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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 11.–12. 2002
nachgeführt , 2021-12-30
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Aus presse und internet

31. 12. 2002

: Schreib, wenn du kannst. Die Rechtschreibreform war erfolgreich – jedenfalls die von Konrad Duden vor 100 Jahren. Hannoversche Allgemeine Zeitung, (), Kultur
1880 erschien schließlich das erste „Vollständige orthographische Wörterbuch“ im Verlag des Bibliographischen Instituts Leipzig. […] Es dauerte allerdings bis zum 1. Januar 1903, bis sie im Deutschen Reich, in Österreich und der Schweiz in Kraft trat. Der Umgang mit der deutschen Sprache war schon vor einem Jahrhundert mindestens so kompliziert wie die Sprache selbst. Das zeigt sich auch heute wieder – in den Jahren der permanenten Rechtschreibreformreform seit 1995. Die Experten überbieten sich gegenseitig mit immer neuen Vorschlägen. […] Otto Normalschreiber hat die Reform längst seinem Computer-Rechtschreibprogramm überantwortet oder folgt mal dieser und mal jener Regel. […] Schriftsprachliche Veränderungen werden sowieso stärker von der Praxis als von Kommissionen bestimmt: Im Internet […] tippt jeder auf seine Tastatur ein, wie es ihm gefällt. Ganz abgesehen von verkümmerten SMS-Meldungen, die den Gymnasialrektor Duden vermutlich hätten erschauern lassen.

2002-12-30

: Warum der Duden und das Österreichische Wörterbuch nützlicher sind. Die Presse, , Kultur
Weil der kleine Wahrig aber eine "Rechtschreibung" sein will, stellt er dem Wörterverzeichnis "Grundregeln der deutschen Orthografie" voran. Auf 54 eng bedruckten Seiten wird dargestellt, wie die neue Rechtschreibung funktioniert. Verfaßt hat sie der renommierte Linguist Peter Eisenberg, ausführlich kommentierend zeigt er die Stärken und Schwächen der Reform. […] Entstanden ist ein Text von akademischen Interesse für Orthografen. […] "Wahrig. Universalwörterbuch Rechtschreibung" ist etwas für Fortgeschrittene, für aktive Freunde oder Gegner der reformierten Orthografie, für Liebhaber von Wörterbüchern, für Spezialisten.

2002-12-29

neu : Vor hundert Jahren trat die erste Rechtschreibreform in Kraft. , , Wissenschaft (489 wörter)
Der Widerstand gegen die am 1. August 1998 in Kraft getretene jüngste Rechtschreibreform hat den Geschäftsführer der zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung, Klaus Heller, nicht überrascht. Das sei auch vor hundert Jahren nicht anders gewesen, als am 1. Jänner 1903 erstmals eine einheitliche Regelung der deutschen Rechtschreibung für die Behörden im Deutschen Reich, in der Schweiz und in Österreich eingeführt wurde, so Heller.

