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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 10.–12. 2004
nachgeführt , 2019-12-10
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Aus presse und internet

31. 12. 2004

: Agenda 2005. 1. August: Herumdoktern an der Reform. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 306, s. 6, Politik (278 wörter)
Zum 1. August 2005 soll die Rechtschreib­reform endgültig in Kraft treten. […] Die Frage ist allerdings, ob es den Deutschlehrern gelingt, sich durch das Dickicht des Regelwerks zu kämpfen.
: Die Reform der Reform der Rechtschreibreform. Süddeutsche Zeitung, , s. 19, Dokumentation (190 wörter)
Hinauslaufen wird all dieses Gezerre um eine Reform, die von vornherein überflüssig war, wohl darauf, dass weiterhin „dass“ geschrieben wird, aber ansonsten allmählich die alten Zustände wiederkehren.
: 2004: Im Tal des Jammers. Warum dieses Jahr so depressiv war. Süddeutsche Zeitung, , s. 24, Feuilleton (617 wörter)
Womöglich kann sich Deutschland nur deshalb so unendlich leidtun, weil es das Leid fast nur aus den Fernsehnachrichten und aus sicherer Entfernung kennt. Nur ein Land wie Deutschland konnte Netzadressen wie jammern.de oder deutscherfrust.de hervorbringen. Und nur das deutsche Jammerjahr 2004, der Höhepunkt unserer „Krise“, vermochte Sätze wie den des Kulturkritikers Marcel Reich-Ranicki zu erzeugen: „Rechtschreib­reform? Ein großes Unheil. Eine nationale Katastrophe.“ […] Kommaregeln, Wettkampfzeiten, Klamottenkauf: Wir sorgen uns darum, wir erleben Desaster darin, wir erleiden nationale Katastrophen dadurch.
: 2005: Es wird toll. Süddeutsche Zeitung, , s. 25, Feuilleton (196 wörter)
2004 war das Jahr des Jammers, der Pleiten, des Pechs und der Pannen – gewidmet der Depression: Karstadt-Krise, Opel-Katastrophe, Rechtschreib­reform-Desaster, Pisa-Schock, EM-Debakel . . . Es ist nun aber so mit der Jammerei, dass einem auch die traurigste Traurigkeit und das vollendetste Versagen irgendwann auf die Nerven gehen. Weshalb man allmählich anfängt, positiv zu denken. […] Die Rechtschreib­reform wird sich noch als wahrer Segen und Toll Collect als ewiger Quell der Freude erweisen.

30. 12. 2004

: Aber leider zu spät. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 305, s. 12, Briefe an die Herausgeber (318 wörter)
Was zur Zeit in Sachen Türkei-EU-Beitritt abläuft, erinnert mich stark an die Debatte um die Rechtschreib­reform. Da bringt die F.A.Z. jede Menge Beiträge, bei deren Lektüre man aus dem Kopfnicken gar nicht mehr herauskommt; die Mehrheit der Bevölkerung ist gegen einen Beitritt; Fachleute warnen eindringlich — nützen wird das alles gar nichts.
Rückblick 2004: von »Arschgeweih« bis »zeitnah«. SZ-Magazin, , s. 4, Magazin
Rückname, die (eigtl.: Rücknahme, die). Falsch geschriebenes Wort im Editorial des »Spiegel«-Chefredakteurs Stefan Aust vom 9. August, in dem er ankündigte, gemeinsam mit den Publikationen des Axel-Springer-Verlags zur alten Rechtschreibung zurückzukehren, und die "R. der bürokratischen Zwangsschreibe" forderte. Dessen ungeachtet beschlossen die deutschen Ministerpräsidenten zwei Monate später, die umstrittene Rechtschreib­reform nach Ende der siebenjährigen Übergangszeit zum 1.8.2005 in Kraft treten zu lassen.

29. 12. 2004

: Wie Nessie aus dem Loch. Nachrichten aus dem Sommerloch: Wie Niedersachsens Ministerpräsident Wulff mit seiner Kritik an der Rechtschreib­reform die üblichen Verdächtigen alarmierte - und bauchlandete. taz Nord, , nr. 7551, s. 24, Nord Aktuell
Und so schreiben heute die Bild, die Braunschweiger Stadtverwaltung und die CDU-Fraktion im niedersächsischen Landtag wieder wie dunnemals - und keinen kümmert's. Warum? Weil sich niemand von irgendwelchen Politikern oder Boulevardzeitungen vorschreiben lassen will, wie er "Schifffahrt" buchstabiert. […] "Ketschup" oder "Restorant" dürften wieder aus dem Duden gekickt werden […].

«Restorant» müsste man aber erst in den duden hineinkicken.

28. 12. 2004

: Es war ein schönes Jahr. Was kam, was ging, was geht: Das Medienjahr 2004 von Aldi bis Zeitungsfusion. die tageszeitung, , nr. 7550, s. 10, Flimmern und Rauschen
Rechtschreib­reform: wurde insbesondere von der Bild-Zeitung ebenso erbarmungs- wie erfolglos boykottiert.

23. 12. 2004

: Die Bildung als Geisel der Politik. Durch das Scheitern der Föderalismuskommission gerät die Reform nach Pisa in Gefahr. Berliner Zeitung, , Meinung
Aber wie anfällig die KMK ist, hat man letztes Jahr gesehen, als Niedersachsen plötzlich seinen Ausstieg aus dem Gremium ankündigte - ein Profilierungsversuch seines CDU-Ministerpräsidenten. Immer wieder funken Ministerpräsidenten dazwischen, wenn ihre Kultusminister bereits abgestimmt haben - so wie auch im Sommer bei der Rechtschreib­reform.
: Kleinstaaterei. Frankfurter Rundschau, , s. 8, Rund-Schau, Leserbriefe (171 wörter)
Unsere sog. "Volksvertreter" haben nach sechsjährigem Gezerre um die Föderalismusreform erneut bewiesen (siehe Rechtschreib­reform!), dass sie inzwischen völlig unfähig geworden sind, zwischen Länder-Egoismen und nationalen Notwendigkeiten zu unterscheiden.

