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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 3.–5. 2004
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Aus presse und internet

30. 5. 2004

: German language reform resisted. The Washington Times, , World (351 wörter)
A national experiment to reform the German language is close to collapse after a quiet but angry revolt by publishers, academics and teachers who say it is "barbaric" and destroying centuries of linguistic freedom. […] The president of Germany's PEN club, Johano Strasser, has called it "language rape."

29. 5. 2004

: Jeder zweite Deutsche lehnt Rechtschreibreform ab. Ostsee-Zeitung, (104 wörter)
Bei der Umfrage sprachen sich 49 Prozent der 2134 Befragten gegen die Reform aus. 1997 lag die Zahl der Gegner noch bei 70 Prozent.

27. 5. 2004

: Neuregelung der deutschen Rechtschreibung. KMK-Pressemitteilung, (366 wörter)
In der "Welt" vom 27.05.2004 wird der Vorwurf erhoben, die Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung habe einseitig Gespräche mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt beendet. Dieser Vorwurf ist nicht zutreffend.
: Joghurt oder Jogurt? Hape Kerkeling testet Sprachkenntnisse. Rheinische Post, RP Online, , Medien, TV
Hape Kerkeling war im Deutschunterricht nach seiner Einschätzung eigentlich ganz gut — bis auf Schrift und Zeichensetzung. Wie sattelfest seine Mitbürger in ihrer Mutter­sprache sind, testet der Moderator ("Die 70er Show") am Freitag um 20.15 Uhr in "Der große Deutsch-Test" auf RTL. […] Seit der Rechtschreib­reform geraten selbst "Sprachmeister" wie Schrift­steller, Lehrer oder Journalisten ins Grübeln, wenn es um die richtige Komma­setzung oder die korrekte Schreib­weise eines deutschen oder neudeutschen Wortes geht. Heißt es nun Joghurt oder Jogurt, Geografie oder Geographie, Fulltimejob oder Full-Time-Job? "Ich glaube, ich bin ziemlich gut. Manchmal bin ich aller­dings wegen der zahlreichen Reformen, die ich im Laufe meines Lebens mitgemacht habe, doch etwas verwirrt", gesteht Karasek.
: Hape Kerkeling. Interview. Stern, , s. 216, Leute
Ein Gespräch mit dem Moderator und seiner ehemaligen Deutschlehrerin Christa Hupe. […] Kerkeling: Ja. Allerdings schreibe ich grundsätzlich alles klein und finde das sehr fortschrittlich. Soweit ich weiß, haben alle unsere Nachbarländer die Kleinschreibung. Nur der Satzanfang und bestimmte Substantive werden groß geschrieben. Dass wir "Es tut mir Leid" nun mit einem großen L schreiben, ist nicht modern, sondern antiquiert. […] Hupe: Hans-Peter war der Zeit voraus und hatte damals schon ein ähnlich gestörtes Verhältnis zu dieser Normierung wie die meisten heute nach der Rechtschreibreform auch. Kreativität und Witz waren ihm wichtiger, als auf Groß- oder Kleinschreibung zu achten. Wenn man heute sieht, nach welchen Maßgaben E-Mails oder SMS geschrieben werden, ist das weit entfernt von dem, was ich euch damals beibringen sollte.
: An der Zusammenschreibung gescheitert. Rechtschreibkommission und Sprachakademie finden keinen Kompromiss. Die Welt, , Feuilleton (289 wörter)
Die Zwischenstaatliche Rechtschreibkommission in Mannheim hat die Gespräche über eine "Reform der Reform" mit der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in Darmstadt einseitig beendet. […] Auch Eisenberg bestätigte, dass es sich die Akademie nicht leicht gemacht […] habe. "Doch nach drei Gesprächen ist rausgekommen: Die wollen nicht an die Substanz ran."

Was heisst «an die Substanz ran»? Jedenfalls ist die neuregelung selbst schon ein extremer kompromiss, ebenso wie die regelung von 1901, was die probleme beider regelungen entscheidend mit verursacht. Wer will da noch einen kompromiss und noch einen? Etwa Ickler (4. 4. 2002) und Grass (28. 12. 2003)? Wir erinnern an einen rat aus der industrie, den wir vor 10 jahren im jahresbericht zitierten.

