicht die Recht­schreibung, sondern ändert oder verdunkelt Bedeutungen.

Da mag es diskutables dabei haben (vielleicht auch vor langer Weile, das aber vor Langeweile nicht ersetzt und damit die differenzierungsmöglichkeiten nicht reduziert), aber das mass an bedeutungdifferenzierung, das die schreibung übernehmen kann und muss, ist nicht durch ein naturgesetz vorgegeben.

: Gegenreformator der Recht­schreibung. «Absonderliche Kommaregeln», Leserbrief von Theodor Ickler, SN vom 11. August. Schaffhauser Nachrichten, , nr. 199, 139. jg., s. 2, Meinungen, Leserbriefe
[…] Leserbriefschreiber Theodor Ickler […] ist Sprach­wissenschaftler an der Universität Erlangen und kämpft seit fünf Jahren gegen die Rechtschreib­reform. Das bedeutet für ihn nicht etwa die Rückkehr zur früheren Schreibung, sondern die Entscheidung für die selbstentwickelte «Ickler-Orthographie».
: Das Streiflicht. Süddeutsche Zeitung, , s. 1, Nachrichten
Mit ihrer Debatte um die Frage, ob das Wort „neu“ in der eben erfundenen „Neuen sozialen Marktwirtschaft“ groß oder klein zu schreiben sei, haben CDU und CSU die Erinnerung an eine Story aus der Frühzeit der Rechtschreib­reform wachgerufen. Damals trugen die Reformer sich angeblich mit dem Gedanken, den Heiligen Vater künftig mit kleinem „h“ schreiben zu lassen. Bayerns Kultusminister Hans Zehetmair, papsttreu wie kein Zweiter, soll sich damals sehr erregt und seine Zustimmung zur Reform davon abhängig gemacht haben, dass es beim „H“ blieb. Die Sache ist nicht ohne hinter­gründige Komik, weil das klein geschriebene „heilig“ ja essentiell und somit wesentlich stärker ist als das groß geschriebene. Mit seinem Einspruch hätte Zehetmair demnach nichts anderes angedeutet, als dass der Papst keineswegs wirklich heilig ist […] Man ist heute auf dem halbwegs gesicherten Niveau, dass die Leute das Schwarze Brett groß schreiben, weil es schließlich nicht wirklich schwarz ist. Beim blauen Brief würden sie es gern ebenso machen, dürfen aber nicht, obwohl der noch weniger blau ist als das Schwarze Brett schwarz, sondern weiß […].
: Der Voice-Carrier. Lesezirkel. Süddeutsche Zeitung, , s. 17, Feuilleton
Dennoch sei […] von einer Todesanzeige Kenntnis gegeben, die […] dem großen Mediziner Professor Dr. Karl Vossschulte galt. Das Un­gewöhnlich daran war der Umstand, dass der Name sowohl beim Verstorbenen als auch bei drei Hinter­bliebenen als „Vossschulte“ geschrieben war, bei einem Trauernden hingegen als „Voßschulte“. Leicht könnten Gegner der Rechtschreib­reform sagen, dass der orthographische Riss nun schon mitten durch die Familien gehe, und daraus neue Schlüsse auf das generell Fluchwürdige des ganzen Projekts ziehen. […] Eine spezielle Sorte von Bildtexten sind die, mit denen in den Boulevard­blättern die mehr oder minder scharfen Pin-up-Fotos garniert werden. […] Schließlich der abgenagteste Kalauer, diesmal gefunden bei einem Bild von Tanja Szewczenko, einem Porträt wohlgemerkt, freilich mit einem Papagei auf Tanjas Kopf: „Besonders ist Tanja gut zu Vögeln.“ Wie da der Biertisch lacht!

Das mit den vögeln wäre eigentlich nur ein witz, wenn wir die substantivkleinschreibung hätten.

Berichtigung. die tageszeitung, , nr. 6535, s. 13, Kultur
Besonders freuen wir uns immer wieder über drei Buchstaben im Wort, wo doch früher der dritte unverdienter­maßen unter den Tisch fallen sollte. […] Noch toller wäre Brennnesssel. Warum aber in der gestrigen Ausgabe von einem bekannnten Schauspieler zu lesen war, wissen wir nicht.

28. 8. 2001

: Wie groß darf Neues geschrieben werden? Der Streit um ein „n“ oder „N“ ist nicht nur für die Marktwirtschaft von Belang; auch in der Kunst trennen Versalien ästhetische Ideologien. Bremer Nachrichten, , Kultur
Ist das Wirtschaftskonzept der CDU also eine a) „Neue Soziale Marktwirtschaft“ oder b) „neue Soziale Markt­wirtschaft“? […] Intellektueller Hochmut über bornierte ideologische Auseinander­setzungen wäre aber verfehlt. Ähnliche Größen­probleme gibt es schließlich auch in den Sphären der Kunst; es sei nur auf das ewige und ungelöste Problem einer jeden modernen Komposition hingewiesen: Ist sie „neue Musik“ oder „Neue Musik“?
: Zum Tage. Frankenpost, , Kultur
[…] "Reclam Buch der Kunst". […] und auch der jüngsten Rechtschreib­reform weiß Wetzel, aus Sicht der Kunstgeschichte, etwas Gutes nachzusagen, hat sie doch einen Zweifel behoben, indem sie dem vormaligen "Stilleben" ein drittes l zugefügt hat. Damit ist endlich klar: Die deutsche Gattungs­bezeichnung für Bilder, die sich auf Blumen, Früchte und Gebrauchs­gegenstände in kunstvoller Zusammen­stellung beschränken, hat mit einem Stil-Leben nichts zu tun.
: Am Anfang war der Sturzflug. Am 29. August vor 50 Jahren erschien das erste deutsche Micky-Maus-Heft. Mainpost, (), Kultur
Ein halbes Jahrhundert deutsche Micky Maus: Und der Duden kann's immer noch nicht. Der schreibt Micky Maus (= Vor- und Zuname!) "Mickymaus". Trotz Rechtschreib­reform.
: Sanfter Sarkasmus und krachende Komik. "Slam Poetry"-Premiere beim Innenhof-Festival: Ein Dichterwettbewerb der besonderen Art. Südkurier, , Lokales, Furtwangen
Als Vertreterin der schreibenden Zunft beschäftigte sich Nathalie Goebel — die einzige Literatin im Viererbund — mit ihrem Steckenpferd Rechtschreib­reform und dem immer intensiver werdenden Einzug der Angilizismen.

25. 8. 2001

: Die heimliche Sprache. Der Reiz des Dialektes für die schriftstellerische Arbeit. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 196, s. 97, Zeitfragen
Die Deutschschweizer Dialekte sind durch keinen Luther geregelt, durch keine Académie française kodifiziert. Es gibt keinen Deutsch­schweizer Duden. […] Ich muss für jedes Wort eine neue Recht­schreibung erfinden.

Wird da nicht vielleicht die verbindlichkeit des dudens über- und der wert der dialektwörterbücher unterschätzt?

23. 8. 2001

: Die Recht­schreibung ist nicht irgendeine „Übereinkunft“! ,
Die Auseinandersetzung um die Recht­schreibung dürfte keineswegs deshalb so hart sein, weil die Neuregelung gegen das Prinzip der Erwartungs­haltung einer „lang anhaltenden Geltung der Konvention“ verstößt, sondern aus einem viel tieferen Grund: Der Mensch denkt, spricht, schreibt und handelt in Sprache, die Sprache ist seine geistige Lebenswelt, sie ist Träger von Kultur und Geschichtlich­keit — und die Schreibung ist ja nur eine andere Ausprägung als die gesprochene Sprache, nämlich die schriftliche. Darum wird die Reform abgelehnt!

