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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 9.–10. 2001
nachgeführt , 2011-06-03
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Aus presse und internet

30. 10. 2001

: Subtile Nuancen. Neue Rechtschreibung und Literatur. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 252, s. 66, Feuilleton
Die neue Recht­schreibung hat sich in den belletristischen Neuerscheinungen noch keineswegs durchgesetzt. […] Die Entscheidung über die Schreibweise trifft der Autor, nicht der Orthograph.

Aber gewiss doch, wenn sich der autor dafür interessiert, was ja nun wirklich nicht bei allen der fall ist. In der belletristik wurde die fraktur auch nicht so schnell abgeschafft wie in der schule, jedenfalls nicht schneller, und selbst die übergangszeit für die schule läuft ja noch.

: Babbelfisch. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 252, s. T1, Technik und Motor
Wer ist heute, in Zeiten der sogenannten Rechtschreib­reform, noch der deutschen Sprache mächtig? Und wer hat gar Fremdsprachenkenntnisse? […] Wir baten "Babelfish" von Altavista um die Übersetzung eines Mustersatzes aus unserer täglichen redaktionellen Produktion […].
: Werbeträger. Aufgefallen. Ostsee-Zeitung,
Werbung ist so leicht nicht. Das wird meist unterschätzt, wie sich am Beispiel der Rostocker „Pizzeria Hawai“ zeigte. Die ist nu pleite. Ob das am „i“ lag? Wir wissen es nicht. Wir wissen aber, was ein pfiffiger Werbetexter unter den Aufsteller eines Rostocker Reisebüros geschrieben hätte. Dort wurde für „Wenedig“ geworben. Eine schöne Unterzeile wäre gewesen: „Liebesurlaub für Analphabeten“.

Venedig ist im gegensatz zu Venezia ein deutsches wort — also warum eigentlich nicht? Aber leider schreiben wir nicht einmal Oliwa und Jawa, obwohl diese namen im polnischen bzw. indonesischen so geschrieben werden.

: Mit Pilzköpfen und der Ehefrau Guste. Herbert Knebel mit seinem Affentheater in der Katt. Rheinische Post, , Wermelskirchen
Ob Kinder, Recht­schreibung, Fußball und Frauen — jeder der Rentner äußerte sich auf seine Art — mit gezielten Pointen, die ihre Wirkung nicht verfehlten.

29. 10. 2001

: Späte Ehrung für Mayröcker — Akademie berät über Anglizismen. Braunschweiger Zeitung, , Kultur
: Ehrung für Mayröcker — Akademie berät über Anglizismen. Frankfurter Neue Presse,
: Sehschule der Sprache. Büchner-Preis an Friederike Mayröcker. Südwest Presse, Schwäbische Donau Zeitung, , Feuilleton
Wer das Skript vor sich hatte, dem konnte um die deutsche Recht­schreibung bange werden. Wie immer schreibt Mayröcker das "ß" als "sz", das Wort "ein" kürzt sie mit der Ziffer "1" ab. Doch Künstler dürfen die Regeln brechen, über die in der deutschen Sprachgemeinschaft seit Jahren erbittert gestritten wird. Die Akademie für Sprache und Dichtung gehört dabei zu den hartnäckigen Gegnern der Rechtschreib­reform. Bei der diesjährigen Herbsttagung stand das Thema jedoch nur am Rande auf dem Programm. Mit einer gewissen Genugtuung registrierte Akademiepräsident Christian Meier, dass die Wörterbuchverlage in ihren neuen Auflagen die widersinnigen Regeln heimlich zurücknehmen.
: Ausflug ins "Mayröcker Kino". Gedanken über den Georg-Büchner-Preis und seine Hüter. Rheinpfalz, , Kultur
An sprachpflegerischem Stolz hat es der Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung nie gefehlt, im Gegenteil. Seit Jahren verfolgt man das ehrgeizige Projekt, über den "Rang der deutschen Sprache" nachzudenken und dabei die Exekutoren der allseits unbeliebten "Rechtschreib­reform" eines Besseren zu belehren. […] In steilen rhetorischen Bögen bewegte sich Meier von den Ereignissen des 11. September über die notwendige Gegen-Reformation in Sachen Rechtschreib­reform hin zu den Chancen und Gefahren des derzeit virulenten Anglizismen-Booms. Als er sich am Ende seiner Rede auch noch bei der unsäglichen "Ein Stück weit"-Rhetorik bediente, jener offenbar unvergänglichen Hinterlassenschaft Björn Engholms, war die sprachkritische Glaubwürdigkeit endgültig dahin.
: „Och, nö, eigentlich ist alles gar nicht so wild.“ Fazit einer akademischen Diskussion, ob wir wirklich um unsere Sprache fürchten müssen. Darmstädter Echo, Echo Online, , Kultur
Professor Peter Eisenberg, der eine neue „Grammatik der deutschen Gegenwarts­sprache“ vorgelegt hat und der Experte der Akademie in Sachen Rechtschreib­reform ist, wies auf die Integrations­kraft der Sprache hin: Neue Wörter aus anderen Sprachen erweiterten das Netz, das die Welt der Wörter bildeten, oder machten dessen Maschen dichter.
: Alev ruht sich nicht auf Lorbeeren aus. Verein der Arbeiter und Jugendlichen aus der Türkei findet mit seiner Schulaufgabenhilfe großen Zuspruch. Weser-Kurier, Delmenhorster Kurier,
Mündlich können sich die türkischstämmigen Kinder — in der Regel alle in Deutschland geboren und mit ihren Familien eingebürgert — bestens auf Deutsch verständigen. Woran es hapert, ist nach den Beobachtungen von Svenja Lauter die Recht­schreibung, und da vor allem die Groß- und Kleinschreibung und die eine oder andere Feinheit der Grammatik.

28. 10. 2001

: Buchstabenwelt in den Fingerspitzen. Friederike Mayröcker nimmt in Darmstadt den Büchnerpreis entgegen. Darmstädter Echo, Echo Online, , Kultur
Die sehr unspektakuläre Büchnerpreisfeier war eingeleitet worden von einer Rede des Akademiepräsidenten Christian Meier, der in mehrerlei Hinsicht zur Gelassenheit aufrief. Zum einen, was die von der Akademie heftig bekämpfte Rechtschreib­reform angeht: Die Sache sei nun „auf gutem Wege“, sagte Meier, da die „Vernunft der deutschen Sprachgemeinschaft“ sich als groß genug erwiesen habe, sich den Unsinnigkeiten zu verweigern. In Kürze werde die Akademie ihren Vorschlag zum weiteren Vorgehen mitteilen.
: „Lösegeld!“ sorgt für Spannung in der Schulaula. Der Hamburger Schriftsteller Andreas Schlüter las in Grasberg aus seinem neuen Jugendkrimi vor. Weser-Kurier, , Regionales, Wümme-Zeitung
Der gelernte Kaufmann und spätere Journalist hat in Frankfurt/Main gründlich recherchiert, bevor er „Lösegeld!“ schrieb, erfuhren die Zuhörer. Ja, und beim Schreiben passieren auch Fehler, vor allem seit der Rechtschreib­reform.