2002-12-28

Sekt statt Glühwein. Rheinpfalz, , Speyer
Dass übrigens uns ganz neu erscheinende Lieder schon vor langer Zeit gesungen wurden, stellte jetzt unser Mitarbeiter Ferdinand Schlickel fest. Er entdeckte den folgenden Beitrag in der "Speierer Zeitung" vom 2. Januar 1903": "Amtlich wird mitgeteilt, dass die neue einheitliche Rechtschreibung vom 1. Januar 1903 ab bei allen Ausfertigungen und Veröffentlichungen amtlicher Behörden im Zivil- und Militärdienste Bayerns, namentlich in allen Amtsblättern, zur Anwendung gelangt. Für die Einführung der neuen Rechtschreibung in den deutschen Schulen wurde als Zeitpunkt der Beginn des Schuljahres 1903/1904, das ist der Herbst 1903, in Aussicht gestellt." Welches Leid sich daraus entwickeln kann, haben wir am eigenen Leib erlebt und erleben es noch.
: Äußerst amüsante Geschichtslektion. Theater-AG des Cusanus-Gymnasiums begeisterte mit der Komödie "Der Bürger als Edelmann". Saarbrücker Zeitung, , St. Wendel
Auch im Text hatte sich die Theater-AG einige Aktualisierungen einfallen lassen: Vor allem die Anspielungen auf die Rechtschreibreform beim nutzlosen Versuch des Philosophie-Lehrers, dem tumben Jourdain Sprachunterricht zu geben, ernteten einen großen Lacherfolg.
[]: Das Streiflicht. Süddeutsche Zeitung, , s. 1
Die Rechtschreibreform, ja ja! […] Wie man mittlerweile weiß, hat die gute Absicht eine Missgeburt hervorgebracht, indem nur ein Teil der Neuerungen akzeptiert und richtig angewendet wird. Der andere Teil hingegen verursacht fortzeugend ständig neue Fehler – Fehler, die es vorher überhaupt nicht gab und die man auch gerne in die Büchse der Pandora zurückstopfte, wenn man nur wüsste, wie. Saudumm, die ganze Sache, wirklich Sau dumm.
: Die müden Reformer. Einst war Hessen die blühende Spielwiese sozialdemokratischer Bildungsreformer, aber seit vier Jahren weht durch die Schulen ein anderer Wind. Süddeutsche Zeitung, , Feuilleton
Vor allem die „Rahmenrichtlinien“ von 1972, mit denen die Regierung Lernziele statt Lehrpläne festschreiben wollte, riefen erbitterte Diskussionen hervor. Literatur würde damit in den Mülleimer geworfen, befürchtete der Historiker Golo Mann […]. Andere frohlockten, dass endlich die Rechtschreibung als Repressionsinstrument verschwinden würde.
: Schon für Duden gab es Kritik. Rechtschreibung war stets umstritten. Weser-Kurier, , Politik
Der Widerstand gegen die Rechtschreib­reform in den 90er Jahren hat Klaus Heller nicht überrascht. Das sei auch vor 100 Jahren nicht anders gewesen […]. Nach Angaben der Zwischen­staatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung erscheinen mittlerweile 80 Prozent der neu verlegten Bücher in der neuen Rechtschreibung. "Jenseits aller heißen Debatten und scharfen Polemik haben vor allem nach der Umstellung der deutsch­sprachigen Presse die Leser und Schreiber erkannt, dass die Neuregelung im Schriftbild kaum Auswirkungen hat", sagt Heller.

26. 12. 2002

Kalenderblatt: Freitag 27. Dezember 2002. Thüringer Allgemeine, , Thüringen
In der Eisenacher Zeitung war vor 100 Jahren zu lesen: Nachdem zwischen den Bundes­regierungen Vereinbarungen über die Einführung einer einheitlichen Rechtschreibung getroffen worden sind, ordnen wir hiermit an, daß vom 1. Januar 1903 alle Behörden des Großherzogthums sich im amtlichen Verkehre und bei amtlichen Veröffentlichungen der neuen Rechtschreibung bedienen. Maßgebend für diese Rechtschreibung sind die im Weidmannschen Verlage Berlin erschienenen "Regeln für die deutsche Rechtschreibung nebst Wörterverzeichnis".

24. 12. 2002

: Eine Limo zu viert. Hildebrandt liest Sammy Drechsel. Stuttgarter Zeitung, , Sport
In Sammy Drechsels Jugendbuch "Elf Freunde müßt ihr sein" (der Titel wird respektvoll in alter Rechtschreibung gesetzt) ist das Damals auf jeden Fall sehr lange her, was man unter anderem an der Bagatelle merkt, dass sich vier Buben im Lokal eine einzige Zitronenlimonade teilen, während sie auf einen Freund warten; mehr ist einfach nicht drin.

