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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 7. 2005
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Aus presse und internet

31. 7. 2005

: Jetzt müssen die Lehrer Mut und Augenmass beweisen. Neue Zürcher Zeitung, , s. 13, Hintergrund (691 wörter)
Kinder, jetzt wird's ernst! Morgen Montag tritt an allen Schweizer Schulen die neue Recht­schreibung in Kraft. Fehler, die bisher, während der acht­jährigen «Übergangs­zeit», nur eine milde Ermahnung nach sich zogen, werden nun rot angestrichen und, so der Fachausdruck, noten­wirksam. […] Dumm ist nur, dass niemand so recht sagen kann, welche Regeln denn eigentlich gelten. Selbst die Lehrer wissen es nicht. Die Rechtschreibung präsentiert sich derzeit in einem Zustand, für den der Begriff «Baustelle» ein Euphemismus ist; schweizer­deutsch wäre von einem «Puff» zu sprechen. […] Vernünftig ist in dieser Situation nur eines: Die Lehrer müssen den Mut aufbringen, die Übergangs­frist von sich aus zu verlängern - still­schweigend, ein jeder in seinem Klassenzimmer, mit Umsicht und ohne Getöse, aber sowohl im Interesse der Schüler, auf die man dieses erbärmliche Flickwerk nicht anwenden darf (schon gar nicht als Selektionsmittel!), als auchin ihrem ureigensten Interesse.

Siehe stellungnahme

: In meiner Schreibe. Sonntags-Zeitung, , s. 14, Fokus/Meinungen (347 wörter)
Die wahnsinnigste Rechtschreibung der westlichen Welt ist die englische, weil in keiner Sprache das Gesprochene und Geschriebene so weit auseinander klaffen wie im Englischen. […] Und doch würden Anglos und Amerikaner nie auf die Idee kommen, eine Rechtschreib­reform zu verordnen […].

Zu den vielen ideen, auf die nie jemand gekommen ist, gehören die des erwähnten Shaw sowie die der Simplified spelling society (Th gretr regularity of cut spelng means less time spent lernng to read and rite, and less need for chekng and corectng.) Ob man sie verordnen will, ist schwer zu sagen, aber immerhin kann man ausserhalb Deutschlands im umgang mit reformen auch in anderen kategorien denken als «verordnen» und «verweigern».

: Der Erdinger. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, , nr. 30, s. 10, Meinung
Hans Zehetmair ist bauernschlau und Deutschlands oberster Rechtschreiber. Warum? Hans Zehetmair […] ist seit Jahrzehnten bayerischer Meister im Schmuse­kurs. Er hat noch jeden getätschelt, der in der CSU zu fürchten oder auszu­nützen war, und unzähligen Personen das Gefühl ver­mittelt, er nehme sie wirklich ernst.