27. 10. 2001

: »Ich habe hier das Beste aus zwei Welten.« Mittelbadische Presse, Baden Online, , Ortenau
Wer sich hinter dem Erzähler Patrick Roth verbirgt, zeigt das folgende Gespräch. […] Berührt Sie als »Exilant« die neue Recht­schreibung? Roth: Man wird für Wörter mehr sensibilisiert. Für unsere Generation werden feinste Schichten herausgestrichen, die dann nicht mehr erinnerbar sind.

26. 10. 2001

: Multikulturelle Gemeinschaft. Kongress der spanischen Sprache. Die Welt, , Feuilleton
Doch anders als beim ersten Sprachkongress 1997 im mexikanischen Zacatecas, bei dem sich der spanische Literaturnobelpreisträger Camilo Jose Cela und sein kolumbianischer Kollege Gabriel Garcia Marquez erbittert über eine Vereinfachung der Recht­schreibung stritten, kreiste die Diskussion diesmal um die Frage nach der Expansion des Kastilischen nach innen und außen sowie um den Schutz älterer Regionalsprachen wie Baskisch.
: Zwei Mal hundertmal gesagt. Kommentar. Rheinpfalz Online, , Pfalz-Nachrichten, Neustadt
Hatten schon die Kollegen, die in der Schule noch die alte Recht­schreibung gelernt hatten, ihre Schwierigkeiten bei Verbindungen mit "Mal", so hat sie die neue Recht­schreibung jetzt ganz durcheinander gebracht, und es "malt" sich groß und klein, zusammen und auseinander, dass es eine wahre Freude ist.
: Der Lockenwurf der Gefühle. Westdeutsche Zeitung, , Düsseldorf Stadt
Im Zakk gastierte am Mittwochabend als fünfte im "young poets"-Reigen des Verlages KiWi neueste Errungenschaft Anja Fröhlich (36), ihres Zeichens Werbetexterin zu Kölle, und gab im Tonfall einer Nachrichtensprecherin eine Leseprobe ihres "Roman"-Erstlings. […] Selbst nach der Rechtschreib­reform schreibt man "Riesenschrecken" nicht "riesen Schrecken".

25. 10. 2001

: Wie Walser beim Lesen die Rolle tauschte. Ausgebuchte Autorenlesung bei Gerstenberg + Bernward. Hildesheimer Allgemeine Zeitung,
Seinen neuen Roman "Der Lebenslauf der Liebe", aus dem er abends in der Buchhandlung "Gerstenberg und Bernward" vorlesen wird, schreibt er unbeeindruckt von der neuen Rechtschreib­reform.
: Belästigungen. Ich will so schreiben, wie ich bin. in-münchen, , 19. jg., nr. 22
Und weil, liebe Reförmler, das Schreiben nun mal zum Lesen da ist und nicht zum Diktatfehlermachen oder -vermeiden, schreibe und bleibe ich so, wie ich bin — zumindest so lange, bis zwecks Erleichterung des Klavierspielenlernens per Gesetz die schwarzen Tasten abgeschafft werden.

Abgesehen davon, dass die reform das lesen nicht erschwert: Die temperierte stimmung ist eine solche vereinfachung.

: Dr. Bledmann. Kommentar. Rheinpfalz Online, , Pfalz-Nachrichten, Pirmasens
Was nämlich ist davon zu halten, wenn auf einem illegal am Straßenrand entsorgten Monitor mit Filzstift gekrakelt steht "Dr. Bledman"? Handelt es sich um eine Variation der Rechtschreib­reform, um die Offenbarung eines Opfers von Lehrerfortbildungskonferenzen, um den intergalaktischen Rambo eines der zahl- wie sinnlosen CD-Spiele zur Weltraumbewältigung oder ist "Dr. Bledman" vorm Computer bloß blöd geworden.

24. 10. 2001

: Harry Rowohlt — ein Bär von großem Verstand. Cellesche Zeitung, , Kultur
Auf Einladung der Steinhorster Schmiede trug der bekannte Autor Harry Rowohlt im Gasthof Heine "Buntes" vor […]. Auch zitierte er eine seiner berühmten ZEIT-Kolumnen, in denen ein "Bär von sehr geringem Verstand" seine Meinungen präsentiert hatte. In diesem Fall glossierte er einige Auswüchse der Rechtschreib­reform, besonders die Absicht, italienische Worte wie "Spaghetti" eindeutschen zu wollen.
: Einfach Wahnsinn. Worte & Wörter. Nordwest-Zeitung,
Lakonisch heißt es in ihren Vorschlägen zur Neuregelung der Orthographie: „st wird getrennt.“ Läs-tig, diese Regel, aber sie ist — wie die gesamte Reform — Realität.

23. 10. 2001

: "Erziehung ist sich erziehen." Gadamer-Vortrag verstärkt die internationale Popularität des Philosophen. Rhein-Neckar-Zeitung, , Heidelberg
Am 19. Mai 1999 war er am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Eppelheim zu Gast. Gebannt hingen Schüler, Lehrer und Eltern an seinen Lippen, als er seine ganz eigenen, unkonventionellen Gedanken zum Erziehen zum Besten gab. Noch erstaunlicher, dass der damals knapp 99-Jährige dann nicht nur der Veröffentlichung in moderner Recht­schreibung zustimmte, sondern das Büchlein auch höchstpersönlich redigierte.

20. 10. 2001

Die Junge Union setzt Impulse in Harmonie. Deutschlandtag mit 330 Delegierten in Heilbronn eröffnet; Sicherheitslage ein Schwerpunktthema; Heute Merz, morgen Merkel. Heilbronner Stimme,
Zu ihren Forderungen beim Deutschlandtag zählen ein Lkw-Überholverbot auf Autobahnen, strengere Abgasvorschriften für Motorräder, Fahren mit Abblendlicht, Einrichtung von Berufsakademien bundesweit, Aberkennung der Gemeinnützigkeit, wenn Organisationen sich an gewaltsamen Demonstrationen beteiligen und Rücknahme der Rechtschreib­reform.

