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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

stichwort → einheitlichkeit
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einheitlichkeit

Definition

geografisch
Das bestreben, im ganzen sprachgebiet in der schule die gleiche norm zu lehren. Problem: grosse sprachgebiete erstrecken sich über mehrere staaten; dazu kommt eine föderalisti­sche organisation innerhalb der staaten, z. b. in Deutsch­land und in der Schweiz. Im deutschen sprachgebiet wurde die einheitlich­keit zu beginn des 20. jahr­hunderts erreicht, allerdings mit ausnahme der verwendung des ß. Die neuregelung von 1996 hat daran nichts geändert.
anwendung der norm

Das bestreben, alle sprach­teilnehmer dazu zu bringen, die schulnorm mit möglichst wenig spielraum anzuwenden. Damit wird die einheitlich­keit zum argument gegen

  • varianten von schreibungen
  • reformen
  • varianten von regel­systemen
vgl. auch
varianz

«… ist in der Tat alles, was man bei solchen Dingen suchen muß»

, , zitiert in Duden, Die deutsche Recht­schreibung.

Auch eine minder gute Ortho­graphie, wofern nur ganz Deutschland darin überein­stimmt, ist einer vollkommeneren vor­zuziehen, wenn diese voll­kommenere auf einen Theil Deutschlands beschränkt bleibt und durch eine neue und keineswegs gleich­gültige Spaltung hervorruft.

, Frankfurter All­gemeine Zeitung,

Einheitlich­keit der Schrei­bung bleibt das stärkste Band im viel­fältig ge­gliederten deut­schen Sprach­gebiet.

, Frankfurter All­gemeine Zeitung,

Das war auch die größ­te Leistung Kon­rad Dudens: dass er in seinem Or­tho­graphischen Wörter­buch von 1880 - gegen eigene frühere Reform­ideen - der tra­ditionellen Recht­schreibung in der Form der ver­einheitlich­ten preußi­schen und bayerischen Regeln zum Durchbruch verholfen hat.

, Süd­deutsche Zeitung,

Einheitliche Geltung im gesamten Sprach­raum aber ist zentraler Zweck jeder ortho­gra­phischen Regulierung; wird sie preis­gegeben, so hat die Normierung jegli­chen Sinn verloren, und damit entfällt auch der Grund wie die Legitimie­rung für eine Reform dieser Normierung.

, Geschäftsblatt für den oberen Teil des Kantons Bern (),

[…] die geiſtige Nahrung, welche die Kinder aus den Jugendſchriften beziehen, ſoll nicht dazu dienen, das in der Schule Erworbene ins Schwanken zu bringen, ſondern zu befeſtigen.

Die geistige nahrung, welche die kinder aus dem internet beziehen, war damals noch kein problem.

, zitiert von Alexan­der Smoltczyk, Der Spiegel,

Die deutschen Lehrer ha­ben im 19. Jahrhun­dert vom Staat eine ein­heitliche Recht­schrei­bung er­beten. Das war der Sün­den­fall. Aus dem kommen wir jetzt nicht mehr heraus. Die Bürger wollen Regeln, der Duden antwortet mit Kasuistik und wird dick und dicker.

, öster­reichischer unterrichts­minister,

Ich möchte betonen, daß ein Allein­gang Öster­reichs nicht in Frage kommt.

, Pädagogi­scher Beobach­ter,

Warum sollten es aber die Schweizer, die es wagten, einen freien Staat mitten unter mo­narchi­schen und despoti­schen Staaten zu gründen, die andern Nationen vor­an­leuchten in humanen Institutio­nen und die durch ihre Girards, Pestalozzis und Fellen­berge eine gänzliche Um­gestaltung, in Deutsch­land wie in der Schweiz, im Erziehungs­wesen bewirkt haben, nicht auch wagen dürfen, den ersten Schritt zu thun für eine eigent­liche Recht­schreibung, die gewiss nicht nur von allen Lehrern, sondern auch von der Masse des Volkes freudig begrüsst würde? Die Bahn einmal ge­brochen (und in der Schweiz beginnt sie sogar schon sich zu ebnen) würden die deutschen Staaten gewiss bald nach­folgen und auch andere Nationen, wie Franzosen und Engländer, würden ein Beispiel nehmen und der Zeitge­winn für er­spriesslichen Unterricht würde kein un­beträchtlicher sein.