30. 7. 2005

: Über das rechte und das falsche Schreiben. Rechtschreibereform: Bitte jetzt zügig abschliessen, damit wir wieder getrost Fehler machen können. Aargauer Zeitung, MLZ, , Meinung (464 wörter)
Ist die verhasste Rechtschreibe­reform jetzt gescheitert oder nicht? Der Rechtschreibrat […] hat diverse Neuerungen aus dem Reform­werk wieder zurück­genommen. Man mag darob jubeln, klagen werden die wenigsten wollen. Es ist stark zu vermuten, dass die Mehrheit der Sprach­benutzer lieber weniger Neuerungen hat als mehr. […] Wer immer noch lieber in Italien die Citronen blühen lassen will, mag das tun. Dass man in einem Text der Schreibung «Thränen» begegnet, ist zwar recht un­wahrscheinlich, sollte einen aber deshalb doch nicht in Tränen ausbrechen lassen. Denn auch das war einmal - so lang her ists gar nicht.
: St. Gallen, zum Diktat! Was St. Gallerinnen und St. Galler zur neuen Rechtschreibung sagen. St. Galler Tagblatt, , nr. 176, s. 37, Stadt St. Gallen (757 wörter)
Ab Montag gilt in den Schweizer Schulen grundsätzlich nur noch die neue Rechtschreibung. Die meisten St. Galler beeindruckt das aber wenig, wie eine Umfrage und ein Test des Tagblatts beweisen. […] In St. Gallen finden die meisten der befragten Personen die Rechtschreib­reform unnötig und mühsam. Zudem wenden praktisch alle die alte Recht­schreibung an - aus Unkenntnis oder aus Protest. […] «In der Schule haben wir noch nach der alten Rechtschreibung gelernt», sagt der 14-jährige Fabien Aerne. Er wisse nicht, was sich ändern werde, aber er finde es nicht besonders gut.
: Überforderte Kultusminister. Frankfurter Rundschau, , nr. 175, s. 3, Die Seite Drei (604 wörter)
Die Einschränkungen und Relativierungen, die zur korrekten Beschreibung des inhaltlichen und politischen Rahmens der Neuregelung erforderlich sind, deuten darauf hin, dass eher ein Flicken­teppich zusammengenäht als ein großes Reformwerk in die Spur gesetzt wird. […] Trotz alledem ist das verbindliche Inkrafttreten der neuen Regeln im Sinne gleich mehrerer Jahrgänge von Schülern zu begrüßen […]. Vom 1. August an wird zwar nicht große Gewissheit über den korrekten Gebrauch von Schreibungen und Inter­punktion herrschen, aber es gelten verbindliche Regeln, denen sich zu einem späteren Zeitpunkt wohl auch die Abweichler Bayern und Nordrhein-Westfalen anschließen. Selbst wenn sie es nicht tun, dürfte das Chaos ausbleiben. In einer Zeit, in der die geschriebene Sprache gegenüber dem von elektronischen Medien verbreiteten gesprochenen Wort immer mehr auf dem Rückzug ist, haben Veränderungen der schriftlichen Konventionen allenfalls marginale Bedeutung. […] In der bizarren Debatte über die Rechtschreib­reform war wiederholt vom Scheitern die Rede. Gescheitert ist am Ende jedoch weniger die Reform selbst als das politische Verfahren, das sie zu durchlaufen hatte.
: Zuviele Regeln – oder zu viele Regeln? Täglich müssen die Germanisten in der Duden-Redaktion mehrere hundert Anfragen zur neuen Rechtschreibung beantworten. Süddeutsche Zeitung, , s. 2, Themen des Tages, Themenkasten (517 wörter)
Eigentlich ist Rehusch als Presse­sprecherin des Wissen Media Verlags, der die Wahrig-Wörterbücher herausgibt, nicht für Rechtschreib­hilfe zuständig. […] „Seit der Einführung der neuen Rechtschreibung haben wir verstärkte Nachfragen“, sagt Rehusch […]. In der Duden-Redaktion beantworten zehn Germanisten etwa 200 Anfragen täglich. Allerdings, sagt Sprecher Klaus Holoch, hätten die meisten Anrufe nichts mit der neuen Schreibung zu tun. […] Die Wörterbuch­verlage haben sich auf die Verunsicherung durch die Reform eingestellt und setzen auf Service, auch in den Druckausgaben. […] Für die Wörterbuch­verlage bedeutet das Inkraft­treten der Reform keine Veränderung. […] Auch für die Heraus­geber von Schulbüchern bleibt alles beim Alten; die Lehrwerke wurden schon 1998 umgestellt. Seither wird die neue Orthografie gelehrt – auch in Bayern und Nordrhein-Westfalen, welche die Reform jüngst ausgesetzt haben. Diese Entscheidung bedeutet also nicht, dass dort wieder die alte Schreibung benutzt wird; sie wird aber auch nicht als Fehler gewertet. „Allerdings“, sagt Rino Mikulic, Sprecher des Schulbuch­verbandes VdS Bildungsmedien, „ärgert uns die Verunsicherung.
: Buchstäblich zum Haareraufen. Süddeutsche Zeitung, , s. 2, Themen des Tages, Themenkasten (679 wörter)
Die Verwirrung ist gerade deshalb so groß, weil sich ja nicht, wie manche Polemik nahe legt, zwei Schreib­systeme unversöhnlich gegenüberstehen. Auf der einen Seite ist die Reform­schreibung im Zuge der öffentlichen Kritik Schritt für Schritt verändert, das heißt: zurück­geschraubt worden. […] Auf der anderen Seite war die Aus­formulierung der amtlichen Schreibung durch die Duden-Redaktion vor der Reform, garantiert durch ein staatliches Privileg seit 1955, auch „in Zweifelsfällen“ nicht frei von Un­sinnigkeiten.

