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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 8. 2005
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Aus presse und internet

31. 8. 2005

: Erziehungsdirektion: Viel «kreatives Potenzial». Berner Zeitung, , s. 11, Ihre Seite (241 wörter)
Wir, die wir im Schuldienst stehen, staunen immer wieder über das kreative Potenzial, das bei den Ver­antwortlichen der Erziehungs­direktion vorhanden ist. Das kreative Potenzial nämlich, stets neue Bereiche zu finden, wo eine fröhliche Wurstelei angestellt und Verwirrung gestiftet werden kann. […] Jüngstes Beispiel nun aber: die Einführung beziehungsweise Nicht­einführung der neuen Rechtschreibung auf den 1. August.
: Schule fengt an. Darmstädter Echo,
Auf weniger Ablehnung als die Rechtschreib­reform scheint eine andere, ebenfalls nur vermeintliche Ver­einfachung unserer Sprache zu stoßen, die sich allerdings mit dem Anschein von Weltläufigkeit ummäntelt. Gemeint ist der zunehmend zu beobachtende Gebrauch des so genannten „Denglisch“ […]. Zu Recht hat eine Reihe von namhaften Wissenschaftlern […] dagegen protestiert und sich für den Erhalt der deutschen Sprache in Forschung und Lehre ausgesprochen. […] Andernfalls könnte es eines nicht allzu fernen Tages sein, dass ein, wie jüngst in Berlin gesehen, Autoaufkleber mit dem Hinweis „Forsicht, Schule fengt an“ gar nicht mehr als witzig empfunden wird.
: Kopfgeburt. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 202, s. 38, Briefe an die Herausgeber (144 wörter)
Ich hoffe immer noch, daß es den gemeinsamen Bemühungen kompetenter Literaten, Wissenschaftler, Verlage und anderen gelingt, uns diese "Deform" zu ersparen. Sie war von Anfang an die Kopfgeburt einiger Sonderlinge, die offen­sichtlich nach Ruhm trachteten.

30. 8. 2005

: Zerstörer der Wissenschaftsfreiheit. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 201, s. 8, Briefe an die Herausgeber
Ähnlich wie bei der sogenannten "Rechtschreib­reform" entwickelt sich eine arrogante, unbelehrbare, zur Korrektur unfähige Kultusminister­konferenz, die sich immer mehr den Interessen und Anliegen der Bürger entfremdet, zu einer Agentur der Beförderung von Demokratie­verdrossenheit.

27. 8. 2005

: Scheuer Biss mit hohlem Zahn. Über das spannende Thema der Bionik hat Kurt G. Blüchel ein schwaches Buch geschrieben. Süddeutsche Zeitung, , s. 16, Literatur, Buchkritik
Auch mit seinen Meinungen hält Blüchel nicht hinter dem Berg: die Rechtschreibreform mag er nicht, der ärztlichen Forschung grollt er, er schüttelt den Kopf über die deutsche Nervenkrise: „Was soll aus Deutschland werden? Dereinst ein Hort der Dichter und Denker, der Erfinder und Entdecker, der Sozial­architekten, der risikofreudigen Unternehmer und innovativen Wissenschaftler – jetzt ein Land ohne Hirne, ohne Ideen und Kreativität, ohne Schwung und Eigen­initiative?“ Das mag so sein oder nicht – aber was hat es mit Bionik zu tun?

24. 8. 2005

: Ein Märchen aus uralten Zeiten. Es war einmal: Aus dem Lied einer Nürnberger Musikgruppe wurde ein Wenders-Film. Süddeutsche Zeitung, , s. 15, Medien, TV-Kritik
Die Film-Musik bestätigt mit den Bildern der erstorbenen Landschaft an der Zonengrenze zwischen Hof und Lübeck im Sommer 1975, dass auch das enge Deutschland so weit und unendlich sein kann wie ein aus Kino und der Jukebox zusammen­geträumtes Amerika. Die Liebhaber­gruppe […] ist in den Sechzigern noch mit dem Rock’n’Roll-Sänger Roy Black aufgetreten, hat sich über Feuerwehr­bälle und Volksfeste nicht gerade hoch­gearbeitet, hat später Filme von Michael Verhoeven und Erwin Keusch begleitet und sogar Gymnastik­lehrstunden im Bayerischen Fernsehen untermalt, um sich dann im Lauf der Welt aufzulösen. Alle fünf Bandmitglieder sind in so genannten bürgerlichen Berufen untergetaucht, Jurist geworden oder, wie Linstädt, Hauptabteilungs­leiter Musik des Bayerischen Rundfunks. Einer, schlimmer geht es bald nimmer für einen Künstler, klagt gegen die Rechtschreibreform.
: Besser wie Stoiber. Grass & Co feiern die SPD-Kulturpolitik. Der Tagesspiegel, , Kultur
Bei der Rechtschreibreform taut Grass sichtlich auf, wirft verschmitzte Seitenblicke auf die Ministerin und verteidigt die Sprachvielfalt einer Kulturnation, die gleichermaßen ein „besser als“ und ein „besser wie Stoiber“ erlaubt.