22. 12. 2004

: Formschön. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 299, s. 8, Briefe an die Herausgeber (169 wörter)
Den Kampf Ihrer Zeitung gegen die Rechtschreib­reform und die Rückkehr zur bewährten Rechtschreibung haben wir bewundert und dankbar zur Kenntnis genommen. Eine tägliche Freude waren die Über­schriften Ihrer Kommentare in der formschönen Fraktur­schrift. Bis auf wenige Ausnahmen wurde dabei das Lang-s richtig verwendet. Zu unserem großen Bedauern hat sich die Redaktion jetzt ent­schlossen, nur noch das Rund-s zu verwenden.
: Fraktur-Leseverständnis. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 299, s. 8, Briefe an die Herausgeber (78 wörter)
Wer Fraktur richtig schreiben will, muß sich damit Mühe geben, erleichtert aber das Leseverständnis in ähnlicher Weise wie mit der herkömmlichen Rechtschreibung […].
: Antiqua richtig. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 299, s. 8, Briefe an die Herausgeber (79 wörter)
Die klare Haltung, die Ihre Zeitung in der Frage der Rechtschreibung auszeichnet, sollte auch im Schriftsatz gewahrt werden. […] lieber Antiqua richtig als Fraktur falsch.
: Der stets die anderen alt aussehen lässt. Sein neuester Coup: Mit dem Rückzug aus der Anderen Bibliothek bleibt Hans Magnus Enzensberger sich selbst treu. die tageszeitung, , nr. 7546, s. 12, Meinung und Diskussion
Seltsam allerdings, dass sich in seinem Denken zuletzt eher wertkonservative Züge zeigt. […] Und ganz und gar nicht elegant waren seine Einlassungen in Sachen Rechtschreib­reform; statt mit dem Florett zuzustechen, hat er mit dem Holzhammer zugehackt.

20. 12. 2004

: Rechtschreibreform zwischen Markt- und Staatsversagen. Basler Zeitung, , 162. jg., nr. 298, s. 9, Wirtschaft (689 wörter)
Das Gezänke darum, wie man richtig schreibt, ist Mitte der 1990er Jahre ohne Not von Bürokraten und Technokraten angezettelt worden. Sie glaubten, dass sie von oben verordnen können, wie ihre Untertanen in der Schule oder im Schriftverkehr mit der Obrigkeit zu schreiben haben. […] Oft ist es besser, der Staat mischt sich nicht in private Angelegenheiten ein, die ihn nichts angehen.

In der tat, das ist «Gezänke». — Es ist sogar immer besser, der staat mischt sich nicht in private angelegenheiten ein, die ihn nichts angehen. Aber wer hat vor 1996 verordnet, wie in der obligatorischen schule geschrieben wird?

: Anschreiben dagegen. Die Vertreibung der Reform aus dem Paradies. St. Galler Tagblatt, , nr. 298, s. 16, Sachbücher (264 wörter)
«Im Wundergarten der Sprache» heisst die Festschrift für Reiner Kunze, der als Gegner der Rechtschreib­reform geehrt wird. Schon im Untertitel «Beiträge gegen die Rechtschreib­reform» wird der Paradiesgarten prosaisch, und von der Subtilität eines Reiner Kunze ist im Vorwort nichts mehr zu spüren. Von «Ungeschick und Tölpeltum», von «Missgeburt» spricht Herausgeber Stefan Stirnemann. […] Mit der Bibel als Referenz ist Orthographie zur Frage des Heils geworden. Hoch gegriffen.
: Keineswegs politikfern. Der Rechtschreib-Rat hat sich konstituiert. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 297, s. 20, Feuilleton (286 wörter)
Auf deutscher Seite verzichteten stark angefeindete Reformer aus der alten Kommission darauf, sich erneut berufen zu lassen; hingegen sind die vorigen österreichischen und Schweizer Vertreter auch jetzt wieder dabei. Zu den neuen Gesichtern der Schweizer Abordnung gehört der Chefkorrektor der NZZ, Stephan Dové, der vom hiesigen Zeitungs- und Zeitschriftenverlegerverband nominiert worden war. […] Irreführend ist die Aussage der Präsidentin der deutschen Kultusministerkonferenz, die Weiterentwicklung der Schreibregeln geschehe «nunmehr in einem politikfernen Prozess». Wie seine Vorgängerin, die Zwischenstaatliche Kommission für deutsche Rechtschreibung, steht auch der neue Rat in der Pflicht, für Änderungen am Regelwerk den Segen der Politik einzuholen.
: Unterm Rad der Planierraupe. Die deutschen Universitäten leiden unter den Bologna-Reformen. Süddeutsche Zeitung, , s. 16, Feuilleton
Nach dem Desaster der Rechtschreib­reform hat sich die regierende Ahnungslosigkeit in Bund und Ländern wieder einmal von putschistischen selbsternannten „Reformern“ über den Tisch ziehen lassen.

18. 12. 2004

: Reformer der Reform. Berliner Zeitung, , Politik (366 wörter)
Es ist zu bezweifeln, dass es tatsächlich bis zum 1. August 2005 - dem Tag des Inkrafttretens - zu einem Konsens zwischen den Reformern und ihren erbitterten Gegnern kommt. Doch Zehetmair scheint es ernst zu sein mit dem Versuch, "die deutschsprachigen Menschen mit der Rechtschreibung zu versöhnen". Was die nötigen Korrekturen betrifft, hat er sofort Vorschläge parat.

Letzteres war zu befürchten. — An der aufgabe, «die deutschsprachigen Menschen mit der Rechtschreibung zu versöhnen», ist schon Konrad Duden gescheitert.

: Zur Person. Hans Zehetmair. Frankfurter Rundschau, , s. 4, Politik (100 wörter)
Der designierte Vorsitzende des Rates für deutsche Rechtschreibung glaubt an einen Erfolg des Gremiums. […] Er sei da guter Dinge.
: Vor und zurück. Neues Deutschland, , Meinung (193 wörter)
Es muss eine Übereinkunft gefunden werden. Höchste Zeit oder fast schon zu spät. Aus Verwirrung ist nämlich vielfach schon Beliebigkeit geworden. Wenn Lehrer so schreiben und Literaten anders, wenn nicht mal Zeitungen einig sind, fehlt dem einzelnen jede Norm.

Wir erinnern uns: In vielem war die DDR, der die zeitung entstammt, kleinbürgerlich und konservativ.