Darum wehren wir uns immer noch gegen die definitive einführung der substantiv­grossschreibung! Nein, im ernst: Wenn die menschen einen solchen tieferen grund gegen änderungen verspüren würden, dann würde sich ja wohl erst recht die gesprochene sprache nicht ändern. Das tut sie aber, und wie! Das ist geschichtlichkeit! Warum soll das für die schreibung nicht gelten, wo sie doch «nur eine andere Ausprägung als die gesprochene Sprache» ist? Eine rein rückwärts gewandte, also aufgehobene, geschichtlichkeit kann man bei der englischen schreibung beobachten. Und wer hat etwas davon? Niemand (Rudolf Walter Leonhardt)!

22. 8. 2001

: "Fritz, der alte Fresssack, isst Spagetti in rauen Mengen." Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 194, s. 13, Briefe an die Herausgeber
Gerade die veränderte ss/ß-Schreibung macht für jeden halbwegs gebildeten Bürger die Über­flüssigkeit und Schädlichkeit des ganzen Unter­nehmens sichtbar. […] An die Ästhetik des Lesens haben die Reformer überhaupt nicht gedacht.
: Schüler rechnen mit der Mark. Lehrbücher werden nur langsam auf den Euro umgestellt. Ostsee-Zeitung,
Wie auch bei der Rechtschreib­reform bleibt die Umsetzung der aktuellen Änderungen hauptsächlich am Lehrkörper hängen.
: Sprachreform. Kommentar. Rheinpfalz Online, , Pfalz-Nachrichten, Landau
Wer die zahlreichen Gesprächsrunden des Fernsehens aufmerksam verfolgt, der wird […] eines einheitlich feststellen können: Noch ist die jüngste (schriftliche) Rechtschreib­reform nicht verdaut, da steht uns eine weitere, mündlich-optische bevor. Künftig sollen auch Satz­zeichen mitgesprochen und augenfällig kenntlich gemacht werden.
: Die Euroscheine passen nicht in jedes Portemonnaie. Nicht allein Lederwarenhersteller erwarten Absatzboom durch Einführung der neuen Gemeinschaftswährung. Stuttgarter Nachrichten, , Wirtschaft
Ein weiteres Beispiel sind Schulbücher […]. 4000 bis 40000 DM koste die Umstellung eines Titels, sagt Irina Pöcknatz vom Berliner Cornelsen Verlag. Die Kosten blieben beim Verlag, für den bei vielen Titeln nach der Rechtschreib­reform nun die zweite Umgestaltung ansteht.
: Was Hänschen nicht lernt... Schulbücher sind häufig hoffnungslos veraltet – für neue sollen Eltern in Nordrhein-Westfalen künftig offenbar noch mehr zahlen. Süddeutsche Zeitung, , Politik
Nicht nur der Zusammenbruch des Kommunismus ist bis heute in manchen Lehrwerken kein Thema und muss den Schülern oft auf Kopien „nachgereicht“ werden. Auch die neue Recht­schreibung findet in den Schul­büchern häufig keine Anwendung.
neu : Eliten vs. Egalitarismus. , , Kommentar (507 wörter)
Im Grunde fungiert die „neue Rechtschreibung“ heute nur noch als Test für die Charakter­festigkeit der Bürgerinnen und Bürger in den deutsch­sprachigen Staaten. Wenn die Kultus­minister dieser Länder ein aus­gereiftes Regelwerk präsentiert hätten, das wenigstens in sich plausibel wäre, würde sich vielleicht am Ende eine Mehrheit für die Änderungen finden. Die amtliche Recht­schreibung von 1996 ist jedoch zum Scheitern verurteilt, selbst wenn die Regierungen sie mit den äußersten Mitteln zu halten versuchten.

21. 8. 2001

: Was die Rechtschreib­reform kostet. Jede Sprachregelung ist eine Konvention — deshalb lässt sie sich nur schwer ändern. Handelsblatt, , nr. 160, s. 6, Essay
Infolge der Rechtschreib­reform müssen die Bundesbürger wesentliche Teile ihres Humankapitals abschreiben. Die Anreize zu regelkonformen Verhalten sind bei einer Schrift­konvention gering. Wer diese nicht befolgt, gilt schlimmsten­falls als altmodisch. Staatlicher Zwang ist kein Erfolgs­garant für die Setzung neuer Konventionen. Deshalb ist auch die Rechtschreib­reform noch nicht über den Berg.

Uns ist unser humankapital wahrscheinlich bereits abhanden gekommen, so dass uns zu diesem argument schon gar nichts mehr einfällt.

17. 8. 2001

: Bei Hochdruck Quetschkanten. Zeilen aus Buchstaben: Die Historische Druckwerkstatt am Kap Arkona. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 190, s. 10, Deutschland und die Welt
Lange betreibt am Kap Arkona ein "Gutenberg-Museum zum Schauen und Arbeiten". […] Daß Lange dabei "nach dem alten bewährten Duden" aus der Zeit vor der Rechtschreib­reform arbeitet, betont er immer wieder. […] Die Liebe des Typographen gilt den Fraktur­schriften. Richtig in Fahrt kommt er, wenn er sich über das Banausentum derer aufregt, die die Fraktur als "Nazi­schrift" bezeichnen.

16. 8. 2001

Für die Emder Lehrer beginnt das Euro-Zeitalter mit Improvisation. Emder Zeitung, , Emden und Ostfriesland
"Gerade haben wir die neue Recht­schreibung hinter uns, da kommt der Euro", sagte eine Schulleiterin. […] Die deutschen Schulbuch­verlage haben sich die Umstellung nach eigenen Angaben einen schlappen "vierstelligen Millionen­betrag" kosten lassen. Leider […] seien die Politiker ihrerseits nicht bereit, die neuen Bücher nun auch zu kaufen. Und so ist es eine fast logische Folge, dass eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in den Bundes­ländern ergeben hat: "viele Schüler müssen auch 2002 noch mit der D-Mark rechnen." Die Emder Schulleiter mussten diesem Ergebnis gestern aus eigener Erfahrung beistimmen. Ein Trost bleibt ihnen: der Euro ist wenigstens eindeutiger als die neue Rechtschreib­reform mit ihren vielen Ausnahmen und Wahl­möglichkeiten. Immerhin.
: Lederbranche freut sich riesig auf den Euro. Nordwest-Zeitung, NWZ-online.de,
4000 bis 40 000 DM koste die Umstellung eines Titels, sagt Irina Pöcknatz vom Berliner Cornelsen Verlag. Die Kosten blieben beim Verlag — wie bereits bei der Rechtschreib­reform.

15. 8. 2001

: Vom Endsieg sprachen schon die Brüder Grimm. Warum Jürgen Pauls Kritik an Sebastian Haffners «Geschichte eines Deutschen» zu vorschnell war. Berliner Morgenpost, , Feuilleton
Was den «Endsieg» angeht, hätte Jürgen Paul nur in der Neufassung des Wörterbuchs der Brüder Grimm nachschlagen müssen […]. Der «Endsieg» findet sich dort zwischen «Endschlusz» — keine neue deutsche Recht­schreibung, sondern 19. Jahrhundert! — und «Endsilbe».
: Ernestinum: Fünf junge Kollegen und ein neuer Schulleiter. Schaumburger Zeitung,
Die leitende Regierungsschuldirektorin […] führte Studiendirektor Reinhold Lüthen aus Stadthagen als neuen Schulleiter am Gymnasium Ernestinum ein. […] Als positiv habe er an der Rechtschreib­reform übrigens zwei Dinge empfunden, merkte Lüthen an: Erstens sei wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt, dass Sprache etwas Lebendiges und sie damit immer im Wandel sei. Zweitens habe man endlich wieder über den „Stellenwert von Recht­schreibung“ neu nachgedacht. Die Wertung der Recht­schreibung beispiels­weise bei Einstellungs­test habe sich mit der Reform relativiert.
: Goldschatz Sprache. Neue Kronen Zeitung, , Wien
Unter dem Motto "Vereinfachung" wird Gewachsenes und Wertvolles ausgelöscht. Wir dürfen nicht herumpfuschen in der Schatzkammer unserer Sprache. Zurück zur "alten" Recht­schreibung heißt: Wir wehren uns aus Liebe zur Sprache, die unser aller Mutter ist.