23. 8. 2005

: Das Sprachvolk als Regelungsempfänger. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 195, s. 9, Briefe an die Herausgeber (517 wörter)
Es gilt, im Begriff der Rechtschreibung zwischen "amtlich" und "richtig" zu unterscheiden (zwischen Recht und recht). Die amtliche Schreibung ist […] beliebig und beliebig änderbar. Sie wird durch "Führer­befehl" oder Ministererlaß festgelegt. […] Über richtig und falsch entscheidet dagegen das Urteil des kompetenten Mutter­sprachlers. […] Während die richtige Schreibweise immer amtlich werden kann, gilt dies umgekehrt nicht.

Es ist schön, wenn man so genau weiss, was richtig und wer kompetent ist.

20. 8. 2005

: Zwei Lager von Besserwissern. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 193, s. 8, Briefe an die Herausgeber (287 wörter)
Wie kommen die Kultusminister überhaupt dazu, unsere Rechtschreibung den Urteilen einer Arbeitsgruppe der Kultusminister­konferenz zu überantworten, die mit weltfremden Argumenten eine ungeliebte Neuregelung durchsetzen will? Eine ebenso interessante Frage ist aber: Wie kommen Meier und andere Gegner der Reform dazu, uns weiter die alte Regelung verordnen zu wollen?

18. 8. 2005

: Im Klartext. Die ZDF-Kindersendung „logo!“ bereitet Nachrichten so auf, dass selbst Erwachsene sie verstehen. Süddeutsche Zeitung, , s. 15, Medien
Die jungen Moderatoren Jule, Anja, Kim und Andreas fläzen sich schon mal im Zebra-Sofa des Mainzer Studios. Sie touren mit dem logo!-Mobil durchs Land, werfen Kinder­reportern lässig Mikrofone zu, pflegen Schulhof-Sprache: Musikpiraten sind uncool, bei der Rechtschreibreform gibt es Zoff, Firmen sind sauer.

16. 8. 2005

Kultour. Sprachpreis. Schaffhauser Nachrichten, , Feuilleton (72 wörter)
Der Deutsche Sprachpreis 2005 geht an die Journalistin Heike Schmoll. […] Schmoll, die seit 1989 dem Ressort Innen­politik der FAZ angehört, setze sich zudem für «die bewährte Recht­schreibung des Deutschen» ein, heisst es in der Begründung für den Preis.
: Was die Rechtschreibdiktatur zerstört. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 189, s. 8, Briefe an die Herausgeber (331 wörter)
Die Hauptfrage, mit der sich weder die Reformer noch die Kultus­minister auseinandergesetzt haben, lautet: Welches Prinzip soll für die Orthographie gelten? Präskription oder Deskription? Beides zugleich geht nicht. […] Seit 1996 gibt es in den Wörterbüchern einen Mischmasch der beiden einander wider­sprechenden Prinzipien […]. Der Deutsche Bundestag beschloß am 26. März 1998: "Die Sprache gehört dem Volk!" Das bedeutet Deskription.

So wäre die buchstabenschrift nicht erfunden worden, aber damals gab es weder die schulpflicht noch den deutschen bundestag, nur das volk und eventuell irgendwelche rechtschreib­diktatoren.