23. 12. 2002

: Willkür in den Worten. Die Rechtschreibreform und das Recht. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 298, s. 8, Politik, Die Gegenwart
Wenige Lebensbereiche sind von dieser Primitivierung der Sprache so unmittelbar und einschneidend betroffen wie das Recht, die Juris­prudenz und alle juristischen Berufe. Es bleibt eine Schande für unseren Berufsstand, dieses Übel nicht früher erkannt und nicht leiden­schaftlicher bekämpft zu haben.

Der professor emeritus führt uns auf einer vollen FAZ-seite eine wahre apokalypse vor augen: Die sprache verfällt, die kultusminister verüben einen staatsstreich — und die hüter von recht und kultur schlafen. Siehe stellungnahme.

21. 12. 2002

: Wörterbuch. Bruch. Frankfurter Rundschau, , Deutschland
Die deutsche Sprache ist voller Brüche — und das nicht erst seit der Rechtschreib­reform.
: Von "Lache Bajazzo" bis "Wein nicht, Argentinien". Dirk Böttgers Theatergeschichte nach Noten. Die Presse, , Spectrum
Der Theater­wissenschaftler […] bedient sich einer angenehmen Sprache ohne jeden Schwulst und nach der alten Rechtschreibung.

19. 12. 2002

: Die Idee kam kurz vor Mitternacht. Eine Preisträgerin erzählt, wie sie 125 Euro kassierte. Saarbrücker Zeitung, , Völklingen
Mit sieben Jahren habe ich meine ersten Geschichten geschrieben. Mit der Rechtschreibung nahm ich es nicht so ganz genau, und die Themen waren auch nicht abwechslungsreich.

Aufschlussreich ist die reihenfolge.

2002-12-17

: Indigniertes Schweigen. Die Vorabveröffentlichungen des vermuteten Urteils lösten heftige politischen Diskussionen aus — nur Karlsruhe hielt still. Süddeutsche Zeitung, , Politik
In den vergangenen Jahren nahmen solche teils richtigen, teils falschen Vorab­veröffentlichungen wieder zu. Mal ging es um Überhangs­mandate, mal um Rechtschreib­reform oder Wehrpflicht.
: Was macht eigentlich ...die Morgenpost? Widerstand leisten. die tageszeitung, taz Berlin, , nr. 6932, s. 22, Berlin Aktuell
"Die Berliner Morgenpost wird an dem alten Namen Lehrter Bahnhof festhalten." Basta. Das kann sich ziehen, weiß man seit der Rückkehr der FAZ zur alten Rechtschreibung.
: Der Ulk Ulf. Thüringer Allgemeine, , Eisenach
Kabarettist Ulf Annel schwängerte leiden­schaftlich eine berauschte Zuhörerschaft. […] Und Annel fuhrwerkt gnadenlos weiter durchs Programm, lässt keine Federn an niemandem und äußert sich über die rustikale Rechtschreib­reform, die böhmische Flugente mit fünf Buchstaben, also Papst, dann die in ganz Thüringen solidarisch verstreuten Schluchten­dialekte.
: Politische Buchstaben. Glosse. Die Welt, , Kultur
Es geht um ein Gesetz, das die Duma akzeptiert hatte, gegen das aber nun die Vertreter Kareliens und Tatarstans protestieren. Es dekretiert nämlich, dass es in der russischen Föderation nur ein Alphabet geben soll: das kyrillische. […] Duma wie Föderationsrat bescherten Präsident Putin damit wieder einmal ein Problem, bei dem er nur das Gesicht verlieren kann. Unterschreibt er das Gesetz, bricht er die Verfassung. Lehnt er es ab, hat er beide Kammern brüskiert.