«… gerade durch die Reform bedroht»

Jeder Verſuch die feſt­geſetzte Schrei­bung zu verändern, auch wenn er der veränderten Ausſprache ſich anzupaſſen ſucht, wird leicht zu einer Gefährdung für die Einheit der Schrift­ſprache und ſtößt eben darum auf Wider­ſtand bei den­jenigen, welchen an der Auf­recht­erhaltung dieſer Einheit gelegen ist.

, Frankfurter All­gemeine Zeitung,

Die Einheitlich­keit der deutschen Recht­schrei­bung ist also gerade durch die Re­form bedroht. Denn es geht ja nicht nur darum, daß in den ver­schiedenen Bun­des­ländern samt Öster­reich und den Schweizer Kantonen das gleiche gelehrt wird, sondern auch darum, daß die ver­schiedenen Teile der deutsch­sprachigen Gesellschaft und nicht zuletzt die Schrift­steller die gleiche Schrift schrei­ben.

, Frankfurter All­gemeine Zeitung,

Natürlich steht es die­sem oder jenem Poe­ten, sagen wir Ernst Jandl, frei, alles groß oder alles klein zu schreiben und - das gibt es - mit der Recht­schreibung spie­lerisch musikali­sche Scherze zu treiben ("Dasdadur"). Aber das Leben wird - das ist ja nichts Schlechtes - zu­nehmend von Computern geprägt wie von Autos. Und da wird es dann brenz­lig, denn die Pro­grammierer müssen weit­hin dieselbe Sprache schreiben wie die Benutzer. Denn falls ein Auto­me­chaniker-Lehrling ein "Kappel" für die Batterie sucht, um den Strom­speicher mit der Licht­maschine zu verbinden, dann gehen teure Arbeits­stunden ver­loren, wenn der Pro­grammierer des Ersatzteil-Lager­verzeichnis­ses noch "Kabel" ge­schrieben hat. Woraus folgt, daß die Recht­schreibung gewiß lang­same Wandlungen auch rechtlich verträgt, aber keine Re­volutionen und keine Beliebigkeit.

Wenn der lehrling jetzt erkennt, dass es vor­teile bringt, sich an schreib­regeln zu halten, ist es ja nicht zu spät. Anders gesagt: Die schreibung ist auch ohne zwang so einheitlich, wie sie sein muss. Ein elektroni­scher such­vorgang ist im übrigen ein gutes beispiel – für die um­gekehrte schluss­folgerung: Pro­grammierer wollen uns gar nicht zu einheitlich­keit zwingen, ganz im gegenteil. Immer raffiniertere such­algoritmen und frontend­techniken erleichtern den umgang mit varianten und tippfehlern.

, Frankfurter All­gemeine Zeitung,

Es gibt keine ein­heit­liche deutsche Ortho­graphie mehr.

, Die Woche,

Das eigent­liche Ärger­nis ist der Verlust der Ein­heitlichkeit der Schrei­bung.

, Tages-Anzeiger,

«Errungen­schaft» be­zeichnet, «dass eine Sprach­gemeinschaft ei­ne ein­heitliche Schrei­bung pflegt». Nur wurde diese dank Konrad Duden seit 1903 existie­rende Ein­heitlichkeit von den Recht­schreibe­reformern für lange Zeit zerstört.

, suedkurier.de,

«Die Einheitlich­keit der deutschen Recht­schrei­bung ist zerstört, die Sprache wird eine lange Leidens­zeit haben.»

, presse­mitteilung,

Eine Einheitlich­keit exi­stiert mit re­formier­ter Recht­schreibung nicht mehr.

, Welt am Sonn­tag, , Editorial

Die Recht­schreib­re­form […] hat Ver­wir­rung gestiftet, das Land ge­spalten und die Ein­heitlich­keit der Schreib­weise zerstört.

