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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

presseartikel → 9.–10. 2010
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Aus presse und internet

29. 10. 2010

: Die dänische Stadt Århus ändert ihre Schreibweise in Aarhus. Hamburger Abendblatt, , Aus aller Welt
62 Jahre lang hieß Dänemarks zweitgrößte Stadt nicht Aarhus, sondern Århus. Von Januar an kehrt man zur alten Schreibweise zurück. 1948 hatte man per Rechtschreibreform das Kringel-A "å/Å" eingeführt.

28. 10. 2010

: Das „ß“ wird noch schärfer. Urdeutscher Buchstabe nun auch in Internetadressen erlaubt. Süddeutsche Zeitung (), , s. 1 (516 wörter)
Das „ß“, das technisch gesprochen kein Buchstabe, sondern eine Ligatur ist, kommt tief aus der Geschichte der deutschen Sprache und Schrift. Lässt man das schon als Würde gelten, so ist es nur angemessen, dass von der ganzen Rechtschreibreform grosso modo nichts geblieben ist als die Regel, dass nach kurzen Vokalen das auslautende „ß“ durch „ss“ (Kuß/Kuss) ersetzt wird - ein altehrwürdiger Kringel als Fokus eines die Nation gewaltig aufwühlenden Unterfangens. Der Bericht des die Folgen der Reform beobachtenden Rechtschreibrats wird in Kürze veröffentlicht, und es wäre höchst erstaunlich, wenn er in der Kausa „ß/ss“ keinen Erfolg meldete. Die Regelung wird allgemein akzeptiert, wenn auch ohne Begeisterung: bei den Freunden der Reform, weil sie sich ungleich mehr erhofft hatten, bei den Gegnern, weil sie die Kröte schlucken müssen, wollen sie anders kein Dacapo des Getöses.
neu : Günter Grass - froh über Demos zu „Stuttgart 21“. , , Kultur
Ihr neues Buch erzählt die Geschichte eines Wörterbuchs, das komplett in Kleinschreibung gedruckt ist... Grass: Ja, das hat Jacob Grimm seinem Verleger Hirzel abgerungen, obwohl der – völlig zu Recht – gesagt hat: Das wird sich nicht durchsetzen! [Dirksen:] Wäre das also keine Anregung für die nächste Rechtschreib­reform? Grass: Nein, nein, auf keinen Fall. Ich schreibe ja heute noch mit „Esszett“. Jacob Grimm hat exakt hergeleitet, warum das so sein muss.

26. 10. 2010

: In Frankreich und anderswo. , (764 wörter)
Ein Lesevergnügen von hohem Niveau bietet ein kürzlich in Welt Online erschienener Artikel von Wolf Lepenies mit dem Titel “Frankreich schreibt falsch”. […] Einerseits wachse in Frankreich die Zahl derer, die eine Reform der Orthografie wollen, anderer­seits habe ”Le Figaro” die Leser gefragt, ob sie denn für eine Reform der Rechtschreibung votieren - mehr als 30 000 Franzosen hätten geantwortet und drei Viertel von ihnen mit einem Nein. […] Man fühlt sich an Deutschland erinnert. […] Reformen nehmen für sich Verbesserungen der Kommunikations­verhältnisse in Anspruch. Ob sie diesen Anspruch einlösen – zumindest in Bezug auf die schriftliche Kommunikation –[,] ist eine andere Diskussion. Doch dass Sprache längst  nicht nur im Dienste der Kommunikation steht, sondern als “schöne Gestalt” auch ein den ästhetischen Sinn ansprechendes Phänomen ist, sollte nicht vergessen werden.

25. 10. 2010

: Sprich, damit ich Dich sehe. Rainer Hauer über Sprecher und Sprache. hersfelder-zeitung.de, , Kreisteil Rotenburg
Der Wiener Burg­schauspieler und Professor für Rhetorik an der Kunst-Universität Graz geht am Freitag, 5. November, in Rotenburg auf Fragen zum Thema Sprache ein. […] Hauer wird auch den Sinn der Rechtschreib­reform hinerfragen […].

23. 10. 2010

Rechtschreibreform für „Plattsnacker“. NDR.de, , Oldenburg/Ostfriesland (337 wörter)
Widerstände an der ostfriesischen Basis sind kaum zu erwarten, weil fast alle Schichten an der Reform mitgearbeitet haben. Ein Problem bleibt aber: Die meisten „Plattsnacker“ haben nicht gelernt, ihre Sprache zu schreiben[,] und tippen sich die Buchstaben am Computer mundgerecht zusammen. Für Cornelia Nath ist das aber nicht schlimm: „Die Rechtschreib­reform ist kein Gesetz, sie ist ein Angebot.“
: Die Frage: Wozu brauchen Ostfriesen eine Rechtschreibreform? Sueddeutsche.de,
Bisher schrieben alle Plattsnacker zum Beispiel ,Döör" mit doppeltem Umlaut, nur die Ostfriesen nicht. Das ändert sich nun.