16. 12. 2002

: Am Wähler vorbei. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 292, s. 8, Briefe an die Herausgeber
Die Leitglosse "Eine Revision" […] weist zu Recht darauf hin, daß die Entscheidung über die Aufnahme der Türkei in die EU jetzt schon gefallen ist. […] Die Politik in Deutschland verliert in den Augen der Bevölkerung die Legitimität. Die Politik veränderte in den letzten Jahren die Sprache mit der umstrittenen Rechtschreib­reform. Die Währung wurde gegen den bekannten Mehrheits­willen verschlechtert.
: Der Mann hinter dem Ermittler. "ABC und du bist raus": Der Dudweiler Autor Axel Herzog hat seinen dritten Drei-Euro-Roman in der Tasche. Saarbrücker Zeitung, , lokalausgabe Saarbrücken
Schließlich sind es drei Lehrer des Ludwigsgymnasiums, die bei der Diskussion in der Saarbrücker Kneipe "Feuchter Ludwig" über die Rechtschreib­reform unserem Privatdetektiv die zündende Idee zum Dechiffrieren der geheimnisvollen Briefe geben.
: Der Rechtschreib-Rebell resigniert. Deutschlehrer Friedrich Denk will nicht mehr kämpfen; heute 60. Geburtstag. Süddeutsche Zeitung, Landkreisausgabe Starnberg, , s. R1, Politik (221 wörter)
Als erbitterter Gegner der Rechtschreib­reform wurde der Studiendirektor in den 90er Jahren bundesweit bekannt. […] Den Kampf für eine bessere deutsche Sprache hat er aufgegeben, denn es lohne sich nicht, „gegen Windmühlen zu kämpfen“. Voraus­gegangen waren neben der von ihm initiierten „Frankfurter Erklärung zur Rechtschreib­reform“ unzählige Anzeigen in Zeitungen und Protest­aufrufe. Mehrere 10000 Mark hat er dafür investiert.
neu : Geburtstagsgedicht für Friedrich Denk. , (350 wörter; ganzer artikel)
Bei der Feier zum 60. Geburtstag von Friedrich Denk […] trug Hans Krieger folgendes Gedicht vor: […] Der Schreib­reformer-Klüngel kriegt die Kränk, / erblickt er Sie, greift schlotternd ans Gemächt sich / und alpträumt, daß man bald mit Fug ihn henk’, / zumindest in den Orkus ihn versenk’. / Die feige Bande ängstigt ganz zu Recht sich, / denn wer die Sprache schändet, der erfrecht sich / nicht lange ungestraft: der Frevel rächt sich.

13. 12. 2002

: Macht und Ohnmacht. Appenzeller Zeitung, , nr. 291, s. 61, Leserbriefe
Die Dudenredaktion in Mannheim zeichnet verantwortlich, dass die Rechtschreibung in geordneten Bahnen ausgeübt wird. Professoren, Lehrer, Schüler und Familien sowie die ganze Deutsch sprechende Bevölkerung ist damit eingebunden. Vor wenigen Jahren setzte die Duden­redaktion Reformen in Kraft. Erst in der Anwendung wurden Unzulänglich­keiten festgestellt und als Folge regte sich Widerstand.

Oder umgekehrt: Der widerstand war schon immer da, und die kompromisse führten zu unzulänglichkeiten. – Übrigens lässt diese stimme aus dem volk erkennen, dass in der Schweiz rechtschreibung und duden synonyme sind und eine reform nicht zu einem legitimations­problem des dudens hätte führen müssen.

7. 12. 2002

: Unklare Erinnerungen an Ulm. Schwäbische Zeitung, , Ulm
In seinem Briefkasten findet Peter Härtling täglich einen dicken Stapel Kinderbriefe. Seit nunmehr 30 Jahren. Und neuerdings in der aller­neuesten Rechtschreibung.

Wer hätte das gedacht!

5. 12. 2002

: Ich muß Frau Grammatica gehorchen! Der große Betrug: Eine Münchner Diskussion zur Rechtschreibreform. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 283, s. 34, Feuilleton
In der Bayerischen Akademie der Schönen Künste diskutierten am Dienstag Literaten und Pädagogen über die neue Rechtschreibung. Den Anfang machte Reiner Kunze, der aus seiner Denk­schrift "Die Aura der Wörter" las. […] "J'accuse!" rief der Literatur­wissenschaftler und Lyriker Peter Horst Neumann und rief zur fort­dauernden öffentlichen Empörung auf. Wie kann man das Falsche betreiben, obwohl man weiß, daß es falsch ist? Der Literaturkritiker Albert von Schirnding nannte das schlicht kriminell.