Ja, gewiss. So verwirrend eben ist das leben, denn die begründung trifft auf alles in der welt zu, von der ersten religionsspaltung bis zur jüngsten steuersystemdiskussion.

: Notwendigkeit. Süddeutsche Zeitung, , s. 11, Leserbriefe
Wie nötig diese große Koalition derzeit wohl ist, zeigt sich beispielhaft am Scheitern der Föderalismus­reform Ende 2004, für deren Notwendigkeit das derzeitige Klein-Klein um die Rechtschreib­reform, zu der man stehen will, wie man mag, ein hervorragendes, weil besonders lächerliches Beispiel ist.

29. 7. 2005

: Konrad Dudens doppelter Todestag. Münchner Merkur (merkur-online.de), , Politik (486 wörter)
Am Montag vor 94 Jahren, am 1. August 1911, starb in Wiesbaden der Vater der einheitlichen deutschen Rechtschreibung, Konrad Duden. Gleichsam zur Feier seines Todestages wird am Montag, da in allen deutschen Behörden und in den meisten Schulen die Rechtschreib­reform verbindlich wird, sein Lebenswerk vernichtet.

28. 7.2005

: Der Keiser reusperte sich. Wer ist schuld an der Rechtschreibreform, Konrad Duden, die Nazis oder die Russen? 100 Jahre Streit in Deutschland. Der Tagesspiegel, , Sonderthemen (1762 wörter)
Über die Rechtschreibung haben sich die Deutschen schon immer aufgeregt. Pragmatiker ärgern sich über Ungereimtheiten, Traditions­bewusste über Neuerungen; einig sind sich Liberale und Konservative, Intellektuelle und Otto-Normalschreiber über Jahrzehnte hinweg nur in einem gewesen: Die Rechtschreib­regeln sind eine Zumutung.[…] Wer hat den Stein für die große Rechtschreib­reform ins Rollen gebracht? Der Osten? Der Westen? Vielleicht eher eine unsichtbare Hand: das immer währende Ungenügen an der deutschen Orthografie.

Und ein kleines bisschen der Bund für vereinfachte rechtschreibung.

27. 7. 2005

Ruth Gisi. «Ich fühle jetzt eine neue Freiheit.» Solothurner Tagblatt,
Ruth Gisi verlässt den Regierungsrat ohne Reue. Sie will jetzt eine Pause einschalten. […] Was sagen Sie zur Rechtschreibereform? — Ehrlich gesagt: Darum habe ich mich irgendwann nicht mehr gekümmert – das ist ein ziemliches Trauerspiel. Wir haben uns allerdings klar entschieden: Die neuen Regeln gelten im Kanton Solothurn ab 1. August definitiv.
: Chance vertan. Süddeutsche Zeitung, , s. 34, Leserbriefe (357 wörter)
Die neue Schreibweise lässt nämlich keine überzeugenden Vorteile gegenüber der bisherigen erkennen und hat deswegen auch kaum Akzeptanz bei der Bevölkerung gefunden. […] Ein Nagel mit Kopf wäre die Einführung der gemäßigten Groß­schreibung gewesen, die schon die Brüder Grimm für ihr großes „Deutsches Wörterbuch“ angelegt hatten: Nur die eigentlichen Namen und die Satz­anfänge werden groß geschrieben. […] Die Einführung der gemäßigten Großschreibung wäre eine große, sinnvolle und zweckmäßige Befreiungs­tat gewesen und so schnell aufgegriffen worden wie das Ersetzen der allgemeinen deutschen Schreibschrift (Kurrent) und dann der Sütterlin’schen „Deutschen Schreibschrift“ durch die lateinischen Buchstaben vor mehr als sechzig Jahren. […] Sogar den Lehrern hilft heute wie früher oft nur noch das Blättern im Duden. Muss man auch den Aussiedlern und den Ausländern, die zu ihrer Integration die Schrift­sprache benötigen, die Knüppel der Groß­schreibung der Hauptwörter zwischen die Beine werfen? […] Die Konferenz der Kultusminister hat zurzeit weder den Mut noch die Kraft, die gemäßigte Groß­schreibung anzubieten. Diese ist aber logisch so sinnvoll und leicht zu handhaben, dass sie sich von alleine, ohne amtliches Placet, durchsetzen könnte. Man muss nur damit anfangen!