22. 10. 2010

: Deutsch: keine Weltsprache – aber wieder „in“. dw-world.de, , Kultur & Leben
Eine Weltsprache ist Deutsch längst nicht mehr. Dennoch: Vor allem in Osteuropa avanciert Deutsch zur beliebtesten Fremdsprache, so Klaus Reichert, Präsident der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung, im Interview. […] [Reichert:] Die sogenannte „Rechtschreib­reform“ ist ja jetzt vom Tisch und einige der unsinnigsten Ent­scheidungen dort sind mit Hilfe unserer Sprach­wissenschaftler von der Deutschen Akademie ohnehin schon korrigiert worden. Aber das ist jetzt kein Thema, das kann man im Grunde auch nicht mehr hören.
: Rechtschreibreform up Platt. t-online.de, , Niedersachsen (340 wörter)
Jetzt haben auch die Ostfriesen ihre Rechtschreib­reform. Aus "moi" (schön) wird "mooi" und aus "Filaper" (Schmetterling) wird "Fielaper". Plattdeutsch schreiben soll dadurch einfacher werden. "Außerdem schlagen wir eine Brücke zu den anderen Platt- Regionen in Norddeutschland. Wir brauchen diesen großen Verbund, um wahr­genommen zu werden und die plattdeutsche Sprache zu erhalten", sagte Helmut Collmann, Präsident des Kultur­verbandes Ostfriesische Landschaft, bei der Präsentation des Reform­werkes am Freitag in Aurich.

20. 10. 2010

: In Seibranz steht Lesen hoch im Kurs. schwaebische.de,
In diesem Jahr wird die katholische öffentliche Bücherei in Seibranz 60 Jahre alt. […] Wirklich alte Bücher wird man in dieser Bücherei sicherlich nicht finden, es sei denn, jemand sucht nach Karl May, Winnetou und Old Shatterhand. […] „Nach der neuen Rechtschreib­reform wurden aber auch nochmals viele Bücher entfernt. Aber so richtig beliebte Kinder­bücher haben wir trotzdem in den Regalen gelassen“ […].
: Liebling, Was Wird Nun Aus Uns Beiden? Spiegel Online (), , Zwiebelfisch
Pump Up Your Letters! Es Regiert Die Allwort­großschreibung! So machen es iTunes und Amazon vor. […] Die Angelsachsen mögen ihre Lieder buchstabieren, wie sie wollen. Doch in Deutschland gelten andere Regeln - nämlich die der deutschen Orthografie. Und die hat niemals vorgesehen, dass Liedertitel durchgehend mit großen Anfangs­buchstaben geschrieben werden. Einerseits sieht das für deutsche Augen ungewohnt, wenn nicht gar befremdlich aus. Andererseits verstärkt die Allwort­großschreibung die heute ohnehin schon starke Verunsicherung in Bezug auf unsere Schriftsprache. Wenn ein außen­stehender Betrachter sieht, dass in E-Mails offenbar jedes Wort klein­geschrieben werden darf, während in Liedertiteln alles großgeschrieben wird, muss er zu dem Schluss kommen, dass sich die Recht­schreibung nicht nach Schulstandard richtet, sondern nach dem Medium. (Womit er allerdings recht hat.) […] In meinen Augen ist die Allwort­großschreibung weder zeitgemäß noch praktisch oder schick, sondern einfach nur lästig. […] Aber dieses Problem betrifft ja nicht nur die deutsch­sprachige Musik: Auch französische, italienische, nieder­ländische und schwedische Lieder werden mit großen Initialen geliefert. Und von diesen Sprachen weiß ich mit Sicherheit, dass die noch nicht einmal die Großschreibung von Haupt­wörtern kultivieren. Das ist eine (von vielen oft verwünschte) deutsche Einzig­artigkeit.

19. 10. 2010

: Fräulein Kampusch wird noch einmal gedemütigt. Nazi-Schick, Zitate-Trick: Kathrin Rögglas „Beteiligte“ schlachten im Wiener Akademietheater einen Fall aus. Frankfurter Allgemeine Zeitung, , nr. 243, s. 36, Feuilleton
Röggla verdichtet die Nachwehen des Falles der Natascha Kampusch, jener jungen Frau, die als Kind entführt und über acht Jahre gefangen gehalten wurde. Als ihr im August 2006 die Flucht gelang, beging ihr Peiniger Selbstmord. Ihr Leidensweg aber war noch nicht zu Ende, denn bis heute blieben ihr die selbsternannten Vertreter des öffentlichen Interesses auf der Spur. Röggla benennt sie in konsequenter Kleinschreibung, die auch im Programmheft beibehalten wird, als "der quasifreund", "der möchtegern-journalist", "die pseudopsychologin", "die irgendwie-nachbarin", "die ,optimale'? 14-jährige" und "das gefallene nachwuchstalent".