25. 5. 2004

: Kulturnotizen. PEN für alte Rechtschreibung. Neue Zürcher Zeitung, , 225. jg., nr. 119, s. 44, Feuilleton (97 wörter)
An der bisherigen Diskussion über die Reformentwicklung war der PEN als Mitglied im Beirat zur deutschen Rechtschreibung zwar beteiligt, hat es aber versäumt oder nicht vermocht, in diesem Gremium die Interessen der Literaten wirksam zu artikulieren.
: Nicht richtig, bloß akzeptabel. Rechtschreibung: Kultusminister und Akademie ohne Kompromiss. Süddeutsche Zeitung, , s. 13, Feuilleton (739 wörter)
„Die Kultusministerkonferenz wird dann im Juni 2004 über die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung beschließen.“ Mit diesem, beinahe trotzig wirkenden Satz endet das jüngste Bulletin der Konferenz. Sie sollte sich ihn trotzdem noch einmal überlegen – und vielleicht endlich mit Leuten reden, die von Sprache etwas verstehen, weil sie täglich mit ihr arbeiten: Mit den deutschen Schriftstellern zum Beispiel, erklärten Gegnern der Reform.

Der streitbare journalist sollte mal in früheren ausgaben seines blatts blättern: Süddeutsche Zeitung vom 17. 8. 2000.

24. 5. 2004

: «Bleiben Sie gelassen!» Der Bund, , s. 25, Kanton Bern (298 wörter)
Der liberale Gehalt des Vorstosses scheint uns jedoch schon etwas knapp bemessen zu sein. […] Uns ist nicht klar, welche Gämse Herrn Stalder geritten hat, jedenfalls fragt er den Regierungsrat, ob die Rechtschreibreform nicht rückgängig gemacht werden könnte, da sich diese seines Erachtens nicht durchgesetzt habe – nicht im deutschsprachigen Raum und insbesondere nicht im Kanton Bern. Ausgerechnet die Rechtschreibreform, Herr Stalder, die uns Schweizerinnen und Schweizern zuliebe am 1. August 1998 eingeführt wurde – am Nationalfeiertag! Ausserdem läuft die Übergangsfrist noch bis am 31. Juli 2005! Wenn Sie also noch Probleme haben mit der neuen Rechtschreibung, dann ist das gar nicht so schlimm. Sie haben ja noch mehr als ein Jahr Zeit, um ihre Kenntnisse zu perfektionieren.
: Hohelied auf Sprache und Brauchtum des Bairischen. Süddeutsche Zeitung, ausgabe Erding, , s. R2
Nach Veränderung strebt hingegen der einstige Lehrer für Mathematik und Physik, Max Hartl. Aus Ärger über die Rechtschreibreform hat er sich mit der bairischen Sprache beschäftigt und insbesondere mit der Schwierigkeit, diese schriftlich wiederzugeben. Sein interessanter Vorschlag: Sich an Schreibweisen in anderen Sprachen zu orientieren und so beispielsweise der unterschiedlichen Aussprache des „a“ im Bairischen durch Zusatzzeichen gerecht zu werden. Er sehe einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden des Bairischen und der Schwierigkeit der schriftlichen Darstellung, sagte Hartl.

21. 5. 2004

: Dürener Verlegerin wettert gegen «Sprachzerstörung». Aachener Zeitung, , Vermischtes (411 wörter)
«Es muss jetzt endlich einmal ein Ende sein mit dem Wahnsinn der Sprachzerstörung! Wenn selbst die Kultusminister kein Verantwortungsgefühl für das zeigen, was sie eigentlich zu schützen und zu fördern vorgeben, dann müssen wir, das Volk, uns wehren!» Harte Worte findet die Verlegerin des Dürener Stolz Verlags, Karin Pfeiffer-Stolz, in der Beurteilung der Rechtschreibreform. Was dabei allerdings erstaunt, ist die Tatsache, dass ihr Verlag als Herausgeber von Lernhilfen, Lektüren und Fachbücher für Schüler eigentlich zwingend auf die Neuschreibung festgelegt ist, um im Geschäft zu bleiben.