Es ist schön, wenn man so genau weiss, was richtig ist und wem man gehorchen muss. Wir wissen natürlich auch, was richtig ist, aber vielleicht nicht ganz so schlicht.

2002-12-04

neu : Reiner Kunze in der Bayerischen Akademie der Schönen Künste. , (832 wörter)
Die Veranstaltung der Bayeri­schen Akademie der Schönen Künste mit Reiner Kunze, Hans Krieger, Wolfgang Illau­er, Peter Horst Neumann, Herbert Rosen­dorfer und, als Moderator, Albert von Schirnding ist vor wenigen Stunden zu Ende gegangen. Was dort statt­gefunden hat, hätte ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht vor­zustellen getraut. […] Wir dürfen uns niemals mit dieser demokratischen und intellektuel­len Bevormundung und Demütigung abfinden! Und: Es werden weitere Ver­anstaltungen dieser Art und öffentliche Ver­lautbarungen unter­schiedlichster Art folgen, die Talibane in Mannheim, Berlin und in den Kultus­behörden werden keine Ruhe finden!

28. 11. 2002

: Nur noch die kyrillische Schrift in Russland erlaubt. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 277, s. 9, Ausland
Der karelische Abgesandte sagte, dem kyrillischen Alphabet fehlten gewisse Symbole für Laute, die Bestand­teil der Sprachen von mehreren Völkern in der Föderation seien. Die Verabschiedung des Gesetzes werde autochthone Sprachen zerstören. Unangenehm ist das neue Gesetz, falls es von Präsident Putin unterzeichnet wird, vor allem für Tatarstan, wo ein Republiks­gesetz zur Umstellung auf ein modifiziertes lateinisches Alphabet bereits in Kraft getreten ist.

23. 11. 2002

: Mit dem Rheinschifferpatent das Trockendock angesteuert. Haupthafenmeister Friedrich Müßig geht in den Ruhestand. Mannheimer Morgen,
Die Schifffahrt kennt Friedrich Müßig aus dem "effeff" — und genau so schreibt er sie weiterhin: "Nach wie vor nur mit zwei f". Da ist der langjährige Chef der Hafenmeisterei im Haus Oberrhein nicht mehr umzustimmen: Die neue Recht­schreibung nimmt er — zumindest in diesem Fall — nicht ins Boot.

21. 11. 2002

: Umwegsanierung. Schulbücher und -tickets werden teurer. Neue Ruhr/Rhein Zeitung,
Die von Innenminister Fritz Behrens (SPD) geplante Staffelung nach Einkommen fällt weg […]. Behrens sagte, dass nach der Rechtschreib­reform und der Einführung des Fachs Englisch allein an den Grund­schulen der Schulbuch­bestand komplett erneuert werden müsse.
: Der lange Weg des Konsuls zur Hauptfigur. Blicke hinter die Fassade eines Jahrhundertromans: Die "Buddenbrooks" sind im Urtext und mit Kommentarband erschienen. Stuttgarter Nachrichten, , Kultur
[…] in der Fassung des Erstdrucks, der einzigen von Thomas Mann korrigierten, von der dann alle folgenden abwichen bis hin zu jüngsten Ausgaben mit dem Etikett "In neuer Rechtschreibung". […] Nun muss die Literatur­geschichte nicht gleich um­geschrieben werden, weil man uns jahrzehntelang das "Privatbüreau", die "Roccoco-Façade" und den Plural "die Bursche" vorenthielt zugunsten von "Privatbüro", "Rokoko-Fassade" und "die Burschen". Aber es wurden ja nicht nur drei, sondern hunderte solcher Details im Laufe der von Mann nicht mehr durch­gesehenen Ausgaben verschliffen. Es sind Feinheiten, die neben den im Roman beschriebenen Zeit­läuften auch jene Zeit spiegeln, in der der Text entstand. Von einigen Schreib­weisen hat sich Mann selbst noch auf dem Weg vom Entwurf zum Korrektur­abzug getrennt, etwa von "Hülfe" und dem "C" der "Consulin", aber die "Thür" fällt bei ihm, zwei Jahre vor der Reform von 1903, noch mit hohlem "h" ins Schloss, und ein Messer ist so "grifffest" wie offizieller­weise erst wieder seit der Reform von 1999. Das alles sind Farben, die nicht etwa Patina erzeugen, sondern den Text konkreter werden lassen.