14. 10. 2010

: Tausenderlei Unverzichtbares und tausende Besucher. Der Krämermarkt war wieder Anziehungspunkt für Menschen aus nah und fern. Gießener Anzeiger, , Grünberg
Und dann gibt es da noch den Stand, der süße, weiße, schaumige Kalorien­bomben mit hauchdünner Schokoladen­umhüllung verkauft. Die Produkt­bezeichnung ließ erkennen, dass dort die Rechtschreib­reform schon an- und das „ß“ abhanden­gekomen war, die heute oftmals geforderte politische Korrektheit diesen Ort aber noch nicht erreicht hat. Verkauft wurden „Negerkuss-Tüten“.
: „Ich würde sagen“ – auch gebildete Menschen wenden den Konjunktiv falsch an. Anmerkungen eines Deutsch-Liebhabers. maerkischeallgemeine.de, , Politik aus der MAZ
Humorig sei angemerkt: Die Rechtschreib­reform hat das Problem gelöst, indem beschlossen wurde, auch falsche Schreib­weisen zuzulassen, wenn sie im Volke praktiziert werden, wie das bei „Lehmann’s Fahrradverleih“ der Fall ist. Auf diese Weise lässt sich aber die Grammatik nicht vergewaltigen.
: Integration: Im Namen der Kartoffel. taz.de, , tazblogs
Der Islam gehört zu Deutschland – na so was, das ist ja eine ganz bahnbrechende Erkenntnis, die der harmlose Bundes­präsident in seiner harmlosen Rede da verbreitet hat […]. Was kommt als Nächstes? Wasser gehört zum Rhein? […] Aber den ganzen Wahnsinnigen, die jetzt gleich wieder über den Untergang des Abendlandes lamentieren, aber auch den idiotischen Sprachfundamentalisten, die angesichts einer eher mickrigen Rechtschreib­reform gleich die gesamte deutsche Sprache untergehen sehen und jetzt bei jedem Fehler, den sie selbst machen, schimpfen, sie würden sich eben nie an die neue Rechtschreibung gewöhnen, obwohl, und das ist mein unerbittlicher Erfahrungswert als Lektor, in über 90 % der Fälle ihre Schreibweise auch nach der alten Rechtschreibung falsch gewesen wäre […], aber klar, die neue Rechtschreibung ist schuld, aber auch den ganzen kopfverkarsteten Sprachkritikern, die bei jedem aus dem Englischen stammenden oder gar nur ans Englische angelehnten Wort gleich in ein nicht enden wollendes Wehklagen von der Fremdwörterschwemme verfallen […], aber auch den ganzen Rassen­theoretikern, die immerfort bedauern, dass die Deutschen ja viel zu wenig Kinder bekommen und deshalb bald aussterben […], kurzum: Diesen ganzen reaktionären Vollidioten seien mal zwei Dinge in Ruhe gesagt: Erstens: Ja, die Deutschen in dieser Form werden aussterben. […] Und dieser ganze Nationalstaaten­irrsinn hoffentlich auch eines Tages. […] Ja, Deutsch in dieser Form wird untergehen. […] Denn Sprache ist dynamisch, sie entwickelt sich immerfort weiter, sie nimmt neue Wörter auf und vermischt sich und reformiert sich und macht, was sie will, beziehungs­weise was die Menschen, die sie benutzen, wollen, und wenn sämtliche Deutschlehrer der Welt sich zusammenrotten, um ihre durch wirre Zufälle im Moment halt gerade mal gültige Rechtschreibung mit Klauen und Zähnen zu verteidigen, so wird in 50 Jahren doch anders geschrieben und gesprochen und in 150 Jahren erst recht […].

Apropos deutschlehrer: Sie machen uns in der Schweiz weniger sorgen; hier ist eher ein lateinlehrer angesprochen.

13. 10. 2010

: Die Wende und der Wandel der Wörter. Die Mauer, die Menschen und die Mitte Europas (55); Berliner Notizen eines Wiener Korrespondenten. EurActiv.de, , Wahlen & Macht
Als der österreichische Germanist Richard Schrodt […] Mitglied der Zwischen­staatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung wurde, war die Wende gerade schon vorbei. […] Ob man zur Wendezeit keine anderen Sorgen gehabt habe, als die Rechtschreib­reform voranzubringen? „Na ja, man hat immer andere Sorgen…“ Für die Wissenschaftler sei das kein Thema gewesen, wohl aber für manche Medien, meint Schrodt.