: Reform der Reform. Der Rat für Rechtschreibung tagt zum ersten Mal. Süddeutsche Zeitung, , s. 14, Feuilleton (341 wörter)
Der Rat ersetzt die zwischenstaatliche Kommission, welche im Auftrag der KMK die Reform vorangetrieben hatte. Während in der Kommission allerdings vor allem Sprachwissenschaftler saßen, sind im Rat auch Praktiker vertreten, etwa Zeitungsverleger, Lehrergewerkschaften, Elternvertreter und Buchverlage.
: So sehen Sieger aus. Das Anti-Weichei-Verfahren: Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff hat sich durchgesetzt. taz Nord, , nr. 7543 s. 32, Nord Aktuell
Die Rechtschreib­reform wollte Wulff zurücknehmen lassen: hat nicht geklappt. […] Nun haben die Ministerpräsidenten beschlossen, die Personalkosten des Sekretariats um "weitere 20 Prozent" zu senken. […] Ein Stellungnahme des betroffenen Sekretariats der Kultusministerkonferenz war bis Redaktionsschluss nicht zu erhalten. […] dort hieß es, dass die zuständigen Herren nicht erreichbar seien. Sie weilten in Mannheim bei der "konstituierenden Sitzung für den Rat der deutschen Rechtschreibung".

17. 12. 2004

: Erstes Treffen des Rats für deutsche Rechtschreibung. Basler Zeitung, (256 wörter)
Über die deutsche Rechtschreibung wacht seit Freitag eine neue Expertengruppe.
: Die letzte Chance. Was der Rat für Rechtschreibung tun muß. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 295, s. 33, Feuilleton (1155 wörter)
Was kann der Rat in dieser Lage tun, um seine Aufgabe zu erfüllen? […] Die erste Alternative nenne ich die KMK-Lösung […]: Die Rechtschreib­reform ist beschlossene Sache, daran wird grundsätzlich nicht gerüttelt. Es darf nur "Präzisierungen" oder "Anpassungen" geben, allenfalls kleinere Änderungen am Regelwerk. […] Das Schisma der deutschen Rechtschreibung würde damit verfestigt. Die zweite kurzfristige Lösung ist dazu völlig konträr. Ich nenne sie die Akademie-Lösung […]: Beibehaltung der neuen ss-Schreibung als das Erkennungszeichen der Reformwilligkeit, aber Streichung fast aller inkriminierten sogenannten Neuregelungen: in der Getrennt- und Zusammenschreibung, der Groß- und Kleinschreibung, der Zeichensetzung, der Fremdwortschreibung, der Stammschreibung, der Silbentrennung. Das ist gar nicht schwer, da im wesentlichen die seit hundert Jahren gültige Einheitsschreibung wiederhergestellt würde. […] Die dritte Lösung ist nur mit einer Verlängerung der Übergangszeit, einem Moratorium, realisierbar. Ich nenne dies die Reform der Reform. Alles müßte auf den Prüfstand, jede Regelung müßte auf ihre Auswirkungen im Gesamtwortschatz, auf die deutsche Grammatik, die Praxis der Schule, der Buch- und Zeitungsverlage, der elektronischen Medien überprüft werden. Alles, was in der bisherigen Reformgeschichte versäumt oder falsch gemacht wurde, wäre nachzuholen. Eine langwierige Aufgabe.

15. 12. 2004

: Wortführer, die. dieStandard.at, , Meinung, Kommentar (402 wörter)
Acht Experten und eine Expertin sind in der österreichischen Delegation für den Rat vertreten. Das ist mager.
: "Staatsfunker" Wulff. SPD greift Niedersachsens Ministerpräsident an wegen seiner Drohung, den NDR-Staatsvertrag zu kündigen. taz Nord, , nr. 7540, s. 24, Nord Aktuell
In der vergangenen Woche hatte der auf Kündigungen spezialisierte Ministerpräsident (siehe Kultusministerkonferenz und Rechtschreib­reform) mal wieder Schlagzeilen gemacht: Der NDR berichte zu wenig über Niedersachsen.

13. 12. 2004

: Strauss und Strauß geben sich die Ehre. Aachener Zeitung,
Strauss, Strauß, Straus: Die Rechtschreib­reform schafft keine Hilfe beim Namens­wirrwarr der musikalischen «Sträuße» aus Bayern und Wien.
: Leserfreundlich. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 291, s. 7, Briefe an die Herausgeber (176 wörter)
Die entsprechende Regel lautet nämlich nicht, wie man der Sprach­gemeinschaft weis­machen will: Nach kurzem Vokal schreibt man Doppel-s. Bitte: küsste-Küste, isst-ist, Bus-Kuss, bis-biss, das-dass und so weiter. Ver­schwiegen wird die notwendige Ein­schränkung: wenn das Wort früher mit ß geschrieben wurde. Das muß man also lernen und wissen, und wenn man es weiß, kann man auch gleich leser­freundlich ß schreiben.

8. 12. 2004

: Ein Durchbruch bei der Spracherkennung. Dragon Naturally Speaking 8. , , Computer & Technik
Angesichts der enormen Komplexität der Sprache und der großen Variabilität des gesprochenen Wortes mutet es schon fast wie ein Wunder an, wenn der PC ein Diktat unter Berück­sichtigung von Syntax, Semantik und Grammatik mehr oder weniger fehler­frei in geschriebenen Text umsetzt. […] Mit etwas Training erreicht man mit der neuen Dragon-Software schnell eine Erkennungsrate von 95 Prozent, mit viel zusätzlichem Aufwand nähert man sich der 99-Prozent-Marke. […] Die neue Version braucht einen leistungsstarken Rechner: ein Pentium 4 mit mehr als 3 Gigahertz […] sollte es schon sein. Ein weiterer Nachteil von Version 8: Die alte deutsche Recht­schreibung wird nicht mehr unterstützt. Während allein ein halbes Dutzend englischer Dialekte (unter anderem "indisches Englisch") in der Scansoft-Software berück­sichtigt werden, stellt man sich bei der deutschen Version gegen die Schreib­gewohnheiten der großen Mehrheit der Bevölkerung: eine un­verständliche Entscheidung von Scansoft. Schade eigentlich, daß es bei dieser wichtigen Zukunfts­technik keinen Mitbewerber gibt.

Zukunft ist eben zukunft. Die konservativen rentner mit einem 3-GHz-pc werden wohl ein zu kleines marktpotenzial sein.

7. 12. 2004

: Zeitschleife. Frankfurter Rundschau, , s. 23, FRplus, Wissen & Bildung
Unser Universum wäre demnach aus einem schon bestehenden, so genannten bizarren Quanten-Vakuum entstanden. […] Aus dem bizarren Quanten-Vakuum könnten weitere Universen entspringen oder schon entsprungen sein — sie würden damit auch unsere umstrittene Rechtschreib­reform mit einem bislang naturwissenschaftlich unnötigem Plural noch weiter belasten.

