Die Folgen der asymmetrischen Einheit beschreibt der langjährige sächsische Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer in seinem Lebensbericht dezidiert aus der Perspektive eines Ostdeutschen. […] Selbst sein bayerischer Amtskollege Zehetmair hatte die Auswirkung der Bologna-Reform völlig unterschätzt - wie er sehr viel später zugab, genauso wie im Fall der Rechtschreibreform. Unverständlich ist, wieso Meyer die Kritik an der Rechtschreibreform als Lappalie abtut. Angesichts der minimalen Änderungen und der klaglosen Akzeptanz vieler, erscheint ihm der Glaubenskrieg darüber völlig unverständlich: "Besonders töricht fand ich die Behauptung, hier würde von der Politik in die organische Entwicklung der Sprache eingegriffen und diese von oben reglementiert." Als habe es je eine Orthographie gegeben, die nicht von oben beschlossen worden sei.
Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
Aus presse und internet
30. 12. 2015
28. 12. 2015
Wer wissen will, wo der Name einer Straße herkommt, kann im Hofheimer Stadtarchiv nachforschen […]. Massiv hatten sich die Anwohner der Adolfstraße beschwert, weil sie der Ansicht waren, der Straßenname nehme Bezug auf Hitler. Dabei sollte er an den Herzog Adolph von Nassau erinnern, der 1839 bis 1866 regierte. Im Zuge der Rechtschreibreform war ihm das „ph“ abhanden gekommen. Um alle Verwechslungen auszuschließen, wurde im Jahr 2000 die Straße offiziell in Herzog-Adolph-Straße umbenannt.
18. 12. 2015
Wenig später klebten Tanzlokale, Weinstuben und Theater ihre Aushänge ordentlich an die Säulen statt an Bäume und Hauswände – die Litfaßsäule war geboren und gilt bis heute als Start der Plakatwerbung. Den Namen ihres Erfinders trägt sie noch immer in alter Schreibweise: Denn da es sich um einen Eigennamen handelt, schreibt sich die Litfaßsäule laut Duden auch nach der Rechtschreibreform noch immer mit dem sperrigen ß.
16. 12. 2015
Was einen Sprachwissenschaftler am etablierten Gendern selbst dann beunruhigt, wenn er die sprachliche Sichtbarmachung von Frauen freudig begrüßt, ist dreierlei. Erstens: Die Sprache wird nicht akzeptiert, wie sie ist, sondern sie gilt als manipulierbarer Gegenstand mit unklaren Grenzen dieser Manipulierbarkeit. Zweitens: Die Kenntnis des Gegenstandes, an dem man Veränderungen vornimmt, geht nicht sehr weit. Drittens: In vielen Fällen stigmatisiert man Wörter, ohne dass es brauchbare Alternativen gäbe. Haben wir denn nichts aus dem Desaster der Orthographiereform gelernt, die im Kern ja auch nichts anderes als ein unüberlegter Eingriff ins Sprachsystem war?
Was uns beunruhigt: «Die heillose Verquickung von Sprache und ihrer Schreibung, die sich von allem Anfang durch die gesamte Kontroverse zieht …» (Lötzsch, 1997).
15. 12. 2015
Die Schwachen zu fördern, indem man ihre Schwächen zum allgemeinen Maßstab erhebt, wie bei der Rechtschreibreform 1996/'98, ist ein nachhaltiger Fehler, denn so wird den Folgegenerationen nurmehr die "Light-Version" eines Bildungsgutes vermittelt, das durchaus eine Elite benötigt, um wenigstens in öffentlichen und offiziellen Schreiben Verwendung zu finden, was es soll und muß. Es soll immerhin noch weiteren Generationen unverfälscht vermittelt werden. Dazu ist es natürlich zu allererst einmal zu erhalten.
Siehe stellungnahme.
10. 12. 2015
Der Mainzer Historiker Prof. Dr. Andreas Rödder nimmt in seinem Buch „21.0. Eine kurze Geschichte der Gegenwart“ ungewohnte Perspektiven ein. […] Da kommen wir zu einer weiteren These Ihres Buches, dass Ideen immer dann schädlich werden, wenn sie sich von der Realität lösen. [Rödder:] Das ist meine zentrale These. Das erleben wir auch auf anderen Ebenen, von der Europäischen Währungsunion bis zur Rechtschreibreform.
1928/29 unterstützt Tschichold eine Rechtschreibreformbewegung, die die gemischte Schreibweise im deutschen Schriftsatz abschaffen will. Die Kleinschreibung in Groteskschriften entsprach auch dem Bauhaus-Dogma, dass eine Minuskelschreibweise rationeller und moderner sei. Entsprechend dieser Doktrin und inspiriert vom konstruktivistischen Universal-Alphabet (1925) des Grafikdesigners und Typographen Herbert Bayer (1900–1985), konstruiert Tschichold ein eigenes phonetisches Minuskelalphabet, das die Interpunktion auf die x-Linie stellt.
8. 12. 2015
… sorgt für allerlei Verwirrung bei den Anredefürwörtern. Seien Sie konsequent und schreiben es klein! […] Bis 1998 musste das Du in Briefen großgeschrieben werden, bis 2006 musste es auch in Briefen kleingeschrieben werden, nach der Verschlimmbesserung der Rechtschreibreform soll es jetzt wieder großgeschrieben werden, muss aber nicht! Wohlgemerkt: Das gilt nur in Briefen!
6. 12. 2015
Einmal mehr gestolpert ist der Aargauer SVP-Nationalrat Maximilian ReImann. Diesmal bei der Lektüre eines EDA-Positionspapiers. Darin ist die Rede von «AusländerInnen» und «AuslandschweizerInnen». […] Nun soll der Bundesrat diesem Treiben der Verwaltung konsequent einen Riegel vorschieben, fordert der Sesselkleber in seinem Vorstoss «Stopp der Verbastardisierung der deutschen Sprache durch Bundesbehörden!». Das Binnen-I soll endlich ausgemerzt werden.
1. 12. 2015
13 der 18 auf politische Inhalte gerichteten Volksentscheide wollten Veränderungen verhindern und den Status quo erhalten. Sieben waren erfolgreich: 1998 in Schleswig-Holstein gegen die Rechtschreibreform, 2001 in Sachsen gegen einen landesweiten Sparkassenverbund, 2004 in Hamburg gegen die Krankenhausprivatisierung, 2010 gegen die Schulreform in Hamburg, 2011 gegen die Privatisierung der Berliner Wasserversorgung, 2013 in Hamburg zur Rekommunalisierung der Energienetze und 2014 gegen die Bebauung des Tempelhofer Feldes in Berlin.
Eigentlich sollte die Sprache im Land von Heine, Hölderlin und Herder ein heiliges Gut sein. Terra incognita gewissermaßen, ein für unsensible Obrigkeit und simplifizierende Politbürokraten vollkommen ungeeignetes Terrain. Doch die Allmachtsphantasien vom Primat der Politik verführen offenbar immer wieder zu einem Reformeifer, der mitunter mehr Schaden als Nutzen verursacht. […] Was sich weitgehend sinnfrei Berufspolitiker ausdachten, führte nachweislich zu noch mehr Chaos und blankem Entsetzen bei den Sprachprofis
Dass es hier für den autor eine terra incognita gibt, was übrigens nichts mit heilig zu tun hat, ist ganz offensichtlich. Die politiker haben sich nichts ausgedacht, aber wenn sie sich etwas ausdenken wollten, gäbe es auch für sie keine tabus.