12. 10. 2010

: Szenen aus dem prallen Vaterleben. Kabarettduo »FaberhaftGuth« glänzt mit ausgefeiltem Programm im Refektorium des Alten Klosters. Offenburger Tageblatt (baden-online.de),
Am Samstag gastierten die zwei Profi-Kabarettisten in Haslachs Kleinkunst­reihe KLIK zur sichtlichen Freude des Publikums. […] Ob hanebüchene neue »Rechtsprech­regeln« im Gefolge der Rechtschreib­reform oder der Powervortrag von »Educating Consulting« im Kindergarten […], ob wahlkämpfender Politiker […], ob gesungene Liebeserklärung ans Vatersein oder der nostalgische Rückblick in Zeiten als »Tankstellen noch keine Supermärkte waren«: Alle Szenen saßen perfekt und luden das Publikum zum Lachen und Nachdenken ein.

11. 10. 2010

Antworten. Das Blättchen, das-blaettchen.de, , 13. jg., nr. 20
[…] bisher hat „Das Blättchen“ unverdrossen die Fahne der alten Rechtschreibung hochgehalten und das Missvergnügen vieler von uns an der neuen ist in den vergangenen Jahren nicht geringer geworden. […] Mit der vorliegende Ausgabe wird „Das Blättchen“ zwar nicht mit fliegenden Fahnen, aber doch konsequent auf die neue Rechtschreibung umstellen.

9. 10. 2010

neu : Dem „Fugen-S“ auf der Spur. Interview: Germanistin Prof. Damaris Nübling erforscht Zweifelsfälle im Sprachwandel. Allgemeine Zeitung (, , Mainz
An der Universität Mainz gibt es seit kurzem das Forschungsprojekt „Determinanten Sprachlicher Variation“, bei dem sich Sprach­wissenschaftler mit der Frage beschäftigen, warum es oft einige verschiedene Formen gibt, ein und dasselbe auszudrücken, und was schließlich dafür sorgt, dass sich eine Variante durchsetzt. […] „Gerti’s Saftladen“ […] - gruselt Sie es, wenn sie solche Schreibweisen lesen? [Nübling:] Da muss man sich gar nicht gruseln! Das ist mittlerweile zugelassen. Das ist auch ein Sprachwandel, der nicht negativ zu bewerten ist […]. Die Leute denken immer, das was neu ist, muss Englisch sein, dabei gab es das schon in früheren Sprachstufen des Deutschen. […] Possessiv ist es mittler­weile richtig, weil man in der Orthografie eben auch das durchsetzen möchte, was die Leute wirklich an Bedürfnissen haben[,] und wenn das systematisch gemacht wird, dann nimmt man das auf und das ist jetzt passiert: Seit 2006 steht die Form des Eigennamens mit Apostroph plus „s“ als Variante im Duden.
: Rechtschreibreform ante portas. ,
Der Rechtschreibrat macht es spannend. Zwar hat er in seiner Sitzung am 1. Oktober den Abschluß­bericht über die vergangenen fünf Jahre vorbereitet […]. Bislang ist jedoch lediglich ein unveröffent­lichter Entwurf des Berichts vorhanden. […] Über die nächste Reform der Reform ist somit nur wenig bekannt. Ein paar Einzelheiten wissen wir aus einer Medienmitteilung der Schweizer Bundes­kanzlei. Demnach stehen uns die „Streichung bestehender und Zulassung neuer Varianten“ bevor, was alles Mögliche bedeuten kann, und einige Änderungen bei den Fremdwort­schreibungen. Es ist also ein halbherziger weiterer Rückbau der Reform zu erwarten.

8. 10. 2020

: Höchste Eisenbahn. Es geht nicht mehr allein um einen Bahnhofsneubau, der Protest richtet sich auch gegen die Arroganz der Macht. Rheinischer Merkur (rheinischer-merkur.de), , nr. 40, s. 1
Was der Krieg in Afghanistan nicht schafft, gelingt einem Bahnhof in Schwaben: Er treibt Menschen auf die Straße. […] Ein Politiker mit Zeit zum Zwischenhalt könnte sich fragen, was diese Veränderungsallergie ausgelöst hat. Wer einige Groß-Innovationen am geistigen Auge vorbeirollen lässt, findet wenig Ermutigendes. Bei der Rechtschreib­reform kam auf halbem Weg das Ziel abhanden, beim G8 bleibt die Kindheit auf der Strecke, vom Bologna-Prozess verstehen sogar Professoren nur Bahnhof.

Das ziel einer gross-innovation bei der rechtschreibung wäre klar; das von 1996 war eine klein-innovation.