Aber wer hat wohl die zusammenschreibregel bei Stolz Verlag zerstört?

: Bisschen autonomer. Hessens ehemaliger Kultusminister Ludwig von Friedeburg wird 80. Süddeutsche Zeitung, , s. 16, Feuilleton
Gegen die Reformen, die Ludwig von Friedeburg während seiner Amtszeit als hessischer Kultusminister von 1969 bis 1974 in die Wege leitete, rief die damalige CDU-Opposition zum Sturm mit dem Slogan „Marx statt Rechtschreibung?“ Jetzt, da Marx und die Rechtschreibung dahin sind, kann der Jubilar, der heute seinen achtzigsten Geburtstag begeht, entspannt Rückschau halten […].

18. 5. 2004

: Leser sehen genauer, sie sind kritischer. Leipziger Volkszeitung,
Finden Sie es nicht merkwürdig, dass sich der PEN jetzt neben PISA auch noch mit der Rechtschreibreform beschäftigt, während die Welt aus den Fugen gerät? Stichwort "Irak". Johano Strasser: So ist das ja nicht. Schon auf der letzten Tagung vor einem Jahr in Schwerin habe ich ausführlich über die Militarisierung der Sprache referiert.

17. 5. 2004

: PEN verlangt Rücknahme der Rechtschreibreform. Berliner Zeitung, , s. 25, Feuilleton (71 wörter)
Auch die nach der Kritik daran vorgenommenen Anpassungen hätten zu keiner wirklichen Reform der Neuregelung geführt, heißt es in einem Antrag des Präsidiums, den die rund 150 Teilnehmer auf ihrer Jahrestagung am Sonnabend in Potsdam verabschiedeten.
: PEN-Autoren gegen Rechtschreibreform. Frankfurter Rundschau, , s. 10, Feuilleton (89 wörter)
Die deutsche Sektion des Schriftstellerverbandes PEN hat die Rücknahme der seit 1998 geltenden Rechtschreibreform gefordert.
: Friedfertig und heftig. PEN in Potsdam: Johano Strasser wiedergewählt; Reförmchen und Dreifaltigkeit diskutiert. Neues Deutschland, , Feuilleton
So wurde eine Rücknahme der Rechtschreibreform gefordert, diskutiert und — natürlich überhaupt nicht einstimmig — angenommen. Das Argument, es seien ja doch alle Messen gesungen, wird durch das mutige Festhalten der FAZ an der moderneren, der Sprache gerechter werdenden, also der herkömmlichen Regelung, entkräftet. Wenn sich weitere Medien, zum Beispiel sozialistische Tageszeitungen, diesem Beispiel anschlössen, könnte man dem Diktat der Schul- und Wörterbuchverlage begegnen. Doch jetzt ist ein Reförmchen des Reförmchens geplant — folglich winken Verlegern neue Verdienste.

15. 5. 2004

: Rücknahme der Rechtschreibreform? , (238 wörter)
Die deutsche Sektion des Schriftstellerverbandes PEN hat die Rücknahme der seit 1998 geltenden Rechtschreibreform gefordert. […] Das unzureichende Lesevermögen, das auch von der PISA-Studie offen gelegt worden sei, dürfe nicht als Vorwand dazu dienen, Texte mit dem Ziel einer angeblich besseren Verständlichkeit zu manipulieren. Als Beispiel nannte der Präsident des deutschen PEN-Zentrums, Johano Strasser, den Schweizer Gottfried Keller (1819-1890). Es wäre fatal, dessen besonderen Stil wegzuglätten.

Hier «sind Sie, mit Erlaubniß zu sagen, auf dem Holzwege. […] weil ich überhaupt mit der Interpunktion auf einem sehr kühlen Fuß stehe. […] Von Haus aus bin ich der Ansicht, daß man so schreiben soll, daß wenn alle Interpunktionszeichen verloren gingen, der Stil dennoch klar und ausdrucksvoll bliebe.» (Keller an Berthold Auerbach, 15. 9. 1860)

13. 5. 2004

: Sprachlos. Spot(t) von Mark Krümpel. Cellesche Zeitung, , Lokales
Dass wir Deutsche es mit der Sprache nicht so leicht haben, wissen wir ja. Man denke nur an die Rechtschreibreform. Es ist an der Zeit, dass wir eine Kommission einberufen, die sich mit deutscher Sprache beschäftigt. So was gibt es zwar schon, glaube ich.