. . . und einführung einer kommaregelung; es kann in diesem fall auch die neue sein.

18. 10. 2001

neu : Stadttapete: Steuergelder für Stubenhocker. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 242, s. BS2, Berliner Seiten (282 wörter)
Die BPR ist eine außer­ordentlich kleine Partei. […] Die BPR ist die "Berliner Partei für deutsche Recht­schreibung und Sprach­pflege", und daß deutsche Sprach­pflege trotz Recht­schreibung etwas Sektiereri­sches hat, sobald sie zur Ideologie wird, macht sie mit ihren Wahl­plakaten deutlich. […] "Wir in Schöneberg" sind "gegen Schließung von Kranken­häusern", gegen "Park­raum­bewirtschaftung und Kriegs­steuern" und gegen "Rechtschreib­reform".

17. 10. 2001

: Liebt Milieu der kleinen Leute. Tom Pauls im Vogtland Theater Plauen. Frankenpost, Vogtland Anzeiger, , Kultur
Der Dresdener Schauspieler und Kabarettist Tom Pauls ist an diesem Montag der Garant für ein ausverkauftes Haus im Vogtland Theater Plauen. […] Putzfrau Ilse Bähnert zieht derweil geschwätzig durchs Treppenhaus. […] Mit der neuen Recht­schreibung hat sie so ihre Probleme. Schifffahrt mit drei F? "Da bist de nass, bevor du losgefahren bist", lässt sie ihrem Unmut freien Lauf.
: Warum Hasloch im Jahr 2012 Olympische Spiele ausrichtet. Main-Echo, , Lokales, Marktheidenfeld
»Cabaret = Schlimm = gery & stöcker« stand auf der Eintrittskarte zum Kabarett-Abend in der Haslocher Haseltalhalle. […] Die Rechtschreib­reform bekommt durch »Nie mehr Kommas« (zu Queens »We will rock you«) einen fast finalen Axthieb ab […].
Berichtigung. die tageszeitung, , nr. 6576, s. 14
Schlimm geträumt? Dann haben Sie also Alpträume gehabt. Oder Albträume. Everything goes, nach der neuen, neoliberal deregulierten Recht­schreibung. Wir jedenfalls hatten gestern beide Varianten in unserem kleinen, toleranten Blatt, das sich immer gerne für bislang benachteiligte Schreibweisen in die Bresche wirft.
Bundesverdienstkreuz für Prof. Dr. Gerhard Stickel, Direktor des Instituts für Deutsche Sprache in Mannheim. Presse-Information des IDS. www.ids-mannheim.de/aktuell/pr011017.html,
Themen wie die Rechtschreib­reform, die Entwicklung der deutschen regionalen Umgangssprachen, Themenkomplexe wie "Sprache und Recht" oder "Sprache und neue Medien", die Fremdwortdebatte und die gegenwärtige Diskussion über den verstärkten Einfluss des Englischen auf die deutsche Sprache fanden große fachinterne und öffentliche Aufmerksamkeit.

16. 10. 2001

: "Tischtennis ist spannender geworden." BTTV-Präsident Claus Wagner begrüßt die Regeländerungen; German Open wichtigste Veranstaltung seit 1969. Nordbayerischer Kurier, , Sport
Immer, wenn man etwas aufgeben muss, was man lange Zeit getan und für richtig gehalten hat, fällt dies schwer — egal ob es sich um Essgewohnheiten, Recht­schreibung oder Spielregeln handelt.

15. 10. 2001

: Schöne fremde Buchstabenwelt. Der Verein Deutsche Kurrentschrift Freunde widmet sich der Pflege der Sütterlin-Schrift. Saarbrücker Zeitung, Lokalausgabe Saarbrücken, , Saarbrücken
Es gilt selbstverständlich die alte Rechtschreibung!

Das grosse D im vereinsnamen spricht für die neue rechtschreibung (vgl. wechsel bei Institut für d/Deutsche Sprache) und der rest für gar keine rechtschreibung. So kommen die umfragemehrheiten pro alte rechtschreibung zu stande!

: Roman "Eine Billion Dollar": Lob von höchster Stelle für Öpfinger Autor Andreas Eschbach. Schwäbische Zeitung, , Lokales, Ehingen
In der dicken Literatur-Beilage der FAZ zur Frankfurter Buchmesse wird Eschbach jetzt […] von FAZ-Feuilleton-Chef (!) und FAZ-Mitherausgeber (!) Frank Schirrmacher gewürdigt. […] Anmerkung: Das zitierte Wort "Verriß" ist kein Rechtschreibfehler; in der SZ hätte es natürlich "Verriss" heißen müssen", aber die FAZ hat sich der Mode "Rechtschreib­reform" verweigert. — Der Ehinger SZ-Macher legt aus seinem Nähkästchen nach: Er dreht beim Redigieren manchmal schier hohl: Einige Mitarbeiter, gestandene Akademiker, die früher "Straße" richtig schreiben konnten und schrieben, sind durch die Reform so verunsichert, dass sie nun, aus Angst, sie könnten ein doppeltes s versäumen, ständig "Strasse" schreiben — eine der unschönen Folgen der sogenannten Reform. Und der Zeitungsmacher leidet zudem unter der Verachtung süddeutschen Sprachgebrauchs, weil er zwar "Spaß" mit kurzem "a" spricht und also "Spass" schreiben müsste, aber nach den aus Norddeutschland stammenden Rechtschreibregeln ein Wort schreiben muss, das er eigentlich nur als "Spaas'" lesen kann.

14. 10. 2001

: Die Politiker bekamen alle ihr Fett weg. Westfälische Rundschau,
"Ich möchte kein Politiker sein, ich bleibe lieber Zivilist." Mit dieser und mit anderen Erkenntnissen unterhielt Richard Rogler am Samstag in der Stadthalle sein eingefleischtes Publikum. […] Des weiteren beklagte er sich über das "verjauchte deutsche Bildungssystem", das sich im Wesentlichen auf Quiz-Shows stützt, und über die Rechtschreib­reform.

13. 10. 2001

: Sieben goldene Wege zum literarischen Erfolg. Ein kleines Brevier für angehende Bestsellerautoren. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 238, s. BS4, Berliner Seiten
Vergessen Sie alles, was Sie im Deutschunterricht gelernt haben. Recht­schreibung und Grammatik sind dazu da, abgeschafft zu werden, und zwar von Ihnen. Schreiben Sie entweder alles klein oder alles groß, oder beides zusammen. Hauptsache, es verwirrt.