4. 12. 2004

: Gefordert. Porträt. Frankfurter Rundschau, , s. 2, Thema des Tages
Nach Karin Wolff (CDU, Hessen) übernahm im Rotationsverfahren für das Jahr 2004 Doris Ahnen (SPD, Rheinland-Pfalz) die Präsidentschaft der KMK. […] Die KMK jedenfalls kam im Ahnen-Jahr aus den Schlagzeilen nicht heraus — freilich ohne dass sie selbst der Auslöser war. Die Medien­kampagne gegen die längst beschlossene Rechtschreib­reform, der interne Reformprozess, überlagert durch die Länderinteressen in der Föderalismusdebatte — und jetzt noch die neueste "Pisa"-Studie: Bildungspolitik ist 2004 ungewöhnlich oft auch Machtpolitik gewesen.
: Zum Anfassen. Frankfurter Rundschau, , s. 10, Rund-Schau, Leserbriefe (102 wörter)
Soll ich über das Zitat des "designierten Vorsitzenden" des so genannten "Rates für deutsche Rechtschreibung" einfach nur in Gelächter oder vor Entsetzen in Tränen ausbrechen? "Groß schreibt man Dinge, die man anfassen kann", sagte Zehtmair.

2. 12. 2004

: Barbarei des Vergessens. Manfred Osten bricht der Erinnerungskultur eine Lanze. Frankfurter Rundschau, , s. 18, Kultur Rheinmain
[…] er war Generalkonsul in Australien und Generalsekretär der Alexander-von-Humboldt-Stiftung in Bonn. Er ist Jurist, Musiker und Schriftsteller. […] "Die angebliche Entlastung des Gedächtnisses durch digitale Systeme", so sagte es Osten, "ist ein grandioses System der Selbsttäuschung." […] Osten plädierte für eine "erinnerungsgestützte Bildung" und erkannte in der Rechtschreib­reform "einen Angriff auf die Gedächtniskultur."

Dann kann man wohl auch über die erfindung der buchstabenschrift nichts gutes sagen.

1. 12. 2004

: David gegen Goliath? Die Neuausgaben von „Ickler“ und „Duden“ markieren die Positionen im Rechtschreib-Streit. Süddeutsche Zeitung, , s. 16, Literatur, Buchkritik (867 wörter)
Abgesehen von diesen Neuerungen mit schätzungsweise zwei- bis dreitausend zusätzlichen Varianten bleibt auch dieser Duden der verordneten Reform treu. Erstmals in seiner Geschichte geriet der Duden damit in einen Konflikt zwischen Tradition und Obrigkeit und hat sich für letztere entschieden. Für alle, die diesen Weg nicht mitgehen möchten, bietet Theodor Ickler einen Ausweg. […] Kaufempfehlung des Rezensenten: Sprachinteressierte brauchen beide Bücher, für die anderen genügt das Rechtschreibprogramm im Computer.
: Zehetmair kündigt rasche Korrekturen an. Frankfurter Rundschau, , s. 5, Wirtschaft & Politik (121 wörter)
Vor allem bei der Getrennt- und Zusammenschreibung gebe es Handlungsbedarf, sagte Zehetmair. Es sei nicht einleuchtend, dass das räumliche "auseinander setzen" getrennt, aber "sich auseinandersetzen" mit einem Gegner zusammengeschrieben wird.

Sind differenzierungen plötzlich nicht mehr einleuchtend? Wie auch immer: auseinander «in Verbindung mit Verben immer getrennt», steht im duden, 21. auflage.

12. 2004

: Neues über die neue Rechtschreibung. Sprachspiegel, , 60. jg., nr. 6, s. 196 bis 198, Chronik (478 wörter)
Dieser «Rat für deutsche Rechtschreibung» soll gemäss diesem Vorschlag 36 (!) Mitglieder umfassen […]. Es ist vorauszusehen, wie wenig die Beobachtung der tatsächlichen Veränderungen des Schreibgebrauchs in einem solchen Gremium eine Rolle spielen wird. Der unselige Lobbyismus wird wohl weiterdauern.
: Duden 1: Die deutsche Rechtschreibung. 23. Auflage. Sprachspiegel, , 60. jg., nr. 6, s. 195f, Bücher (446 wörter)
Die Neuauflage war auf Grund der jüngsten Veränderungen in der Rechtschreib­reform und im Hinblick auf das endgültige Inkrafttreten der reformierten Rechtschreibung im Auugst 2005 fällig geworden. Dass die Reform die Neuauflagen und damit das Geschäft der Wörterbuchverlage im Übermass fördere, ist übrigens weitgehend ein Gerücht. Schon vor der Reform produzierte der Duden rund alle fünf Jahre eine Neuauflage […].
: Neue Rechtschreibung: eine verheimlichte Amerikanisierung?! Sprachspiegel, , 60. jg., nr. 6, s. 190f (355 wörter)
Widerstand gegen die Rechtschreib­reform, Widerstand gegen die Vermehrung der Angloamerikanismen in der deutschen Sprache — beides lässt sich vertreten. Geradezu paranoide Blüten treibt jedoch eine Kombination der beiden, die in den «Wiener Sprachblättern» (Heft 4/2004) zu lesen war: «Die Rechtschreib­reform führt eine heimliche Amerikanisierung des Deutschen herbei. […]»

30. 11. 2004

: Meister, ich bin fertig ... Neues Deutschland, , Meinung (198 wörter)
Den Schülern Schreib-Regeln vorzusetzen, das ist freilich keine Kunst. Aber wer zwingt Grass?

Niemand. Dagegen dem literaturnobelpreisträger des jahres 2074 schreib-regeln vorzusetzen, das ist keine kunst, wie richtig festgestellt wird.

28. 11. 2004

: "Die sprechen nur noch MTV-Deutsch." Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, , nr. 48, s. 62, Gesellschaft (1179 wörter)
Inzwischen sind es 85 000 Jugendliche in jedem Jahr, die sie ohne einen Abschluß verlassen: annähernd zehn Prozent. […] Diese "Dropouts", wie die Bildungsforscher des Kölner Instituts der Deutschen Wirtschaft sie nennen, können weder ausreichend rechnen noch ordentlich schreiben, beherrschen die deutsche Grammatik nur in gröbsten Zügen und die alte wie die neue Spielart von Rechtschreibung nur rudimentär. Sie kennen da auch keinen Unterschied, und er wäre ihnen vermutlich von Herzen gleichgültig.