, janhenrikholst.de,

[…] heute ist die Ein­heitlichkeit der deut­schen Recht­schreibung zerstört und unsere Schrift­kultur dem Dahin­siechen preis­gegeben.

, Die Zeit,

Was damit auf ab­seh­bare Zeit nicht zurück­kommt, ist freilich die Ein­heitlichkeit der Schrei­bung jen­seits der Schulen. Die Re­form­gegner, die das beklagen, müs­sen sich aller­dings auch an die eigene Nase fassen: Sie haben mit ihren Blocka­den den Zustand der neuen or­tho­grafischen Freiheit mit erzeugt. Das Ergebnis ist nicht ohne Ironie. Die An­hänger einer unwandel­baren Recht­schreib­autorität haben diese Autorität durch partisanen­hafte Abweichung ihrer­seits beschädigt.

«… die Grundsatzfrage nach dem Stellenwert der Einheitlichkeit»

, Süd­deutsche Zeitung,

In einer Reihe von Kon­ferenzen zwi­schen 1880 und 1902 wurde fest­gelegt, was noch heute im wesentli­chen gilt: ein Regel­system, das der Schulmann Konrad Duden auf der Basis des Preu­ßischen Ortho­graphie-Wörter­buchs her­gestellt hatte. Man hat nicht gehört, daß diese Ver­einheitlichung die deutsche Sprache merklich ver­ändert habe – obwohl sie radikal vor allem da­durch war, daß sie die regional bis dahin gültigen Schreib­weisen außer Kraft setzte.

Auch hin­sichtlich der ge­schriebenen Spra­che gibt es trotz der amtlichen Regelung von 1901 nur eine relative Einheit­lich­keit. Bis heute werden Leser mit Texten kon­frontiert, die nicht der amtli­chen Regelung von 1901 entsprechen.

, Schweizer Monats­hefte,

Schliesslich stellt sich auch die Grundsatz­fra­ge nach dem Stellen­wert der Einheitlich­keit. Wie wichtig ist die rigorose Aus­schaltung von Streit­fragen und Grenz­fällen, wie schädlich ist eine Bandbreite, die regionalen Eigen­heiten und per­sönlichen Vorlieben Raum lässt?

, ,

Zentralismus wird in der Regel für fort­schrittlich und effizient gehalten […]. Aber ist Einheitlich­keit in einer viel­fältigen Rea­lität tat­sächlich ein erstrebens­wertes Ziel? Man kann auch einheitlich irren und etwas Falsches tun. Ist es nicht viel besser, wenn zwar Gleiches gleich, aber Un­gleiches nach Mass­gabe seiner Un­gleichheit auch unter­schiedlich geregelt wird? Vielfalt statt Einfalt! […] Zudem ist die zentrale Lösung nicht automa­tisch die optimale, und bei unter­schiedlichen Lösungs­ansätzen können die weniger Erfolg­reichen von den Er­folg­reicheren lernen. Es hat sich im Lauf der Geschichte auch immer wieder gezeigt, dass sich so­genannt rück­schrittliche Strukturen plötzlich wieder als modern und fort­schrittlich erwiesen haben. Zentrali­sierung birgt immer auch die Gefahr einer “Ver­einheitlichung ge­mäss dem neuesten Stand des wis­sen­schaftlichen und politischen Irrtums” in sich. Keine Regierung ist davor gefeit. Lauter kleine non-zentrale Irrtümer, die gegen­einander konkurrieren, sind hin­ge­gen auf die Dauer auch bezüglich Freiheits­gehalt und Lern­fähigkeit im Vergleich mit einem grossen, hoch zentrali­sierten System effizienter und – nach aussen und innen – weniger ge­fährlich.

Einheit auch in ortho­graphiſchen Dingen iſt ein ſchö­ner Gedanke, „iſt des Schwei­ßes der Edeln werth.“ Aber eins ſteht uns doch noch ungleich höher, und dieſes eine geben wir nicht preis um Alles in der Welt: das iſt die Wißen­ſchaft und — das Ziel der Wißen­ſchaft — die Wahrheit. Wo es gilt eine augenfällig wahre und wißen­ſchaftlich so feſt begründete Schreib­weiſe, wie es die hiſtori­ſche Schreibung der S-laute iſt, […] in Ehren zu halten und hoch zu halten, da iſt Nach­gibigkeit Verrath an der Wißen­ſchaft, da iſt und bleibt unſer Wahlſpruch: Tu contra audentior ito!