12. 10. 2001

: Die Normoklasten kommen. Redesigndeutschland will uns das allgemeine Dezimalsystem aufzwingen — ein Gespräch über das wahre Maß der Dinge. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 237, s. BS3, Berliner Seiten
Normung ist Kultur; wie zuletzt der Orthographie-Streit zeigte, empfinden erfolgreich Normierte Normenreformen als Barbarei. In Berlin macht nun unter dem Namen "Redesigndeutschland" eine offene Gruppe von Designern, Technikern, Juristen, Architekten und Wissenschaftlern mobil gegen das gesellschaftliche Normensystem. Doch anders als vergangene politische Avantgarden zielen diese Normoklasten als wirkliche Barbaren aufs große Ganze, auf Zeit, Raum und Sprache.
: Das Geheimnis der Wahlplakate. Sie stehen an jeder Ecke, versuchen uns zu werben, mal grell, mal schrill, mal dumm. Wahlplakate spiegeln die Seele der Stadt. Die Welt, regionalausgabe Berlin,
Eine Schöneberger Minipartei, die sich BPR abkürzt, agitiert an den Laternen um den Kleistpark herum "gegen Parkraumbewirtschaftung, Kriegssteuern und Rechtschreib­reform". […] Hier spricht der Kiez. […] Allet Übel, spricht sie, kommt von oben. Allet neumodischer Mist. Parkgebühr, dussliges neues Deutsch, und nun auch noch Bin Laden. […] Mit dieser Haltung, in der eine volkstümliche, zivile Tapferkeit steckt, hat Berlin schon den letzten Krieg — ja, man ist versucht zu sagen, irgendwie dann doch noch gewonnen.

11. 10. 2001

: Ratlose Ratgeber. Ist Erziehung unmöglich? Nein, es ist nur schwer, ein gutes Buch darüber zu schreiben. Süddeutsche Zeitung, , Kultur
Auch Susanne Gaschke sucht nach den Gründen für die Erziehungsmisere und setzt sich mit Elternhaus und Schule auseinander. […] Mit einer Mischung aus Horrorvisionen, sozialpädagogischem Zeigefinger, Sentimentalität und Häme geißelt sie alles, was in der Gesellschaft zu dieser Katastrophe geführt habe — und den Haupttäter hat sie auch gleich ausgemacht: Es ist die Generation der 68-er. […] Die 68-er sind schuld an Kinderpornographie, Rechtsextremismus, der Rechtschreib­reform (alles in einem Kapitel), dem „Reformfanatismus des Bildungswesens“, und natürlich auch am Schund auf dem deutschen Kinderbuchmarkt.

10. 10. 2001

: Goethes Freund als Klopstocks Maler. Ein neuentdecktes Autograph des Messias-Dichters in Oldenburg. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 235, s. N5, Geisteswissenschaften
Die Handschrift, die zu den letzten Lebenszeugnissen Klopstocks gehört, wurde von der Hamburger Klopstock-Forschungsstelle untersucht und als eigenhändig anerkannt. […] Die Handschrift zeige keine Ausreißer bei den Buchstaben, kommentieren Klaus Hurlebusch und Rainer Schmidt, und die für Klopstock typischen Geminationen (himlisch, unbekant), Relikte seiner Reform-Orthographie, finden sich auch hier beibehalten.
: Zustimmung signalisiert. Thema Windpark: Erst müssen die Verträge mit den Landwirten vorliegen. Nordbayerischer Kurier,
In der Ratssitzung gab Bürgermeister Harald Mild die Anfrage einer Bürgerin wieder, die sich nicht mehr sicher sei, ob Creußen oder Creussen die richtige Schreibweise sei. Er stellte fest, dass es bei der Verwendung von Großbuchstaben zwar CREUSSEN heiße, da es dabei kein "scharfes s" gibt, bei der Verwendung von Kleinbuchstaben jedoch das "ß" beibehalten werden sollte. Daran habe auch die Rechtschreib­reform nichts geändert. Mild räumte ein, dass bei modernen Printmedien das "ß" oft schon nicht mehr auf der Tastatur zu finden sei; so lange es aber möglich sei, sollte man beim "ß" bleiben.

8. 10. 2001

: Bücher aus Bad Essen helfen beim Deutsch lernen. Neue Osnabrücker Zeitung, , Osnabrücker Land
Und da fragte sich Lore Jeschke, was denn eigentlich mit den Lehrbüchern geschieht, die durch die Rechtschreib­reform überholt sind. Die Idee war da, und sie ging einen Schritt weiter. Bei den Bad Essener Schulen wurde angefragt. Von dort kam "grünes Licht". Man war froh, ausgediente Bücher nicht in den Müll werfen zu müssen. […] und so kam die gewichtige Bücherspende gut in der polnischen Kreisstadt, die rund 50 Kilometer von Danzig entfernt liegt[,] an.
: Papier ist geduldig. Der Kommentar. Die Welt, , nr. 234, s. 27, Feuilleton
Inzwischen erweist sich auf frappante Weise, dass die geschriebene Sprache offenbar mindestens ebenso geduldig ist wie das Papier, auf der sie sich niederschlägt. 64 Prozent der Sprachgemeinschaft wenden die Neuschreibung nicht an. Rechtschreibwörterbücher sind überflüssiger denn je, weil es "richtig" und "falsch" im herkömmlichen Sinne nicht mehr gibt.

Hurra, Elisabeth Leiss ist am ziel! Oder doch nicht? Wie so oft kommt das banale (Frankenpost) der wahrheit näher.

6. 10. 2001

: Störenfried. Aufgespießt. Frankenpost,
Den Untergang der deutschen Sprache haben uns Schriftsteller vor drei Jahren für den Fall versprochen, dass man Presssack wirklich einmal mit dreifachem s schreiben muss. Und was ist passiert? Gar nichts. Die Menschen haben einfach weitergeschrieben (eher wenig), sich unterhalten (eher mehr) und sich immer noch gut verstanden.
: Revolution und Gartenlaube. Marxisten, Floristen, Rechtsextremisten, Jungaktivisten: Ohne Chance, aber unverdrossen mischen sich die "Sonstigen" in den Wahlkampf ein. Frankfurter Rundschau,
Angesichts solcher Herrenwitz-Propaganda ist Detlef Mahn doppelt froh, dass ihn die Rechts-Partei vor sechs Jahren wegen Meckerns gegen die Führung ausgeschlossen hat. Nun präsidiert der Markthändler einer eigenen Minigruppe, der Berliner Partei für deutsche Recht­schreibung und Sprachpflege (BPR). […] Seine Zuversicht schöpft der 60-Jährige aus dem eigenen Programm: Die BPR kämpft immer noch gegen die Rechtschreib­reform.