20. 11. 2002

: Komm raus! Ronald M. Schernikaus Debüt von 1979 wurde im Konkret Literaturverlag neu aufgelegt. junge Welt, , Feuilleton
Als Ronald M. Schernikau sein Debüt 1979 an den »Rotbuch«-Verlag schickte, wollte die Lektorin nicht glauben, daß der Autor gerademal so alt war wie sein Protagonist, nämlich Abiturient. Zu gekonnt wirkte das alles, durchgehend ohne Absatz in Klein­schreibung verfaßt, atemlos geschrieben, zugleich aber pointiert formuliert.

19. 11. 2002

: "Leckt's mich..." Frankenpost, , Kultur
Seit 25 Jahren gibt es die bayerische Folklore-Band Schariwari. […] In der Region hört und sieht man sie immer wieder gern, wenn sie in der Vorweihnachtszeit mit dem Mystical "Bayerische Rauhnacht" tourt ("Raunacht" müsste es jetzt eigentlich heißen, das gebietet die Rechtschreib­reform).

18. 11. 2002

: Dümmer, als die Feuerwehr erlaubt. Neue Ruhr/Rhein Zeitung, , Düsseldorf
"Wir haben schon die Leistungs-Anforderungen zurückgeschraubt", sagt Heinz Engels, Sprecher der Feuerwehr. Woran die meisten Bewerber scheitern: nicht nur am Praxis-Test, sondern an Rechnen und Recht­schreibung.

15. 11. 2002

: Von Finnland was lernen? Die Rheinpfalz, , Ludwigshafen
Thelma von Freymann, früher akademische Oberrätin finnischer Herkunft am Institut für angewandte Erziehungswissenschaft und allgemeine Didaktik an der Universität Hildesheim, hielt gestern im Heinrich-Pesch-Haus einen Vortrag mit dem Thema "Was kann Deutsch­land vom Sieger Finnland lernen?" Finnland belegte nach der Pisa-Studie Platz eins, Deutschland Platz 21 unter 31 nach den Schulleistungen verglichenen Ländern. […] Es gibt eine Reihe Faktoren. Finnland hatte schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts die geringste Zahl von Analphabeten. Finn­land hat lange, kalte dunkle Winter, in denen viel gelesen wird. Die finnische Orthographie, nht die Grammatik, ist unver­gleichlich viel leichter.

14. 11. 2002

: Rosenkrieg ohne Sieger. Im „unterhaus“: Das Duo Sydow/Thomas und Stephan Krawczyk. Allgemeine Zeitung, Main-Rheiner,
Während der Eskimo allein 30 Wörter für weiß hat, schöpft Krawczyk aus 80000 Wortschöpfungen („Rechtschreib­reform“), die der runderneuerte Duden anbietet.