: „daß“ oder „dass“ oder auch nur „das“ oder wie oder was? xtranews.de,
Weil die Rechtschreibreform – abgesehen von Deutsch­lehrern, Lektoren u.a. – kaum jemand richtig erfasst hat, gilt das das-dass-”Problem” gleichsam als Symbol für die ganze ungeliebte Angelegenheit. Nun gilt es in ganz verschiedenen Kreisen als chic, nach wie vor “daß” zu schreiben und damit den Eindruck zu erwecken, man texte in “nicht-reformierter Rechtschreibung”, die man – wie könnte es anders sein – selbstverständlich beherrsche. Nur mit der neuen käme man halt nicht mehr so mit.

6. 10. 2010

: Richtig föhnen: Tipps und Tricks. glamour.de,
Heißt das jetzt 'Föhn' oder 'Fön'? Keine Sorge, diese Frage stellt sich jeder Zweite. Früher gab es die Unter­scheidung Föhn = warmer Fallwind und Fön = Haartrockner. Seit der Rechtschreib­reform darf man für das Gerät auch die Variante mit H verwenden.

2010-10

neu : Schlag nach bei Mackensen! Er führt dich, wohin du nicht willst … Sprachreport (), , nr. 4, s. 2 bis 6 (3237 wörter)
Wer ist dieser Lutz Mackensen (1901–1992) – der (angebliche) Konrad Duden der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts […]? Lutz Mackensen wird 1933 Professor für Deutsche Philologie in Riga, 1940 wird er als Gastprofessor nach Gent berufen, und 1941 bis 1945 ist er erster ordentlicher Professor für Deutsche Philologie an der Universität Posen […]. Er ist also „Auslandsprofessor“ und kämpft, vor allem auf den Gebieten der Volkskunde und Literaturwissenschaft, für das „Deutschtum“ im Sinne des Nationalsozialismus. […] Was macht Mackensen nach 1945 noch? Er wird Geschäftsführer der 1947 in Lüneburg gegründeten „Gesellschaft für deutsche Sprache“, der Nachfolgerin des „Allgemeinen Deutschen Sprachvereins“. Als solcher redigiert er seit 1949 die Zeitschrift „Muttersprache“ („Schriftleiter“) und arbeitet für die Sprach-Gesellschaft. […] Zumindest 30 Jahre, von 1952 bis 1982, ist Mackensen in der Wörterbuchszene präsent […]. Innerhalb dieses Zeitraums erscheinen zehn Auflagen, 1953 zunächst ein „Unveränderter Neudruck“; dann unter dem Titel „Deutsches Wörterbuch“ die „verbesserte“ 3. Auflage von 1955, die bis zur 10. „erweiterten“ Auflage von 1982 geführt wird […].

28. 9. 2010

: Die Blöden sind längst an der Macht. Auftritt von Duisburger Kabarettist Wolfgang Trepper beendet Espenauer Kulturtage im Wickehof. (Hessische/Niedersächsische Allgemeine Zeitung), , Lokales, Ahne/Espe/Fulda
Die Rechtschreib­reform sei eine Kapitulation der Intelligenz vor der Dummheit. „Komm, schreibt, wie ihr wollt. Wir suchen uns dann schon das Richtige heraus.“

26. 9. 2010

: Idealisierung des russischen Bauern. Deutschlandradio, Deutschlandfunk, , 16:10, Sendung Büchermarkt
Turgenjev nannte ihn den "großen Schriftsteller der russischen Erde", für Nabokov war er der "bedeutendste russische Schriftsteller" überhaupt - Lev Nikolajevitsch Tolstoj. Nun gibt es eine Neuübersetzung von "Krieg und Frieden" durch die Slavistin Barbara Conrad. […] Auch der Titel "Vojna i mir" - "Krieg und Frieden" - war zunächst ein anderer: das russische Wort "mir" heißt einerseits Frieden, aber auch Erde, Welt, Gemeinde, Gemeinwesen. Zu Tolstojs Zeiten, vor der russischen Rechtschreib­reform, waren die Bedeutungen orthografisch unterschieden. Den ursprünglichen Titel hätte man vielleicht mit "Krieg und nationale Gemeinschaft" übersetzen können, bevor der Autor das Wort "mir" in der anderen Schreibweise mit der Bedeutung "Frieden" einsetzte.
Praktiker am Werk. Westfälische Nachrichten (westfaelische-nachrichten.de),
Auf 100 Jahre Verbandsgeschichte blickt der Ortsverein Gronau des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) zurück. Im Jahr 1910 gründeten 13 Lehrer aus Gronau und Epe den Katholischen Lehrerverein (KLV) Gronau-Epe. […] Bis zum Ausbruch des 1. Weltkriegs 1914 tagte man abwechselnd in Gronau und Epe. Viel Wert wurde auf die Weiterbildung der Mitglieder gelegt. In fast jeder der monatlichen Versammlungen hielten Kollegen einen Vortrag mit z. B. folgenden Themen: Freier Aufsatz, Werkunterricht, Rechtschreib­reform, Kaiserliche Flotte, Obstbaum­schädlinge, Neuere Untersuchungen über das Gedächtnis […]. Die Breite der Themen zeigt, dass hier Praktiker am Werk waren, dass aber auch die Forderungen der Reform­pädagogik Eingang in den Verein fanden.