4. 10. 2001

: Herbert Knebel "unter Strom": Attendorner Fans wie elektrisiert. Westfälische Rundschau,
Zum Abrollen komisch die reinen Textsketche wie Herberts unerfreulicher Besuch im Krankenhaus […]. Spitze auch die "betont sachliche" Halbzeitanalyse des Trainers Herbert, dessen Fußballmannschaft gegen das Team "vom Pflegeheim St. Gürgen" hoffnungslos zurück liegt. Die mündet in ein Gespräch über die Rechtschreib­reform, das in der Fragestellung gipfelt, "wann man datt mit Doppel-S schreibt".

2. 10. 2001

: Die "Flut" will alles Schlechte weg spülen. Die kleinen Parteien stellen sich zur Wahl — Die neugegründete "Flut" möchte wie eine Naturgewalt sein. Potsdamer Neueste Nachrichten, PNN online, , Berlin
Auszüge aus dem Programm: "Mehr Steuergerechtigkeit. Reduzierung der Rundfunkgebühr. Beseitigung der Arbeitslosigkeit. Zuweisung zumutbarer Tätigkeiten für Langzeit-Arbeitslose. Privatisierung der Rentenversicherung. Weniger Staat. Bafög für alle. Abschaffung der Rechtschreib­reform. Bessere Familienförderung. Abschaffung der Wehrpflicht. Konsequentere Strafverfolgung."
: Längerer Ast? Betrifft: Michael Cerha zur Rechtschreib­reform. Der Standard, , s. 35, Leserstimmen
Wenn es Michael Cerha erfreulich findet, dass 50% der Sprachbenutzer meinen, jeder solle schreiben wie er will, so finde ich das meinerseits erfreulich. Ob wir damit "am längeren Ast" sitzen, bezweifle ich allerdings. Die Privatkorrespondenz findet wenig Verbreitung, und im Beruf muss man doch die aufgezwungene Recht­schreibung verwenden, um nicht als unfähig zu gelten.

Leuten, die im beruf etwas als aufgezwungen empfinden, empfehlen wir eine selbstständige tätigkeit — und dann auch eine selbstständige rechtschreibung.

1. 10. 2001

: Chaos auf dem Nebenschauplatz. «Talk im Theater» mit Professor Theodor Ickler zum Thema Rechtschreib­reform. St. Galler Tagblatt, , Stadtkultur SG
Weder der Referent Theodor Ickler, ein für seine fundierte und konstruktive Kritik an der Neuregelung mit dem Deutschen Sprachpreis ausgezeichneter Experte für Orthographie, noch sein aufmerksames Publikum wollten sich damit zufrieden geben, den Widersinn der neuen Regeln anzuprangern und «die Schuldigen» zu attackieren. Vielmehr ging es um Wege aus dem «Chaos», das durch die Rechtschreib­reform entstanden ist — wenn auch auf einem «Nebenschauplatz» der allgemein Besorgnis erregenden Sprachpraxis, wie ein Zuhörer in der Diskussion zu bedenken gab.

10. 2001

: 100 Jahre deutsche Einheitsschreibung. Sprachspiegel, , 57. jg., nr. 5, s. 145 bis 147
Die Ergebnisse der II. Orthographischen Konferenz wurden, wie könnte es anders sein, nicht von allen positiv bewertet. Den einen blieben sie auf halbem Wege stehen, den anderen waren sie ein Bruch mit dem Gewohnten. […] In einem föderalistischen Gebilde wie dem deutschen Reich, in dem — damals wie heute in der Bundesrepublik — die Kultushoheit und damit auch das Schulwesen in der Hand der einzelnen Teilstaaten lag, war ein für alle verbindliches orthographisches Regelwerk ein eminent wichtiger Baustein nationaler Kulturpolitik, der umso bedeutsamer war, als er in einvernehmlicher Zusammenarbeit mit Österreich und der Schweiz zustande kam. Schliesslich ist deutsche Recht­schreibung im Zweifel kein einzelstaatliches Problem. Vor diesem Hintergrund ist es nicht erstaunlich, dass das Zustandekommen der Regelung von 1901 und dasjenige der Neuregelung von 1996 zahlreiche Parallelen aufweist. Im Guten wie im Schlechten — werden manche sagen — hat sich die Geschichte wiederholt.
neu : Die neue deutsche Rechtschreibung. Probleme bei der Umsetzung in zweisprachigen Wörterbüchern mit Deutsch und Dänisch. Deutsch als Fremdsprache, , nr. 4, s. 214 bis 218
Abstract: Ausgehend von den Problemen bei der Umsetzung der neuen deutschen Recht­schreibung in zwei Wörterbüchern zum Sprachenpaar Deutsch - Dänisch werden die Regeln zur Getrennt- und Zusammenschreibung "Substantiv + Verb" bzw. "Adjektiv + Verb" an Hand des amtlichen Regelwerks und einschlägiger deutscher Rechtschreibwörterbücher (Duden 1996, Bertelsmann 1996, Wahrig 1997) thematisiert. Probleme ergeben sich aus der Umformulierung der amtlichen Regeln in "Regeln" innerhalb der Wörterbuch-Umtexte, vor allem aber aus der inkonsequenten Umsetzung der amtlichen Regeln in den Wortlisten. Daraus werden Vorschläge zur differenzierten theoretischen Erfassung wie zur konsequenten lexikografischen Umsetzung abgeleitet.

29. 9. 2001

: Wir sitzen am längeren Ast. Umfragen in Sachen Orthographie. Der Standard, , s. 32, Kultur
Man kann aus vielen Gründen meinen, dass die Reform "ein Fehlschlag großen Stils" war. Sicher aber nicht aus dem Grund, dass 56 Prozent der Österreicher heute noch immer "schreiben wie früher". [… Es] ist klar, dass die erste Generation, die von Anfang an nach den neuen Regeln unterrichtet wurde, heute erst zwischen acht und elf Jahre alt ist. Am späteren Verhalten dieser Generation erst wird sich entscheiden, welcher Anwendungsbreite die neue Orthographie sich auf Dauer erfreut. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass diese Generation nach der Schule zu Rechtschreibregeln zurückkehren wird, die sie nie gelernt hat. […] 50 Prozent erklären laut IMAS, dass jeder schreiben soll, wie er will. Das ist ein Beleg dafür, dass nach dem Fehler der Regierung, die Orthographie dekretieren zu wollen, die Hälfte der Österreicher nicht in den Fehler verfällt, sie sich tatsächlich dekretieren zu lassen.