14. 8. 2001

: Positive Einstellung fehlt. Erlanger Student hat den Anglizismen den Kampf angesagt. Erlanger Nachrichten, (), Lokales
In der Sprache spiegeln sich Zeitgeist, gesellschaftlicher Wandel wie auch Krisen. Neben dem Widerstand gegen Anglizismen ist zum Beispiel die Ablehnung der Rechtschreib­reform zentrales Thema in der „Sprachwelt“.
: Die verflixte Sache mit dem "tz" im Namen. Urenkel des Baumeisters und Straßen-Patrons Albert Brinzinger erhellt Hintergründe der unterschiedlichen Schreibweise. Eßlinger Zeitung, , Lokales
Der Baumeister führte bis zum Jahr 1890 wie die übrigen Familien­angehörigen der damals in Esslingen weit verbreiteten Familie Brintzinger den Namen mit "tz". Erst unter dem Einfluss der von Konrad Duden in dessen 1880 erstmals erschienenen "Vollständigen ortho­graphischen Wörterbuch der deutschen Sprache" verbreiteten "richtigen" Recht­schreibung (kein "tz" nach Konsonanten) änderte er die Schreibweise seines Familien­namens. Wohl aber, so mutmaßt sein Urenkel mit einem Augen­zwinkern, mehr aus dem Grund, sich von seinen Konkurrenten gleichen Namens im Baugeschäft (seinem älteren Halbbruder Johann Carl und seinen Vettern Carl Heinrich und Adolf Heinrich) zu unterscheiden.

13. 8. 2001

: Tendenz zur ersten Silbe. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 52, Briefe an die Herausgeber
Mit Zustimmung habe ich den Leitartikel "Sprachverwirrung" von Heike Schmoll (F.A.Z. vom 31. Juli) gelesen, in dem sie den Unsinn der Rechtschreib­reform kritisiert. Aber es ist nicht nur das geschriebene, sondern auch das gesprochene Deutsch, das Tag für Tag Schaden leidet. Seit einiger Zeit unterliegt die Betonung einem Wandel.

11. 8. 2001

: Absonderliche Kommaregeln. Schaffhauser Nachrichten, , Leserbriefe
Es trifft nicht zu, dass durch die Rechtschreib­reform aus 212 Dudenregeln deren 112 geworden sind.
: Der Bachmann-Preisträger Michael Lentz zu S. Fischer. Frankfurter Rundschau, , Feuilleton
Sein Klagenfurter Vortrag des elegant-sperrigen Textes muttersterben vermittelte einen lebhaften Eindruck. Der Text ist entgegen den heute wieder üblichen, zumindest hoch gehandelten eingängigen Erzähl- und Schreibweisen in Klein­schreibung gehalten […].
: Rechtschreib-Korrektur. Südwest Presse, Schwäbische Donau Zeitung, , Politik, Leitartikel
Wie sich zeigte, hat sich die Aufregung bald gelegt. […] Die Rechtschreib-Kommission, die die Folgen der Reform beobachtet, muss kräftig nachbessern. […] Diese Zeitung hat sich von Anfang an darum bemüht, ein Rechtschreib-Durcheinander zu verhindern. Unterschiedliche Schreib­weisen, wie sie die Reformer absichtlich zugelassen haben, sollen vermieden werden. Damit treffen die Printmedien eine — zum Teil unterschiedliche — Vorauswahl, was nicht im Sinne der Erfinder war.

Warum soll das nicht im sinne der erfinder sein? Und was hat die zeitung früher gemacht mit doppelformen bei aufgrund, Defätismus, Fotografie, Getto, Jacht, Rally, Telefon und formulierungen wie «gewöhnlich» und «in den meisten Fällen» in den kommaregeln?

: Mathebuch statt Harry Potter. Schulartikel dominieren die Auslagen der Geschäfte — Schulbeginn: Oft ein teurer Spaß für Eltern. Trierischer Volksfreund, , Stadt Trier
Ein Phänomen, das viele Eltern auf die Palme bringt. Mal ist es die Rechtschreib­reform, die eine Neuauflage nötig macht, mal muss der Euro als Grund herhalten: "Wir müssen unserem jüngsten Sohn ein neues Mathebuch kaufen, da in der zweiten Klasse eine Einführung in den Umgang mit Geld gemacht wird. In dem Buch unseres älteren Sohnes ist natürlich noch alles in Mark ausgewiesen", sagt eine Mutter.
neu : Gerhard Stickel, der Komiker. , , Kommentar (145 wörter)
Die Rechtschreib­reform - was […] ist denn das anderes als der völlig miß­glückte Versuch, die Schrift­sprache unter die völlige Kontrolle des Staates zu bringen?
: Schreiben, wie einem der Schnabel gewachsen ist? Zwei Jahre nach der deutschen Rechtschreib-„Reform“ herrscht in den Zeitungen fröhliches Chaos; die Schulkinder sind die wahren „Leid tragenden“. Die Presse,
Vertieft wurde 1999 die Unsicherheit in den Zeitungs­häusern dadurch, daß sich manches Blatt eigene Regeln zurechtlegte, die dann im täglichen Hausgebrauch nur mühsam durchgehalten werden konnten. Denn ein Verlag beschäftigt nicht nur Redakteure. Nein, da kommen alljährlich neue Schul­absolventen hinzu, da lebt – und zwar recht munter – eine jugendliche Lehr­redaktion, da gibt es Info-Graphiker, die ja auch Texte zu gestalten haben. Und dann hat der Verlag meistens noch eine „außerhäusige“ Werbeagentur. Die ist nicht auf die spezielle Schreibweise ihrer Kunden verpflichtet. Da kommen von auswärts Filme mit Annoncen, fix und fertige Einheitssujets – für jede Zeitung natürlich gleich. Da langen Beiträge ein, die Wissenschaftler mittels E-mail oder auf Diskette übermitteln, da sind die Leserbrief­schreiber. Und jene ausgelagerten Firmen, die unter einem gemeinsamen Dach für eine Zeitung Sonderseiten gestalten, Beilagen, Reports, die Fernsehprogramm­seiten, das Wetter usw. Schließlich die armen Damen, die Kleinanzeigen in den Computer tippen müssen.

Eine missliebige gegenwart verklärt die erinnerung. Brauchte eine (seriöse) zeitung vorher keine hausregeln für doppelformen, fremdländische namen, stilistische und typografische besonderheiten usw.? Gab es vorher redaktionelle texte, für die man keinen korrektor brauchte? Kannten inserenten und werbeagenturen die lebensweisheit «Wer zahlt, befiehlt» nicht?

10. 8. 2001

: Word und Konsorten. Textverarbeitung und RSR. ,
Natürlich wissen sie [meine Studenten], daß ich keine Arbeiten in neuer Recht­schreibung annehme, und richten sich danach […].