13. 11. 2002

: Kostprobe macht Lust auf mehr. Närrische Generalversammlung des MCV mit schwungvollem Programm. Allgemeine Zeitung, Main-Rheiner,
Ein von Jürgen Dietz im Anschluss an die Rechtschreib­reform getextetes Publikumslied fehlte ebenso wenig wie das Motto­lied "Denkmal ... drüber nach" von Karl-Heinz Werner.
: Schmerzensgeld für Penner. Thüringer Allgemeine, , Eisenach
Nein, beteuert Harry Rowohlt immer wieder. Mit dem gleich­namigen Verleger habe er nichts zu tun. […] Vor allem lebt der bekennende Gegner der Rechtschreib­reform, der nach eigenem Bekunden die Innen­räume einer Universität für ganze zweieinhalb Stunden betreten hat und nicht einmal bis zur Mensa durch­gedrungen ist, fast aus­schließlich von einer vergleichs­weise seriösen Tätigkeit, der belletristischen Über­setzung von amerikanischer Literatur ins Deutsche.

12. 11. 2002

: Der neue Präsident will Kluften überbrücken. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 263, s. 44, Feuilleton
Im Gegensatz zu seinem Vorgänger, dem Historiker Christian Meier, der der Akademie vor allem durch die Diskussion um die Rechtschreib­reform Profil zu geben vermochte, will Reichert der Institution in literarischer Hinsicht mehr Gewicht verleihen, indem er die schrift­stellernden Mitglieder, die gegenüber der eloquenten professoralen Über­macht zuletzt etwas ins Hinter­treffen geraten waren, mehr einbezieht.

11. 11. 2002

: In König Harrys Reich regiert Sprachwitz. Fürther Nachrichten, , Kultur
Schmerzlich vermisst wird seine inzwischen eingestellte Zeit-Kolumne "Pooh’s Corner", von der er drei Beispiele zum Besten gibt. Da geht es um leicht veraltete Themen wie die Atom­versuche am Mururoa-Atoll oder die Rechtschreib­reform. Rowohlt ist sowieso ein absoluter Sprachpurist.

10. 11. 2002

: Schüler scheitern. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, , nr. 45, s. 8, Politik
Zu "Deutsche Sprache — fremde Sprache" von Hans Riebsamen (27. Oktober): Alle Bemühungen um eine Steigerung der Lese­kompetenz unserer Schülerinnen und Schüler werden mit Sicherheit scheitern, solange die Kultus­minister sich nicht ent­schließen können, die unsägliche Rechtschreib­reform vollständig zurück­zunehmen.

7. 11. 2002

: Fetzen aus dem Himmelszelt. Autor und Liedermacher Stephan Krawczyk im Keller-Kunst-Keller. Allgemeine Zeitung, Main-Rheiner,
Sehr belustigt war das Publikum von einer Kurzgeschichte aus seinem neuen Buch mit dem Titel „My unfair Lady“, ein Dialog zwischen Mann und Frau über das Essen oder über die Rechtschreib­reform, dargestellt an dem Wort Kuss und was daraus geworden ist.
: Zwischenruf. Der Kreis tanzt im Kreis zwischen alter und neuer Rechtschreibung. Bergische Landeszeitung, , Bergisches Land
Gut, wir haben immer noch alle […] Probleme mit der Fantasie, dem Delfin […] und dieser duseligen Doppel-S-Regelung. […] Aber der Rheinisch-Bergische Kreis? Diese vorletzte Instanz des Staates auf der kommunalen Ebene — den juckt die staatliche Anordnung vom 1.August 1998, mit der uns allen die neue Recht­schreibung verodnet wurde, nicht die Bohne […]. Der Kreis schippert auf seiner Internet­seite zwischen "ß" und "ss" (läßt, lässt) hin und her und vergisst beim 64-Jährigen den Bindestrich. Und noch schlimmer: Im Heider'schen Heimat­kalender […] lässt er "seine" Redakteurin Ursula Schmidt-Goertz — bis auf ein paar Ausrutscher — in der alten Recht­schreibung agieren. […] Die Redakteurin schmunzelte bei der Vorstellung des Buches: Ja, sie habe die alte Recht­schreibung in die Autorenbeiträge hinein­redigiert. Der Fragesteller solle mal abwarten: In zehn Jahren sei die Phase der neuen Recht­schreibung vorbei. Und übrigens: Bedeutende deutsche Schrift­steller zeigten der neuen Rechtschreibung doch auch die kalte Schulter. Upps! Willkommen im Club der (un)toten Dichter!
: Indiskretion oder nur Spekulation? Meldungungen über das noch nicht gesprochene BVG-Urteil schaffen Unruhe. Neue Ruhr/Rhein Zeitung, , Politik
Auch in der Vergangenheit gab es gelegentlich Indiskretionen, zuletzt vor der Wehrpflicht­entscheidung im Frühjahr, davor beim Urteil zur Rechtschreib­reform 1998.