26. 7. 2005

: Wie schreibe ich eigentlich recht? Mit der neuen Rechtschreibung gilt es nun ernst — mindestens teilweise. Basler Zeitung, , 163. jg., nr. 172, s. 19, Bildung (516 wörter)
Der Versuch, die deutsche Rechtschreibung zu reformieren, ist ein langwieriger, komplizierter Prozess. Darum ist es auch mit dem Stichtag 1. August nicht ganz so einfach. […] Von Anfang an legten sich in Deutschland Multiplikatoren quer: Schriftsteller und Elternverbände protestierten, Politiker mischten sich ein, die Zeitungen und Verlage begannen ihren eigenen Mix an Rechtschreibregeln zu brauen - sodass schliesslich eine Reform der Reform beschlossen wurde. Lediglich noch ein Teilbereich der Reform, nämlich Schreibregeln, die als allgemein unstrittig galten, sollen am Montag verbindlich werden. […] So richtig wichtig ist der 1. August deshalb eigentlich nur für die Schüler.

25. 7. 2005

: Die Schreib-Blockade. Focus Magazin, , nr. 30, s. 30, Deutschland (892 wörter)
Teile der neuen Orthographie-Regeln, die im Bund und in 14 Ländern eingeführt werden, könnten schon nächstes Jahr überholt sein. […] Seit sieben Jahren pauken die Schüler die neuen Rechtschreibregeln. Ab 1. August aber gelten die als unstrittig deklarierten Teile der Reform in 14 Bundesländern und im Bund bis auf weiteres verbindlich. Nur Bayern und Nordrhein-Westfalen scherten aus. Minister­präsident Edmund Stoiber will die neuen Schreib­weisen erst einführen, wenn die endgültigen Beschlüsse des Rates für deutsche Rechtschreibung auf dem Tisch liegen – voraussichtlich im nächsten Frühjahr. Sein frisch ins Amt gewählter CDU-Kollege Jürgen Rüttgers folgte schnell […].
: Rechtschreibreform. Focus Magazin, , nr. 30, s. 114, Entertainment
Am 1. August 2005, Schlag null Uhr MEZ, beginnt in den wichtigsten Staaten Europas (D, A, CH) die Rechtschreibreform. Es grenzt an ein Wunder, dass dieser Konflikt ohne Gewalt über die Bühne ging. Schließlich hängt die Existenz von Millionen eher lustlosen Schülern an einem großen A, wo gerade noch ein kleines war. Quasi-Kanzlerin Angela Merkel war noch in den letzten Tagen eilends nach Paris gereist, um Vorruhestands­präsident Chirac, Quasi-Single Sarkozy und Beauty-Premier de Villepin die absolut friedliebende Buchstaben­treue des deutschen Schreibvolks zu versichern. […] Wieder mal verhaltensauffällig wurde Sozen-Faktotum Ludwig Stiegler. „Mich erinnert die Rechtschreib­reform an die Nazis. Da wurde auch dauernd geschrieben.“
: Westwärts streift der Blick, ostwärts streicht das Schiff. Angela Merkel über Richard Wagner und Bayreuth. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 170, s. 33 bis 35, Feuilleton
Die Kulturhoheit der Länder führt nicht automatisch zu den richtigen Antworten, wie die Rechtschreib­reform gezeigt hat. Soll nun der Bund steuernd eingreifen, um die Einheit der deutschen Sprache zu retten? — Ich glaube, bei gutem Management ist die Gemeinschaft der Länder in der Lage, solche Probleme selbst zu lösen. Ich hoffe sehr, daß es ein gutes Ende gibt und die Zehetmair-Kommission zu einem Ergebnis kommt, mit dem wir alle leben können. Unsere Kinder sollten eine Zeitung lesen können, die die gleiche Sprache verwendet, die sie auch in der Schule gelernt haben. Wenn nicht einmal das garantiert werden kann, dann nützen auch die schönsten bildungs­politischen Bemühungen nichts.
: Beck zweifelt an Zukunft der Ministerpräsidentenkonferenz. , , (220 wörter)
Gemeinsame Beschlüsse der Ministerpräsidenten seien sinnlos, wenn sie nicht mehr für alle verbindlich sind, schreibt der rheinland-pfälzische Regierungschef Beck. Er kritisiert damit die Weigerung Bayerns und NRWs, die Rechtschreibreform pünktlich einzuführen.
: Im Land der Wörtermörder. Der Spiegel, , nr. 30, s. 62 bis 68, Gesellschaft (3933 wörter)
Seit mehr als 30 Jahren mühen und streiten sich drei Germanistikprofessoren um Kommata, Apostrophe und Silbentrennung. Aus der Fachdebatte ist längst ein Glaubenskampf geworden. […] Theodor Ickler hat keinen Fernseher, kein Auto aus Prinzip, und bis vor kurzem hatte er auch keinen Duden. […] Gerhard Augst ist emeritierter Germanistik­professor aus Siegen. Ihm hat das Land zu verdanken, dass es in manchen Gegenden vom 1. August an "Quäntchen" schreibt und "nummerieren" mit zwei m. […] "Für Herrn Ickler ist die ganze Reform das Machwerk eines Alt-68ers und eines Altkommunisten", sagt Professor Dieter Nerius aus Rostock, ebenfalls emeritiert. "Kollege Augst ist der 68er, und der SED-Apparatschik, das bin ich." Nerius hat gefragt, wer noch in dieser Geschichte auftauchen würde. Allein mit Ickler möchte er noch nicht mal in einem Artikel gesehen werden. Die drei älteren und hochgebildeten Herren sind Kombattanten. Wortführer in der leidenschaftlichsten Debatte des deutschen Geistes­lebens seit dem Historiker­streit Mitte der Achtziger: dem Disput um die richtige Rechtschreibung.
: Beck stellt Konferenz der Länder in Frage. Süddeutsche Zeitung, , s. 6, Politik (335 wörter)
Der rheinland-pfälzische Minister­präsident Kurt Beck (SPD) hat die Zukunft der Minister­präsidenten­konferenz in Frage gestellt. […] Anlass für den Brief Becks […] ist das Ausscheren der Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen aus der Rechtschreib­reform. […] Dass die beiden Bundesländer nun dennoch ihren eigenen Weg gehen, stellt nach den Worten Becks „eine derartige Missachtung eines eindeutigen Beschlusses“ dar, dass dieser „nicht ohne Folgen für die weitere Arbeit der MPK und für die von uns beschlossenen Ergebnisse bleiben“ könne.