Selbstverständlich müssen universitäten arbeiten in alter rechtschreibung in alle ewigkeit annehmen (professoren und studenten sind keine verwaltungsangestellten), und ebenso selbstverständlich wird der herr professor arbeiten in neuer rechtschreibung annehmen. Das würde er selbst dann, wenn sein lehrstuhl «für Linguistik und Deutsch in alter Orthographie» hiesse. Auf den beweis müssen wir vielleicht noch etwas warten, denn nicht alle leute sind juristisch so empfindsam wie die sendungs­bewussten reform­verweigerer. Bewiesen ist hingegen, dass es zweierlei ist, toleranz zu fordern und zu leben.

9. 8. 2001

: Das Klassenziel nicht erreicht. Die Rechtschreib­reform hat zu Durcheinander statt Einheitlichkeit geführt. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 183, s. 1f, Politik
Auf diese Weise ist die Monopolstellung des Mannheimer Duden gewissermaßen auf ein Wörterbuch­kartell über­gegangen, das eine Einheitlichkeit suggeriert, die es in Wirklichkeit nicht gibt.

7. 8. 2001

: Im Rechtschreib-Dschungel. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 8, Briefe an die Herausgeber
Die große Mehrheit der Lehrer kennt die Mängel und Tücken der sogenannten Rechtschreib­reform und lehnt sie ab.
: Keine Sprach- oder Schreiblenker. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 8, Briefe an die Herausgeber
Im Zentrum seiner Kritik steht insbesondere die Deutsche Presse-Agentur (dpa), der er immer wieder vorwirft, sie habe Druck auf die Medien ausgeübt, damit die Reform umgesetzt werde. Dies entspricht eindeutig nicht den Tatsachen.

5. 8. 2001

: Hymne der Woche. Duden-Redaktion — Von der Aufpasserinstanz zur Dokumentationsstelle für Sprachdynamik. Welt am Sonntag, , nr. 31, s. 36, Kultur
Die Anything-goes-Rechtschreib­reform machte Forderungen nach einem sprachlichen Reinheitsgebot obsolet und damit auch die Aufpasserfunktion des Duden.

4. 8. 2001

: Sprache, Mensch und Maschine. Neue Luzerner Zeitung, , Kanton Luzern
Oder warum wird beispielsweise behauptet, die Gämse (früher: Gemse) stamme von Gams ab und müsse deshalb anders als bisher geschrieben werden?

Das wird nicht behauptet; die begründung ist rein synchron.

: Sprache — Ausdruck für eine Heimat im Wandel. Zofinger Tagblatt, , Aargauer Notizen
Die oft als Durchbruch der deutschen Schriftsprache zitierte Luther-Bibel hat nicht einmal in sich selbst eine einheitliche Schreibweise. So schreibt Luther abwechselnd von zweiffel, zweifel, Zweyffel oder zweiviel. Wo Luthers Bibel auf die deutsche Sprache einen ungeheuren Einfluss hatte, war bei der Gross-Schreibung der Hauptwörter, die viele Nachahmer fand, zu denen übrigens der Zürcher Reformator Huldrych Zwingli nicht gehörte. Seine Bibel ist in mittel­alterlicher Klein­schreibung verfasst und wurde bis ins 19. Jahrhundert hinein so gedruckt.
: In allen Teilen misslungen. Vor zwei Jahren schlossen sich die deutschen Zeitungen der Rechtschreib­reform an; ein Gespräch mit ihrem entschiedensten Gegner, dem Germanisten Theodor Ickler. Nürnberger Zeitung,
War die Öffentlichkeit, waren die professionellen Schreiber tatsächlich ausreichend informiert? — Ickler: […] Die Reformvorlage  von 1993 war eine ganz andere und ist auch kaum bekannt geworden. Ich erinnere daran, was die eigentlichen Ziele der Reformer jahrzehntelang waren: Klein­schreibung der Substantive, rigorose Eindeutschung der Fremdwörter, Einheits­schreibung „das“ (auch statt „dass“). Nichts davon konnte verwirklicht werden. Der Entwurf von 1994 bzw. 1996 kam sehr überraschend […]. Das alles war ein echtes Überrumpelungsmanöver.

Was hier überrumpelung heisst, wurde von uns in einem jahresbericht des BVR als schnecke gesehen (was natürlich auch nur die lasen, die es lesen wollten); auch von einer solchen kann man anscheinend überfahren werden.

3. 8. 2001

: Fußball in Königs Garten. Die Welt, , Sport
"Sommerpause. Zum Saisonauftakt der 2. Bundesliga muß der svb 03 bei Arminia Bielefeld antreten", ist die einzige, der Rechtschreib­reform trotzende und längst anachronistische Mitteilung, die der Klub dem weltweiten Netz auf seiner Homepage (www.svbabelsberg03.de) anvertraut.

2. 8. 2001

: Ein U für ein Y. Schriftwechsel in Aserbaidschan von kyrillischen zu lateinischen Buchstaben. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 10, Deutschland und die Welt
Ein Journalist sagt auf die Frage, warum der aser­baidschanische Schrift­wechsel die Öffentlichkeit so sehr beschäftige, obwohl es doch angesichts der Wirtschafts­lage und des Konflikts mit den Armeniern in Nagornyj-Karabach wichtigere Probleme gebe: "Wie würde man wohl in Deutschland darauf reagieren, wenn Gerhard Schröder den Vorschlag machte, ab morgen nur noch kyrillische Buchstaben zu verwenden?"

Ди шрифт алс золхе вэре гар нихт зо шлехт

: "Aufwändiges" Werk. Zu "Die Schlange war voll lang" vom 19. Juni. Stuttgarter Nachrichten, , nr. 176, 56. jg., s. 20, Stuttgart, Leserbriefe
Die Beschriftung und auch der umfangreiche Katalog halten sich an eine Art Reform­orthographie, etwa auf dem überholten Stand von 1996.
: Große Regierende. Sprach Spiele. Die Welt, , nr. 178, s. 30, Feuilleton
Der Heilige Stuhl wackelt nicht, denn er wurde nicht reformiert — von der Recht­schreibung her. […] Ein heiliger Krieg hingegen muss sich neuerdings mit einem kleinen "h" begnügen. […] Diese Regelung ist kleinkariert wie die ganze Rechtschreib­reform, aber von höchster nationaler Brisanz. […] Ist das Oberhaupt der Stadt an der Aisch "der erste" oder "der Erste" Bürger­meister? Ein unheiliger Streit ist um das große "E" entbrannt.

1. 8. 2001

Fünf Jahre Rechtschreib-Reform. , , (556 wörter)
Das erste Dokument, das die Bundeskanzlei in neuer Recht­schreibung herausgab, war die 1.-Augustrede 1998 von Bundes­präsident Cotti: Gerade 'mal ein Wort darin unterschied sich von der alten Schreibung, wie sich der zuständige Linguist Urs Albrecht erinnert. […] Auch in den Schulen […] werden die Regeln «erstaunlich gut» gehandhabt, wie Albrecht als Matura-Experte beobachtet hat. […] Der «Tages-Anzeiger» ist laut Auskunft seines Korrektors Karl Schnellmann progressiv und befolgt ausser bei der Interpunktion die neuen Regeln […]. Die Neue Zürcher Zeitung NZZ hat laut Korrektorat die Reform im Mai 2000 mit einer hauseigenen Orthografie eingeführt, die nicht nur bei Varianten, sondern oft auch bei vor­geschriebenen Neuerungen die alte Form vorzieht. Eine deutsche Untersuchung an Leserbriefen hat festgestellt, dass etwa die Hälfte der Einsender die neuen Regeln anwendet. Das NZZ-Korrektorat schätzt die Zahl in der Schweiz etwas tiefer, dasjenige des «Tagi» ist von den orthografischen Fähigkeiten der Leserschaft nicht gerade überwältigt. Die Jungen seien indes deutlich sattelfester als die Alten […].
: Viel Leid zu tragen. Zwei Jahre nach ihrer Einführung befindet sich die reformierte Presse-Orthographie in fortschreitender Auflösung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 10, Die Gegenwart
Stolz präsentierte die Wochenzeitung "Die Zeit" auf der ersten Seite ihrer ersten, besonders frühzeitig umgestellten Ausgabe: "wie Recht der Minister­präsident hatte". Eine Woche früher hätte man so etwas als Druckfehler belächelt. […] Selbst Todes­anzeigen erscheinen fast durchweg in reformierter Schreib­weise, wohl kaum auf Wunsch der Auftraggeber.