24. 11. 2015
Teil 9 des Tagebuchs von Jan Melzer. […] Mir fiel wieder der Satz der Chefin der Konrad-Adenauer-Stiftung ein: „Viele Menschen haben generell die Zumutungen der Moderne satt und finden nun in den Flüchtlingen ein Ventil.“ Da könnte etwas dran sein: Fahrradstreifen, Mülltrennung, Energiesparlampenzwang, Homo-Ehe, Sommerzeit, E10, Kinderkrippen, Stadtteilschulen, Globalisierung, EU, Rauchverbot, Euro, Rechtschreibreform, etc. pp … Vieles, das ich persönlich gut finde, das aber von oben durchgesetzt wurde.
10. 11. 2015
Dabei ist die Erinnerung an die gute, alte, klassische Rechtschreibung, die jeder fehlerfrei beherrschte, häufig genauso falsch wie die Erinnerung an die gute alte Zeit, in der immer die Sonne schien. Ein ehemaliger Moderator der "Tagesthemen" erklärte seinen Zuschauern stets bei jedem neuen Diskussionsbeitrag, drei gleiche Buchstaben hintereinander habe es früher nicht gegeben. Das war, wie der Hamburger sagt, natürlich "dumm Tüüch".
6. 11. 2015
Ähnlich wie bei Mayonnaise/Majonäse, ist laut Duden seit der Rechtschreibreform von 2006 die eingedeutschte Variante Ketschup erlaubt – für viele ein Unding.
Ein komma nach der umstandsbestimmung ist nach wie vor nicht erlaubt.
2. 11. 2015
In Gestalt von Peter Eisenberg, der von Manfred Bierwisch laudiert wurde, erhielt ein Sprachwissenschaftler den Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa, der nicht nur erheblich dazu beigetragen hat, das Elend der Rechtschreibreform nachträglich so weit wie möglich einzudämmen, sondern auch souverän und prägnant die Macht und Eleganz der Prinzipien, auf denen Sprache beruht, zu deuten und darzustellen versteht.
1. 11. 2015
Im Großen Haus des Staatstheaters Darmstadt, wo am Samstag der Johann-Heinrich-Merck-Preis für literarische Kritik (20 000 Euro), der Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa (20 000 Euro) und der Georg-Büchner-Preis (50 000 Euro) überreicht wurden, sang Goetz jedoch erst ganz am Ende seiner Dankesrede […]. Der Freud-Preis ging […] an den Sprachwissenschaftler Peter Eisenberg, dem ein großer alter Mann der Linguistik, Manfred Bierwisch, die Laudatio hielt (mit den üblichen polemischen Seitenhieben gegen das „Debakel“ Rechtschreibreform). Eisenberg lobte seine Disziplin für ihr „konsequentes bis stures Festhalten an Problemen der Ebene“, äußerte sich entspannt über die Zukunft des Deutschen als Wissenschaftssprache und machte auf die Aufgaben der Zunft beim vermehrten Bedarf an „Deutsch als Fremdsprache“ aufmerksam.
25. 10. 2015
Seit das Internet erfunden wurde, geht es mit uns bergab. Das Internet nämlich ist die größte Gefahr für die Menschheit, schlimmer noch als Islamisierung, Klimaerwärmung, Rechtschreibreform und die Portoerhöhung auf 70 Cent zusammen. […] In seinem Anfang November erscheinenden Buch „Cyberkrank!“ überzieht der Gehirnforscher Manfred Spitzer das Netz mit einer Sammelklage, die sich liest, als müsse ein Kriegsverbrecher aus dem Verkehr gezogen werden.
24. 10. 2015
Wählen Leser den Satzanfang „Oder habe ich . . .“, ist es vorher meist um die Rechtschreibreform gegangen. Auch bei Herrn G. war das so. „Oder habe ich“, fragte er, „nur die Rechtschreibreform nicht begriffen?“ Seine Zweifel rühren daher, dass die Reportage über Hardheim so angekündigt worden war: „Über einen Ort, der sich allein gelassen fühlt.“ Völlig richtig wendet er ein, dass Hardheim sich alleingelassen fühle. Schon im Duden von 1934 heißt es schön griffig, dass die Zusammenschreibung geboten sei, „wenn durch die Verbindung zweier Wörter ein neuer Begriff entsteht, den die bloße Nebeneinanderstellung nicht ausdrückt“. An dieser Regel hat sich nichts geändert.
23. 10. 2015
Eine Ausstellung erzählt vom Wandel des Viertels und andere Stadtgeschichten. Dieser Imbiss schreibt sich noch mit "ß". Das Schild auf dem Dach des Büdchens stammt aus der Zeit vor der Rechtschreibreform. Es passt gut in den Osthafen, der ja auch ein wenig aus der Zeit gefallen ist.
18. 10. 2015
Immer neue Bildungsreformen sollten in den letzten Jahrzehnten unser Schulsystem verbessern. In den meisten Fällen waren sie vergebens. Was bleibt übrig vom ewigen Erneuerungseifer? […] Die Rechtschreibreform von 2006 war von dem Geist getragen, den „elaborierten Code“ der deutschen Rechtschreibung, der angeblich breite Bevölkerungsschichten überforderte, durch ein einfaches und intuitiv einleuchtendes Regelwerk zu ersetzen. Das hat nicht funktioniert: Die strukturellen Unterschiede zum Beispiel zwischen Konsekutiv- und Relativsätzen („Ich bin so glücklich, dass ich weinen könnte“ beziehungsweise „Ich nehme das Stück Kuchen, das am größten aussieht“) werden weiter durch unterschiedliche Schreibweisen markiert – dass und das – und also auch weiter falsch geschrieben. Die neue Getrenntschreibung ist oft sinnentstellend.
9. 10. 2015
Hans Jürgen Heringer und Rainer Wimmer: "Sprachkritik". […] Die Rechtschreibreform wird als Bagatelle abgetan, da sie nur Äußerlichkeiten betreffe; das ist mitnichten der Fall.
Aber bis Außenminister Frank Walter Steinmeier (SPD) heute das neue Gebäude der Deutschen Schule Madrid (DSM) offiziell einweiht, sollte auch „Tilde“ auf ihrem Platz sitzen. Darauf bestanden die Spanischlehrer am „Colegio Alemán“. „Tilde“ heißt im Spanischen der Akzent, der seit einer Rechtschreibreform auch auf Großbuchstaben gehört, was das Berliner Architekturbüro „Grüntuch Ernst“ aber nicht wusste. Und so fehlte dem in Versalien geschriebenen Namen auf dem spektakulären Neubau noch das Strichelchen auf dem A – aber dieses philologische Detail dürfte den Wenigsten ins Auge fallen angesichts der strahlend weißen Gitterfassade, die sich im Norden von Madrid erhebt.
6. 10. 2015
Was lässt ein Geschehen zum „Thema des Tages“ werden? […] Oft geht es auf der Seite zwei um das politische Geschehen. Aber eben nicht nur. Gerade für die Wochenendausgabe sind es auch Themen, die, wie Soziologen es formulieren würden, den gesellschaftlichen Diskurs bestimmen. Zum Beispiel der Hashtag #Hotpantsverbot und die Frage, wie viel Haut in Klassenzimmern gezeigt werden sollte. Oder die Diskussion darüber, wie gerecht deutsche Gerichte wirklich sind und was von der großen Rechtschreibreform übrig geblieben ist.
