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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

stellungnahmen → Zu Theodor Ickler, 6. 5. und 5. 6. 2001
ortografie.ch ersetzt sprache.org ortografie.ch ersetzt in zukunft sprache.org
Der Bund für vereinfachte rechtschreibung nimmt stellung

Zu Theodor Ickler in rechtschreib­reform.com, 6. 5. und 5. 6. 2001

Rolf Landolt versieht seine ver­dienst­volle Presse­schau ge­legent­lich mit spitzen Be­mer­kungen gegen die Kri­tiker der Recht­schreib­reform.

Mein lieber herr professor Ickler, Sie haben anscheinend ein problem damit, dass es leute gibt, die nicht Ihrer meinung sind. Und die machen noch spitze bemerkungen! Und dann sind es noch «praktischerweise» die reformer, die auf der webseite der reformer (www.sprache.org) zum wort kommen. Letzteres stimmt ja unpraktischer­weise nicht einmal. In der rubrik «wer ist wer» hat es viele eigenzitate (mehr als jedes fünfte), die hälfte stammt aus der presse (verfasser unbekannt oder nicht einer seite zuzuordnen). Bei den restlichen ist es in der tat so, dass sich fast doppelt so häufig ein befürworter über einen gegner äussert wie umgekehrt, aber «fast immer» ist das auch nicht. Fünf bemerkungen über gegner stammen von gegnern.

Nicht die Zeitungen, die gegen den Willen von Lesern und Re­dakteuren die reformierte Recht­schreibung ein­geführt ha­ben, treiben Macht­mißbrauch, sondern die F.A.Z., die so frech war, diesem Leser­willen zu folgen! Daß das Bundes­verfas­sungs­gericht das selbst­verständ­liche Recht, so zu ver­fahren, noch einmal bekräftigt hat, in­teressiert Landolt nicht.

Von dem, was ich über die presse geschrieben habe, kann ich nichts zurück­nehmen. Der FAZ habe ich das recht auf eine abweichende ortografie keineswegs abgesprochen; ich praktiziere das ja selbst. Es sollte klar aus meinem text hervorgehen, dass ich der FAZ und anderen zeitungen zwei dinge vorwerfe. Das eine formulierte ein mir unbekannter leserbrief­schreiber in der Süddeutschen Zeitung vom 30. 8. 2000 so: «Man darf sich reaktionär und borniert verhalten, wie die FAZ-Redaktion dies tut – ein jeder blamiert sich, so gut er kann. Der eigentliche Skandal liegt in meinen Augen aber anderswo: Durch die massive Kampagne, die die FAZ momentan fährt und deren vorläufiger Höhepunkt die unangenehme Selbst­beweihräucherung auf der Titelseite war, verliert sie ihren Tag für Tag ebenfalls auf dem Titelblatt postulierten Anspruch auf Überparteilichkeit.» Das andere ist die jahrzehnte­lange erfahrung, dass unsere (sachlichen und höflichen) reaktionen auf angriffe selten (im fall der FAZ nie) auch nur zur kenntnis genommen werden. Da werden Sie doch verstehen, dass unsere internet­seiten nicht nur dazu da sind, uns «verdienste» zu erwerben.

Auch Landolt kann es nicht ent­gangen sein, daß die Recht­schreib­reform kei­nes­wegs die ersehnte Klein­schreibung, son­dern im Gegen­teil eine absurd ver­mehrte Groß­schreibung ge­bracht hat. Auch sonst er­füllte sich keine seiner Hoff­nungen.

Ihr mitgefühl bezüglich meiner (noch) nicht erfüllten hoffnungen freut mich; meine haltung zur heutigen situation (ach ja, da war mal eine neu­regelung) habe ich aus­führlich erörtert. Auf jeden fall kann ich nicht so schön leiden wie einige leute in rechtschreibreform.com, denen meine anspielung mit dem «Märtyrer des britischen Masssystems» galt.

Er disku­tiert nicht gern, sondern bleibt bei seiner einmal ge­faßten Haltung.

Ich würde gern jeden tag diskutieren, selbst aus der position eines spatzen gegen­über einem papst. Leider aber haben erstere im gegensatz zu letzteren noch anderes zu tun (z. b. hier). Ich bin kein fachmann; dafür habe ich die distanz zum gegenstand, die einigen leuten fehlt. Immerhin darf ich in aller bescheidenheit darauf aufmerksam machen, dass ich über die rechtschreib­reform schon länger diskutiere als die meisten leute bei rechtschreib­reform.com. Es gibt nicht nur den von Ihnen über­nommenen jahres­bericht, sondern noch viele, viele frühere. Da ich bei meiner «einmal gefaßten Haltung» bleibe, bin ich erstaunt, dass Sie nicht schon vor jahr­zehnten eine «Offen­barung» hatten. Ich habe auch immer wieder offen­barungen, beispiels­weise wenn mich ein deutscher sprach­wissenschafter in sachen demokratie­verständnis belehren will.

Leider ist Lan­dolt Ar­gumen­ten nicht zu­gänglich.

Ich bin Ihren ar­gumenten wohl etwa gleich zugänglich wie Sie den meinen. Immerhin nehme ich sie zur kenntnis und stelle ihnen un­verhältnis­mässig viel raum zu verfügung, ohne von dem auf der gegen­seite reichlich vor­handenen geld zu profitieren. In anbetracht der liefer­fristen frage ich mich auch, wer in der Schweiz ausser dem BVR die vielen bücher der reform­gegner kauft. Dafür dürften Sie ruhig etwas dankbarer sein. Das ganze wird zwangsläufig zum einmann­unternehmen. In der Schweiz sagt in der tat niemand mehr etwas, weder befür­worter noch gegner, und ich kenne niemanden, der in der lage oder willens wäre, die text­produktion der deutschen reform­gegner auch nur ansatz­weise zur kenntnis zu nehmen. (Wenigstens entrichten trotz allem noch erstaunlich viele mit­glieder brav ihren jahres­beitrag, so dass wir uns zwar nicht ganz­seitige, aber wenigstens winzige anzeigen und den internet­auftritt leisten können.) Abgesehen davon: Dass die arbeit in einem verein an wenigen hängen bleibt, wird man wohl im laufe der nächsten 77 jahre auch bei rechtschreib­reform.com feststellen. (Dazu kommen in unserem fall die probleme, die sich kurz nach dem tod des echt aktivsten vereins­mitglieds ergeben.)

 

Übrigens: Willkommen im engeren kreis der reformer! Reformgegner Digeser brauchte 27 jahre zur erlangung dieses ehrentitels; Sie haben es ja schon so gut wie geschafft, wie die miss­günstigen zitate unter «wer ist wer» belegen. Wer wem ähnlich ist, ist eben oft schwer zu sagen. Ich habe da auch so meine probleme: «Eigentlich müßte den deutschen Reform­befürwortern jede Ähnlichkeit mit Landolt äußerst peinlich sein.» Gibt es da jemanden, der mir ähnlich ist? Ich kenne in der Schweiz niemanden, der Ihnen ähnlich ist!

Rolf Landolt, Bund für vereinfachte rechtschreibung