Das ist das ekelhafte an der zeit, dass eine woche später vieles anders ist als eine woche früher. Da kann man ja auch dem eigenen dahinscheiden nur noch mit grossen bedenken entgegenblicken.

: Und Sie so? Orthographie-Opfer unter sich: Deutschsprachige Zeitungen und die neue deutsche Recht­schreibung. junge Welt, , Feuilleton
Die FAZ fand keine Nachahmer. Es rächte sich nun, daß man ein Jahr zuvor selbst dem Konformismus gehuldigt hatte und sich ganz aus­drücklich wider besseren Wissens den Anordnungen der deutschen Unterrichts­minister gebeugt hatte.

A erlässt für B eine anordnung und C «beugt» sich ihr? Hier wird «wider besseres wissen» (akkusativ) die rechtslage vernebelt.

: Kampf gegen Willkür. Thüringer Allgemeine,
Als Duden 1911 stirbt, ist er ein berühmter Mann. Sein Wunsch nach konsequenter Klein­schreibung aller Wörter konnte sich jedoch bis heute nicht durchsetzen.

31. 7. 2001

: Ein paar orthografische Sorgenkinder. Rechtschreibreform: Ruhe in der Schweiz. Schaffhauser Nachrichten, , Diverses
Das erste Dokument, das die Bundeskanzlei in neuer Rechtschreibung herausgab, war die 1.-August-Rede 1998 von Bundespräsident Cotti: Gerade mal ein Wort darin unterschied sich von der alten Schreibung, wie sich der zuständige Linguist Urs Albrecht erinnert. […] Auch in den Schulen — dem einzigen Bereich neben den Behörden, wo die neue Rechtschreibung verbindlich ist — werden die Regeln «erstaunlich gut» gehandhabt, wie Albrecht als Matura-Experte beobachtet hat.
: Sprachverwirrung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 175, s. 1, Politik
Fünf Jahre nach dem Wiener Rechtschreibabkommen der deutschsprachigen Länder und drei Jahre nach dessen offizieller Einführung kann nicht mehr geleugnet werden, daß die Rechtschreibreform ihr wichtigstes Ziel, die Einheitlichkeit der deutschen Rechtschreibung, verfehlt hat.

Nicht nur die schlussfolgerung, die rechtschreibreform habe ihr wichtigstes ziel, die einheitlichkeit der recht­schreibung, verfehlt, ist in frage zu stellen, sondern vor allem die annahmen, auf denen sie basiert. Zum einen wäre die definition von einheitlichkeit zu diskutieren, zum andern das «wichtigste ziel». «Schreibungen waren nie um ihrer selbst willen wichtig, sondern um den Zugang zu Texten möglichst rasch und unmittelbar zu eröffnen.» Dazu mag es von vorteil sein, wenn in Flensburg und Zürich sowie von professionellen und weniger gebildeten schreibern gleich geschrieben wird, was auch vorher nur sehr eingeschränkt der fall war. Das «wichtigste ziel» einer reform kann es allerdings höchstes zu kaisers zeiten gewesen sein. Einheitlichkeit, stabilität, sicherheit, «wissen, was richtig und falsch ist», disziplin usw. sind positive werte, aber es sind eben keine werte, sondern sekundärtugenden. Das ziel einer reform kann nur sein, etwas besseres zu schaffen.

neu : Abschluß noch immer mit „ß“ möglich. Neue Rechtschreibung hat sich an den Universitäten bislang nicht durchgesetzt. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 55, Die Hochschulseite, Rhein-Main-Zeitung (539 wörter)
An den Uni­versitäten wird hingegen noch heute zumeist nach dem amtlichen Regel­werk aus dem Jahr 1901 geschrieben. Der größte Teil der Studenten im Rhein-Main-Gebiet darf noch mindestens bis zum Ende der Übergangs­frist im Jahr 2005 trotz eines "daß" in der Abschluß­arbeit auf eine gute Note hoffen.

30. 7. 2001

: Dohnanyi kritisiert Rechtschreibreform. «Sprachpflege Akademie für Sprache und Dichtung überlassen.» (Yahoo-Schlagzeilen), , Politik
Der ehemalige Bundesbildungs­minister Klaus von Dohnanyi hat gefordert, die Pflege der deutschen Sprache einer unabhängigen Akademie für Sprache und Dichtung zu überlassen. «Ich finde, diese Fragen sollten nicht mehr in die Hände der privaten Wirtschaft fallen. Das muss wirklich zu Ende sein», sagte der SPD-Politiker am Sonntag in der ARD-Sendung «Sabine Christiansen» in Anspielung auf Verlage. «Wir haben eine Akademie für Sprache und Dichtung und wir sollten versuchen, dieser Akademie die Zuständigkeit zu geben.» Auch die Kultusminister sollten nicht über die Sprache entscheiden. Zur Begründung führte Dohnanyi die Rechtschreibreform an. «Was da zum Teil gemacht worden ist, ist schrecklich.»

Und wer «gibt» die zuständigkeit?

29. 7. 2001

: Man spricht Deutsch — aber wie? ,
Deutsch hat sich zu „Denglisch“ entwickelt; viele Menschen fühlen sich, jenseits aller Deutschtümelei, nicht mehr heimisch in der eigenen Sprache. Und die Rechtschreibreform hat zu einem orthographischen „Chaos-Club“ geführt. Jeder schreibt, wie er will, alles ist möglich, fast alles erlaubt: vom flotten Werbespruch bis zur Politikerfloskel, vom Beamtendeutsch bis zur „Insider-Sprache“ der „New Economy“! Werden wir vom „Volk der Dichter und Denker“ zum „Volk der Analphabeten“? Oder ist das die normale Fortentwicklung einer lebendigen Sprache? Sollte die Politik diesen Prozeß durch Gesetze kanalisieren? Oder brauchen wir im Zeitalter von Computern und des „Simsens“ auf Handys gar kein Regelwerk mehr?

Wie kann man eine solche frage stellen und frau prof. Leiss nicht einladen?

28. 7. 2001

: Pater absconditus. Der Vater ist als Rollenfigur so verbraucht wie offen für eine Neuerfindung. Frankfurter Rundschau, , Feuilleton
In der 32. Auflage des Duden, sie wird 2053 erscheinen und nach drei gescheiterten Recht­schreib­reform­versuchen zur Ortho­graphie und Grammatik von vor 1996 zurückkehren, wird es trotzdem eine epochale Neuerung geben. "Samen­spender" und "Befruchter", vor allem aber "Inseminator" haben sich als Äquivalente für das erwiesen, was zuvor mit dem schwammigen Ausdruck "Vater" bezeichnet worden war.
: Es herrscht ein buntes Mischmasch. Kritische Zwischenbilanz der Rechtschreibreform. Kölnische Rundschau online, , Aus Aller Welt
"Für Schüler ist es kaum durchschaubar, warum es heilig sprechen, aber übrigbleiben heißt."