15. 8. 2005

: Abgeordnete müssen online antworten. Spiegel Online, , Netzwelt
Da halten Politiker vor großen Versammlungen von Leuten Reden, die sowieso gekommen sind, weil sie den Redner gut finden. […] Kandidatenwatch.de will da Abhilfe schaffen: Statt fünf oder noch mehr Wahlprogramme nach politischen Positionen zu durchforsten, die man teilt oder ablehnt, kann man auf der Webseite seinen persönlichen Bundestags­kandidaten oder seine Kandidatin fragen, was die denn so vorhaben mit der eigenen Stimme. Was sie von der Rechtschreibreform halten, ob ihnen Kinder­betreuung oder Kündigungsschutz wichtiger ist, wie sie zur Stammzell­forschung stehen. […] Für den Bürger ist das sehr angenehm, kann er doch endlich mal loswerden, was ihm schon immer auf den Nägeln brennt […]. Oder er kann ein bisschen sticheln, etwa indem er einen Abgeordneten, der vor allem für einen peinlichen Fehler auf seinem Plakat bekannt geworden ist, nach seiner Meinung zur Rechtschreib­reform fragt.

13. 8. 2005

: Nicht mehr verkäuflich. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 187, s. 6, Briefe an die Herausgeber (189 wörter)
Bei der Einführung der Rechtschreib­reform scheint mir ein wesentlicher Aspekt kaum erwähnt zu werden. Immer wird nur über die Kosten bei Schulbüchern debattiert, als ob Schulbücher der Inhalt unserer Literatur wären. […] Zusammengefaßt, entsteht hier ein großer Vermögensverlust […]. Wie soll die ganze vorhandene wissenschaftliche Literatur behandelt werden?

Die gute nachricht: Die wissenschaft publiziert englisch. Die schlechte nachricht: Die englische ortografie sollte auch reformiert werden.

: Unbelehrbare Politiker. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 187, s. 6, Briefe an die Herausgeber (192 wörter)
Seit längerer Zeit verfolge ich in Ihrer hervor­ragenden Tageszeitung die Entwicklung bezüglich der sogenannten Rechtschreibreform. Was hier geschieht, zählt in meinem Leben zu den schäbigsten Dingen, welche ich bisher erleben mußte. […] Wenn Politiker bei der Sprachreform un­demokratisch und unbelehrbar zu sein scheinen, dann werden sie das gleiche Fehlverhalten bei anderen wichtigen Dingen in unserem Leben an den Tag legen - das macht wirklich Angst.

Wirklich angst macht die tatsache, dass viele leute nur 1 zeitung lesen.

: Der Vergleich hinkt. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 187, s. 6, Briefe an die Herausgeber (152 wörter)
Bern ist wie Freiburg und Wallis einer der drei zweisprachigen Kantone […]. Das mag zur Zurück­haltung auch im sprachlichen Bereich beitragen. Als dramatisch wird das hier nicht empfunden. Eher als originell.
: „Pickel am Po.“ Dieter Hallervorden schaut nicht zurück, sondern nur nach vorn – selbst wenn er 70 wird und eine TV-Gala bekommt. Süddeutsche Zeitung, , s. 31, Medien
Hallervorden: Ich gebe auch Ansichten preis – zur Politik, zur Rechtschreib­reform, zur Art, wie Fernsehen gemacht wird.

12. 8. 2005

: Keine Unsicherheit in Schulen. Mit dem Schulbeginn tritt die neue Rechtschreibung in eine neue Phase. Die Südostschweiz, ausgabe Gaster und See, , s. 3 (634 wörter)
«Für die Schülerinnen und Schüler ist die neue Rechtschreibung nicht neu, sondern die einzige, die sie kennen.» […] Eicher unterstreicht, dass weder Lehrerschaft noch Schulkinder durch die endgültige Einführung der neuen Rechtschreibung ab Anfang dieses Monats verunsichert würden. […] Anita Zweifel Müller, Fachlehrerin für Deutsch am Berufs- und Weiterbildungs­zentrum (BWZ) in Rapperswil und Mitglied des BWZ-Fachvorstands Deutsch unterstreicht ebenfalls, dass die definitive Einführung der neuen Rechtschreibung und die Beibehaltung zweier Schreib­varianten in wenigen Ausnahme­bereichen zu keiner Unsicherheit in der Schule führe. Ihre Schülerinnen und Schüler waren zwar in den ersten beiden Primarklassen noch nach der alten Form unterrichtet worden, «aber sieben von neun Jahren wurden sie konsequent nach der neuen Rechtschreibung unterrichtet.» Zweifel Müller macht auch noch auf etwas anderes aufmerksam: Nur fünf Prozent der Rechtschreibung seien nun verändert worden. Viel mehr Probleme hätten Schülerinnen und Schüler mit den restlichen 95 Prozent.
: Ein Wiener Schnizzel gefällig? Die Südostschweiz, ausgabe Gaster und See, , s. 3, Kommentar (297 wörter)
Irgendwann könnten sich aber sogar auch die Wogen rund um «Spadschetti» und Portmonees glätten. Spätestens dann, wenn die Französinnen und Welschen irgendwelchen aus dem Deutschen entlehnten Wörtern jedes «h» absprechen. Sie hätten dazu immerhin mehr Grund als wir. Und eine Rechtschreibe­reform im italienischen Sprachraum könnte zum Beispiel aus dem Wiener Schnitzel, das deutschsprachige Touristen bekannterweise auch im sonnigen Süden gerne verzehren, ein Schnizzel machen. Wer könnte es den Italienerinnen und Italienern, den Tessinerinnen und Tessinern verdenken? Es wäre schlicht gerecht.