5. 10. 2015
Les membres de sites de rencontre considèrent comme un critère important le maniement d’une langue à travers la maîtrise de l’orthographe et de la grammaire. Si un profil de présentation comporte des fautes ou des erreurs, le ou la concerné(e) a davantage de risque d’être ignoré(e) par le reste de la communauté.
27. 9. 2015
Ich rede von Regeln und deren Verletzung sowie von Sprach- und Stilkritik […]. Vor rund fünfzig Jahren zeichnete sich in der Sprachwissenschaft ein Wandel ab: Kannte der Duden zuvor noch richtig und falsch, wollte er plötzlich kein Urteil mehr fällen, sondern «deskriptiv» sein. Mit welchen Folgen zeigt die Reform der Reform der Rechtschreibreform.
25. 9. 2015
Mein Lieblingskomma dagegen steht dort, wo nach einem Einschub der gleiche Hauptsatz weitergeht. […] Vorher und nachher muss ein Komma stehen. Daran hat die Reform der Rechtschreibung nichts geändert.
Siehe fundsachen.
Der Name "Behring" mal mit (korrekt), mal ohne "h", "Erhartinger Straße" mal zusammen geschrieben (falsch), mal auseinander (korrekt): Dass man es bei der Orthografie auf den Straßenschildern nicht so genau genommen hat, beklagte Stefan Grünfelder im Stadtrat.
23. 9. 2015
Im einen oder anderen Fall haben wir heute Auswahlmöglichkeiten. Das war dann der Kompromiss, um nicht die ganze Rechtschreibreform zum Scheitern zu bringen. Ein Kuhhandel jedenfalls war es nicht, denn die Nachfrage für eine neue Rechtschreibung war doch eher gering. Aber ein paar Gelehrte wollten unbedingt ein Angebot schaffen und haben uns dann die Nachfrage suggeriert. Doch wir haben uns zwischenzeitlich auch daran gewöhnt, obwohl meine Rechtschreibunsicherheit […] noch grösser geworden ist. «Dr I-Einzig» werde ich in dieser Sache jedoch nicht sein. Die heute Lernenden werden das aber sicher im Griff haben.
18. 9. 2015
Dans son livre «Orthographe en chute, orthographe en chiffres», Loïc Drouallière dresse un bilan du niveau d’expression écrite des étudiants. En 20 ans, les fautes d’orthographe des étudiants de première année ont plus que doublé.
17. 9. 2015
Zehn Jahre nach der Einführung der neuen Rechtschreibung ist die Bilanz dieses obrigkeitlichen Gewaltaktes an der Sprache ernüchternd. Die mehrere Milliarden teure Rechtschreibreform, von der sich Bildungspolitiker und Lehrer eine Vereinfachung der deutschen Orthographie erhofften, hat in Wirklichkeit nichts vereinfacht.
12. 9. 2015
Ein Kulturverfall? Der Sprachwissenschaftler Peter Schlobinski gibt im Gespräch mit unserem Redaktionsmitglied Claudia Kramer-Santel Entwarnung: Alles halb so wild. Wie schreiben Sie denn so Ihre Nachrichten bei WhatsApp? Schlobinski: Ich schreibe klein und verwende Abkürzungen wie alle anderen auch.
7. 9. 2015
Das moderne Deutsch aber hat keinen Sinn für Poesie, es besitzt die Feinfühligkeit einer Planierraupe und klingt im täglichen Fernsehbrei wie das Kreischen einer Schredderanlage. In so einem Umfeld werden Begriffe wie Zeitlang zermalmt. Die grauen Bürokraten der Rechtschreibreform malträtierten Zeitlang schon in den 90er Jahren, als sie das Wort ohne Sinn und Verstand trennten (Zeit lang).
5. 9. 2015
Der „Brücke“ war laut Satzung aufgetragen, „Weltformate“ für Druckerzeugnisse zu entwickeln, Vorschläge für eine Vereinheitlichung von Maßen und Gewichten zu erarbeiten, internationale Referatedienste und Auskunfteien zu betreiben. Sie sollte die Einführung eines „Weltgeldes“ ebenso vorbereiten wie eine Kalender- und eine Rechtschreibreform und die Einrichtung eines Weltpatentamtes.
Der Erfurter Germanistik-Professor Csaba Földes über sein Jein zur Rechtschreibreform, den Deppen-Apostroph und die Freude am Genitiv. […] Regina Eberhardt: 20 Jahre Rechtschreibreform – brachte sie eher negative oder positive Veränderungen? [Földes:] Da kann man ein eindeutiges Jein antworten. Es trifft beides zu. Es gibt massenweise Publikationen von Meinungen, aber nur sehr wenige verlässliche praktische Studien dazu. Die Rechtschreibkompetenzen gehen zurück, besonders bei kleineren Kindern. Denen sind die Wahlmöglichkeiten der Schreibweise keine große Hilfe. […] Den größeren Kindern und jungen Erwachsenen sind die Optionen schon eine Hilfe. Insgesamt gehen die Deutschkenntnisse der Jugendlichen wohl nicht zurück. Ihre Satzbildung, ihre Argumentationsfähigkeit hat sich gegenüber den Aufsätzen vor 20 Jahren verbessert. Die Textkompetenz ist größer geworden, die Rechtschreibung schlechter.
4. 9. 2015
Über den Sinn der Rechtschreibreform kann man streiten. Aber wenn ein Kultusminister allen Ernstes sagt, dass jedes Kind in der Schule so schreiben soll, wie es das für richtig hält, verstehe ich die Welt nicht mehr.
In 1880 Mark Twain complained in “The Awful German Language” that the treatment of gender—so that “a young lady has no sex, while a turnip has”—borders on perverse. And nouns “are not words, they are alphabetical processions”. Twain sensibly suggested the language should be “trimmed down and repaired”. Foolishly, the Germans have not heeded his advice (changes to spelling in the 1990s, many think, made matters worse). Fortunately, however, the task is not as futile as Twain suggested. With its predictable spelling and pronunciation, German can be mastered, whereas English, with its protean spelling and word order, may seem easy but prove treacherous.
31. 8. 2015
Es ist nicht zu fassen. Da werden 40 Prozent einer Jugendbibliothek in Bad Dürrheim entsorgt, als Folge der sogenannten Rechtschreibreform. […] Folgen einer Reform, deren Wirkungen die Politik nicht erkannte, aber umsetzte […].
Bis heute fragt sich die Sprachgemeinschaft, wie es überhaupt zu einer derart missglückten Reform kommen konnte, die ein mir bekannter Parlamentarier als ,die größte Dummheit’ bezeichnete, die sich die deutsche Politik in den letzten 20 Jahren geleistet hat.
27. 8. 2015
Dass "Quiz" mit einem "z" geschrieben wird, weiß ich inzwischen. Leider war dem vor einigen Tagen noch nicht so. Und Sie, liebe Leser, waren wieder einmal mit meiner Fehlbarkeit konfrontiert. Ausgerechnet bei einem Beitrag, in dem es um die leidige Rechtschreibreform ging. (Oder vielleicht gerade darum?)