23. 7. 2005

: Schleichender Zentralismus. Köhler und die föderale Ordnung. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 169, s. 2, Politik
Das Bund-Länder-Verhältnis ist angespannter geworden […] Zwar ist die Äußerung eines CDU-Ministerpräsidenten überliefert, künftig werde der Vermittlungsausschuß von Bundestag und Bundesrat überflüssig, weil entsprechende Verhandlungen im CDU-Präsidium geführt würden. Doch änderte das nichts an der Schärfe möglicher Konflikte.[…] Die Weigerung Stoibers und des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Rüttgers, sich in der Rechtschreibreform den anderen Ländern anzuschließen, könnte zum Signal werden.

22. 7. 2005

: Was die Berner wollen. Berner Zeitung, (193 wörter)
Ferner soll die Regierung laut Stalder verhindern, dass teure Sprachlexika angeschafft würden, die auf der Rechtschreibreform von 1996 beruhten. Denn der letztlich zuständige Rat für Rechtschreibung, dem auch Schweizer angehören, habe eben erst eine revidierte Fassung einiger dieser 96er-Regeln verabschiedet: Beispielsweise soll demnach nun wieder gelten: «eislaufen» statt «Eis laufen». Damit werde einer der vielen Schnitzer der Rechtschreibreform korrigiert. Er, Stalder, habe bereits vor Jahresfrist einen Vorstoss zu dieser Reform eingereicht. Ohne dass er damit aber eine grosse Wirkung erreicht hätte.
: Notbremse ziehen. Berner Zeitung, , Kommentar (171 wörter)
Seit sieben Jahren wissen die Bildungspolitiker in diesem Land: Ab 1. August 2005 wird es ernst mit der neuen Rechtschreibung. Aber noch immer sind Teile der Reform schwer umstritten. Trotzdem will sie die Erziehungsdirektoren­konferenz (EDK) am 1. August definitiv in Kraft setzen. Die kantonalen Erziehungs­direktoren, welche die EDK bilden, müssen sich die Frage gefallen lassen: Warum haben sieben Jahre Übergangszeit nicht ausgereicht? Und was soll die plötzliche Eile, wo doch Teile der Reform reformiert werden sollen?
: Seldwyla in der Schulstube. Neue Zürcher Zeitung, , nr. 169, s. 14, Inland (354 wörter)
Angesichts der laufenden Flickarbeiten an der Rechtschreibe­reform verzichten die Bundes­verwaltung und die kantonalen Verwaltungen auf eine Teil­inkraftsetzung des neuen Regelwerks auf den 1. August und verlängern die Übergangs­frist bis zu dem Zeitpunkt, da der Rat für deutsche Rechtschreibung seine Arbeiten abgeschlossen hat und die zuständigen Behörden die Resultate genehmigt haben. Damit setzen also die Verwaltungen der einzelnen Erziehungs­direktoren nicht um, was diese den Schülern und Lehrern zumuten wollen. Quod licet Iovi, non licet bovi - frei übersetzt: Oben gelten andere Massstäbe als unten. Anders gesagt: Was nicht einmal der Verwaltung schmeckt, wird den Schulkindern verfüttert.