Wenn schon, dann nicht Schnizzel, sondern schnizzel und noch besser schnizel wie im russischen: шницель (šnicel').

: „Wir sind zwischen Baum und Borke.“ NDR-Intendant Jobst Plog über die neue Macht von Springer, Schleichwerbung in der ARD, Büßerhemden und Verträge mit Star-Moderatoren. Süddeutsche Zeitung, , s. 15, Medien, Interview
Jobst Plog: Schon die Bertelsmann AG besitzt mit ihrer Tochter RTL ja erheblichen medienpolitischen Einfluss – doch der aktuelle Vorstoß Springers hat da eine andere Qualität. Der Anteil des Hauses Springer an der politischen Presse in Deutschland liegt bei mehr als 22 Prozent. Es gibt viele Beispiele, wie sich die Springer-Zeitungen zu Kampagnen formiert haben – so wie beim Kampf gegen die Rechtschreib­reform.

8. 8. 2005

: Demokratischer Störfall. Kommentar: Medienkonzentration. Frankfurter Rundschau, , s. 3, Die Seite 3
Hier geht es nicht nur um den eventuellen Verlust von wirtschaftlichem (Produkt- und Preis-)Wettbewerb, hier geht es um Pressevielfalt und Meinungsfreiheit. Medien haben einen doppelten Charakter: Sie sind zum einen Wirtschaftsunternehmen und zum anderen Unternehmen der Aufklärung. Sie sind die Instrumente, die eine Demokratie lebendig machen und am Leben halten […]. Der Konzentrationsprozess, der im Medienbereich sehr weit fortgeschritten ist, berührt deshalb stets unmittelbar die Demokratie. […] Und wenn sich nun der Axel Springer-Verlag als größtes deutsches Zeitungs­haus einen mächtigen Fernsehkonzern einverleibt, dann gibt es noch einen Grund mehr zur Sorge. Springer ist ein politischer Konzern. In Erinnerung ist die Kampagne gegen die Rechtschreib­reform. […] Die eigenen Interessen haben notfalls Vorrang, auch in der Bericht­erstattung. Und die traditionelle Nähe des Konzerns zu den deutschen Konservativen tut ein Übriges. Das heißt, wir haben es hier mit einem Konzern zu tun, der sich nicht nur als Profit-, sondern auch als Propaganda­maschine versteht.

7. 8. 2005

: Soviel Anfang war selten. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, , nr. 31, s. 13, Sport
Nehmen wir etwa den VfB Stuttgart, wo mit Jesper Grönkjaer und Jon Dahl Tomasson zwei internationale Stars anheuerten. Vielleicht erweist sich deren Verpflichtung schon in ein paar Monaten als teurer Schwabenstreich, aber noch obsiegt allerorten die Neugier auf Unerhörtes, nie Gesehenes. Dazu gehört sogar das elegante Wieder­erscheinen des Giovanni Trapattoni - die passende Antwort der Bundesliga auf die Rechtschreib­reform.
Fragen Sie Reich-Ranicki. Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, , nr. 31, s. 24, Feuilleton
Nein, ich glaube nicht, daß die Rechtschreibreform, wie immer sie ausfällt, in irgendeinem Sinne Einfluß auf die Schriftsteller haben wird. Es sollte ja gerade umgekehrt sein, daß also Schrift­steller Einfluß auf die Reform ausüben. Aber wahrscheinlich ist es schon zu spät.
: Wer wird denn meinen? Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, , nr. 31, s. 26, Feuilleton (306 wörter)
Wann immer ich Bettina Schausten sehe, werde ich von Wut, Trauer und Betroffen­heit geradezu geschüttelt. Warum, Frau Schausten, möchte ich dann brüllen, warum hat das Politbarometer noch nie bei mir angerufen? […] Fragen Sie mich doch mal, was ich von Edmund Stoiber halte, der sogenannten Rechtschreib­reform, von den Radfahrern in Berlin oder von Christian Wulff aus Nieder­sachsen, dem Umfaller bei der Reform der Reform, weshalb der, wenn Sie mich fragen, nie auf Platz eins der Politikerliste kommen dürfte.