Wäre es, wenn es so wäre. Siehe auch fundsachen.

27. 7. 2001

: Rechtschreibreform in der Schweiz gut umgesetzt. ,
Die Schweiz zeigt sich fünf Jahren nach der Reform gelassen. […] In Deutschland dagegen wurde die Debatte vor gut einem Jahr neu entfacht, als die Frankfurter Allgemeine Zeitung FAZ mit viel Getöse zur alten Schreibung zurück­kehrte.

26. 7. 2001

: Dieses „Buhsgeld“ bitte nicht bezahlen... Polizei warnt: Betrüger geben sich als Steuerfahnder aus. Gießener Anzeiger, , Lokales
Offensichtlich hatte der Verfasser des Schreibens mit der deutschen Rechtschreibung so seine Mühe, denn außer „Buhsgeldbescheid“ war noch von „Ermietlungen“ und „Beschludigten“ die Rede.
: Die Zentralregierung denkt nach. Rechtschreibreform für die Globalisierung: Bis man sich in Taiwan auf ein einziges Transkriptionssystem von chinesischen in lateinische Schriftzeichen geeinigt hat, herrschen Streit und babylonisches Sprachenwirrwarr. die tageszeitung, , nr. 6506, s. 17, Kultur
Taiwan macht derzeit das durch, was die Deutschen gerade hinter sich haben: eine erbitterte und leidenschaftliche Auseinandersetzung um eine Reform der Rechtschreibung.

25. 7. 2001

: Etablierte Verwirrung. Frankfurter Neue Presse, , Hintergrund
Bislang sei die Kommission "sehr zufrieden mit dem Grad der Umsetzung in so kurzer Zeit", sagt Geschäftsführer Klaus Heller. […] Die Akademie für Sprache und Dichtung will im Herbst einen Kompromiss­vorschlag machen. Als für alle "tragbare Lösung" soll er Konzessionen an die neuen Regeln machen, aber auch sinnvolle Regelungen der alten Schreibweise aufleben lassen, sagt Meier. Wenig diplomatisch fügt er hinzu, die Akademie arbeite "mit den besten Sprachwissenschaftlern Deutschlands" zusammen, während an der Reform "ziemlich minderwertige" Wissenschaftler beteiligt gewesen seien.

Die akademie hat im februar 1999 einen kompromissvorschlag gemacht, an den sie sich anscheinend schon selbst nicht mehr erinnert. Vielleicht hat sie damals die besten sprachwissenschaftler noch nicht gefunden, aber jetzt …

: Rechnen die Schulen mit dem Euro? Singener Wochenblatt, , Aktuelles aus der Region
Für ein Sparmodell hat sich dagegen die Rektorin der Beurener Grundschule, Ute Scharré-Grüninger[,] entschieden: »Ich bin nicht bereit, die Bücher jetzt auszutauschen«. Die Rechtschreibreform, die auch Einfluss auf die Mathebücher hat, hatte vor zwei Jahren schon ein Loch in den Etat gerissen.
: Heißt es nun Spaß oder Spass? Thüringer Landeszeitung,
Für größere Verwirrung sorgen jene, die sich der Reform widersetzen — und sich deshalb darauf versteifen, bei neuen Namensnennungen auf die alte Schreibweise durchzusetzen. So kam kürzlich im Westen Thüringens ein "Schloss" wieder zum "ß". Die nächste Generation wird den Kopf schütteln.
: Zusammen schreiben oder doch getrennt? Thüringer Landeszeitung,
Für Thüringer Schüler ist die neue Rechtschreibung längst Alltag […] Der erste Jahrgang hat die Regelschulen und Gymnasien erreicht. […] Die Beschwerdeflut in Deutschland ist inzwischen eingedämmt, Kritik hagelt es weiterhin.

23. 7. 2001

: Fußweg auf dem Holzweg. Westfälische Rundschau,
Der Fußweg zum Stadtbad-Mitte ist ein Sprung ins kalte Wasser der Rechtschreibreform: Während ein "ss" beim Wort muss längst ein Muss ist, bleibt beim Fußweg auch mit der neuen Rechtschreibung alles beim Alten.

Fuss statt Fuß fällt auf; auf dem holzweg ist das schild aber auch mit der nachgestellten beifügung: Stadtbad Mitte.

21. 7. 2001

: Kulissengeplauder. Südwest Presse, Schwäbische Donau Zeitung, , Ulmer Kulturspiegel
So streng wie früher wird es heutzutage mit der Rechtschreibung nicht genommen. […] Die Schulen gehen nicht immer mit gutem Beispiel voran. Nehmen wir die Eduard-Mörike-Schule in Böfingen. Die empfängt ihre Besucher mit einem Schild, auf dem der zweite Bindestrich fehlt, so dass sie nun "Eduard-Mörike Schule" heißt. […] Ein Ulmer Gymnasium wäre, würde man die ganze Strenge der Rechtschreibregeln walten lassen, gleich mit vier Bindestrichen geschlagen. Vernünftigerweise wurde entschieden, so zu schreiben: Hans und Sophie Scholl-Gymnasium. Eine ähnlich elegante Lösung haben die Wiener für den Platz gefunden, der dem Dirigenten von Karajan gewidmet ist. In Wien schreibt man Herbert von Karajan-Platz.

Die «Südwest[-]Presse, Schwäbische Donau[-]Zeitung» selbst geht auch nicht mit gutem beispiel voran. — Falls die regel nicht vernünftig ist, muss man sie ändern; andernfalls ist nicht einzusehen, warum man sich nicht daran halten soll (Zürich). Übrigens ist es in der Schweiz nicht üblich, schulen, kasernen usw. nach personen zu benennen. Damit erspart man sich «unelegante» lösungen, was vielleicht nicht nur eine folge, sondern ein grund ist.

: Weinpröbsche hier, Weinpröbsche dort. die tageszeitung, , nr. 6502, s. 16
Sommerloch liegt nordwestlich von Bad Kreuznach […], ein Kaff wie tausend andere, von den Nachbardörfern Wallhausen, Braunweiler, St. Katharinen kaum zu unterscheiden, wäre da nicht der medienträchtige Name ... […] Wir Medienleute leiden in diesen Wochen verschärft unter dem Sommerloch. Mit allen Mitteln muss es aufgefüllt werden. Zur Erinnerung einige Schlagzeilen aus der letztjährigen Nachrichtenflaute: "Der Prügelprinz, der im Sommerloch den Türkenpavillon anpinkelt" […]. Des Weiteren stopften Bimbes, Kampfhunde und Rechtschreibreform das 2000er Loch zu.

20. 7. 2001

: Pfennige im Portmonee. Remscheider GA, rga-online, , Lokales, Hückeswagen, Kommentar
Eigentlich schon seit Jahren bereitet das Wort Portemonnaie rechtschreibetechnische Probleme. […] Mit der Rechtschreibereform wurde Abhilfe geschaffen. Die Geldbörse heißt nun Portmonee, wie eigentlich auch immer schon gesprochen. Jetzt bereitet das Portmonee allerdings in anderer Hinsicht Probleme. Es wird immer dicker.