26. 8. 2015
Christiane M. Pabst ist die neue Chefredakteurin in jener Redaktion, die seit sechzig Jahren das Österreichische Wörterbuch herausgibt. […] Noch ein Ausblick: Hat uns die SMS der Kleinschreibung nähergebracht als all die Germanisten, die sie seit Jahren fordern? [Pabst:] Gegenfrage: Aktivieren Sie immer die Großschreibtaste, wenn Sie eine SMS schreiben? Ich nicht. Meine Antwort ist somit: ja.
25. 8. 2015
Daß eine Bücherei Bücher zerstört, die in besserer Rechtschreibung verfaßt sind, ist kein Einzelfall. Die Rechtschreibreform führte zur größten Büchervernichtung seit dem Zweiten Weltkrieg.
Hilmar Hoffmann war später noch Präsident des Goethe-Instituts, hat die Stiftung Lesen animiert, Studenten in Tel Aviv unterrichtet, gegen Unsinnigkeiten der Rechtschreibreform gekämpft oder das Kulturprogramm der Expo 2000 in Hannover verantwortet.
22. 8. 2015
Diese sogenannte Reform, die ihre Gestalt seit 1996 in einem kaum zu überblickenden Chaos aus politischem Trotz und philologischer Federfuchserei mehrfach geändert hat, bedeutete den teilweisen Tod von eben dem, was die kulturhistorische Leistung Konrad Dudens ist: die Vereinheitlichung der Rechtschreibung, die normative Kraft eines deutschen Wörterbuches. […] Das einzig wirklich greifbare Ergebnis ist die gewachsene Beliebigkeit: Es gibt mehr Regeln und weniger Verbindlichkeit. So ist diese Reform am Ende nichts als die Mahnung, endlich den deutschen Bildungsförderalismus zu reformieren.
Mehr regeln? Welche?
Kennen Sie die neuen Rechtschreibregeln? Wir haben ein kleines Quizz zum testen.
Kennen Sie die alten rechtschreibregeln?
20. 8. 2015
Und seien wir froh, dass der Reformwille nicht noch stärker über uns hereingebrochen ist. Schließlich sollten wir in einer ersten Fassung mehr oder weniger schreiben, wie wir sprechen, insbesondere bei Fremdwörtern: Chaussee = Schossee, Trainer = Träner. Wir hätten also genauso geschrieben, wie derzeit Erst- bis Drittklässler an einigen Grundschulen. Sie dürfen so schreiben, wie sie hören und sprechen.
18. 8. 2015
Mit deutlicher Sprache bestätigt der Autor […], dass der ungebremste Krippenausbau keinesfalls zu Freudenschreien Anlass gibt, jedenfalls nicht, wenn man das Wohl des Kindes in Betracht zieht. […] Muss es so lange dauern wie bei der Rechtschreibreform, bis Politiker kleinlaut zugeben, dass sie von Ideologen in eine bestimmte Richtung getrieben wurden?
17. 8. 2015
Wo außen CSU draufsteht, ist Debakel drinnen. Nicht anders bei der ideologiegetriebenen Rechtschreibreform. […] Bewerbungen sind gespickt mit Fehlern […].
Nicht nur bewerbungen, wie man sieht.
15. 8. 2015
3200 Bücher, das sind 40 Prozent des Büchereibestands sind bei einer Aussortierungsaktion des Regierungspräsidiums vernichtet worden. […] Das sagt das Regierungspräsidium: […] Bei Kinder- und Jugendliteratur weist die Bibliothekarin darauf hin, dass einige Bücher in alter Rechtschreibung verfasst seien, „wobei die richtige Schreibweise gerade für Kinder wichtig ist.“
13. 8. 2015
Nun gut, dann sollen die in Deutschland drüben halt auf zehn Jahre Rechtschreibreform anstossen, aber wenn Grädel ganz nüchtern Bilanz zieht, muss er leider sagen: Das Ganze (schreibt man das nun gross oder klein?) war mehr oder weniger für die Füchse. Und ob es Stade de Suisse oder Wankdorf oder beides aneinandergehängt heisst, das konnten die, wo den Duden schreiben tun, immer noch nicht schlüssig klären.
Denn bei all dem, was uns nun als neu, fortschrittlich, modern und avantgardistisch aufgedrängt wird, handelt es sich samt und sonders um nichts anderes als um die Schreibgewohnheit des 19. Jahrhunderts, von dem unsäglichen „selbständig", der albernen „Schifffahrt" […], dem erweiterten Infinitiv ohne Komma bis zu den unübersichtlichen Worttrennungen am Zeilenende wie „Na-cken" statt „Nak-ken".
Man darf zwei Dinge nicht vermischen: zum einen die Reform als solche, die nicht zur Vereinfachung beigetragen hat, sondern allenfalls zur Verschiebung der Schwierigkeiten, und zum anderen die fast völlige Abschaffung des Diktats […].
Die Kritik von Heike Schmoll an der Rechtschreibreform kann ich in dieser Pauschalität nicht teilen, denn zumindest die Zurückdrängung des „ß" war überfällig. Leider hatte man nicht den Mut, das „ß" ganz abzuschaffen […].
11. 8. 2015
Nimmt man die heftigen Debatten über die Rechtschreibreform vor gut 20 Jahren beim Wort, dann sind die Deutschsprechenden lauter Sprachliebhaber, denen nichts fremder ist als sprachliche Experimente, zumindest was die Mysterien der Orthographie betrifft. Hält man sich indessen an den Umgang mit der Sprache, wie er im Alltag […] geübt wird, so ist die deutsche Sprache ihren Benützern so gleichgültig wie nur weniges sonst, fortwährend verhunzt, ohne dass das noch besonders auffiele oder irgendwelche Folgen hätte.
Zugegeben, es hätte noch schlimmer kommen können. Denn im ersten Entwurf für eine Rechtschreibreform blieb kaum ein Stein auf dem anderen: Der „Kaiser“ wurde zum „Keiser“, der „Staat“ zum „Stat“, der „Frevel“ zum „Frefel“. Fremdwörter erschienen in Pseudo-Eindeutschung: „Hobbi“, „Träner“, „Schossee“, „Restorant“ oder „Pitza“. Gott sei Dank wurde dieser Reformentwurf einer Professorenkommission aus den 80er-Jahren noch abgeschmettert.
Kaum ein Stein auf dem anderen? Kaum ain štain auf dem anderen sääe fiil šlimer aus!
Der Erlanger Germanist Theodor Ickler war von Anfang an ein engagierter Kritiker der Rechtschreibreform. […] Was er gegen die Reform hat, erklärt er hier im Interview. […] Dennoch haben Sie jetzt mit dem Verleger Matthias Dräger und dem Autor Friedrich Denk einen Vorschlag gemacht, den Sie als „menschenfreundlich“ für die Schüler bezeichnen. [Ickler:] Wir schlagen vor, in den Schulen auch die bisherige Rechtschreibung von vor 1996 gelten zu lassen und nicht als Fehler anzustreichen. Für eine Übergangszeit muss es verschiedene Rechtschreibungen geben, die dann allerdings in sich konsistent sein sollten. […] Ich finde, unser Vorschlag vereinfacht vieles. Die Kultusminister müssten nur über ihren Schatten springen und sagen: Dieses Toleranzedikt wird jetzt in die Öffentlichkeit gebracht. Und dann lassen wir es gut sein und mischen uns nie wieder ein.