6. 11. 2002

: Da ist Fraktur in meiner Buchstabensuppe! Vom ungeliebten Entelein im Alphabet, dem ß. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 258, s. 39, Stil
In die Antiquaschrift scheint das "ß", das im romanischen Fundus nicht vorkam, aber im Deutschen erforderlich war, um 1800 als Fraktur-Anleihe gelangt zu sein. Ein Trojanisches Pferd, doch die Krieger waren müde, sie krochen nicht hervor, um die Antiqua-Traditionalisten zurück­zuschlagen. Im Gegenteil, der verbogene Sonderling lebt heute in Reservaten hinter langen Vokalen und wird möglicherweise eines Tages (wenn das Latein am Ende ist) auch dort noch wegreformiert.
: Wieso ist das Weib sächlich? Thüringische Landeszeitung, , Erfurt
Ein "flotter Dreier" ist bei Z-é do Rock was anderes als landläufig angenommen. Er meint damit die Wichtigkeit der neuen deutschen Rechtschreibung bezogen auf drei aufeinanderfolgende Konsonanten. Beispiel: Suff-Alte (eine Alte, die säuft — zwei f) und Sufffalte (eine Haut­falte, die man vom vielen Saufen bekommt — drei f).

4. 11. 2002

Rettet den Spaß! Der "Merkur" sorgt sich um die westliche Lachkultur. Stuttgarter Zeitung, , Kultur
Der "Merkur" wäre nicht Deutschlands führende Kultur­zeitschrift, wenn er sich seinem Thema nicht systematisch und historisch mit deutscher Gründlichkeit widmen würde, übrigens unbeirrt in der alten Recht­schreibung.

3. 11. 2002

: Jugendliches Gelb. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, , nr. 44, s. R3, Kultur
Interessant Rang 22: der Rechtschreib-Duden. Erstaunlich die von Käufern dieses Standardwerkes vorgenommene Bewertung: durch­schnittlich drei Sterne. Wurden Rechtschreibfehler gefunden? Mißfiel der Wortschatz? Für den Rechtschreib­reform-Kritiker Professor Theodor Ickler ("völlig neu und sehr überraschend die Groß­schreibung bei heute Früh") ist das Buch "leider unbrauchbar". Ein Stern. Eine Kundin aus St. Blasien im Schwarz­wald meint dagegen, "man kann dieses Standard­werk der deutschen Sprache nicht genug loben. Fünf Sterne sind hier fast zuwenig."

2. 11. 2002

: Die Wiedergeburt eines Klassikers. Saarbrücker Zeitung, , Saarlouis
Aus dem TV Haßloch wurde nach Fusion und Rechtschreib­reform die TSG Hassloch, derzeit Tabellen­zweiter.

11. 2002

: Gegen den Strom. Totalschaden. neue musikzeitung, , 51. jg., 11/02, Berichte
Das deutsche Feuilleton hat soeben seinen Geist aufgegeben. Es verschied nach langem Siechtum und hinterlässt nun Millionen degenerierter Leser, die mit den Stempeln „PISA“ und „Rechtschreib­reform“ bereits vorher schon deutlich in ihren Zeugnissen gekenn­zeichnet wurden. […] Dieter Bohlen auf der Frankfurter Buchmesse. Und natürlich vorher seiten­weise in der BILD-Zeitung. Und jeden Tag im TV-Boulevard bei RTL. Und nun auch noch im deutschen Feuilleton.