24. 11. 2004

: Alt-Rechtschreiber schwächeln. die tageszeitung, taz Nord, , nr. 7522, s. 24, Nord Aktuell (513 wörter)
Der König rief, das Volk gehorchte. […] mitten im Sommerloch, am 29. Juni 2004, suchte der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) […] um basisdemokratische Unterstützung […]. Im niedersächsischen Elsfleth fällt sein Appell auf fruchtbaren Boden. […] Von hier aus starteten der Oldenburger Baumanagement-Professor Carsten Ahrens und seine Frau Gabriele 1998 das erste (und erfolglose) niedersächsische Bürgerbegehren gegen die Orthografie-Reform. […] Und hier in Elsfleth gründen sie […] keine fünf Wochen nach Wulffs Sommerloch-Vorstoß […] die Initiative "WIR gegen die Rechtschreib­reform Niedersachsen". Heute, knapp vier Monate später, ist bei den Organisatoren des Bürgerprotests Katzenjammer angesagt. […] Schuld an dem Debakel, weiß Ahrens, ist in erster Linie einer: Ministerpräsident Christian Wulff. Der nämlich macht, nachdem er den anfänglichen Presserummel weidlich ausgenutzt hat, einen dreifachen Rückzieher.
: Wulff auf Reset. die tageszeitung, taz Nord, , nr. 7522, s. 24, Nord Aktuell (236 wörter)
13. Juni: Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) fordert […] die Rückkehr zur alten Rechtschreibung. […] 22. Juli: Wulff fordert […], in puncto Rechtschreib­reform die "Reset-Taste" zu drücken. […] 7. Oktober: Wulff räumt ein: "Es gibt keine Möglichkeit der Rückkehr zur alten Rechtschreibung."

20. 11. 2004

: Die Nazi-Frage. Neue Runde im norwegischen Sprachstreit. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 272, s. 46, Feuilleton (249 wörter)
Seit rund 150 Jahren stehen sich zwei Varianten der norwegischen Schriftsprache gegenüber […]. Seit 150 Jahren tobt ein Sprachkrieg. Durch permanente Reformen, neben denen die deutsche Rechtschreibereform sich als schierer Theaterdonner ausnimmt, versuchte man, die beiden Idiome einander anzunähern.

19. 11. 2004

: Tatarisches ABC. Berliner Zeitung, , Feuilleton (304 wörter)
Wer Ablenkung sucht vom Wirrwarr der deutschen Rechtschreib­reform, der findet sie im Wirrwarr der tatarischen. In dreißig Schulen Tatarstans ist man vom kyrillischen auf das lateinische Alphabet übergegangen […]. Und das "Gesetz über die Sprachen der Völker der Russischen Föderation" schreibt eindeutig vor, dass alle Nationalsprachen "auf der Basis des kyrillischen Schriftbildes" zu schreiben seien.

16. 11. 2004

: Wulff setzt wieder aufs gleiche Pferd. die tageszeitung, , nr. 7515, s. 8
Nachdem Wulff mit seinem Versuch bauchgelandet war, die "klassische" Rechtschreibung wieder einzuführen, dekretierte er, das gleichsam "klassische" weiße Niedersachsenross auf rotem Grund müsse auf sämtliche Briefköpfe, Visitenkarten und Behördenschilder des Landes zurückkehren.

11. 11. 2004

: Um klare Worte ist er nie verlegen: Hans Magnus Enzensberger. Der streitbare Lyriker und Intellektuelle Hans Magnus Enzensberger wird 75. Lübecker Nachrichten,
Auf das Schreiben konzentrierte sich der Sprachvirtuose und Gegner der Rechtschreib­reform nie ausschließlich – Schriftstellerei allein führe, wie er einmal feststellte, zu einem "isolierten Dasein" und einer Betriebsblindheit des Autors.

10. 11. 2004

: Viel sagende Blindschleiche. Die neue Rechtschreibung in den Schulen. Süddeutsche Zeitung, , s. 17, Feuilleton (698 wörter)
Es dürfte nur sehr wenige Lehrer geben, die das amtliche Regelwerk zur neuen Rechtschreibung in seiner ganzen Kompliziertheit studiert haben – was auch kaum zumutbar wäre. […] Es ist bisher kein einziges Schulbuch bekannt geworden, das die Reform korrekt umsetzt. […] Was lernen die Schüler eigentlich von der neuen Rechtschreibung? Im Rechtschreibwortschatz der gesamten Grundschulzeit gibt es nach amtlichen Angaben nur 24 veränderte Wörter, allesamt wegen der s-Schreibung. […] Von der Kommasetzung dürfte hauptsächlich der Eindruck zurückbleiben, dass man Kommas jetzt weitgehend weglassen kann – was die Schüler zwar schon immer gern getan haben, aber jetzt ist es „richtig“. Weder Lehrer noch Schüler wissen, daß die reformierte Kommasetzung ungemein kompliziert ist.

9. 11. 2004

: Zusammenschreibungseebacherplatz. Tages-Anzeiger, , s. 25, Leserforum (97 wörter)
Als Schulischerheilpädagoge, der mit Schülerinnenundschülern arbeitet, die häufig eine Leseundrechtschreibschwäche aufweisen, empfinde ich als eine der besten Erneuerungen der Rechtschreib­reform die Getrenntschreibungvonbandwurmwörtern. Auch in Hinsicht auf die zunehmende Zahl von Erwachsenenmitleseproblemen […] erachte ich die Zusammenschreibung des Seebacherplatzes als galoppierendes Amtsschimmel­hirndefizit­syndrom.

8. 11. 2004

: Reiner Kunze und Klaus Bartels ausgezeichnet. Jahrespreis der Stiftung für abendländische Besinnung. Neue Zürcher Zeitung, , 225. jg., nr. 261, s. 33, Zürich und Region (379 wörter)
In seiner Begrüssung kritisierte Präsident Robert Nef die Rechtschreib­reform und bezeichnete die behördlich verordneten Regeln als schwerwiegende, verletzende Eingriffe ins Deutsche. Er wies mit Nachdruck auf die Wichtigkeit einer Verweigerung der Reform hin, um die Eigenart, Vielfalt und Lebendigkeit einer während Jahrhunderten gewachsenen Sprache zu erhalten.