Warum sollen schule und verwaltung nicht unterschiedliche übergangs­fristen haben? Längerfristig gelten folgende massstäbe: Aus schülern werden (u. a.) verwaltungs­angestellte, aus verwaltungs­angestellten werden rentner und tote.

: Mahrenholz: Kein Interview zur Schreibreform. Die Welt, , nr. 169, s. 4, Deutschland (95 wörter)
Das Gespräch war unautorisiert in die Zeitung gekommen.
: «Muttersprache ist die beste» – Smudo verteidigt Rechtschreibreform. ,
Smudo, Sänger und Texter der deutschen Hip-Hop-Band "Die Fantastischen Vier" verteidigt die deutsche Rechtschreibreform. "Die Reform ist nur der Versuch, das richtige Schreiben für alle zu vereinfachen", sagte der 37-Jährige dem Magazin Reader's Digest.

21. 7. 2005

: Bern will Moratorium. Bieler Tagblatt, , nr. 168, s. 18, Kultur (386 wörter)
Wie in Deutschland sollen nur die «unstrittigen» Neuerungen obligatorisch werden. Der Kanton Bern allerdings will sogar ganz verschieben. […] Dem Kanton Bern sei jedoch nicht an einem Alleingang gelegen […].
: Es lebe die babylonische Verwirrung. Mit «Heraus mit der Sprache» kämpft Hans Magnus Enzensberger unter dem Pseudonym Andreas Thalmayr gegen die Sprachreform. Der Bund, , s. 11, Kultur
Thalmayrs Leidenschaft irritiert andererseits da, wo er zu polemischen Rundschlägen gegen die Rechtschreib­reform(er) und die Duden-Grammatik ausholt.
: Der Kanton will die Übergangsfrist verlängern. Der Bund, , s. 29, Kanton Bern (317 wörter)
Wie das Regionaljournal von Radio DRS gestern berichtete, setzt sich der Kanton Bern bei der EDK für eine Verlängerung der Einführungsfrist der Reform ein. «Wir wollen nicht mit einer neuen Übergangslösung noch mehr Verwirrung stiften», erläuterte Johannes Kipfer, Vorsteher der Abteilung Volksschule in der Erziehungs­direktion, gestern auf Anfrage. Wenn sich die Lehr­kräfte beim Korrigieren ständig überlegen müssten, ob es sich um eine alte Form handelt, für die nach der EDK-Regelung eine Ausnahme besteht, würde eine «grosse Verunsicherung» entstehen. […] Der «Stengel» im Schul­aufsatz würde somit noch mindestens ein weiteres Schuljahr lang nur als veraltete Schreib­weise des «Stängels» angestrichen, aber nicht als Fehler vermerkt. Man wolle jedoch möglichst «im Konkordat» mit den anderen Kantonen vorgehen, sagte Kipfer.
: Bildungsministerin Bulmahn: Stoiber ist vor Springer in die Knie gegangen. , , Deutschland (382 wörter)
Bildungsministerin Bulmahn hat das Verhalten von Bayern und NRW bei der Rechtschreibreform scharf kritisiert. In der Netzeitung forderte sie die Länder auf, «solche Sperenzchen zu unterlassen».
: Rechtschreibung: Leser unzufrieden. (Braunschweiger Zeitungsverlag),
"Sind Sie mit der Rechtschreib­reform zufrieden?" lautete die Frage, über die unsere Leser elf Stunden lang […] abstimmten. Das Ergebnis fiel eindeutig aus: 91 Prozent der Anrufer sind unzufrieden mit der Reform, nur 9 Prozent sind dies nicht.