6. 8. 2005

: Wenig Widerhall. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 181, s. 8, Briefe an die Herausgeber (169 wörter)
Beim Lesen der Berichte Ihrer Zeitung und der meisten Leserbriefe könnte man seit Jahren den Eindruck bekommen, daß es für große Teile der deutschen Bevölkerung kein bedeutenderes Thema als die Rücknahme der Rechtschreib­reform gibt. Tatsächlich gibt es aber außer in der Schriftsteller­szene und in der F.A.Z. kaum jemand, der sich hier sorgt.
Presseschau zum «späten Triumph Springers». , , Medien
Ähnlich in der «Hamburger Morgenpost»: […] Was Medienmacht bedeutet, haben die Deutschen erlebt, als Springer-Chef Mathias Döpfner im Alleingang versuchte, über alle Instanzen hinweg die Rechtschreib­reform zu kippen.
: Macht über Wort und Bild. Süddeutsche Zeitung, , s. 4, Meinungsseite, Leitartikel
Der bedenkliche Zugriff des Springer-Verlags auf das private Fernsehen: Hier wächst zusammen, was nicht zusammengehört, wenn die Meinungsvielfalt erhalten bleiben soll. […] So verkündete der Verlag mehrfach plakativ die generelle Ablehnung der Rechtschreib­reform oder polemisierte gegen das „Caroline-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs für Menschen­rechte, das einen größeren Schutz der Privatsphäre vor Reportern in Deutschland forderte. Solcher Druck soll erkennbar Eindruck bei Regierenden machen – auf dass sie also zum Beispiel komplett zur alten Rechtschreibung zurück­kehren oder aber gegen ein Straßburger Urteil zu Felde ziehen.
: FDP. Süddeutsche Zeitung, , s. 15, Feuilleton
Es war der Moment, als Westerwelle ein dickes Buch namens „Wechsel-Lexikon – Deutschland erneuern von A-Z“ in die Kameras hielt […]. Das verbindet man sofort mit „Duden“ oder „Langenscheidt“, zwei tief im Unter­bewusstsein verwurzelten Traditions­marken – und ganz allgemein mit der Pflege der Worte […]. Auf den zweiten Blick drängen sich schon unangenehmere Assoziationen auf: Entspricht das derzeitige Chaos der Deutschland-Reform nicht exakt dem Chaos der Rechtschreib­reform? Bei Gott, natürlich! […] Selten hat die aktuelle Politik ihren Charakter als Mogelpackung so offen zur Schau gestellt wie hier.
: Positive Botschaft. Ismaninger Hauptschüler präsentieren Rap-Song. Süddeutsche Zeitung, ausgabe München-Land-Nord, , s. R3
Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern der Ismaninger Hauptschule hat ihren Weg der Selbst­darstellung in der Musik gefunden. […] In Zusammenarbeit mit der Volkshochschule und Musikschule entstand schließlich ein eigenes Lied im Hip-Hop-Stil, dass die Neunt­klässler kürzlich öffentlich präsentierten. […] Bürgermeister Michael Sedlmair meinte angesichts der äußerst deutlichen Wortwahl im Lied, „da hat man keine Probleme mit der Rechtschreib­reform. Da singt man, da rappt man, wenn man etwas sagen will.“