19. 7. 2001

: Hallo Kanzler, hier werden Sie geholfen. Veronas Achtpunkteplan: Urlaub, Baby, Buch und statt Werbeaufnahmen politische Auftritte. Bunte, , nr. 30, s. 24 bis 27, Politik & Show
Punkt 7: Dann möchte ich schwanger werden. Und während der Schwangerschaft möchte ich wie Hera Lind ein Buch schreiben. Es wird zwar kein Bestseller wie „Das Superweib“, aber ich möchte mich für die neue deutsche Rechtschreibreform speziell für Kinder und Jugendliche einsetzen und beweisen, dass es keine Rolle spielen muss, ob man das mit ß oder ohne ß schreibt, denn ich selbst beherrsche die Rechtschreibung nicht perfekt und aus mir ist trotzdem was geworden.
Feldbusch sucht ein Bundestags-Praktikum. "Gegen strikte Rechtschreibung." Der Tagesspiegel, , Aus aller Welt
Auch sei sie für eine weniger strikte Anwendung der Rechtschreibung.
: Die Gameshow-Offensive. Ein zartes TV-Pflänzlein rankt sich wieder durch die Fernsehlandschaft. die tageszeitung, , nr. 6500, s. 20, Die Wahrheit
Doch während die Privatwirtschaft Formate wie "Glücksrad" schon wieder sanft entschlummern lässt, haben mit mehrjähriger Verspätung Behörden, Körperschaften des öffentlichen Rechts und gemeinnützige Institutionen die Sympathieförderung via TV-Show entdeckt. Ein bunter Strauß an originellen Spielideen soll den mausgrauen Verwaltungsapparaten aus dem kilometertiefen Imageloch helfen. […] Wie aus Kreisen der Deutschen Rechtschreibkommission verlautet, wollen die Gralshüter der deutschen Sprache mit der neuen Spielshow "Deutsch ist heiß" endlich von ihrem Oberlehrerimage wegkommen und das Publikum auf spielerische Weise mit den Regeln der neuen Rechtschreibung vertraut machen. Geplant sind spannende Spiele rund um die vertrackte deutsche Orthografie, die das bisherige Reformdebakel "ausbügeln" sollen. Der Preis für den Gewinner des kniffligen Spiels steht auch schon fest: zwei Wochen Urlaub in der Dudenredaktion in Mannheim. Na denn, fiehl Spas!

18. 7. 2001

: Gelesen. Schräger Typ. Neues Deutschland,
Ärgerlich allein ist der Wahn der Verfasser, dass mit der Rechtschreibreform alle Straßen in Strassen umbenannt seien. Deren Namen sollen sie sich nun mal gegenseitig vorlesen. Viel »Spass« dabei, Leute!

Da das besprochene buch (Cool Guide Berlin) in Zürich erschienen ist, könnte es auch sein, dass das ß ganz fehlt; das wäre dann kein wahn, sondern ein alter brauch.

: Rosa-Luxemburg-Schriften als Lohn fürs Büffeln. Roth-Hilpoltsteiner Volkszeitung, , Lokales
Zum Zeugnis des Peter Hufe, das er uns vorgelegt hat: Dieses Dokument aus dem Jahre 1983 […], ausgestellt von der Bundeswehrfachschule Weingarten, ist ein Zeugnis über die „Abschlußprüfung des Realschullehrgangs“ und stammt, wie dem Titel unschwer zu entnehmen ist, aus der Zeit vor der Rechtschreibreform.

14. 7. 2001

: Kalenderblatt 2001: 14. Juli. Freies-Wort Online,
Blick in die jüngste Geschichte. […] 1998 — Das Bundesverfassungsgericht weist die Klage von Gegnern der Rechtschreibreform ab und erklärt die Reform für verfassungsgemäß
: Eltern protestieren gegen die Schließung der Schaibinger Schule. Passauer Neue Presse, , Lokalteil Passau-Land
Viel Sparen hätte man bei der unnötigen Rechtschreibreform können, rief eine Mutter.

Vgl. Fundsachen.

13. 7. 2001

: Worte wie Bojen. Der deutschen Sprache geht es besser denn je; ein Sprachschutzgesetz würde das ändern. Berliner Zeitung,
Auch heute schadet dem Deutschen der häufige Gebrauch von amerikanischen Begriffen nicht. Im Gegenteil: Der deutschen Sprache geht es, sieht man mal von der Rechtschreibreform ab, gut wie schon lange nicht mehr.
: Buchtipp. Alltagswörter Südwest Presse, , Feuilleton
Die Sprachwissenschaft rückt nur selten ins öffentliche Bewusstsein, und dann orientiert sich die Öffentlichkeit, wie zuletzt in der Debatte um die Rechtschreibreform, nur wenig an der Meinung der Wissenschaftler. Mit dem Wörterbuch Tesa, Tuc und Teddybär zeigt der Autor Hartwig Lödige nun ganz unaufdringlich etwas von der spritzigen Aktualität dieses altehrwürdigen Fachs.
: Die D-Mark bleibt Schülern erhalten. Thüringische Landeszeitung,
Eigentlich gilt bei Schulbüchern der Drei-Jahres-Rhythmus, "aber es wird — wie bei der Rechtschreibreform — auch Überschneidungen von neuen Regeln und alten Büchern geben" […].

12. 7. 2001

: Jahrelanger Kampf gegen „Unsinnsreform“. Friedrich Denk gibt den Widerstand nicht auf. Münchner Merkur,
„Mit medienwirksamen Promis wie Boris Becker oder Peter Maffay hätten wir mehr Erfolg gehabt.“

Wir auch — hätten . . .

Carell, John: Produkt der ungebildeten Hirnhälfte Halbgebildeter. Zu: "Die Rechtschreibreform ist am Ende"; Welt vom 29. Juni. Die Welt, , nr. 160, s. 9, Forum, Leserbriefe
Die pathetisch "Rechtschreib­reform" titulierte Verunstaltung der deutschen Sprache wurde ganz offensichtlich von einem Haufen halbgebildeter Kultus­minister mittels jener Hälfte ihres Hirns produziert, die nicht gebildet ist.

10. 7. 2001

: Krankenhaus St. Elisabeth feiert 100-Jähriges. Schwäbische Zeitung,
"Heute hat man ja leider Gottes manchmal den Eindruck, als seien gerade im Gesundheitswesen die Worte Humanität und Nächstenliebe der Rechtschreibreform zum Opfer gefallen", beklagte Widmaier.

Leider Gottes sind bei wörtern ab und zu opfer zu beklagen, etwa bei «worte/wörter», aber an allem ist die rechtschreibreform nicht schuld.

8. 7. 2001

: Herbert Knebel sein Herzklabaster. Mit dem neuen Programm "Unter Strom" begeisterte der Kabarettist aus dem Ruhrpott mit seinem Affentheater 1600 Besucher von Kultur Pur im Emmericher Theaterhof. Neue Ruhr-Zeitung,
Nein, die Grammatik ist nicht sein Ding, da hilft es auch wenig, dass er die Trennregel: "Trenne nie den S von das T" behalten hat und nach der Rechtschreibreform "datt" mit zwei "ss" schreibt.

7. 7. 2001

: Korbi, der Waldläufer. Passauer Neue Presse, , Lokalteil Passau-Land
Eine schöne Sache ist, dass der Stemplinger Sepp, der Stadtrat vom Freudensee, ein altes Kreuz tipptopp (so schreibt man das komischerweise nach der neuen Rechtschreibung) herrichten hat lassen.

So schreibt man das auch nach der alten rechtschreibung.