7. 11. 2004

"Was wir sagen, wenn wir reden." Glossen zur Sprache. , , nachrichten
"Wenn es um die Sprache geht, kann jeder mitreden". Das steht im Klappentext zu Hans-Martin Gaugers Sachbuch "Was wir sagen, wenn wir reden". "Sprache ist Allgemeingut und nicht die Angelegenheit selbst­ernannter Aufpasser." geht es weiter. In Zeiten von Rechtschreib­reform und endlosen Debatten um Anglizismen leuchten diese Sätze jedem ein. […] Schade, dass der Autor damit weder dem Klappen­text, noch dem Untertitel seines Buches folgt.

6. 11. 2004

: Die Liebe zur Sprache. Zur Begrüßung. oreos.de, 6. 11. 2004
Liebe ist die Tochter der Freiheit. Darum muß sich die Sprache in Freiheit entwickeln können und vor allen bürokratischen Versuchen der zwangsweisen Veränderung geschützt werden – auch in der Schreibweise. […] wir brauchen uns also nicht zu schämen, wenn wir mit der Liebe zur Sprache und zum Wort den griechischen Fachbegriff Philologie etwas gefühlsbetont ins Deutsche übersetzen und damit einen zutreffenden Oberbegriff für beide Preisträger gefunden haben: für Reiner Kunze, den Dichter und Anwalt einer gewachsenen Schreibtradition[,] und für Klaus Bartels, den Lehrer, Publizisten und Anwalt der Lebendigkeit alter Sprachen.

5. 11. 2004

: Dichten und schreiben. Die Welt, , nr. 260, s. 8, Forum, Kolumne (598 wörter)
Also schreibt, wie ihr müßt, geschätzte Exkollegen im PEN oder sonstwo, dichtet und denkt immerzu! Was mir die teure und Gott sei Dank immer noch befreundete Schriftstellerin aber so wenig plausibel machen konnte wie der PEN und die Akademien, ist etwas anderes. Erstens: Immer wieder wurde ich auf Absurditäten der Reform hingewiesen - was aber nur beweist, daß das systemische Denken (Luhmann) noch Zukunft hat. Es gibt doch kein noch so durchdachtes Regelsystem, das irgendwo am Rande keine lächerlichen Beispiele produziert. Zweitens: Viele Gegner der Reform gerieren sich als tapfere Widerständler gegen amtliche Verordnungen von "oben", sorgen sich aber nur um die Bedeutung ihres Vereins, der in der Regel ohne staatliche Subventionen gar nicht existierte.

4. 11. 2004

: Duden hört auf Zürich. Tages-Anzeiger, , s. 16, Zürich (74 wörter)
Das kantonale Amt für Raumordnung und Vermessung hat erfolgreich bei der Dudenredaktion interveniert und in der neusten Auflage der deutschen Rechtschreibung eine schweizerische Sonderlösung erwirkt: Strassennamen mit geografischen Namen mit Endung -er dürfen in einem Wort geschrieben werden.

3. 11. 2004

: Nicht zufriedenstellend. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 257, s. 8, Briefe an die Herausgeber (400 wörter)
Entsprechend sagt die Duden-Grammatik von 1966: "Es ist zu beobachten, daß die Verlaufsform heute im Deutschen - im Gegensatz etwa zum Englischen - nicht üblich ist." "Es ist zufrieden stellend" kann demnach schwerlich als Deutsch gelten, ebensowenig wie "es ist Besorgnis erregend" und ähnliches.
: Bedankt euch, Bayern. Frankfurter Rundschau, , s. 23, FRplus Politik
Und wie ihr immer noch redet. Nach hundertvierunddreißig Jahren deutscher Einheit! Ihr seid die Schande jeder Rechtschreib­reform!

2. 11. 2004

: Kulturnotizen. PEN-Zentrum gegen Rechtschreib-Rat. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 256, s. 46, Feuilleton (102 wörter)
Nach der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung hat jetzt auch das deutsche PEN-Zentrum die ihm angebotene Mitgliedschaft im geplanten Rat für deutsche Rechtschreibung ausgeschlagen.
: Ein Vierteljahrhundert "Titanic". Glückwunsch. Berliner Morgenpost, , Kultur (151 wörter)
In der Politik gibt es lange verpönte Koalitionen, und auch die Satirezeitschrift "Titanic", die mit ihrer November-Ausgabe 25jähriges Jubiläum feiert, findet sich etwa in der Rechtschreib-Debatte in ungewohnter Partnerschaft wieder. Die Frankfurter Spitzfedern halten sich wie die Zeitungen des Axel-Springer-Verlages an die Orthographie der Vorreformzeit.

1. 11. 2004

: "Pfingstvogel" ausgezeichnet. Loriot erhielt "Jakob-Grimm-Preis Deutsche Sprache". Frankfurter Rundschau, , Frankfurt & Hessen (477 wörter)
Die mit 35 000 Euro dotierte Auszeichnung wird seit vier Jahren vom Verein Deutsche Sprache (VDS) verliehen - einer 16 000 Mitglieder zählenden Organisation, die sich der Reinhaltung der deutschen Sprache verschrieben hat. […] Loriot bedankte sich artig […]. Dafür äußerte er sich unlängst in der Bild-Zeitung über die Rechtschreib­reform - in einer so unkomischen wie populistischen Weise, dass sie beim VDS auf große Begeisterung gestoßen sein dürfte: "Wir sind auf dem Wege, unser wichtigstes Kommunikationsmittel so zu vereinfachen, dass es in einigen Generationen genügen wird, sich grunzend zu verständigen." Achje. Auch große Humoristen werden nicht jünger.

30. 10. 2004

: Reine Formsache. Auch der PEN lehnt Rechtschreibrat ab. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 254, s. 33, Feuilleton (146 wörter)
Die Kritiker würden in den Entscheidungsprozeß nur formell eingebunden, die Resultate der Beratungen stünden bereits fest, begründete die Schriftsteller­vereinigung ihre Entscheidung, die Mitarbeit […] abzulehnen. […] Ob der bereits gründlich desavouierte Rat überhaupt zustande kommt, erscheint zunehmend fraglich.

23. 10. 2004

: Nicht arbeitsfähig. Rechtschreib-Rat ohne Akademie. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 248, s. 44, Feuilleton (125 wörter)
Zwei Plätze in dem von Reformbefürwortern dominierten Rat waren ihr angeboten worden, jedoch hat die Akademie schon im Vorfeld klargestellt, dass ein solches Gremium klein und möglichst nur mit Wissenschaftern und Schriftstellern, nicht jedoch auch mit Interessenvertretern (Verlegern, Lehrergewerkschaften u. a.) besetzt sein dürfe.