Tolle idee! Da kann man ja die toleranz gleich auf die noch ältere eigennamen-grossschreibung ausdehnen. Wir können allerdings nicht versprechen, dass wir uns nie wieder einmischen. Kein mensch, der an einer sache und nicht nur am eigenen standpunkt interessiert ist, kann das.
Wenn die Kultusminister zwar den Milliardenschaden nicht ausgleichen können, so könnten sie sich doch bei allen Schreibenden, unter anderen den Sekretärinnen, den Journalisten und allen Autorinnen und Autoren, vor allem den Kinder- und Jugendbuchautoren, deren Bücher verhunzt wurden, dafür entschuldigen, dass beziehungsweise daß wir seit fast zwanzig Jahren für das büßen müssen, was die Minister sich von den „Reformern“ haben aufschwatzen lassen und […] der deutschen Schriftsprache aufgezwungen haben.
Zehetmair entschuldigt sich heute, Jahre nach der Einführung einer Rechtschreibreform in Schulen, für etwas, für das er gar nicht verantwortlich ist.
Ich lese nach wie vor von »Halle’s schönstem Biergarten am Ufer der Saale«. Dem Betreiber des Biergartens darf ich keinen Tipp geben, dies zu ändern, denn die Rechtschreibreform besagt, dass man auf Werbe- und Reklameschildern diesen falschen Apostroph setzen darf, obwohl er rechtschreiberisch falsch ist. Es gehe darum, die Grundform des Personennamens zu verdeutlichen. […] Anstatt den vielen Apostrophen […] mit eindeutigen orthografischen Regeln den Garaus zu machen, und damit zur Rettung der deutschen Sprache beizutragen, liefert die Rechtschreibreform einige Sargnägel zu ihrem Niedergang.
Abgesehen davon, dass die sache mit dem apostrof nicht so eindeutig ist, erlaubt die rechtschreibreform dem sprachretter durchaus einen tipp bezüglich des ortsnamens (!) «Halle’s».
9. 8. 2015
Wenn morgen viele erstklässler zum ersten mal in die schule gehen, steht für die meisten auch der erstkontakt mit der rechtschreibung an. Also mit der rechtschreibung, die vor genau 10 jahren eingeführt worden ist, gegen die dann diverse kantone sturm gelaufen sind und die bloss 1 jahr später erneut reformiert worden ist. Der ortografieorkan hat sich zwar gelegt, dennoch ist Joël Baumann der frage nachgegangen, ob die neue rechtschreibung wirklich angekommen ist […].
Der orkan hat offensichtlich die erinnerung vernebelt. Welche schweizerischen kantone sollen sturm gelaufen sein? (Chronik.)
8. 8. 2015
Ein neuer Vorstoß kommt von dem Erlanger Germanisten Theodor Ickler, dem Verleger Matthias Dräger und dem als „Rechtschreibrebell“ bekannten Friedrich Denk aus Bayern. In einer gemeinsamen Mitteilung fordern sie jetzt, den Schülern die „alte Rechtschreibung“ (vor 1996) offiziell wieder zu erlauben. Das wird wohl nicht durchkommen. Doch da es an Deutschkenntnisse immer häufiger mangelt, haben Lehrer ohnehin anderes zu tun, als sich um „ß“ oder „ss“ zu kümmern. Ein typisches Beispiel für fehlgeleitete Energie.
7. 8. 2015
Ich selbst schreibe immer noch in klassischer Rechtschreibung, und ich lese mit Vergnügen Bücher, die ohne das dämliche ss in dass auskommen.
Die sogenannte Rechtschreibeform war eine einzige Katastrophe.
Wie genannt?
5. 8. 2015
Vor zehn Jahren trat die Rechtschreibreform in Kraft, im August 2005 wurde sie auch für die Schüler in der Schweiz als verbindlich erklärt. Nach wie vor aber haben Verlage eigene Vorstellungen von richtiger Schreibweise […].
Wie halten Sie es persönlich – verwenden Sie die alte oder neue Rechtschreibung? Theodor Ickler: Natürlich die „alte“ (die aber eigentlich moderner ist als die reformierte). Fast alle deutschen Schriftsteller von Rang halten es ebenso. Deshalb fordern wir jetzt auch, daß den Schülern keine Schreibweisen als Fehler angestrichen werden, die vor der Reform üblich waren […]. Warum sollen die Schüler ausbaden, was selbst Ex-Minister Zehetmair heute als großen Fehler der Politik brandmarkt?
Wir Lehrer als diejenigen, die als Basisarbeiter beim Korrigieren von Schulheften und Klausuren am besten die Problematik schon früh vor 1997/1998 erkannt hatten, wurden natürlich nicht gefragt. […] Die dilettantischen „Reformer“ waren schon zu dieser Zeit gescheitert, nicht erst im Jahre 2015.
Die F.A.Z. als die führende deutsche Tageszeitung hätte seinerzeit die Möglichkeit gehabt, durch Beibehaltung der tradierten Rechtschreibung ein wichtiges Fanal zu setzen.
Am Beginn, 1980, gehörte zu den ehrenwerteren unter den Zielen, Bildungsschranken zu beseitigen. Doch können soziale Probleme nur sozial gelöst werden, nicht durchs Herumpfuschen an Bildungsvorgaben. 1995 und gar 2005 war die Lage ganz verändert. Nun stand Reform für den Kampf gegen lästige Traditionen. So musste das Neue, egal ob effektiv und sinnvoll, gegen jeden Widerstand durchgesetzt werden. Die Geschichte der Rechtschreibreform markiert damit den Weg von wohlmeinendem Egalitarismus zu neoliberaler Barbarei.
Überflüssig? Das ist der Euphemismus des Jahres. Die Reform war eine Katastrophe, und noch immer stehen wir fassungslos vor den rauchenden Trümmern: Vergleichsstudien zeigen, dass die Rechtschreibfähigkeiten von Schülern […] dramatisch nachgelassen haben.
Weiß der Minister a. D. eigentlich, was er angerichtet hat? Heute ist Rechtschreiben mehr oder weniger beliebig geworden.
Zehetmair lächelt und meint: „Nun ja, da hab‘ ich mich eben getäuscht.“ Kein Wort der Entschuldigung, dass er schuld war, und sinnlos Gelder verpasst wurden.
Wer garantiert uns denn, dass nach weiteren zehn Jahren nicht wieder jemand auf die glorreiche Idee kommt, einer dann auch wieder neuen Rechtschreibreform ein As aus dem Ärmel zieht und ein neues Chaos verursacht.
Garantien für den status quo gibt’s erst im himmel.
Bücher, vor allem Kinderbücher, wurden aus dem Verkehr gezogen. Es entstand sowohl ein finanzieller als auch kultureller Verlust ohnegleichen.
2015-08-02
Heute scheint vielen Schreibern die Rechtschreibung am Allerwertesten vorbeizugehen, jeder schreibt frei Schnauze.
1. 8. 2015
Gisela Beste, Mitglied im Rat für Rechtschreibung, zieht eine positive Bilanz. Für Schüler sei die deutsche Rechtschreibung einfacher geworden.
Die Rechtschreibreform hat ruinöse Folgen für Sprache und Denken. […] Den heutigen Zustand wird man ohne Übertreibung als sichtbares Schreibchaos charakterisieren können. Das offenbart spätestens der Blick in Internetforen.