5. 5. 2004

: Ein Garten im Norden. Günter Kunert blickt behaglich in den Abgrund. Neue Zürcher Zeitung, , 225. jg., nr. 103, s. 45, Feuilleton
Und er ist stolz darauf, dass sich seine Schleswig-Holsteiner gegen die Rechtschreibreform gewehrt haben, als einziges deutsches Bundesland, auch wenn die Volksabstimmung von der Regierung gekippt wurde. «Sie sind ja hier ein bisschen konservativ, was gar nicht schlecht ist.»
Heute in den Feuilletons: "Comeback der nackten Tatsachen". Spiegel Online, , Kultur
Beatrix Langner besucht Günter Kunert zu einem Werkstatt­gespräch in seinem Haus auf dem Lande bei Hamburg, wo er behaglich über die Schlechtigkeit der Welt sowie der Rechtschreib­reform plaudert […].

28. 4. 2004

neu : Vorreiter bei der Rückkehr. St. Galler Tagblatt, , s. 29 (96 wörter)
Die «Schweizer Monatshefte» kehren zur alten Rechtschreibung zurück, wie Herausgeber Robert Nef einen Bericht der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» bestätigte. […] «Wir sind fest entschlossen, das durchzuziehen.»

24. 4. 2004

: «In jeder Generation verschwinden Wörter.» (Interview mit Peter von Matt.) Basler Zeitung, , s. 67, Bildung (356 wörter)
Macht die neue Rechtschreibung Sinn oder führt sie ins Chaos? — Zur Hälfte macht sie Sinn, zur Hälfte ist sie Pfusch.
: Apropos. See-Elefant. Die Südostschweiz, ausgabe Glarus, , nr. 95, s. 2, kommentar (284 wörter)
Nur teilweise geläufig ist die Tatsache, dass es auch bei korrekter Neu-Schreibe in vielen Fällen mehrere «zulässige» Varianten gibt. Fast zu viele, wie ein Fachmann in der jüngsten Ausgabe des «Sprachspiegels», einer Zeitschrift für solche Dinge, meint. Besagter Herr Gallmann gibt denn auch seine Empfehlungen ab, wie man mit derlei Varianten fallen am zweckmässigsten umgehen solle. Er rät beispielsweise, wirklich «substanziell» zu schreiben und nicht «substantiell» […]. Mitteilen möchte ich Ihnen schliesslich noch, dass Herr Gallmann das «wackernagelsche Gesetz» dem «Wackernagel'schen Gesetz» vorzieht (wobei wir ein anderes Mal behandeln, worüber der Wackernagel überhaupt ein Gesetz erlassen hat).
: Bürgerstolz. Günter Grass und Imre Kértesz beim Budapester Buchfestival. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 96, s. 35, Feuilleton
Daß Grass, ungeachtet des Be­kenntnisses von Imre Kértesz, auch heute noch viel politischer denkt als sein ungarischer Kollege, offenbarten die unterschiedlichen Antworten der beiden Nobelpreis­träger auf die Frage, die Goethe im Jahr 1831 während eines Spaziergangs von seinem getreuen Eckermann gestellt wurde: "Was wollen Sie noch erleben?" […] Grass zitiert den Nord-Süd-Bericht Willy Brandts, der noch immer seine Gültigkeit besitze und endlich Realität werden müsse. […] Ein anderer, vergleichsweise be­scheidener Wunsch könnte womöglich schon bald in Erfüllung gehen: Grass möchte noch miterleben, daß die mißglückte Recht­schreib­reform wieder rück­gängig gemacht wird.