Sehr vernünftiger kommentar, aber am schluss doch noch auf die in der umfrage enthaltene falsche alternative «ausser kraft setzen» (für die schulanfänger?) - «jedem einzelnen (erwachsenen?) überlassen» hereingefallen.

28. 9. 2001

: «Bestenfalls überflüssig.» Sprachpreisträger Theodor Ickler über die umstrittene Neuregelung der Recht­schreibung. St. Galler Tagblatt, , Stadt St. Gallen
Auch die Schweiz könnte das Ganze noch stoppen, da die Reform beim Ausscheren eines einzigen Landes nicht verwirklicht werden soll. Das ist allerdings nicht zu erwarten, denn hier ist der Leidensdruck geringer; über neunzig Prozent der Änderungen eines Textes machen ja die neuen ss-Schreibungen aus, und gerade hier bleibt die Schweiz bei ihrer bisherigen Sonderregelung.
: Gehrer: Rechtschreibung kein Gesetz. Kurier,
Es sei von Anfang an klar gewesen, dass die Umsetzung sehr lange dauere. Im Schulbereich sei die Reform akzeptiert, die Umstellung erfolge dann, wenn die Jugendlichen von der Schule ins Berufsleben hinaustreten würden.
Am scharfen "ß" führt keine Reform vorbei. Kurier,
Selbstbewusst bleibt in Österreich bis auf weiteres selbstbewußt. Nur acht Prozent der Österreicher schreiben nach den neuen Rechtschreib-Regeln. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage […]. Land der Flußschiffahrt: Zwei von drei Österreichern halten sich bei diesem Wort laut Imas an die alte Schreibweise […]. Die Reformer argumentieren dagegen, dass die Umstellungsphase noch bis zum Jahr 2005 läuft und dass in den Schulen ausschließlich nach den neuen Regeln unterrichtet wird. Somit werden immer mehr Österreicher auch selbstbewusst schreiben.

. . . und ganz sicher nicht mehr wissen, wie man schiffahrt am zeilenende trennt — was leider nicht gegenstand der umfrage war.

: "Aufwändig" — unnotwendig. Die Presse, , nr. 16.084, s. 1
Es werden schon noch mehr werden, die sich dem Diktat der gesamtdeutschen Kultusministerkonferenz beugen werden (müssen)! Frau Gehrer unterschätzt hier die Untertanen gewaltig. Wir gehen mit ihr, wenn sie sagt, daß die übliche deutsche Recht­schreibung ihre Tücken, Hürden und Fallstricke hat. Aber gerade sie als ehemalige Lehrerin wird ja wohl niemandem weismachen wollen, daß die neuen Regeln einfacher oder gar logischer wären. […] Eine Reform täte not, aber sie muß einleuchten, sie muß eine klare Verbesserung mit sich bringen.
: Imas-Umfrage zur Schreibreform: Ablehnung auf fast allen Fronten. Die Presse, , nr. 16.084, s. 16, Kultur
"Das Vorhaben ging gründlich daneben", resümiert das Imas-Institut: "Nur neun Prozent äußerten sich lobend über die Reform, der Rest ist unentschieden. Die vielzitierte normative Kraft des Faktischen hat nicht ausgereicht, der Bevölkerung ein Verhalten aufzudrängen, das ihr offenkundig zuwiderlief. Lediglich acht Prozent der Erwachsenen haben sich an die neuen Regeln angepaßt. Darin wird das Ausmaß des sprachpädagogischen Fehlschlags vollends deutlich."

27. 9. 2001

: Fotos mit Heiligenschein und andere Katastrophen. Was eine Praktikantin in der Lokalredaktion erlebt. Frankenpost,
Gehirngymnastik ist aber auch angesagt, wenn es darum geht, meinen stummen Protest gegen die Rechtschreib­reform niederzuknüppeln. Diesen führe ich unbewusst mehrere Male in jedem meiner Artikl: Ich weiß mittlerweile zwar ziemlich genau, dass man "Straße" auch jetzt noch nicht mit Doppel-"s" schreibt — aber ich tue es trotzdem. Die Macht der Gewohnheit eben. Aber vielleicht wird diese — die Macht der Gewohnheit nämlich — irgendwann ja auch hier einmal zuschlagen. Vielleicht wird man sich an meine Fotos gewöhnen oder daran, meine s-Fehler stillschweigend zu korrigieren und mich einfach in dem zu Glauben lassen, ich würde eine Meilenstein in der Gesichte der deutschen Recht­schreibung setzen. Vielleicht aber auch nicht. Dann muss ich mir wohl ein Wörterbuch kaufen.

24. 9. 2001

: Mündiger Sprecher. Theodor Ickler wurde in Weimar mit dem Deutschen Sprachpreis ausgezeichnet. junge Welt, , Feuilleton
Der Journalist Thomas Steinfeld macht in seiner Laudatio deutlich, worum es geht — um den spektakulär fehlgeschlagenen Versuch, »selbst zu gestalten, was sich selbst gestaltet«. Gemeint sind die unter dem irreführenden Begriff »Rechtschreib­reform« bekanntgewordenen Bemühungen sprachpolitischer Kleingärtner, den Wildwuchs der deutschen Sprache den eigenen rigiden Ordnungsvorstellungen gemäß zu beschneiden. […] Icklers empirisches Vorgehen repräsentiert den linguistischen Kenntnisstand unserer Tage. An die Stelle der systematischen Entmündigung der Sprachgemeinschaft tritt ein liberales Konzept von Orthographie, das der Durchsetzung per Erlaß überhaupt nicht bedürfte.

In der tat, es bedarf keines erlasses für die durchsetzung irgendeiner ortografie, wenn die siebenjährigen frei wählen können.

21. 9. 2001

: Anpassung beim Nachdrucken. Neue Rechtschreibung — Regierung will keine Denkpause. Aargauer Zeitung, , s. 19, Aargau
Der Regierungsrat bedankt sich zwar freundlich für die vom Postulanten mitgelieferte Auflistung kritischer Reaktionen. Die «medienwirksamen Wetterleuchten» seien inzwischen aber weitgehend verklungen. Man sehe deshalb «beim besten Willen» keinen Grund für eine Denkpause: «Eine solche Massnahme käme einem Bruch nationaler und internationaler Vereinbarungen gleich und ist aufgrund der politischen Tragweite auch nicht zu verantworten», wird betont.
: Deutscher Sprachpreis an Wissenschaftler Theodor Ickler. Freies Wort, , Thüringen
Ickler hatte auch Eingriffe durch die Rechtschreib­reform kritisiert.
: Vor ihm erzittern die „Reformer“. Thüringische Landeszeitung,
Es gab eine Zeit, als man sich auf Deutschlands Zeitungen noch verlassen konnte: Der Leser konnte davon ausgehen, dass die Journalisten die geltende Recht­schreibung ernst nehmen. Heute herrscht die blanke Anarchie in deutschen Redaktionsstuben, jeder schreibt, wie er denkt. […] „Jetzt hat man das Chaos, das man verhindern wollte“, sagt Ickler.