20. 7. 2005

Neue Proteste gegen die Rechtschreibreform. Basler Zeitung, , 163. jg., nr. 167, s. 1 (48 wörter)
«Reiner Populismus», sagt Peter Gallmann […].
: Widerstand gegen eine Reform, die längst da ist. Basler Zeitung, , 163. jg., nr. 167, s. 2, heute (339 wörter)
Niemand kann sich so über die neue Rechtschreiberegeln aufregen wie die Deutschen.
: «Das war doch nur ein Reförmchen.» Basler Zeitung, , 163. jg., nr. 167, s. 2, heute (733 wörter)
Die Rechtschreibreform tritt am 1. August endgültig in Kraft. Peter Gallmann ist einer der neun Schweizer im Rat für deutsche Rechtschreibung. […] Peter Gallman […] sieht einen an, wie er es an diesem Vormittag in einem Schaffhauser Café noch öfter tun wird: mit einem unbe­eindruckten, festen Blick. So furchtbar viel habe man da doch nicht reformieren müssen: «Von der Grundsubstanz her ist die deutsche Rechtschreibung ja in Ordnung.» Er selber hätte es gern noch radikaler gehabt: durchgehende Kleinschreibung wie im Englischen. […] In der Schweiz wird kaum über die Rechtschreib­reform geschimpft. Weil die Schweizer nicht so regelfixiert sind wie die Deutschen? Zu Sprachnormen jedenfalls hätten sie eine andere Einstellung, sagt Gallmann: «Durch die Dialekte sind sie vertraut mit sprachlicher Varianz und Vielfalt.»
: Edelfederlesens. Eine Podiumsdiskussion über die Zukunft des Feuilletons. Esslinger Zeitung, Kultur regional
Das deutsche Feuilleton schrumpft. […] "Leben ohne Feuilleton!?" lautete das Thema einer prominent besetzten Podiumsdiskussion im Stuttgarter Kunstgebäude. […] Mit Empfehlungen akademischer Theologen an den neuen Papst oder mit lautem Geheul über die Rechtschreibreform lasse sich kein junges Publikum interessieren.
: Für den Reißwolf. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 166, s. 9, Briefe an die Herausgeber (208 wörter)
Das Schweigen meiner Kollegen trotz besserer Einsicht, das Hinnehmen durch die Lehrer­verbände trotz besserer Einsicht, vor allem aber das widerstandslose Übernehmen der "neuen Regeln" trotz besserer Einsicht durch nahezu alle Zeitungs­verlage ist erschreckend. Es beweist, daß in Deutschland heutzutage ein "Adolf", welcher Art auch immer, einen mit rückgratlosem Untertanen­geist gepflasterten Weg vorfinden würde.
: Verordneter Wahnsinn. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 166, s. 9, Briefe an die Herausgeber (165 wörter)
Als (Fremdsprachen-)Lehrerin gedenke ich ebenfalls, den verordneten Wahnsinn weiterhin zu ignorieren. Zweifel beschleichen mich allerdings, wie lange dies möglich sein wird.

18. 7. 2005

: Die Würde des Möglichen. Ein Plädoyer für die Arbeit des Rates. Süddeutsche Zeitung, , s. 11, Feuilleton (559 wörter)
Zu viele Sprecher, Schreiber, Leser und Lerner der größten Sprache Europas sind auf eine im ganzen einiger­maßen stabil geregelte Ortho­graphie angewiesen, als dass man eine Lösung weiter vor sich und einer längst total ermüdeten Öffentlichkeit herschieben könnte.

Die grösste sprache Europas ist russisch mit etwa 123 millionen menschen.