23. 4. 2004

: Ein 34-Kilogramm-Buch gefällig? Tag des Buches; lesen oder nicht lesen, das ist die Frage. Aargauer Zeitung, , s. 11, Kultur (460 wörter)
Selbstverständlich wird der heutige Welttag des Buches auch genutzt, um einmal mehr gegen die Recht­schreibe­reform zu protestieren. Zu den Unterzeichnern gehören die Schriftsteller Siegfried Lenz und Reiner Kunze, der Schau­spieler Manfred Krug, Alt­bundes­präsident Walter Scheel und die beiden Politiker Peter Boenisch und Klaus von Dohnanyi. Mehr Namen nennt die Schweizerische Depeschen­agentur in ihrer Meldung nicht. Nicht auszudenken, falls die Genannten die letzten sechs wären, die alt von neu zweifels­frei unter­scheiden können.
: In Kürze. Rechtschreibreform soll rückgängig gemacht werden. Die Südostschweiz, , nr. 94, s. 19, Kultur
Zum heutigen Welttag des Buches haben prominente Deutsche die Rücknahme der Recht­schreib­reform gefordert.

15. 4.2004

: Reval, Laibach, Wilna. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 88, s. 8, Briefe an die Herausgeber
Es ist kein Wunder, wie sehr sich national und international die deutsche Sprache, ganz zu schweigen von der deutschen Kultur, im Niedergang befindet. Ich kann Sie nur ermutigen, standhaft weiterhin die Sache der deutschen Sprache zu vertreten (auch die Bei­behaltung der "bisherigen" Recht­schreibung durch die F.A.Z. war und ist mehr als vor­bildlich).

8. 4. 2004

: Schach. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 84, s. 12, Deutschland und die Welt
Seit aus Abscheu vor der Rechtschreibreform orthographisch jeder tut, was er will, ist Goethe der modernste deutsche Autor geworden. Wer "Göte" schreibt, liegt gar nicht so falsch, historisch vielleicht sogar richtig. Nur sollten dialektsprechende Abiturienten nicht gerade "Göhde" zu Papier bringen.

7. 4. 2004

: Rechtschreiber. Dem Sprachwissenschaftler Theodor Ickler zum Sechzigsten. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 83, s. 37, Feuilleton (356 wörter)
Unter den zahlreichen Kämpfern gegen die unsinnige Reform läßt sich Ickler an Engagement, Kenntnisreichtum, Genauigkeit und polemischem Temperament nicht übertreffen. Unermüdlich weist er den Urhebern der Reform Fehler, gebrochene Versprechen, Halbwahrheiten, Lügen und Inkompetenz nach.

6. 4. 2004

: Einhalt. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 82, s. 8, Briefe an die Herausgeber (95 wörter)
In der Hauptüberschrift der F.A.Z. vom 26. März ist die Rede von "Reformen, die weiter gehen müssen" — weiter als was oder als bis wohin? Der Sinn kann auch schwerlich der sein, daß sie weiterhin bloß "gehen" statt etwa rennen sollten. […] meinen Sie durchaus und verfehlen hier […] weitergehen. Weitergehen sollen vor allem auch Ihre im übrigen so bewundernswerten Anstrengungen, als Reformen verkleideten Sprachnivellierungen Einhalt zu gebieten.

Die neuregelung ist diesmal nicht schuld, höchstens wegen der viel beschworenen verunsicherung. Umso glücklicher sind wir, dass sich der gescheite leser Winter durch «weiter gehen» nicht verunsichern lässt: «Sie meinen weitergehen.» Ein anderer sinn ist «schwerlich» möglich. Vielen dank für den beweis, dass sich künstliche ortografische differenzierungen nur aus sich selbst begründen!

4. 4. 2004

: Punkt für Punkt. Sonntagsblick, , nr. 14, s. M2, Mode eine runde Sache
I] Interpunktion. Komma und Semikolon richtig zu setzen, haben die Bewohner des deutschen Sprachraums seit der Rechtschreibereform 1996 weit gehend verlernt. Meist trennen sie ihre Sätze so, wie es ihnen passt. Fast wie in Grossbritannien; dort gab es noch nie allgemeine Regeln für den Umgang mit den kleinsten aller Buchstaben.

