Gerd Simon, Marginalismus und Chaos-Angst (manuskript), 24. 9. 2004
Meine Position in der Rechtschreibfrage wurde in der Geschichte offiziell selten vertreten, weil wer sie vertritt, das Problem normalerweise rechts liegen lässt. Sie setzt beim Leser ein und wendet sich gegen alle überflüssigen Normierungen. Erwachsene, die sich einigermaßen verständlich auszudrücken verstehen, können auch leicht und schnell erfassen, was gemeint ist, wenn jemand – wie der Schriftsteller Matthias Köppel – „hollundische Totumauten“ statt „holländische Tomaten“ schreibt. Einen Maßstab für verständliches Schreiben und damit eine Reform braucht man nur für Lernende (Kinder und Ausländer), wobei es zugleich Aufgabe der Lehrer sein sollte, Toleranz gegenüber abweichenden Schreibweisen einzuüben. Und da ist es eher sinnvoll, alles möglichst leicht erlernbar zu gestalten, als sich am Geschmack einzelner zu orientieren, selbst wenn sie Thomas Mann oder Günter Grass heißen. Das ist eine Kritik an allen drei Richtungen, die es seit dem 19. Jahrhundert in dieser Frage gibt, nicht nur an den Rechtschreibreformern und den „Fonetikern“, die eine radikal vereinfachte Rechtschreibung anstreben, sondern auch an den Traditionalisten à la Schmidt-Rohr und Markner.
Vergleichbare positionen: Elisabeth Leiss, Ronald Lötzsch.