6. 7. 2001

: Die Zehn-Groschen-Oper. Die Personenwaagen auf den U-Bahnhöfen werden auf die Euro-Umstellung gefeilt. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. BS2, Berliner Seiten
Schon seit den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts versehen die "Wagen" der Firma Sielaff, die früher in Neukölln ansässig war, auf den Berliner Bahnhöfen ihren Dienst. Erst die Rechtschreibreform von 1929 hat das Wort gewogen, als zu leicht befunden und ihm das zweite "a" beschert. Die Berliner Wiegeautomaten haben aber nach wie vor nur eines.

5. 7. 2001

: Einzug des Computerzeitalters. Fehraltorf: Ein Jahr nach dem Umzug der Wohnschule Zürcher Oberland. Der Landbote, , Region
Die Wohnschule – ein Bildungsangebot von Pro Infirmis – bereitet Erwachsene mit einer leichten geistigen Behinderung auf ein möglichst selbstständiges Leben vor. […] Dabei zeigten die Wohnschüler wenig Berührungs­ängste mit den modernen Technologien, im Gegenteil: Ein Mail zu schreiben ist für viele einfacher und unbelastender als das Schreiben eines Briefes – nur schon deshalb, weil man sich in einem Mail nicht um Gross- und Kleinschreibung zu kümmern braucht und damit in guter Gesellschaft ist.

Nicht nur mails kann man in einer menschenfreundlichen ortografie schreiben!

: Zum Tage. Frankenpost Online,
Müssen wir, angesichts des orthografischen Scherbenhaufens, nicht vermuten, die Erfinder der leidigen Reformrechtschreibung hätten sich angestellt wie die ersten Menschen? Durfte ihnen wirklich ihre Aufgabe so schwer fallen, als hätten sie das Rad neu erfinden sollen? Vor 100 Jahren, fast auf den Monat genau, bestand das Problem schon einmal und wurde ungleich souveräner gelöst.

4. 7. 2001

: Weiterbildungsangebote auf einen Blick. Kursprogramm: Herbst 2001. Schaffhauser Nachrichten, , Region
«Der KVS bietet auch verschiedene Seminare und Kurse für den Arbeitsalltag an: Mind Mapping, Briefe ohne Floskeln, Rechtschreibereform, Motivationsseminare, Verkaufsseminare, Seminare für Kaderleute sowie Finanzbuchhaltung und Tastaturschreiben», erklärt Ester Gmünder, Sachbearbeiterin für KVS-Weiterbildung.
neu : Zum Thema Genderstern. SonntagsZeitung (), , 35. jg., nr. 27, s. 25, Leserbriefe (112 wörter)
Nach einer Rechtschreib­reform könnte auch dies ein­geführt werden: Da sowieso immer mehr Englisch ge­sprochen wird, würden «der», «die» und «das» durch das neutrale englische «the» ersetzt.

Das wäre dann aller­dings nicht eine rechtschreib-, sondern eine sprach­reform.

: Optischer Gewinn für das Stadtbild Lampertheims. Aus Bushaltestellen werden moderne Informationssäulen. Lampertheimer Zeitung, Main-Rheiner, , Nachrichten aus der Region
Überall werden zurzeit blaue Infosäulen aufgestellt […]. Ein weiterer Fehler fällt nur denen auf, die gut in Rechtschreibung sind — „Straße“ wurde mit "ss" geschrieben. In alter wie in neuer Orthografie. Vielleicht wurde auch nur die nächste Reform vorweggenommen...

3. 7. 2001

: Unterschriften für Volksabstimmungen. Darmstädter Echo, Echo Online,
Dass „das Volk“ hinter der Einführung des Euro und der Osterweiterung der EU stehe, hält der Verein [„Mehr Demokratie“] für fragwürdig. Eine saubere, faire Volksabstimmung könnte das klären, meint Kittler. Das gelte zum Beispiel auch für die Rechtschreibreform.

2. 7. 2001

: „Fünf Jahre in der Giftküche des Gelehrten.“ Lichtenberg-Tagung in Darmstadt: Arnulf Zitelmann über die Liebe des Aphoristikers. Darmstädter Echo, Echo Online,
Nebenbei, mit dieser Ausgabe führt die Lichtenberg-Gesellschaft für ihr Jahrbuch „eine moderate Gestaltung der neuen Rechtschreibung“ ein, wie ihr Vorsitzender in einem Vorwort bekannt gibt, in dem er den Namenspatron der Gesellschaft mit seinen diversen pointierten Kommentaren zur Orthographie im Allgemeinen und Orthographiereformen im Besonderen zitiert und sich ein wenig an Christian Meier reibt, dem Präsidenten der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, der ja die Rechtschreibreform in ihrer gegenwärtigen Form radikal ablehnt. Die Lichtenberg entlehnte Überschrift „Wir werden hierin . . . allerdings sehr tolerant seyn“ zeigt, worum es Joost dabei geht.
: Rechtschreibchaos. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , s. 12, Zeitgeschehen
Wann endlich wird der staatlich verordnete Analphabetismus beendet? Wer die Rückkehr zur bewährten Rechtschreibung verhindert, darf sich über Sprachverfall nicht beklagen.

Würden wir ja auch nicht (Leiss).

: Wegsterben in Düren. Die Tage der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt: Michael Lentz bekommt den Ingeborg-Bachmann-Preis. Frankfurter Rundschau,
Der mit knapp 22 000 Euro dotierte Ingeborg-Bachmann-Preis geht an den 1964 in Düren geborenen Michael Lentz für seine Erzählung Muttersterben […]. Es ist eine Erzählung in Kleinschreibung […].
: Schüler müssen weiter mit der D-Mark rechnen. Währung / Bundesländer können sich keine neuen Mathe-Bücher leisten. Südwest Presse,
"Wir stehen vor dem gleichen Problem wie vor zwei Jahren mit der Rechtschreibreform", erklärte Sonja Markgraf, Sprecherin des Kultusministeriums in Hannover. "Von heute auf morgen können die Schulen ihr Lehrmaterial unmöglich gegen Euro-Ausgaben austauschen."
: Ablehnung von sinnvollen Neuerungen aus Eigensinn. Zu: „Die Rechtschreibreform ist am Ende"; Welt vom 29. Juni. Die Welt, , nr. 151, s. 9, Forum, Leserbriefe
Die Häme wegen Nachbesserungen ist überflüssig. Diese beweisen vielmehr, dass die Reform mitnichten am Ende ist.
: Zossen und Katzow. Zeitungsgruppe WAZ,
Was schickt die Pove? Wer diese Frage nicht gleich versteht und beantworten kann, hat keinesfalls die Rechtschreibreform verschlafen. Vielmehr handelt es sich um einen Ausdruck, der zu DDR-Zeiten unter Viehhändlern im Raum Thüringen verwendet worden sein soll.

1. 7. 2001

: Die Verhinderung des Weinens. Gegen den „Geschmacksterrorismus“: Mit dem Hauch einer Kontroverse endete der 25. Ingeborg-Bachmann-Literaturwettbewerb in Klagenfurt. Hannoversche Allgemeine Zeitung (online-ausgabe), , Kultur
Ingeborg-Bachmann-Preisträger 2001 aber ist der Münchner Michael Lentz: In gedrängtem Stakkato und Kleinschreibung wälzt sich seine dichte Erzählung „Muttersterben“ schlusswärts.
: Meiste Schüler müssen weiter mit Mark rechnen. Nur Bayern stellt Schulbücher rechtzeitig um. donau.zet.net (Mittelbayerische Zeitung),
"Wir stehen vor dem gleichen Problem wie vor zwei Jahren mit der Rechtschreibreform. Von heute auf morgen können die Schulen ihr Lehrmaterial unmöglich gegen Euro-Ausgaben austauschen", sagte die Sprecherin des Kultusministeriums in Hannover, Sonja Markgraf.