4. 8. 2005

neu : Ende der Einheit. Rheinischer Merkur, , 60. jg., nr. 31 (258 wörter)
Bayern und Nordrhein-West­falen leisten Wider­stand. […] Zum anderen stellen die ab­weichenden Bundes­länder die Frage nach dem Sinn der Kultus­minister­konferenz. […] Vielleicht beschert uns ja der September ein wirkliches Bundes­kultur­ministerium. Dessen erste Handlung sollte es sein, in der Frage der Recht­schreibung das Ver­nünftige zur Norm zu machen
: Erinnerungslücke. Süddeutsche Zeitung, , s. 31, Leserbriefe (184 wörter)
Die neue Rechtschreibung wurde schon am 1. Juli 1996 von den Kultus­ministern angenommen und zum Beispiel in Bayern spätestens am 1. August 1998 eingeführt, an den meisten Schulen schon früher, und zwar unter dem damaligen Kultus­minister Hans Zehetmair, dem jetzigen Vorsitzenden des Rats für deutsche Rechtschreibung. Daran erinnert sich Zehetmair nicht mehr (so alt ist er doch eigentlich noch gar nicht). Er möchte noch einiges geändert haben und befindet, „krankschreiben“ solle wieder zusammengeschrieben werden. Aber „krankschreiben“ wird seit 1996 zusammen­geschrieben und wurde nur in der so genannten alten Rechtschreibung getrennt geschrieben.
: Der König ruft zum Beifall auf. Süddeutsche Zeitung, , s. 31, Leserbriefe (456 wörter)
Eisenberg kann nur einen Vorschlag von Eisenberg als angemessen akzeptieren.
neu : "Machtmißbrauch und Regelzwang." Die Furche (), , Feuilleton (344 wörter)
Widerwärtig war mir damals schon […] die an faschistische Ausgrenzung gemahnende Teilung der Gesellschaft in Studierte und Nichtstudierte: die plebs misera hat Fotografie zu schreiben, für die Elite bleibt es bei Photogrammetrie, Photosynthese, oder wollen wir Philosophen uns mit euch Analfabeten gemein machen? Und gleich widerwärtig die brutale Germanisierung von französischen Wörtern […].

3. 8. 2005

: Bern verschiebt Schreibreform. Basler Zeitung, , s. 3, Heute (104 wörter)
Der Kanton Bern hatte Mitte Juli der EDK vorgeschlagen, die bisherige Übergangsfrist für das Regelwerk zu verlängern. Alles andere sei nicht praxis­tauglich und schaffe Verunsicherung bei Lehrerschaft und Schülern, lautete die Begründung.
: Populistischer Akt. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 178, s. 6, Briefe an die Herausgeber (150 wörter)
Die Entscheidung der Herren Stoiber (CSU) und Rüttgers (CDU), die Rechtschreib­reform in ihren Ländern nicht am 1. August in Kraft zu setzen, stellt eine populistische Maßnahme mit Bezug auf die für September 2005 erwarteten Bundestags­wahlen dar. Die Erläuterungen der beiden Minister­präsidenten zu ihrer Entscheidung sind äußerst dürftig und leicht zu durchschauen.
: Nicht ohne langes "s". Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 178, s. 6, Briefe an die Herausgeber (207 wörter)
Frevel betreibt die geschätzte Zeitung in den Titelzeilen ihrer Kommentare allerdings an der guten alten Fraktur­schrift, indem sie sich seit einiger Zeit dem langen "s" verweigert. […] Durch die Unterscheidung zwischen rundem und langem "s" sind "Wachstube" und "Wachstube" auch optisch zwei verschiedene Vokabeln. Die F.A.Z. sollte zur regel­konformen S-Schreibung zurück­kehren — nicht zuletzt, um in ihrem Widerstand gegen die Rechtschreib­reform glaub­würdig zu bleiben.

2. 8. 2005

: "Schluss mit lustig." In Österreich ist die neue Rechtschreibung kaum umstritten. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 177, s. 5, Politik (539 wörter)
Die Reform fällt daher allein in die Zuständigkeit des Bundes­ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kunst. An dessen Spitze steht Liesel Gehrer von der ÖVP. Sie kann auf eine Umfrage des Fessel-Instituts verweisen, wonach 78 Prozent der Lehrer der Ansicht sind, daß "die neue Rechtschreibung den Unterricht einfacher gemacht" habe. […] Gleichermaßen sieht sich die Ministerin von Ergebnissen aus der Bevölkerung bestätigt. Demnach gaben 64 Prozent der Befragten an, sie wendeten die neue Rechtschreibung schon an; in der Altersgruppe bis 29 Jahre sagten dies sogar 73 und von den Sechzigjährigen und Älteren immerhin 43 Prozent. […] Wie in Deutsch­land sind Schriftsteller und Publizisten die vehementesten Wider­sacher der Reform.
: 8000 Fehler im "Zauberberg". Die Welt, , nr. 178, s. 2, Deutschland (105 wörter)
Gegner der Rechtschreib­reform kritisieren, daß von einem Tag zum anderen zahlreiche Literatur-Klassiker als weitgehend falsch geschrieben eingestuft werden. „Mit dem 1. August erhöht sich die Zahl der Rechtschreib­fehler in Thomas Manns „Zauberberg“ von annähernd null auf etwa 8000“, kritisierte die Forschungs­gruppe Deutsche Sprache (FDS).