16. 10. 2004

: In Kürze. Rat für deutsche Rechtschreibung. Tages-Anzeiger, , s. 50, Kultur (60 wörter)
Das Gremium soll vor dem 1. August 2005 gewisse Änderungen bei der neuen Rechtschreibung prüfen. An diesem Tag tritt die Reform in deutschen Schulen und Behörden in Kraft.

15. 10. 2004

: Malte Bremer über die Angst der Deutschen vor der (Rechtschreib-)Freiheit. , , Literarisches Leben (1422 wörter)
Jetzt schließen sich SPIEGEL und BILD zusammen und kämpfen gemeinsam gegen einen höchst nebulösen Popanz, der da heißt »Neue Rechtschreibung«. Oberstes Ziel ist es, das Deutsche Volk vor Vergewaltigung zu schützen: Sprache »ist Kern der Demokratie.« oberlehrert Stefan Aust, »Sie lässt sich nicht auf dem Verordnungswege vergewaltigen.« (Spiegel 33, vom 09.08.2004, Seite 5) Konsequenz? Man fordert die Rückkehr zur 1901 auf dem Verordnungswege vergewaltigten deutschen Sprache. Alte Vergewaltigungen sind nicht mehr schlimm, da weiß man doch, was man gehabt hat!

14. 10. 2004

"KMK-Mitglieder wollen nur ihr Gesicht wahren." Grass zur Rechtschreibdebatte. Spiegel Online, , Kultur
Günter Grass will auch nach einer verbindlichen Einführung der Rechtschreib­reform im August 2005 seine Werke weiter in der alten Schreibweise heraus­geben. […] Zugleich bekräftigte er seine Ansicht, dass eine Rücknahme der "so genannten Reform" richtig gewesen wäre. Er befürchte, dass nun über viele Jahre verschiedene Schreib­weisen in Schulen, Literatur und Medien nebeneinander bestehen. Das werde sich mit der Zeit zwar wieder regulieren, aber man wisse nicht, in welche Richtung.

Angst davor, dass verschiedenes nebeneinander besteht, dass man nicht weiss, in welche richtung es geht? Das muss ein kleingeistiger beamter geschrieben haben, ganz unmöglich ein schriftsteller. Abgesehen davon: Man weiss durchaus, in welche richtung es geht. Im jahr 2074 schreiben die schrift­steller so, wie sie es 2004 gelernt haben. Dafür liefert Grass den beweis.

12. 10. 2004

: Mit Hansjakobli in die Postmoderne. Zwischenrufe. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 238, s. 49, Zürcher Kultur
Genau wie Kinder führen Erwachsene Wörter im Mund, von deren Bedeutung sie bei Lichte betrachtet keinen blassen Schimmer haben. Zur Vermeidung von Blössen legen sie sich Inhalte zurecht, um Smalltalk über Themen vom Existenzialismus bis zur Rechtschreibereform führen zu können.

10. 10. 2004

: Subalterne Redaktionen - zur lavierenden Haltung der SZ. , , Forum
Die Redaktion der SZ liefert gegen besseres Wissen ihr Handwerks­zeug, die Sprache, der Will­kür zer­störerischer Politik aus; es scheint, als hätte sie gleich Pontius Pilatus nicht die Haltung, dem staatlich ver­ordneten Ver­brechen an der Sprache entgegen­zustehen […].

9. 10. 2004

: Neuer Rat überwacht die Schreibregeln. Tages-Anzeiger, , s. 7, Ausland (415 wörter)
Deutschlands Ministerpräsidenten stehen nun doch zur Rechtschreib­reform. An ihrer Jahreskonferenz beschlossen sie, die von den Kultusministern einstimmig gutgeheissene definitive Einführung der neuen Rechtschreibung nicht aufzuhalten. Die Reform soll aber durch einen «Rat für deutsche Rechtschreibung» begleitet werden. […] Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) begrüsst den Entscheid. «Alles andere hätte an den Schulen zu einem Chaos geführt» […]. Unterstützung aus der Schweiz erhält auch der Rat für deutsche Rechtschreibung. Die Schweizer Vertretung im Rat wird die EDK zusammen mit dem Bund bestimmen.

8. 10. 2004

: Schüler schreiben nach Reform schlechter als vorher. Leipziger Wissenschaftler deckt eklatante Schwächen in der Rechtschreibung von Grundschülern auf. Die Welt, , nr. 236, s. 4, Deutschland (765 wörter)
Das Kernstück der Rechtschreib­reform wird laut einer bisher unveröffent­lichten Studie stark in Zweifel gezogen. Ergebnisse von Langzeit­tests des Leipziger Erziehungs­wissenschaftlers Harald Marx zeigen, daß der Zischlaut „ß“ der fehler­trächtigste der Rechtschreib­reform ist. Fazit: Die verschiedenen s-Schreibweisen werden sieben Jahre nach der Umstellung derart durch­einander gebracht, daß nach der Reform mehr Fehler auftreten als vor der Reform.

7. 10. 2004

: In Kürze. Appell gegen die Rechtschreibreform. Tages-Anzeiger, , s. 54, Kultur (55 wörter)
Prominente Schriftsteller haben am Mittwoch im so genannten «Frankfurter Appell» die Rücknahme der Rechtschreib­reform gefordert.
neu : Polemisch, eitel und zänkisch. (Frankfurter Rundschau), , Kultur, Literatur (1767 wörter)
Wie sollte man die Bücher schützen und – direkt damit verbunden – wer sollte Zugang haben? […] Ähnlich verheerend wie Kriegs­züge und Leser wirkten sich Revolutionen und Politik­wechsel aus. […] Aber auch weniger drastische Ereignisse entwerten auf einen Schlag Bücher gleich tonnen­weise: Umstellungen von Schriften (von Fraktur auf Antiqua oder von kyrillischen auf lateinische Buchstaben), Rechtschreib­reformen und Gesetzes­änderungen.

