Eduard Blocher, Mitteilungen des Deutschschweizerischen Sprachvereins, 4. 1920
Die nichtsnutzige „Reform“ von 1901 hat uns sprachwidrige Neuerungen gebracht, Schreibungen wie: zuungunsten, aufgrund, imstand, infolge.
definition
Forderung, dass die rechtschreibung sich primär nach der herkunft eines worts und nach der grammatik richten muss. Eine rein synchronische analogiebildung zur erleichterung des schreibens wird abgelehnt. Der begriff wird von gegnern einer rechtschreibreform und ausschliesslich zur erhaltung des status quo gebraucht, nicht etwa von anhängern einer rein fonologischen schreibung.
tollpatsch |
analog zu toll |
von ungarisch talpas |
belämmert |
analog zu lamm |
von niederdt. belemmeren, hindern, hemmen |
quäntchen |
analog zu quantum |
von (veraltend) quent, sehr kleine menge |
nummerieren |
analog zu nummer, nummerisch (seit 1942) |
von lat. numerare, analog numerisch |
spiel |
analog zu tier |
spiel in schweizer dialekt: [ʃpɪ:l] |
tier in schweizer dialekt: [tɪɐr] |
bahn |
analog zu zehn |
bahn mhd: ban[e] |
zehn in schweizer dialekt: [tsæ:], [tsæxɐ] |
gehen |
analog zu sehen |
gehen mhd: gān, gēn, in schweizer dialekt: [ga:], [gu:] |
sicht, gesicht |
bewertung
«Sprachrichtigkeit» im sinne einer etymologischen schreibung lehnen wir ab (diachronie).
Wer die «sprachwidrigen» analogiebildungen von 1996 ablehnt, muss konsequenterweise auch die frühreren ablehnen, wie das Konrad Duden noch teilweise tat. Andernfalls muss man annehmen, dass es nicht um sprachrichtigkeit geht, sondern um die erhaltung des status quo.
verweis
Eduard Blocher, Mitteilungen des Deutschschweizerischen Sprachvereins, 4. 1920
Die nichtsnutzige „Reform“ von 1901 hat uns sprachwidrige Neuerungen gebracht, Schreibungen wie: zuungunsten, aufgrund, imstand, infolge.
Bis ins Jahr 1996 hatten wir eine weitestgehend einheitliche und sprachrichtige, also voll zweckmässige Rechtschreibung. Dann haben die Bildungspolitiker der deutschsprachigen Länder mit einem zerstörerischen Eingriff, genannt Reform, die Einheitlichkeit und Sprachrichtigkeit aufgehoben; und die sind bis heute nicht wiedergewonnen.
Bayerische Staatszeitung und Bayerischer Staatsanzeiger, 30. 1. 2004
Mit der Aushebelung der Grammatik, mit der Rückgängigmachung von Wortbildungsprozessen, mit der Einebnung von Bedeutungsunterscheidungen, also der Entdifferenzierung der Sprache kann eine Kulturnation nicht leben. Am 31. Juli 2005 soll die Übergangsfrist enden. Danach werden Schüler, die noch ein intaktes Gespür für die Sprache haben, gnadenlos bestraft, wenn sie sich den Zwang zu sprachwidrigem Regelkonformismus nicht beugen. Das Sprachrichtige wird ihnen als Fehler angekreidet, mit allen Folgen für die Notengebung und damit für das weitere Lebensschicksal. Dahin darf es nicht kommen, denn das wäre - so klar und drastisch muß man es sagen - ein Verbrechen an jungen Menschen.
Rainer Wimmer, Süddeutsche Zeitung, 2. 7. 2004
Es gibt keine grammatisch korrekte oder inkorrekte Orthographie.