Vermutlich hat die «Forschungsgruppe» eine verfügung von Thomas Mann gefunden, dass nach ihm die welt anzuhalten ist. — Etwas haben die «forscher» allerdings vergessen: Der «Zauberberg» wurde sicher auch mal in fraktur gedruckt. Damit könnte man auf eine viel grössere zahl von «fehlern» kommen.

1. 8. 2005

: Beschädigtes Vertrauen. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 176, s. 35, Briefe an die Herausgeber (140 wörter)
[…] auch mein Vertrauen in die Demokratie in Deutschland ist beschädigt. So viel Diktatur in der Demokratie, wie sie seit Einführung der Rechtschreib­reform im Jahre 1996 auf dem Gebiet der Sprache ausgeübt worden ist, habe ich nicht für möglich gehalten.
: Altpapier vom Montag. ,
«Was mich erstaunt – und ich habe das seit neun Jahren beobachtet –, ist, dass dies immer im Sommer passiert», vertraut Gerhard Stickel dem 'Tagesspiegel' an. «Dies» meint den Streit um die Rechtschreib­reform, deren neuen Regeln heute in Kraft treten.
: Wie lesefreundlich ist die neue Orthografie? Zwischenfrage. Süddeutsche Zeitung, , s. 8, Wissen (388 wörter)
Die Psychologen Verena Engl, Florian Hutzler und Arthur Jacobs von der Freien Universität Berlin haben getestet, wie lesefreundlich Texte in der reformierten Schreibweise sind. […] Jacobs: Die Befunde sind gemischt. […] Die Kinder haben Wörter, die nach den neuen Regeln verfasst wurden, in einigen Fällen besser gelesen, etwa bei der Getrennt­schreibung und der S-Lautschreibung […]. Anders war es beim Erhalt der Stammschreibung in Zusammen­setzungen wie „Balletttänzerin“. In solchen Fällen hatten die Kinder genauso wie die Erwachsenen mehr Probleme, diese Wörter flüssig zu lesen. […] Im erbitterten Streit über die Rechtschreibung wäre es jedenfalls generell gut, mehr empirische Studien zu den Vor- und Nachteilen der neuen Schreibweisen zu haben. Bisher wird die Diskussion ja überwiegend theoretisch geführt.
: Silvester im Hochsommer. Bleibt alles anders: Von Rechtschreibung bis Bundesliga. Süddeutsche Zeitung, , s. 15, jetzt.de
Montag: Schweini, richtig schreiben! Heude dritt die Rächtsschreib­refoam in Graft. Deshalb „Diese Woche jetzt.de“ ab jetzt in korrekter, neuer Schreibe.
: Die reale Reform. Wie wir wirklich schreiben. Süddeutsche Zeitung, , s. 15, jetzt.de
Egal, wie viele Gremien noch tagen, egal welche Bundesländer ausscheren und egal, wie sich die Kultus­minister letztlich entscheiden: Die wahre Rechtschreib­reform findet schon längst statt – im Internet und auf den Handydisplays. […] Die T9-Worterkennung im Handy kann leider Hauptwörter nicht von Verben unterscheiden – deshalb wird in SMS bis auf den Satzanfang alles klein geschrieben. „Die Großschreibung von Hauptwörtern kennen nur wenige Sprachen außer dem Deutschen. Aber wir arbeiten gerade an einer Lösung für dieses Problem“, verspricht Lisa Nathan, Produktmanagerin der T9-Software.

Bloss nicht! Übrigens sind es nicht wenige sprachen, sondern, genau genommen, keine.