Ein faz.net-leser namens Axel Werner dazu: Es gebe in Frankreich «genau die gleichen Klagen der Arbeitgeber und Universitäten, daß sich niemand mehr fehlerfrei schriftlich äußern könne; von der Schreibweise, die für SMS und e-mails benützt wird, erst gar nicht zu reden». Offenbar hat die FAZ untertrieben – die deutsche rechtschreibreform hat die ganze welt ruiniert.
Für Aufregung sorgt die Reform längst nicht mehr, so mancher staunt im Rückblick eher über den damaligen Wirbel. […] „Mit vorsichtiger Demut möchte ich sagen, dass die Deutschen wohl zur Übertreibung und zum Grundsatzstreit neigen“, urteilt Zehetmair rückblickend.
Wer am Ende eines Briefes 50 Kommata in Reihe setzt, kann nichts falsch machen. Er muss nur dazu schreiben: Bitte nach Bedarf entnehmen!
Dieser 1. August ist ein hoher Feiertag. Seit exakt zehn Jahren entfaltet nämlich die Rechtschreibreform ihre nachhaltig bezaubernde Wirkung. Dass aus daß dass wurde, fasziniert noch immer, und dass es daneben noch das Das gibt, beleuchtet sehr schön den Finessenreichtum des Deutschen.
Der frühere bayerische Kultusminister Hans Zehetmair (CSU), damals an führender Stelle mit der Reform befasst, schaut heute mit Unbehagen auf die damaligen „gespenstischen“ Debatten. Die Reform sei überflüssig gewesen, sagte er der Wochenzeitung „Die Zeit“.
Gut möglich, dass die Debatte so heute nicht mehr stattfinden würde, weil Rechtschreibung schlichtweg weniger Leute interessiert. Die Reform hat dazu beigetragen, die Parallelschreibungen, das Hin und Her haben die Haltung bestärkt: Egal, irgendwie ist alles erlaubt. […] Auch die Schulen legen Wert auf andere Kompetenzen, zum Beispiel Nachschlagen von Wissen. Inhalt und Aufbau von Aufsätzen sind wichtiger als die Orthografie - andere Welt, andere Schulen, andere Schüler. […] Das Verhältnis zur Rechtschreibung ist anders geworden, zehn Jahre nach der Reform. Anders, das muss nicht unbedingt schlechter bedeuten. Das alte Lied, wonach früher alles besser war, ist vor allem eines: alt.
Keiner redet mehr gern über die Rechtschreibung. Es soll „Frieden“ herrschen.
Wir reden gern über die rechtschreibung. Wer es nicht gern tut, kann es ja bleiben lassen.
Die Vehemenz der Debatte nervte. Sie offenbarte den hässlichen Deutschen in seinen schlimmsten Klischees: Unentspanntheit, Regelwut, Prinzipienreiterei. Zum Glück lief die Reform der Rechtschreibreform zwischen 1996 und 2005 – zu einer Zeit, als die Mehrheit der Deutschen noch nicht Online-bewaffnet und Social-Media-aktiv war. Eine Rechtschreibdebatte damaligen Ausmaßes unter heutigen Shitstorm-Bedingungen mag man sich nicht vorstellen. […] Kaum je gefragt wird, ob nicht auch die alte Rechtschreibung heute wesentlich mehr Fehler produzieren und Probleme verursachen würde als früher. Der ganze Umgang mit Schreiben und Schrift ist im Digitalzeitalter ein anderer.
31. 7. 2015
Eine wirkliche Schreiberleichterung wäre, wenn wir es mit der Groß- und Kleinschreibung so hielten wie Engländer, Franzosen und Italiener.
… und spanier, finnen, portugiesen, russen – eben alle!
Dieser äußerst kostenintensive Rundumschlag hat die Eltern- und Großeltern-Generation auf literarisch geistigem Gebiet von den schulpflichtigen Nachfahren geradezu abgekoppelt.
Der Germanist Werner Scholze-Stubenrecht (66) leitet seit 2010 die Redaktion des „Duden“. […] Seit der Rechtschreibreform sind in vielen Fällen mehrere Varianten erlaubt. Ist das wirklich hilfreich? [Scholze-Stubenrecht:] Wir Wörterbuchmacher hätten es lieber, wenn möglichst viel Einheitlichkeit herrscht. Wir haben auch den Eindruck, dass diejenigen, die den Duden kaufen, lieber nur eine Möglichkeit haben wollen. Je eindeutiger, desto besser.
Kulturgespräch am 31.7.2015 mit Friedrich Denk. […] [Denk:] Und wenn Herr Zehetmair heute behauptet, dass das überflüssig war, dann muss ich sagen, das ist eine unglaubliche Untertreibung. Das war ein Überfall, ein Überfall auf die deutsche Sprachkultur, und zwar ein Überfall mit milliardenteuren Kosten und jahrzehntelanger Verwirrung.
Josef Kraus […] geht in den Ruhestand. Der Pädagoge hatte Bekanntheit erlangt als Kritiker der Rechtschreibreform und des G8 in Bayern.
Vor einem Jahrzehnt endete der Krieg um die neue Rechtschreibung. Ein Gespräch mit Hans Zehetmair, der damals als bayerischer Kultusminister an vorderster Front stand. […] Der Streit um die Rechtschreibreform – einige sprachen vom Dreißigjährigen Krieg – trug surreale Züge. Die einen forderten eine radikale Kleinschreibung, die anderen sahen in jeder Änderung den Untergang des Abendlandes. […] Zehetmair: Die Auseinandersetzung war wirklich gespenstisch. Mit vorsichtiger Demut möchte ich sagen, dass die Deutschen wohl zur Übertreibung und zum Grundsatzstreit neigen. Es gab die Gipfelstürmer, die alles ändern wollten […]. Bemerkenswert, dass sich ausgerechnet namhafte Literaten wiederum gegen jedwede Änderung wandten. Das war genauso überzogen.
Anlässlich des Jubiläums in Deutschland bemängelt der Duden-Chefredakteur, dass seitdem zu viele Varianten erlaubt seien.
Seit zehn Jahren gilt sie an Schulen verbindlich: Die neue deutsche Rechtschreibung erhitzt jedoch immer noch die Gemüter. Warum bloß? […] Zu hoffen bleibt, dass die zukünftigen Duden-Redakteure und Rechtschreibexperten aus dem Hickhack der letzten Rechtschreibreform genug gelernt haben. Eine so umfangreiche und vor allem so umstrittene Rechtschreibreform braucht die deutsche Sprachgemeinschaft keinesfalls noch einmal durchzumachen.
30. 7. 2015
Zehn Jahre nach Inkrafttreten der Rechtschreibreform ist der frühere bayerische Kultusminister Hans Zehetmair (CSU) zu der späten Einsicht gelangt, die Rechtschreibreform für überflüssig zu erklären.
Zu seinen bleibenden Hassobjekten gehört die „Schlechtschreibreform“, wie er sagt.
Ein Jahrzehnt nach der großen Rechtschreibreform ist das Schreiben flüssiger geworden: Im Internet und überhaupt hat die Sprache ihre Regeln verloren. Offensichtlich schreibt heute jeder, wie er will.