16. 7. 2005

: Lehrer lassen Milde walten. Tages-Anzeiger, , s. 3, Inland (325 wörter)
Die wahren Sprachprobleme der Schüler lägen anderswo. […] «Wir gehen pragmatisch an die Sache heran und werden den Schülern keinen Strick daraus drehen, wenn sie da und dort die neue und die alte Rechtschreibung verwechseln», sagt Jürg Honegger, Vorstand der Deutschlehrer an der Zürcher Kantonsschule Rämibühl. Besonders in Fällen, in welchen die alte Rechtschreibung einen klareren Ausdruck ermögliche, wolle man grosszügig sein, sagt Honegger weiter. «Die Reform ist schliesslich nicht unumstritten. […]»

In der tat: Es wird sogar bestritten, dass es fälle gibt, in welchen die alte rechtschreibung einen klareren ausdruck ermöglicht.

14. 7. 2005

: In Kürze. Neue Rechtschreibung ab August verbindlich. Tages-Anzeiger, , s. 2, Inland (64 wörter)
Ab dem 1. August gibt es für die Schüler kein Pardon mehr: Die neuen Regeln für die deutsche Recht­schreibung sind mit wenigen Ausnahmen ver­bindlich.

13. 7. 2005

: Ex-Verfassungsrichter Mahrenholz vermißt öffentliche Debatte bei Rechtschreibreform. Die Welt, , nr. 161, s. 4, Deutschland (555 wörter)
Wir sitzen vor einem Scherbenhaufen. Ich nehme an, das Ausland lacht sich halbtot. Im Englischen […] gibt es allein für die Schreibweise "ough", ich meine mich zu erinnern, sechs verschiedene Aussprachen. Das müssen die lernen! Und es geht doch? Ich begreife nicht, daß man unseren ABC-Schützen nicht auch ein paar Schwierigkeiten zumuten kann. Das war doch alles durch den Duden und Wahrig wunderbar geregelt. […] Ich hätte mich auf alle Fälle im Gericht gegen das ganze Verfahren gewehrt.

Gegen das verfahren? Welches wäre denn besser? Wohl doch eher gegen jede reform.

9. 7. 2005

Paul Flora. Zeichner. Tages-Anzeiger, Das Magazin, , nr. 27, s. 40, Bekenntnisse (136 wörter)
Was ich nicht mag: Zeit­geist, theoreti­sche Kunst­freude, Hundert­wasser, lustige Leute, Menschen­ansamm­lungen, Morgen­stund, Fach­leute, wenn man sie lässt (siehe Rechtschreib­reform), Besser­wisser […].

8. 7. 2005

: Bewährte Helden. , , Kultur
Mit dem zwischen­staatlichen Abkommen zur Neuregelung der deutschen Rechtschreib­reform vom Juli 1996 sollten die irr­witzigsten Rechtschreib­regelungen ("Auto fahren", aber "radfahren", "bankrott gehen") endlich bereinigt werden. Sie beruhen restlos auf frag­würdigen Analogie­schlüssen, Geschmack­urteilen und der Orientierung am sogenannten Sprach­gebrauch. Seither tobt eine aufgeregte Reform­debatte mit stürmischen Attacken in den Feuilletons. Dabei ging es den Reformern um Kleinigkeiten und keines­wegs um die grund­sätzliche Änderungen von spezifisch deutschen Marotten wie der Groß­schreibung von Nomen.

2005-07-07

neu : Die orthographische Reichseinigung. Vor 125 Jahren erschien die erste Ausgabe des „Dudens“. Berliner Zeitung, , s. 32, Feuilleton (569 wörter)
Die Teilung in eine Leipziger und eine Mannheimer Ausgabe hatte das nach Duden benannte Wörterbuch rasch überwunden. Mit den Folgen der 1996 erlassenen Rechtschreibregeln aber kämpft es bis heute. Eine 1995 in hoher Auflage gedruckte Neuausgabe wurde eingestampft, nachdem Bayerns Kultusminister Hans Zehetmair gegen den „Frefel“ und für den „Heiligen Vater“ eingetreten war.
neu : Die Woche des Absturzes. Gerhard Schröder hat Vertrauen verloren und will es jetzt wiedergewinnen. Rheinischer Merkur, , 60. jg., nr. 27 (1046 wörter)
Im Herbst füllen sich vermutlich die Oppositions­bänke mit den Früh­pensionären der SPD. Was macht dann Hans Eichel? Vor­sitzender des Finanz­ausschusses! Wolfgang Thierse? Der ist doch Germanist und könnte sich um die Rechtschreib­reform kümmern.