: Klarheit erwünscht. Schulen arrangieren sich mit Rechtschreibreform. Süddeutsche Zeitung, ausgabe Wolfratshausen, , s. R1, Politik (242 wörter)
In Bayern und Nordrhein-Westfalen, den beiden bevölkerungs­reichsten Bundesländern, wird die Rechtschreib­reform am 1. August noch nicht verbindlich. Die Schulleiter im Landkreis sehen zwar keine Nachteile für die Schüler, doch „das ewige Hin und Her ist einfach schädlich“, sagt Hans-Georg Mühlbauer, Direktor des Gymnasiums Geretsried. Wenn Peter Altstidl, Leiter der Hammerschmied­schule in Wolfrats­hausen, einen Wunsch in Sachen Rechtschreib­reform frei hätte, „dann sollten die Regeln noch sehr viel mehr vereinfacht werden“. Generell machten die Schüler aber durch die Reform weniger Fehler.
: Ein anderes Fegefeuer. Der Tagesspiegel, , Politik (558 wörter)
Dabei war die Reform doch gut gedacht. […] Das Ergebnis aber ist ernüchternd. Die Rechtschreibung wirkt nun vollends undurchschaubar und chaotisch. […] Die Mehrheit der Bevölkerung findet es deshalb gut, dass Bayern und Nordrhein-Westfalen die Übergangszeit […] einfach um ein Jahr verlängern. Nur, was dann? Soll die Reform danach zurückgenommen werden? Die Rückkehr zu den alten Regeln würde die Deutschen ja nicht ins Rechtschreib-Paradies zurückversetzen. Sie würde ihnen nur ein anderes Fegefeuer bescheren. […] Manche Regeln sind jetzt tatsächlich einfacher. […] Anders als die Kritiker behaupten, hat man bei der Reform auf Radikalkuren verzichtet, wie sie immer wieder diskutiert wurden. […] Auch die bei manchen Reform­kritikern kursierende Idee, bislang habe sich die Rechtschreibung gleichsam im Sprachgebrauch von allein gemacht, muss relativiert werden. […] Regeln, die zu viele nicht verstehen, sind sinnlos. Vielleicht ist das der Grund dafür, dass sich schon heute mehr als zwei Drittel der unter 30-Jährigen nach den neuen Schreib­weisen richten, wie eine Umfrage ergab.
: „Eine Frage der religiösen Überzeugung.“ Der Linguist Gerhard Stickel erklärt, warum viele Deutsche sich über die Reform ärgern. Der Tagesspiegel, , Wissen & Forschen (1100 wörter)
In Deutschland wird die Rechtschreibung in der Öffentlichkeit auf erstaunliche Art und Weise überbewertet. […] Bei der derzeitigen Reform empört von staatlichem Zwang zu reden, ist ein historischer Irrtum. Auch die alte Rechtschreibung ließ doch dem einzelnen Schreiber keine Wahlfreiheit. Rechtschreibung ist immer schon normativ vorgegeben worden. Im Spätmittelalter waren es Druckereien und Verlage, die den Ton angaben, später, als die allgemeine Schulpflicht im Lauf des 19. Jahrhunderts eingeführt wurde, die Schul­behörden, also staatliche Organe. […] Vermeintlich neue Kommaregelen, die es in Wahrheit schon lange vor der Reform gab, werden kritisiert. Tatsächlich merken Leser, die am Nachrichteninhalt interessiert sind, gar nicht oder nur selten, ob sie einen Artikel in der alten oder der neuen Schreibweise lesen. […] Auch nach dem Jahr 1902 […] stritt man jahrelang. Damals wurde das h in Worten wie „thun“ oder „Thür“ abgeschafft. Wilhelm II. weigerte sich elf Jahre lang, Briefe in der neuen Schreibweise anzunehmen, und behinderte die Reform, so gut er konnte. Dann kam der Erste Weltkrieg, da hatte er andere Sorgen.
: Ist das Schreiben jetzt einfacher? Der Tagesspiegel, , Wissen & Forschen (427 wörter)
Grundschullehrer berichten, dass für Kinder „das Schreiben mit den neuen Regeln einfacher gworden ist“, sagt Marianne Demmer von der reformfreundlichen Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. „Die Illusion, dass mit der Reform die Fehlerzahlen dramatisch absinken, ist Illusion geblieben“, sagt dagegen Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des reformkritischen Philologen­verbandes. […] Tatsächlich gibt es nur eine Studie, die Schreib­leistungen von Kindern vor und nach der Reform vergleicht. […] Demnach machen die Schüler jetzt zwar mehr Fehler – aber nur, weil sie die alten Schreibweisen noch in Büchern oder Zeitungen finden und nicht wissen, bei welchen Wörtern die neuen Regeln gelten. Deswegen neigen Schüler zum „Übergeneralisieren“, sagt der Erziehungs­wissenschaftler Harald Marx […]. Die Studie testete jedoch nur die s-Schreibung. Wie Schüler mit anderen neuen Regeln zurechtkommen, bleibt eine offene Frage.