22. 9. 2010

: Im Herbst machen Schüler wieder Zeitung. Bergsträßer Anzeiger (morgenweb.de), , Heppenheim
Im Herbst bietet der Bergsträßer Anzeiger die nunmehr zehnte Auflage des Projekts "Schüler machen Zeitung" an. […] Der Bergsträßer Anzeiger ist dabei tägliches Unterrichtsmaterial und Forum zugleich. […] Vom Duden-Verlag aus Mannheim wird als Referent Dr. Werner Scholze-Stubenrecht erwartet. Er ist Chef­redakteur des Dudens […]. Seine Zuhörer und Gesprächs­partner haben die Gelegenheit, sich mit ihm über Sinn und Unsinn der Rechtschreib­reform und die Bedeutung des amtlichen Regelwerks für die deutsche Sprache auszutauschen.

21. 9. 2010

: Die beschriebenen Probleme bleiben. Münchner Merkur (merkur-online.de), , Leserbriefe
Das Amt des Bundespräsidenten ist nicht erst durch das Taktieren im Fall Sarrazin beschädigt worden, sondern schon bei der Wahl durch das Festhalten der Unions­parteien an einem Kandidaten, den viele nicht haben wollten. […] Spätestens nach seinem Umfallen bei der Rechtschreib­reform wusste man, was von einem solchen Politiker zu hallen ist.

19. 9. 2010

: Danke, Mario Engi. Die Südostschweiz am Sonntag, , s. 2, Seite zwei
Ich gehöre nämlich zu den Starrköpfen, die nicht nur diese Reform lehrerhaft kleinkariert finden, sondern sogar der Überzeugung sind, dass es auch wortwörtlich spannend ist, wenn man Regeln bricht und Grenzen überschreitet. […] substantive gehören vom sockel gestossen und eingereiht, um material und geist in ein neues gleichgewicht zu bringen.

18. 9. 2010

: «Gäil» meint «munter» und nicht «lüstern». Tages-Anzeiger, Rechtes Seeufer, , s. 26
Dialektforscher Heinz Gallmann aus Meilen sprach in der Gemeinde­bibliothek über Mundart. […] In Sachen Rechtschreibung gebe es keine fixen Regeln, sondern höchstens Anregungen. «Das Geschriebene sollte die Aussprache möglichst genau ausdrücken», sagte Gallmann.

Fixe regeln gibt es sehr wohl; Gallmann hält sich ja auch daran. Der einzige unterschied zu den regeln des hochdeutschen besteht darin, dass sie uns nicht in der (obligatorischen) schule eingetrichtert werden und daher keine amtliche weihe haben.

: Thilo und die Gene. suedkurier.de, , Kultur
Denn wenn man die Eigenschaften von Menschen genetisch bestimmen kann, dann müsste sich da doch gen­technisch auch etwas drehen lassen. Also bitte, wenn wir den Mais so hinkriegen, wie wir ihn haben wollen, dann wird das doch mit den Türken auch gehen. Oder? […] Allfällige Resistenzen, ganz gleich ob gegen Gesundheits- und Rechtschreib­reform, Mülltrennung, Rauchverbot, Westerwelle, Kachelmann, Hartz IV oder was sonst noch die Gemüter so erregt, werden künftig im Genlabor behandelbar sein.