Die Forderung nach völ­lig lücken­loser Uni­formi­tät der Schrei­bung ist keines­wegs zwingend; im Bereich der schönen, auch der wissen­schaftlichen Literatur, erheben sich sogar sehr ernst­hafte Einwände gegen eine ortho­graphische Einheits­tyrannei.

, die tages­zeitung,

Der Fetisch der Ein­heit­lich­keit dient dazu, die mit der Recht­schreib­reform (und zum Teil gegen deren ur­sprüngliche Motive!) ge­wonnene Freiheit der Wahl aus ver­schiedenen Schreib­varianten zu denunzieren.

, Der Spiegel,

Soll doch jeder, auf ei­genes Risiko, schrei­ben, wie er will. Er will ver­standen werden, soll er's ver­suchen auf seine Art. Wie gut und eigen­artig hat das Goethes Mutter in den Briefen an ihren Sohn praktiziert.

, Der Spiegel,

Ich zitiere Ihnen einen be­liebigen Satz aus Wie­lands "Ge­sprächen unter vier Augen": "Von einer Republik, die auf die Rechte der Menschheit ge­gründet seyn will, und mit den großen Zauber­worten, Freyheit und Gleichheit, Vernunft, Filosofie und Filanthro­pie, so viel Geräusch und Ge­klingel macht, sollte man doch wohl mit gutem Fug ein besseres Beyspiel er­warten dürfen." Wie viele "Schreib- und Komma­fehler" würden die Anbeter des Dudens in diesem Satz finden, je nach­dem, welche Auflage ihrer heiligen Schrift sie gerade zu Rate ziehen? Sechs? Sieben? Acht? Dabei muß man schon ein ganz be­sonderer Trottel sein, um nicht zu begreifen, was Wieland meint und was niemand besser aus­drücken konnte als er.

Das zentrale Argument aller Rechtschreib­nor­mierer ist, daß in der Moderne die Ein­heit­lichkeit der Schrift­sprache höchste Priorität habe. Worauf sich diese Ein­heitlichkeit gründe, sei sekundär. […] Hauptsache, die Anzahl der konkur­rierenden Schreib­varianten werde re­duziert. Die Orthographie­reformer der Moderne hatten und haben tatsächlich regel­rechte 'Aus­rottungs­phantasien', was die Existenz von Varianten betrifft. Opfer sind dabei nicht nur die Buch­staben. Geopfert wurde und wird nicht nur die Regel­haftigkeit und Motiviert­heit der Schrift. Die Ver­nichtung von Va­rianz ist eine Geistes­haltung, die viele Bereiche usurpiert. Das Prinzip der Ver­nichtung von Varianz ist ein 'Gedanken­gift', das nicht nur den Sprachen, den Dialekten und Soziolek­ten gefährlich werden kann.

, Süd­deutsche Zeitung,

Das Streben der Deutschen nach Einheit hatte in der jüngeren deutschen Geschichte meist tragische Begleiterscheinungen. Die Überwindung der Kleinstaaterei löste gleich zwei Weltkriege aus, die so genannte „Wiedervereinigung in Freiheit“ kostete den Deutschen die wirtschaftliche Vormachtstellung in Europa.

Unser land darf nicht ab­warten, bis sich sämt­liche kultus­mini­ster, erziehungs­direk­toren, alle romanti­ker und alle rationa­listen zu einheits­glauben an die klein­schreibung be­kehrt haben: Jeder­mann und jedes land sollte den schritt vollziehen, wann es ihm beliebt.

, Neue Zürcher Zeitung,

Sollte sich aber eine inter­nationale Lösung als un­möglich erwei­sen, so würde die Al­ter­native eines Allein­gangs in diesem oder jenem Staate eben doch aktuell werden.