Wollten wir das alles wirklich verhindern?

19. 9. 2001

: Deutsch, deutsch. Zu: "Van Goghs Werke auf dem Rückflug" (F.A.Z. vom 4. September). Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 218, s. 64, Frankfurt
Der Artikel war schon interessant zu lesen, zumal die F.A.Z. sich nicht nach der neuen Rechtschreib­reform richtet. Aber der Verfasserin haben es scheinbar die Anglizismen sehr angetan: "blockbuster".
: Mietrecht aktuell. Wirrwarr um neue Mietrechts-Paragraphen. Lampertheimer Zeitung, Main-Rheiner, , Nachrichten aus der Region
Nun verfügen Juristen ja allgemein, wenn es nicht gerade um Auswüchse der Rechtschreib­reform geht, um eine schnelle Auffassungsgabe, aber wie sieht es beispielsweise mit dem Mieter aus, der jetzt eine Kündigung mit Nennung verschiedener notwendiger Paragraphen erhält.
Was würden Sie tun...? 23 Fragen an Bürgermeisterkandidatin Jutta Müller. Saarbrücker Zeitung, , Völklingen
Frage 1: Wem würden Sie gern mal richtig die Meinung sagen? — Jutta Müller: Den Sachverständigen, die die Rechtschreibereform ausgearbeitet haben.

18. 9. 2001

: 25 Parteien zur Wahl zugelassen. Berliner Morgenpost, , Berlin
Vertreten sind auch eine Berliner Partei für deutsche Recht­schreibung und Sprachpflege (BPR), die Partei der Arbeitslosen und Schwachen PASS und die Wählerinitiative Bürger und Kleingärtner WBK.

17. 9. 2001

: Kalenderblatt 2001: 17. September. Goslarsche Zeitung (pipeline.de), , Panorama
1999 — Der Landtag von Schleswig-Holstein beschließt einstimmig die Einführung der Rechtschreib­reform und kippt damit das Ergebnis des Volksentscheids von 1998
: Porträt der Woche. Der Geschwindschreiber. Landeszeitung für die Lüneburger Heide, , Lokalnachrichten
Klaus-Dieter Willner […] ist seit 36 Jahren Vorsitzender des Lüneburger Stenografen­vereins […]. "Das Gute ist, dass es keine Groß- und Klein­schreibung gibt. Fremdwörter so geschrieben werden wie man spricht. Und es gibt keine Inter­punktion."

Und da soll wegen ein paar winzigen änderungen «das gesamte deutsche Schrifttum von vor 1996 unbenutzbar» werden?

15. 9. 2001

: Die Heimatzeitung und ihre inneren Werte. Augsburger Allgemeine, , Neuburg
Aber es gab auch Kritik. So ist unseren Lesern sehr wohl aufgefallen, dass schnellere und schlankere Produktions­prozesse sowie die Rechtschreib­reform ihre Spuren hinter­lassen haben.
: Im Land des Kohls. Eine Geschichte von Lutz Rathenow. Berliner Zeitung, , nr. 216, 57. jg., Magazin, s. 7, Kinderseite
Der Minister für innere Unruheordnung sprach nochmals die Rechtschreib­reform an: "Majestät sollten, schon um Stärke und Macht zu beweisen, die Kleinschreibung aller Worte, außer Namen und Rang seiner Majestät, einführen." Der Minister für äußere Unruheordnung schüttelte den Kopf: "Majestät sollten endlich, als Ausdruck von Bescheidenheit, die Einführung der Großschreibung aller Worte, außer Namen und Titel Eurer Majestät, beschließen." Der eine Minister beharrte: "Majestät sollten ihre Stärke grammatisch manifestieren!" Der andere Minister bekräftigte: "Majestät sollten ihre Macht durch Zurückhaltung demonstrieren!" […] Das Problem wurde zum dreihunderteinundzwanzigsten Mal vertagt […].
: Neuwahlen in Berlin mit "Teletrabis" und der "Flut im Boot". Berliner Kurier,
"Die neuen Parteien haben große Schwierigkeiten, bis Freitag die notwendigen Unterstützungsunterschriften zu sammeln", weiß Horst Schmollinger, Sprecher des Statistischen Landesamtes. Das gelte vor allem für Exoten wie die Teletrabis, die Flut oder die BPR (Berliner Partei für deutsche Recht­schreibung).

12. 9. 2001

: Was mundet aber, stiften die Dichter. Russische Begeisterung: Die Eßkultur als Refugium der Literatur. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 212, s. 57, Stil
Eines der beliebtesten Restaurants in Moskau ist das "Café Puschkin" […], wo europäisch neutralisierte russische Küche, aristokratisch prätentiöses Personal sowie ein altväterlich wortreiches Menü in vorrevolutionärer Orthographie den Epochengeist des Nationaldichters beschwören.
: Auch die »SED« will gewählt werden. 29 Parteien meldeten sich beim Landeswahlleiter für den 21. Oktober an. Neues Deutschland,
Auch Frau Freifrau Irene von Godin wird den Parteistatus ihrer Civilisation Féminine (CiFem) nachweisen müssen. Ebenso Herr Detlef Mahn, der nach wie vor mit seiner Berliner Partei für deutsche Recht­schreibung und Sprachpflege (BPR) für das reine Deutsche streitet.

11. 9. 2001

: Mit der Orgel 1641,30 Mark für Mawanga eingespielt. Schwäbische Zeitung, , Lokales, Ulm
Und beim Pantomimen-Quiz mit dem Publikum, das sich die Fußballer für den Show-Teil ausgedacht hatten, gab es Begriffe zu raten. Tja, und dass die "Tribühne" ungelöst blieb, lag vielleicht daran, dass das "h" zuviel war. Nun ist ja nach der Rechtschreib­reform einiges möglich, aber Tribüne mit "h" ist nicht gedeckt. Zweifelnde Blicke gab"s aber schon: Stimmt"s nun oder stimmt"s nicht? Bühne schreibt man ja schließlich auch "mit".
: Das Streiflicht. Süddeutsche Zeitung, , s. 1, Nachrichten
Peter Wehle gibt in seinem […] Buch „Sprechen Sie Wienerisch? – Von Adaxl bis Zwutschkerl“ der Vermutung Raum, der Hallodri leite sich „vom stereotypen Jodleranfang holladrioh“ her. Abgesehen davon, dass der Hallodri in dem Fall Holladri heißen müsste […], ist die Erklärung etwa so schlüssig wie die volkstümliche Vermutung, der Tollpatsch sei toll und patschig, also insgesamt irgendwie unbeholfen, wo doch der Begriff, wie man seit der Rechtschreib­reform weiß, vom ungarischen Wort talpas gleich breitfüßig kommt.