17. 9. 2010

: Verpatzte Schreibreform. Pädagogen preisen neuartige Techniken des Lernens – doch keine hat bewirkt, dass Grundschüler die Schrift besser beherrschen. Süddeutsche Zeitung, , Forum
Die Reformer sagen dazu: „Sollten Sie dieses ‘eX’ zunächst als ‘sperrigX’ empfinden, so liegt es daran, dass Sie einen anderen Bewegungs­ablauf automatisiert haben. Kinder haben dieses Problem nicht, da sie das ’Schleifen-e‘ nicht kennen (...) Wichtig ist, dass die Vorteile der VA [Vereinfachte Ausgangsschrift] für die Kinder insgesamt bedeutend sind.“ Mit demselben Zynismus ist die Rechtschreib­reform durchgesetzt worden: Die Reformschreibung mag schlechter sein, aber die Kinder kennen ja nichts Besseres, spüren also keinen Mangel. […] Mit der Vereinfachten Ausgangs­schrift haben einige ihrer Erfinderinnen übrigens gute Geschäfte gemacht, da sie an der Vermarktung der Materialien und Schulungskurse beteiligt sind. Auch dies entspricht den Vorgängen bei der Rechtschreib­reform.
: Benachteiligt sind Kinder bildungsferner Eltern. Süddeutsche Zeitung, , Forum
Das Autoren-Trio schildert das Schreibenlernen nach Gehör als selbstverständliche Methode. Dabei wurde der Nutzen dieser Didaktik nie wissenschaft­lich belegt. Bayern testete das Phonetische Schreiben zwar als großangelegten Schulversuch, doch die begleitende Studie wurde schon vor drei Jahren als Ansammlung manipulierter Statistiken zur Propagierung des Wunsch­ergebnisses entlarvt […].

13. 9. 2010

: Erinnerungen an den 1. Schultag. Wer konnte sich einst schon neue Kleidung oder einen neuen Schulranzen leisten? Dingolfinger Anzeiger (idowa.de),
Große Veränderungen im Schulwesen sind im Laufe eines halben Jahrhunderts fest­zustellen, ganz abgesehen von der umstrittenen Rechtschreib­reform.

11. 9. 2010

: „Dem Deutschen geht es gut.“ Bz-Interview mit dem Sprachforscher Ludwig Eichinger über die Dominanz des Englischen und neue Kommunikationsformen. Badische Zeitung (badische-zeitung.de), , s. 11, Kultur
Die Rechtschreib­reform sollte die Orthografie des Deutschen systematischer regeln. Das Gegenteil ist eingetreten. Wie stehen Sie dazu? Eichinger: Die Reform lag vielleicht nahe, weil zentrale Bereiche wie die Getrennt- und Zusammen­schreibung nicht geregelt waren. Dass man versucht hat, alles durch­zuregeln und nicht auf die Tradition zu schauen, war ein Fehler. BZ: Sehen Sie nach der Reform nicht dem Wildwuchs Tür und Tor geöffnet? Eichinger: Bei vielen der zugelassenen Varianten entsprechen die Schreibweisen funktionalen Unterschieden. Man schreibt "totgeschlagen", aber, weil das Adjektiv länger ist, "bewusstlos geschlagen". Da sollte man nichts normieren. Viele Varianten waren im übrigen schon vorher da.
: Deutsche Sprache, schwere Sprache. Wo findet man Hilfe bei Rechtschreibproblemen? Deutschlandfunk, , sendung Pisaplus
Rechtschreibreform, Anglizismen, Kommasetzung - nicht nur Schüler haben so ihre Probleme mit der deutschen Sprache. Erste Hilfe bietet da oft das Internet. Wer es seriöser und besser erklärt haben möchte, wählt die Nummer des "Sprachtelefons" der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen. […] Und wie ist das eigentlich mit der neuen Rechtschreibung? Die bringt auch heute noch so manchen Schreiber ganz schön Durcheinander, hat der Sprach­wissenschaftler Professor Thomas Nier bemerkt. "Man kann sicherlich feststellen, dass die Rechtschreib­reform insgesamt zu Ver­unsicherung geführt hat[,] und von daher gibt es auch da natürlich viele Nachfragen. Viele Anrufer haben einfach noch nicht erkannt, dass die Rechtschreib­reform ja auch neue Freiheiten uns lässt." Viele der Anrufer beim Aachener Sprachtelefon hätten gern DIE eine richtige Lösung bei einem Rechtschreibproblem. Die gibt es aber manchmal einfach nicht.
: Flugblatt heißt nicht Flyer. Schweriner Volkszeitung (svz.de), , Güstrow
Wilhelm Meier ist als ehemaliger Lehrer für Englisch ein "Profi" in dieser Sprache. Trotzdem kämpft er gegen sie, besonders heute, am "Tag der deutschen Sprache". […] Natürlich ist der Anglist Meier nicht gegen die englische Sprache an sich, aber gegen die Anglizismen in der deutschen Sprache […]. Der Parumer gehört seit einem Jahr dem Verein Deutsche Sprache (VDS) an. […] Den letzten Anstoß, selbst aktiv zu werden, gab für den 70-Jährigen die Orthografie­reform, die für ihn nichts brachte.