Schon beim Streit um die Rechtschreibreform in den frühen Neunzigerjahren mischte er kräftig mit. Kraus prophezeite, die Reform führe zu Beliebigkeit, Nachlässigkeit und zu einer höheren Fehlerquote, was sich letztlich bewahrheitet hat.
Dass eine nennenswerte Zahl von Deutschen imstande wäre, völlig fehlerfrei zu schreiben, kann ausgeschlossen werden – spätestens seit Dieter E. Zimmer in der ZEIT vor einem Vierteljahrhundert zehn Testsätze mit 75 Fehlern veröffentlichte, deren Korrektur selbst Profis überforderte (auch Deutschlehrer machten dabei im Schnitt 39 Fehler). Die Rechtschreibreform hat die Lage verbessert, aber wirklich einwandfreie Texte, zumal ohne Korrekturprogramm und visuelles Lektorat, bleiben ein fernes Ideal.
Die Majonäse war ein Schreckgespenst. Auch das Portmonee. […] Nicht weniger als den Untergang des Abendlandes verhieß sie, die deutsche Rechtschreibreform. […] Zehn Jahre nachdem die Rechtschreibreform (also eigentlich die Reform der Rechtschreibreform) tatsächlich durchgesetzt wurde, ist das alles nicht mehr so dramatisch.
29. 7. 2015
Michael Gordin zeichnet nach, wie das Englische zur alleinigen Lingua franca der Wissenschaften aufstieg. […] Es ist ein Verdienst von Gordins flüssig geschriebener Darstellung, dass er die Anglisierung der Wissenschaft nicht als zwangsläufige Entwicklung darstellt, sondern als Ergebnis einer Entwicklung, die an vielen Weggabelungen auch eine andere Richtung hätte nehmen können. Die vermeintliche Einfachheit des Englischen spielte dabei jedenfalls keine Rolle: Noch weit ins zwanzigste Jahrhundert hinein gab es in anglophonen Ländern die Befürchtung, Englisch könnte wegen seiner "Schwierigkeit" international ins Hintertreffen geraten. Gemeint waren in erster Linie die unsystematische Orthographie, die starken Verben und die Fülle an beinahe - aber eben doch nicht ganz - synonymen Wörtern.
Doch nun geht der ehemalige bayerische Kultusminister Hans Zehetmair (CSU) mit den Orthografie-Regeln hart ins Gericht. Die Neuregelung sei überflüssig gewesen, sagte er der Wochenzeitung "Die Zeit".
26. 7. 2015
There have been many attempts throughout the history of the English language to rationalise it, making it more or even totally phonetic. While such reform efforts seem to have common sense on their side, the sheer success of English in becoming a global language, together with the conflict between orthography (spelling) and phonology (pronunciation), make such reforms unlikely.
17. 7. 2015
Als sich im Zuge der Rechtschreibreform Einschränkungen beim Komma abzeichneten, erhoben Medienleute warnend ihre Stimme. Kommas seien nun mal ganz wichtig zur Gliederung der Sätze. […] In dem Satz „Der Pfarrer las aus dem Lukas-Evangelium (,) und die Gemeinde war ganz Ohr“ ist das Komma also fakultativ. Da verwundert es nicht, dass die Tendenz heute eher zum Weglassen geht. Mit absehbaren Folgen. Nehmen wir den Satz: „Der Pfarrer schimpfte auf die Gottlosen und seine Gemeinde hörte ihm gebannt zu.“ Da das Komma fehlt, könnte man kurz meinen, auch die Gemeinde habe ihr Fett abgekriegt.
Nehmen wir den satz … – gemeint ist: konstruieren wir den satz. Gewiss, nach alter regelung dürfte das komma nicht fehlen. Aber in der praxis (fundsachen) ist die chance, dass der schreiber mit der grammatik zurecht kommt, auch nicht grösser als die chance, dass er das optionale komma sinnvoll handhabt.
4. 7. 2015
Bei einem Diktatwettbewerb der Duden-Redaktion in Berlin traten gestern dennoch Schüler wie Erwachsene freiwillig an. […] Der Duden-Verlag ist seit langem Rechtschreib-Instanz. Er richtete den Wettbewerb im Rahmen eines Festivals aus. […] Ob die Rechtschreibreform der 90er das Schreiben vereinfacht oder erschwert hat, ist bis heute umstritten.
19. 6. 2015
In vierzig kurzen Kapiteln handelt David Crystal so ziemlich alle Aspekte des Themas Sprache ab […]. Und es stellt die Tatsachen geradezu auf den Kopf, wenn die Brüder Grimm mit ihrem Wörterbuch als Vorreiter einer "modernen", vereinheitlichten Orthographie präsentiert werden. Tatsächlich erstrebte Jacob Grimm - sein Bruder ging in diesem Punkt auf Distanz - das Gegenteil, nämlich eine Restaurierung mittelhochdeutscher Schreibweisen. Und erst die durch diesen Vorstoß ausgelösten Verwirrungen führten dazu, dass die bereits weitgehend vereinheitlichte Schreibung im deutschen Sprachraum sich wieder aufzulösen begann, was Duden zu seinen Aktivitäten veranlasste und schließlich 1901 zur amtlichen Regelung der Orthographie führte.
17. 6. 2015
Der Konflikt […] zwischen Skiläuferin Anna Fenninger und dem Österreichischen Skiverband (ÖSV) droht zu eskalieren. […] Fenninger selbst äußerte sich in einem langen Eintrag bei Facebook […]: "wenn wir ehrlich sind zählt meine meinung nicht - mir wird sowieso das wort im mund umgedreht. ehrlichkeit hat hier keinen platz - ich bin müde und kann nicht mehr. ich habe all diese lügen satt!", schrieb die zweimalige Gesamt-Weltcupsiegerin und Olympiasiegerin von Sotschi offenbar voller Zorn - ungeachtet jeglicher Regeln zur Groß- und Kleinschreibung.
15. 6. 2015
Wo gehen Autoren mit den amtlichen Regeln der Rechtschreibreform konform und wo nicht? Edmund Jacoby, Verleger im Verlagshaus Jacoby & Stuart, sitzt für den Börsenverein im Rat für deutsche Rechtschreibung - Einblicke aus der letzten Sitzung des Rats. […] die amtliche Schreibung besitzt längst noch nicht wieder die fraglose Autorität, die der Duden und andere Wörterbücher einmal hatten. Dies wurde in einer ziemlich repräsentativen Umfrage des Interessenverbands österreichischer Autorinnen und Autoren deutlich, die auf der letzten Tagung des Rechtschreibrats vorgestellt wurde: Nur 16% der Befragten bekennen sich uneingeschränkt zur gültigen reformierten Rechtschreibung, während fast ebenso viele an der alten Rechtschreibung von vor 1996 festhalten. Die große Mehrheit gab an, von Fall zu Fall zu entscheiden und eigene Regeln zu befolgen.
Sensationell! Oder doch nicht? Schon 1996 schrieb Martin Walser: «Komisch, daß Schriftsteller für und gegen Normen streiten, an die sie sich sowieso nicht halten.»
Mir ist keiner bekannt unter den Lebenden, der fehlerfrei die deutsche Sprache beherrscht, alle Unlogik und alle Fallen kennt und die Rechtschreibreform unbeschadet überstanden hat.