10. 9. 2001

: Der Dudenverlag auf neuen Wegen. Die Gralshüter der deutschen Sprache entdecken den gesellschaftlichen und ökonomischen Wandel. Süddeutsche Zeitung, , s. 26, Wirtschaft, Buchkritik
So eine Rechtschreib­reform kommt nicht alle Tage, mag man sich beim Dudenverlag in Anbetracht der amtlicherseits geförderten Marktdurchdringung gesagt haben […]. Nach dem Wörterbuch der Szene-Sprachen […] kam in diesem Frühjahr nun der zweite Titel der neuen Produktreihe auf den Markt: Das Wörterbuch der New Economy verspricht Managern und Wirtschaftslenkern der Old Economy einen durchaus vergleichbaren Gebrauchswert.

8. 9. 2001

: Schere raus – und ran an Euro und Cent. Wie sich Kindergärten und Schulen auf die neue Währung vorbereiten. Kieler Nachrichten, , Wirtschaft
Währenddessen beklagt der Schulbuch­verband, dass noch nicht alle Schulbücher auf den Euro umgestellt sind. "Das überfordert den Schulbuchetat", sagt Beate Hinse, "normalerweise werden die Bücher alle vier bis sechs Jahre ausgetauscht. Wegen der Rechtschreib­reform sind viele Bücher aber erst im vergangenen Jahr erneuert worden. Da kann jetzt nicht wieder alles ausgetauscht werden."

6. 9. 2001

Berichtigung. die tageszeitung, , nr. 6542, s. 15, Kultur
Von "Science fction als Kritik einer in der Gegenwart angekommenen Zukunft" war gestern die Rede […] gleichsam als Vorwegnahme der nächsten Rechtschreib­reform. Alles wird kürzer, simpler, praktischer werden.

5. 9. 2001

Zwei neue Werke von Prof. Zabel. Westfälische Rundschau, , Hohenlimburg
Europaweit bekannt wurde er als Mitschöpfer der Rechtschreib­reform.
: Neue Rechtschreibung ist logisch. die tageszeitung, , nr. 6541, s. 12, LeserInnenbrief
Ich denke, dass die meisten Leute, die gegen diese Reform sind, einfach zu faul sind, sich umzustellen, und somit in Kauf nehmen, dass den kommenden Generationen das Leben schwer gemacht wird.

4. 9. 2001

Kein Geld für neue Bücher, Schüler rechnen weiter in Mark und Pfennig. Lübecker Nachrichten, LN-Online, , Lokales
Gerade erst ist die Rechtschreib­reform bewältigt, steht das nächste Problem vor der Tür: Der Euro. […] Gisela Galle vom Landeselternbeirat der Gymnasien erinnert sich: "Die Umstellung auf Euro wird ein Prozess, ähnlich dem der neuen Recht­schreibung".

3. 9. 2001

: Suche nach der "Gallerie". Im "Familienpark" weisen freundliche Helfer den Weg. Schwarzwälder Bote, , Schwarzwald-Baar-Kreis
Wegweiser zeigen einem, wo's lang geht: zur "Gallerie". Ein Werk der Rechtschreib­reform? Man weiß ja nicht mehr so recht.
: Ruhrpott-Rentner stand mit ganz viel „Wat(t)” unter Strom. Herbert Knebel und sein Affentheater begeisterten ein Jahr nach dem Triumph in Bad Berleburg am Wochenende 700 Gäste in der Dotzlarer Kulturhalle. Siegener Zeitung, , Dotzlar
„Da weiß man endlich, dass „dat” mit einem scharfen „s” geschrieben wird[,] und dann macht so ’ne Rechtschreib­reform alles wieder kaputt.”

2. 9. 2001

: Miteinander reden. Praktiker vs. Theoretiker. , , Kommentar
Wahrscheinlich wird niemand an dem Grundsatz etwas aus­zusetzen haben, daß die Recht­schreibung einer Kultur­sprache zumindest für ihre gebildeten Benutzer ohne Schwierig­keiten handhab­bar sein muß. Machen wir uns nichts vor: Das war weder vor 1996 der Fall, noch hat die Reform einen er­kennbaren Wandel gebracht. ganzer artikel

1. 9. 2001

: „Einfacher wird nichts.“ Auf die Buchbranche kommen durch den Euro einige Probleme zu – Schulbücher überarbeitet. Nürnberger Nachrichten, , Kultur
Nach der Rechtschreib­reform bedeutet die Währungsumstellung die zweite große Änderung innerhalb kurzer Zeit. „Im Vergleich zum Euro war die Rechtschreib­reform ein Klacks“, sagt Norbert Treuheit, Verlagschef von ars vivendi in Cadolzburg. […] Heiko Kistner, Geschäftsführer der Nürnberger Buchhandlung Edelmann, befürchtet für die nächsten Monate „ein mittleres Chaos“. […] „Die Rechtschreib­reform war für uns ein gutes Geschäft, weil wir viele Duden verkauft haben“, sagt Kistner, „aber die Euro-Umstellung bedeutet einfach Mehraufwand.“

9. 2001

: (Buchbesprechung:) Hanno Birken-Bertsch und Reinhard Markner: Rechtschreib­reform und Nationalsozialismus. Der Sprachdienst, , 45. jg., nr. 5, s. 202 bis 204
Die bemerkenswerte Vorgeschichte des hier anzuzeigenden Bändchens begann, als in der völlig enthemmten öffentlichen Debatte über die Recht­schreibreform einer auf eine glänzende Idee kam. Was wäre eigentlich, wenn die Nazis auch eine Rechtschreib­reform unternommen oder wenigstens versucht hätten? Müsste dieser Umstand nicht den gegenwärtigen Reformanlauf hoffnungslos diskreditieren? […] Dass derart schweres Geschütz nun sogar gegen ein demokratisch bestens legitimiertes Reförmchen aufgefahren wird, ist politisch instinktlos, weil es ein für gravierende politische Regel­verstöße benötigtes Argument verschleißt und entwertet. Das sollten Historiker wissen. […] Dass ausgerechnet die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung ihren doch immerhin noch guten Namen für diese Publikation hergibt, darf man wohl bestürzend finden.