3. 4. 2004

: Spitzer Griffel. Zettelkasten. Darmstädter Echo, , Kultur
„Motorrad-Rocker“ ist für das ZDF wohl der Inbegriff des zweifelhaften Benehmens. Und was kann es für einen wilden Mann in Lederkluft Peinlicheres geben, als im Restaurant den Château Margaux aus dem falschen Glas zu trinken? Nun, noch schlimmer wäre es wahrscheinlich, wenn er das Wort Theater ohne h oder Schifffahrtsmuseum mit der falschen Anzahl von f schriebe. Deshalb lässt der Bildungskanal Sat 1 demnächst Barbara Eligmann als Oberlehrerin antreten in einem Ratespiel zur Rechtschreibung. Dass dieses Thema so populär werden würde, ist eine Überraschung und nur durch den Streit um die Rechtschreibreform zu erklären. Vielleicht war das ja der Trick der Kultusminister. Und wenn die Begeisterung wächst, könnte es ja Rechtschreib-Ligen geben, ähnlich wie beim Fußball, mit spannenden Duellen in großen Hörsälen, SG Orthografie gegen Eintracht Spitzer Griffel.

1. 4. 2004

: Standardvariation als Verwirrungsinstrument. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 78, s. 36, Briefe an die Herausgeber (368 wörter)
Während die schriftsprachlichen Kompetenzen, aber auch die Fähigkeiten zu mündlichem Ausdruck bei vielen Kindern und Jugendlichen immer weiter abnehmen, während studentische Haus- und Examensarbeiten immer unlesbarer werden, lautet die Botschaft aus Mannheim wieder einmal: die deutsche Sprache vertrage eine ganze Menge an Variationen; man solle die Variationsbreite nicht kritisch betrachten; ein normierender Eingriff von außen sei abzulehnen; das sprachliche Ökonomieprinzip werde die Orthographie schon vereinheitlichen; "sauberes Schriftdeutsch" sei kein Maßstab mehr; die Standardsprache sei heute vielmehr eine von Jugend-, Medien- und Computersprachen mitgeprägte gesprochene Sprache.
: Für Bildung hat die öffentliche Hand nicht viel übrig. Frankfurter Rundschau, , s. 2, Thema des Tages
Auch Deutschlands Schulen würde ein Schwung an Neuauflagen von Unterrichtswerken nicht schaden, die endlich der Rechtschreibreform genügen, in Euro rechnen und neue Grenzen in Europa abbilden.

4. 2004

: Varianz in der Rechtschreibung. Sprachspiegel, , 60. jg., nr. 2, s. 38 bis 47 (2813 wörter)
Der Neuregelung ist vorgeworfen worden, in einigen Bereichen zu viel, in anderen hingegen zu wenig Varianz vorzusehen. […] Es gibt unterschiedliche Arten orthografischer Varianz. […] Varianz, die ihre Grundlage im Sprachsystem oder in der Sprachentwicklung hat, lässt sich nicht vermeiden und kann meist auch nicht durch Konventionen zum Verschwinden gebracht werden. Unvermeidbar in einem Regelwerk, das sich primär an die Schule und an die Verwaltung richtet, sind ferner Varianzen, die mit der Komplexität mancher Sachbereiche zusammenhängen. Eine eindeutige, sachgemässe Regelung wäre in solchen Bereichen zwar möglich, ihre Beherrschung wäre aber mit einem unvertretbar hohen Lernaufwand verbunden. In solchen Bereichen sind Konventionen meist zu willkürlich, so dass der Ausweg nur in der Zulassung mehrerer Schreibungen liegen kann. Anders liegt der Fall bei Varianzen, denen Konzessionen an die Tradition oder an uneinheitliche Auffassungen in der Wissenschaft zugrunde liegen. Hier kann die Varianz mittelfristig zugunsten der jeweils systematischeren Schreibungen abgebaut werden.
: Fast schon ein Oldie: Protest gegen die neue Rechtschreibung. Sprachspiegel, , 60. jg., nr. 2, s. 68, Chronik (159 wörter)
Diesmal sind es Juristen, die gegen die neue Rechtschreibung ins Feld ziehen, und zwar gewichtige: 50 Professoren der Jurisprudenz fordern in einer Petition die «sofortige Beendigung des Projekts Rechtschreibreform». […] Die Schüler, die mittlerweile während fünf Jahren in die neue Rechtschreibung eingefuchst worden sind — die ihnen so selbstverständlich ist wie den Professoren offenbar die alte —, würden es diesen freilich wohl nicht zu danken wissen.