5. 10. 2004

: Die Rebellion der Poeten. Was haben eigentlich die Schriftsteller gegen die Rechtschreibreform? St. Galler Tagblatt, (986 wörter)
Keine Frage: Besonders wenig Freunde hat die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung bei den Poeten: In seltener, geradezu lemminghafter Einmütigkeit haben sie in den zurück­liegenden Jahren in den Reihen der Reform­gegner gewirkt, und sie tun es schon wieder. […] Übrigens ist von keinem aus dieser Runde je eine relevante wissen­schaftliche Arbeit zu Fragen der Graphematik vorgelegt worden. Wenn man übrigens mit Menschen aus dieser Gruppe direkt das Gespräch sucht, geben sie oft unverblümt zu, dass sie entweder die Regeln gar nicht kennen (und sich an dieser Stelle voll auf ihre Lektoren verlassen) oder dass sie ihnen herzlich gleichgültig sind. […] Ich trete ein für die beschlossene Neuregelung und ich trete mit gleicher Entschieden­heit ein für das Recht von Autoren, ihre orthografischen Signale so zu setzen, wie es ihrem künstlerischen Gestaltungs­willen entspricht.
: Der deutsche Rechtschreibkrieg … und die Aussicht auf Frieden. Erziehung und Wissenschaft (), , nr. 9, s. 32f, Essay
Natürlich, man könnte sagen, alles nur Sommer­theater. Aber in diesem Stück geht es so bitter ernst und humorlos zu, wie das wohl nur teutonische Stämme fertig bringen. Es droht wieder mal Chaos. […] Wer Deutschland in diesen Tagen nur aus dem Feuil­leton kennt, der müsste tatsächlich glauben, die Basis der Kultur würde weggeätzt, das Schlimmste droht: Beliebigkeit. Am Ende weiß nie­mand mehr, woran er sich halten soll. Und, das scheint dort nun wirklich das Aller­schlimmste, jeder macht, was er will.

4. 10. 2004

: Lob der Rechtschreibung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 231, s. 8, Die Gegenwart (3375 wörter)
Es gibt viele Versuche, die deutsche Rechtschreibung zu korrigieren. Alle leiden an zwei Mängeln. Übersehen wird die Bedeutung der Orthographie für Leser, ignoriert die Kontinuität der Schriftform und deren Symbolwert für die eigene Sprache. Eine Charakteristik und Verteidigung der bewährten Rechtschreibung. […] Warum eigentlich geben die Griechen nicht ihre griechische Schrift auf? […] Sie ist ein Identifikationsmerkmal der Nation, nach innen und nach außen. Einen ähnlichen Symbolgehalt haben die Besonderheiten unserer Orthographie. Rechtschreib­reformer haben stets das Ziel vor Augen, sie völlig zu beseitigen. […] Kontinuität wird erzielt durch Konservativität, durch das Festhalten am Schreibgebrauch über Jahrhunderte hinweg. Dauerhaftigkeit des Schriftkodes ist eine Grundbedingung jeder Schriftkultur. Deshalb nimmt die Schrift keine Rücksicht auf Veränderungen der Lautsprache, sondern gibt den üblichen Zeichen eine neue Interpretation. […] Oft kommt es zu Rechtschreib­reformen, weil die Orthographie fälschlicher­weise für ein "Kleid der Sprache" gehalten wird. […] Ich will der irreführenden Metapher vom "Kleid der Sprache" eine andere entgegensetzen: Die Rechtschreibung einer Sprache ist die "Haut der Sprache". Sie ist untrennbar mit ihr verbunden, mit der Sprache gewachsen und gealtert.

Also sprache = schrift = rechtschreibung. Dagegen gilt für Leiss nicht einmal die zweite gleichung: «Die Verschriftung ist nicht notwendigerweise mit Rechtschreibung verbunden. Es handelt sich um ein relativ junges kulturelles Phänomen, etabliert durch Sprach- und Schriftverbesserungsstrategen.» – «Dabei hätten Sprachwissenschaftler das nötige Wissen, um eine gesunde Skepsis gegen die Rechtschreibnormierung zu entwickeln: Sie wissen, dass Rechtschreibnormen nicht ‹ewig› sind, daß sie historisch entstanden und damit datierbar sind und daß sie in engem Zusammenhang mit der Herausbildung der Nationalstaaten stehen.» Skepsis ist im lichte der jüngsten vergangenheit auch gegenüber «nationalen identifikationsmerkmalen nach innen und nach aussen» angebracht. Dazu passt die munskesche geschichtsfilosofie: geschichte als erklärung des heutigen zustands, aber nicht als kontinuum. Denn gerade jetzt ist die geschichte an ihrem ende angelangt; zukünftige veränderungen wären «zerstörung». Zum glück hat uns das ende der geschichte erst nach dem verschwinden der fraktur ereilt. Diese wurde genau mit Munskes argumenten verteidigt. Munske beweist unfreiwillig, dass man das unverzichtbare schon nach kurzer zeit klaglos verschmerzt.

2. 10. 2004

: Wunder ohne Zeit und Ruhe. Vom Mittelalter in die Postmoderne: Was die Araber zur Buchmesse für Schätze im Gepäck haben. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 230, s. 40, Feuilleton (2544 wörter)
Welche Sprache ist sich schon anderthalb Jahrtausende lang so gleichgeblieben wie die arabische? Die letzte Rechtschreib­reform liegt über tausend Jahre zurück.

10. 2004

: Neue Regelung von ss/ß analog zu andern Konsonanten? Sprachspiegel, , 60. jg., nr. 5, s. 164, Wort und Antwort (268 wörter)
Wenn wir Schweizer also weiterhin bei unserer (sehr einfachen) Regelung der S-Schreibung bleiben, verhalten wir uns nicht inkonsequent, sondern wir sind nur der Auffassung, dass für einen Sonderfall nicht unbedingt ein Sonderzeichen verwendet werden muss.
: Turbulenzen um die Rechtschreibreform. Sprachspiegel, , 60. jg., nr. 5, s. 168f, Chronik (439 wörter)
Viel Rechthaberei und Polemik ist hier dabei. Dass etwa die totale Rückkehr zur alten Rechtschreibung gefordert wird, inklusive der komplizierten, alten ß-Regeln, mutet, besonders in der Schweiz, wo wir seit mehr als einem halben Jahrhundert ja ohne ß auskommen, unverständlich an.
neu : Das letzte Gefecht? Der endlose Rechtschreibkrieg und das Land der ABC-Schützen. Universitas (), , 59. jg., nr. 10
Die komplizierte deutsche Recht­schreibung steht ja nicht erst seit gestern am Pranger. Denn Normal­sterbliche wie Stefan Aust und Peter Müller mussten sich nicht nur als Schüler, sondern lebenslang mit einem Schreib­system quälen, dessen Regeln oft nur für 60 Prozent der Fälle galten und daneben 40 Prozent Ausnahmen produzierten. Deshalb war zunächst ja auch fast jedermann für eine Reform.