12. 6. 2015
Was ist eigentlich aus dem großen Scharf-S geworden? Auch wenn Sie jetzt der Meinung sein sollten, es gebe Wichtigeres im Leben, so ist diese Frage doch nicht ganz abwegig. Und im Nu sind wir wieder mal bei der Rechtschreibreform. Obwohl lange über einen Wegfall des ß, jenes nur im Deutschen vorkommenden Buchstabens, diskutiert worden war, entschied man sich 1996 zur Beibehaltung – allerdings mit neuen Regeln.
8. 6. 2015
[…] der Beitrag von Frank-Walter Steinmeier: „Was müssen wir tun, wenn Kultur zerstört wird?“ […] Hat Steinmeier schon einmal die Folgen der Rechtschreibreform und daraus folgende mögliche kulturelle Auswirkungen ins Auge gefasst?
6. 5. 2015
In "Ickelsamers Alphabet" lässt Katharina Bihler […] sich vom 16. Jahrhundert zum "Dictionarium der zierlichen Wörter" anregen. Voller Klang-, Zitier- und Mystifikationslust hat sie dazu […] eine authentische Quelle, Valentin Ickelsamers "Teutsche Grammatica", wiederentdeckt und ergänzt. […] Zu den Artikulationsorgien bringt die Autorin Frankreich ins Spiel: Der Lyoner Sprachenthusiast Louis Meigret, der die französische Orthographie der Aussprache anzupassen versuchte, verblüfft als bizarrer Zeitgenosse Ickelsamers.
2. 5. 2015
Der „Verein der Freunde des Schüttelreims“ gastiert am 3. Mai im Kleinen Theater. […] Ruhm war bislang nur wenig mit dieser Kunstform zu ernten: So sind etwa Ludwig W. Müller, Simon Pichler und Christoph Krall nur Insidern als „Verein der Freunde des Schüttelreims mit Sitz in Vaduz“ bekannt. […] Sie verpacken Wortwitz in Zwei- und Vierzeilern. Wobei unter Kennern die orthografische Reinheit – spätestens seit der Rechtschreibreform – als Spaßbremse unter den Schüttelreimern gilt.
28. 4. 2015
Leute mit Lücken in Deutsch pflegen gern die Rechtschreibreformer […] für die eigenen Defizite verantwortlich zu machen […], aber sie irren sich in der Annahme, das Eszett wäre durch die Reform abgeschafft worden. Im Gegenteil, die Reformer haben mit der ss/ß-Regel klar und einfach festgelegt, wann "ss" und wann "ß" geschrieben werden muss.
2015-04-21
Zur Auftaktveranstaltung in der Reihe „Bildung in Zeiten der Beliebigkeit“ hatte das Politische Bildungsforum Rheinland-Pfalz der Konrad-Adenauer-Stiftung nach Mainz eingeladen, um mit Experten und Vertretern aus Politik und Schulwesen über die Rolle des Schreibens bei der Bildung von Kindern ins Gespräch zu kommen. […] Bei seiner Begrüßung hob Karl-Heinz B. van Lier, der Landesbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung für Rheinland-Pfalz, die deutliche Verschlechterung der Orthografie im Allgemeinen hervor.
18. 4. 2015
Welche Auswirkungen hat es für Kinder, wenn Sie das Schreiben zunächst nach Gehör lernen? Laut Experten haben sie später mehr Probleme mit der Rechtschreibung, sogar bis zur Universität.
Sogar bis zur Welt-redaktion!
1. 4. 2015
Wer die Schreibschrift aus der Schule verbannt, trägt zum Verschwinden einer nützlichen Kulturtechnik bei. Sie ist durch die Digitalisierung ohnehin schon stark bedroht. […] Die umständliche Reform der öffentlichen Rechtschreibung vor einigen Jahren hat zahlreiche neue Regeln formuliert und alte Übereinkünfte aufgehoben. Am Ende aber hat diese Rechtschreibreform vor allem bewirkt, dass jeder machen kann, was er will. In der digitalen Kommunikation wird klein geschrieben, abgekürzt und je nach Bedürfnislage neu montiert.
28. 3. 2015
Rechtschreibreformen sind keine Erfindung der Gegenwart. Seit über 300 Jahren machen Dichter und Gelehrte Vorschläge, wie man deutsche Wörter anders schreiben könnte. Diese hier sind gescheitert. […] Kwälle statt Quelle […] ABG statt ABC […] falen statt fallen […] schpeisen statt speisen […] Nazion statt Nation […] Follendung statt Vollendung […].
2015-03-27
Die Fernseh-Journalistin Anne Chebu kombiniert in ihrem Buch "Anleitung zum Schwarz sein" afro-deutschen Geschichtsdiskurs und praktische Lebenshilfe. […] "Ich schreibe Schwarz mit einem großem S", erklärt Chebu. "Weil es sich hier nicht um eine Hautfarbe, sondern um eine Identität handelt".
Und dafür «Schwarzsein» getrennt und «sein» (substantivierung) klein.
6. 3. 2015
Ab Mitte März zeigen die Karikaturisten Achim Greser und Heribert Lenz ihre Werke in Hanau. […] insgesamt hat Kurator Claudio Hils 220 Blätter ausgewählt mit Zeichnungen zu fast allen gesellschaftlichen und politischen Diskussionen in den vergangenen 20 Jahren: Griechenlandkrise, Energiesparbirnen, Terror durch IS und andere Islamisten, Rechtschreibreform, bayerische Besonderheiten, der Umgang mit Asylbewerbern, Auswüchse des Fußballgeschäfts und vieles mehr, alles von Greser und Lenz genau beobachtet, pointiert kommentiert und kunstvoll mit Tusche zu Papier gebracht.
27. 2. 2015
Thomas Brussig, der große Ostalgie-Humorist, ironisiert in seinem fröhlich kontrafaktischen und sich genretechnisch als Biographie tarnenden Buch diesen Dauerselbstbetrug in bewährter Ost-West-Manier […]. Dabei ist ein seltsamer Roman herausgekommen, verspielt, komisch, selbstreflexiv bis zur Schmerzgrenze, aber zugleich wie ein nicht fertiggebackener Kuchen auseinanderlaufend. Die DDR wurde also nie abgewickelt […]. Der Witz des Buches besteht darin, dass die DDR nach chinesischem Muster auch ohne Wende und Wiedervereinigung im totalen Kapitalismus ankommt, was zugleich bedeutet, dass auch in der Romanwirklichkeit das Dissidenten-Ticket immer mehr an Wert verliert: "Ich mußte nun zur Kenntnis nehmen, wie abgemeldet ich war" - "mußte" mit "ß", denn die Rechtschreibreform hat es auch nicht gegeben.
20. 2. 2015
Die richtige Schreibweise ist Schweizer Käse. Zwar gibt es auch das kleingeschriebene Adjektiv schweizerisch […]. Aber die Form Schweizer auf -er wird eindeutig großgeschrieben, und selbst die Rechtschreibreform mit ihrem ansonsten so verhängnisvollen Variantenwahn lässt hier keine andere Wahl.
19. 1. 2015
Kann man davon ausgehen, dass der "Willkommen"-Tafelanschrieb von einer Sekundarlehrkraft verfasst wurde? Da wird's mir schlecht. Nicht nur die Rechtschreibung ist falsch, da "willkommen" in Verbindung mit "herzlich" ein Adjektiv ist und kleingeschrieben wird. Auch in der Schrift geht alles durcheinander […].