15. 3. 2004

: Keine Angst vor cool! Warum die Sprache sich ständig wandelt. Hamburger Abendblatt, , Aus aller Welt
Während uns eine Staatskommission die richtige Rechtschreibung vorschreiben will, bleiben ähnliche Versuche beim Umgangsdeutsch schnell auf der Strecke.

13. 3. 2004

: Letzte Fragen. Warum zahlen viele jetzt selbst 4-Euro-Beträge mit EC-Karte? Tageszeitung, , s. ROM8, Tazmag
Weil die Euromünzen so wahnsinnig schwer sind und die Hosentaschen vom schweren Portemonnaie (bitte im Falle des Abdrucks diese Schreibweise beibehalten, die Verhunzung dieses Wortes durch die Rechtschreibreform dulde ich nicht!!! Danke!) ausbeulen.

12. 3. 2004

: Straße und Strasse. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 61, s. 11, Briefe an die Herausgeber (212 wörter)
Es ist erfreulich, zu wissen, daß da noch jemand gegen diesen Wahnsinn Stellung bezieht. Aber bitte werden Sie nun nicht schwach, ein erstes Nachgeben meine ich Ihrer Leitglosse "Späte Erkenntnis" (F.A.Z. vom 6. März) zu entnehmen, die meint, sich auf die Neuregelung der ss/ß-Schreibung einlassen zu können. […] Die alte Regel war so unendlich viel einfacher, als es die neue ist […].

11. 3. 2004

: Wieviel Standard muß sein? Sprachliche Variationen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 60, s. 12, Deutschland und die Welt (761 wörter)
Wieviel Variation verträgt die deutsche Sprache, wenn noch mit gutem Grund von Standardsprache die Rede sein soll? Die Frage hat das Mannheimer Institut für Deutsche Sprache (IDS) bei seiner 40. Jahrestagung beschäftigt, die an diesem Donnerstag zu Ende geht. […] Weitgehend unbeachtet blieb die Orthographie, obwohl die mit deren Reform eingeführten Varianten den Schreibstandard stark beeinflussen. Der Vizedirektor des IDS, Werner Kallmeyer, begründet dies damit, daß über die Rechtschreibreform in der Öffentlichkeit genügend diskutiert würde; folglich könne man andere Aspekte behandeln, die "viel interessanter" seien. Dem Leiter der Duden-Redaktion, Matthias Wermke, wollte dieser Verzicht nicht ganz einleuchtend erscheinen, was wohl nicht allein der Perspektive des Lexikographen geschuldet ist, der solchen Varianten naturgemäß viel Aufmerksamkeit zu schenken hat. Wermke gab sich zuversichtlich: Das "sprachliche Ökonomieprinzip" werde dafür sorgen, daß sich auf Dauer die Vielfalt an Schreibweisen auf eine praktikable Menge reduziert.

10. 3. 2004

: "Immer wieder muss man dieselben Debatten führen." Leipziger Volkszeitung,
Die 1617 gegründete Fruchtbringende Gesellschaft leistete frühe Lobbyarbeit für Sprache, Kultur und Wissenschaften. […] In der Fruchtbringenden Gesellschaft gab es darüber eine angeregte Diskussion. Einige Mitglieder vertraten die These, dass man sich bei der Schreibweise nach der Herkunft des Wortes richten solle. Fürst Ludwig hat sich bis zu seinem Tode gegen diese Ansicht gewandt. Der Gebrauch — das was den Leuten vertraut ist — müsse das Regulativ sein. Er war nicht gegen Vereinfachung der Rechtschreibung, aber er wäre ganz scharf demjenigen entgegengetreten, der "Stengel" — so wie jetzt verlangt — mit "ä" hätte schreiben wollen. Diese Geschichtsvergessenheit ist so häufig in Deutschland anzutreffen. Immer wieder muss man dieselben Debatten noch einmal führen.