10. 9. 2010

: Der Verunstaltung durchs Denglische entgegenwirken. Badische Zeitung (badische-zeitung.de), , Ortenau, Lahr
Die Ortenauer Regionalgruppe des Vereins Deutsche Sprache informiert am Samstag, 11. September, von 9 bis 12.30 Uhr mit einem Stand auf dem Sonnenplatz anlässlich des Tags der deutschen Sprache. […] Fast 80 Prozent aller Deutschen wüssten heute nicht mehr, wie bestimmte Wörter richtig geschrieben werden, heißt es in einer Mitteilung des Vereins.

Dann wissen 20 prozent aller deutschen (und schweizer?), wie alle wörter richtig geschrieben werden? Schön wäre es! Und vor der reform wohl wesentlich mehr? Nun, 1912 hat O. Kosog herausgefunden, dass der prozentsatz eher bei 0 lag.

9. 9. 2010

: »Weg mit dem Sprach-Denglisch!« Lahrer Anzeiger (baden-online.de),
Zum »Tag der deutschen Sprache« am 11. September ist die Regionalgruppe Ortenau des Vereins Deutsche Sprache übermorgen, Samstag, von 9 bis 12.30 Uhr mit einem Infostand auf dem Sonnenplatz präsent. Der Verein setzt sich für den Erhalt und die Pflege der deutschen Sprache ein. […] »Leider« gebe es immer weniger Vorbilder, kritisiert der Verein Deutsche Sprache: »Selbst Politiker geben immer häufiger Sprechblasen von sich, die eigentlich nichts aussagen. Verstärkt wird dieser Trend durch immer kürzer werdende Nachrichten-Schnipsel im Fernsehen, wild wuchernde SMS-Botschaften, eine comicartige Chat-Sprache im Internet, den Rückgang des Bücher­lesens und die verwirrende Rechtschreib­reform.« […] Und: »Mehr als die Hälfte ignoriert die Reform einfach.«
: Der Geischt sagt Nein! Die Zeit (zeit.de), , nr. 37, Kultur
Reise in eine verwandelte Stadt: Der Streit um das Großprojekt Stuttgart21 hat der schwäbischen Metropole ein neues Lebensgefühl beschert. […] Was ist bloß geschehen? Wieso revoltiert das Bürgertum? Wir fahren nach Obertürkheim. Dort, am Fuße der Weinberge, lebt ein bedeutendes Stuttgarter Professorenpaar, Hannelore und Heinz Schlaffer, Literatur­wissenschaftler von Rang und einig in ihrer Ablehnung des Projekts S21. […] Es könnte sein, sagt Heinz Schlaffer, dass wie bei der Rechtschreib­reform das Falsche durchgezogen werde, denn wer nachgebe, gelte als schwacher Charakter.

6. 9. 2010

: Direktwahl gab ihm Rückhalt. Kieler Nachrichten (kn-online.de), , Lokales, Rendsburg-Eckernförde
Die Bürgermeisterwahl lief parallel zu der für den Bundestag und dem Volksentscheid über die Rechtschreib­reform. Insgesamt 80,8 Prozent der Altenholzer Bürger gaben ihre Stimmen ab. Sechs Jahre später sackte die Wahlbeteiligung ab, denn 2004 stand gleichzeitig gerade mal das Europäische Parlament zu Wahl an.

2. 9. 2010

: Die Autorität des Textes. Heinrich von Kleist: "Sämtliche Werke und Briefe", München 2010. Deutschlandradio (), , Radiofeuilleton: Kritik
Auf die üblichen Eingriffe zur Modernisierung und Angleichung wird verzichtet: Apostrophe gibt es nun zuhauf, Abkürzungen wie "u." bleiben ebenso stehen wie "Schaar", "Comtoir" und "trit näher", werden aber gegebenen­falls erläutert. Spätestens seit der Rechtschreib­reform dürften solche Varianten als Bereicherung empfunden werden.
: Der neue Grass. Wer 82 ist, muss granteln dürfen - Günter Grass' neues Buch Grimms Wörter; eine Liebeserklärung. (Ostthüringer Zeitung),
Jacob und Wilhelm Grimm war nicht klar, zu was für einer Sisyphus­arbeit sie sich […] hatten überreden lassen. Die Philologen begannen, Wörter in Zettelkästen zu sammeln[,] und baten ihre Freunde und Bekannten, dergleichen zu tun. "A, der edelste, ursprünglichste aller laute, aus brust und kehle voll erschallend, den das kind zuerst und am leichtesten hervor­bringen lernt, den mit recht die alphabete der meisten sprachen an ihre spitze stellen..." […] Wie obiges A-Zitat belegt, praktizierten die Grimms bereits 1854 im Wörterbuch die Kleinschreibung. Die ließ sich nicht einmal bei der letzten Rechtschreib­reform durchsetzen. Zu deren erklärten Gegnern der Literatur­nobelpreisträger bekanntlich gehört. Auch das neue Buch sieht keinen Anlaß, Anlass zu schreiben.