8. 3. 2004

: Gebremste Reformer. Neue Zürcher Zeitung, , 225. jg., nr. 56, s. 21, Feuilleton (110 wörter)
Ob der geballte Protest der jüngsten Zeit dazu geführt hat? Die Kultusminister­konferenz (KMK) in Bonn ist den Empfehlungen ihrer Amtschefs nicht gefolgt und hat den 4. Bericht der Zwischen­staatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung überraschender­weise nicht ver­abschiedet.

2004-03-06

neu : Krieg und Nation. Die Urfassung von Tolstois Epos – erstmals auf Deutsch. Neue Zürcher Zeitung, , s. 69, Literatur und Kunst, Buchkritik (1459 wörter)
In der Urfassung stellt die Opposition «Krieg» – «Frieden» noch nicht die dominante Konzeption dar. Das russische Wort «mir» weist nämlich grundsätzlich zwei Bedeutungen auf: «Frieden» und «Gemeinschaft», näherhin «nationale Gemeinschaft». In der heutigen Orthographie werden die beiden Bedeutungen nicht mehr unterschieden; vor der Rechtschreibreform des Jahres 1918 schrieb man jedoch «mir» – «Gemeinschaft» mit dem kyrillischen Buchstaben «i». Interessant ist nun, dass Tolstoi im März 1867, also kurz nach Abschluss der Urfassung, seinem Werk mit der entsprechenden Orthographie von «mir» einen Titel gab, den man mit «Krieg und Nation» übersetzen könnte.
: Kultusminister zweifeln an der Rechtschreibreform. Schavan: Gesellschaftliche Akzeptanz berücksichtigen; "Nuancenreichtum der Sprache erhalten". Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 56, s. 1f. (860 wörter)
Die Konferenz der Kultusminister (KMK) hat in Berlin den vierten Bericht der Zwischenstaatlichen Kommission zur Rechtschreib­reform nicht verabschiedet. […] Statt dessen haben die baden-württembergische Kultus­ministerin Schavan (CDU) und der brandenburgische Kultusminister Reiche (SPD) ein Gespräch mit Vertretern der Zwischenstaatlichen Kommission und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung geführt […]. Es habe sich gezeigt, daß der Bericht der Kommission auch einige Reform­vorschläge der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung aufnehme. […] Ganz unbegründet, so geben selbst die Reformgegner zu, war die Kritik der Zwischen­staatlichen Kommission an der Akademie nicht. Auch ist nach der Berliner Konferenz nicht mehr die Rede davon, der Zwischen­staatlichen Kommission künftig die alleinige Entscheidungs­gewalt über Neuerungen zuzubilligen.
: Späte Erkenntnis. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 56, s. 1, Kommentar (289 wörter)
[…] ist den Kultusministern doch noch klargeworden, daß ein solches Reformwerk nicht einfach gegen den Willen der sprachbewußten Öffentlichkeit erzwungen werden kann. […] Daß zumindest einige von ihnen heute einsehen, daß die angebliche Schreib­vereinfachung unzählige Nuancen und Präzisierungen der deutschen Sprache zu beseitigen droht und das Verstehen von Texten erschwert, wenn nicht unmöglich macht, ist ein Erkenntnis­fortschritt, den es zu würdigen gilt. […] Die Zwischen­staatliche Kommission und die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, die einen Kompromiß­vorschlag unterbreitet hat, der von Sprach­wissenschaftlern und auch von der Kommission vernichtend kritisiert wurde, nun mit der Rettung der verfahrenen Lage zu beauftragen hieße allerdings, die Böcke zu Gärtnern zu machen.

4. 3. 2004

: Übrigens. Schwer wiegend. Basler Zeitung, , nr. 54, s. 2, Zweite (187 wörter)
Wer Recht spricht, braucht auch die richtige Rechtschreibung dazu. Deshalb fordern 50 Professoren, in der Mehrheit Juristen, jetzt die Rückkehr zur alten Rechtschreibung. […] Denn die Rechtschreib­reform weise «schwer wiegende Mängel» auf, klagen die Rechts­gelehrten laut der Schweizerischen Depeschen­agentur. […] Schwerwiegend oder schwer wiegend — was ist besser und damit richtiger? Der Frage lässt sich ausweichen, etwa einfach mit «schwer».