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Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)

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dreikonsonantenregel

Geschichte

Prospekt für eine bahn durch das tal der Glatt, kanton Zürich, 1853
Glattthal

Glattthal = Thal der Glatt.

Amtsblatt der Stadt Zürich, 9. 1869

Schifffahrt.

Konrad Duden, Zu­kunfts­ortho­graphie, 1876 (= I. orto­grafische konferenz)

§ 5. Die Verdoppelung unter­bleibt […] c) In den zuſammen­gesetzten Wörtern dennoch und Mittag, ſowie auch in Brenneſſel, Schiffart. Man ver­meidet in ihnen das Zu­ſammen­treffen dreier gleicher Konſonanten­zeichen, die man jedoch in weniger ge­bräuchli­chen Wörtern zuläſst, z. B. in allliebend, Schallloch, Schnellläu­fer, Stillleben, Zolllinie, Schwimmmeiſter, Stammmut­ter, Stimmmit­tel, Betttuch u. ſ. w.

Abgren­zung nach häufig­keit.

Konrad Duden: Voll­ständiges Ortho­graphisches Wörter­buch der deutschen Sprache. 1880.
ausschnitt

In betreff des Zusammen­treffens dreier gleicher Kon­sonant­zeichen in zusammen­gesetzten Wörtern folgt das Wörterbuch der preußischen Regel. Nach dieser schreibt man dennoch, Dritteil, Mittag, Brennessel, Schiffahrt. In allen übrigen Wörtern, in welchen durch Zu­sammen­setzung drei gleiche Konsonanten zusammentreffen, behaupten alle drei ihren Platz; z. B. Betttuch, Schwimmmeister. Das bayerische Regelbuch schreibt vor, daß in allen Wörtern, in denen durch Zusammen­setzung drei gleiche Konsonant­zeichen zusammen­stoßen würden, eins aus­zulassen sei; also z. B. auch Schalloch, Bettuch, Kammacher; aber Rückkehr, Schutzzoll.

«Urduden»: wie I. orto­grafische konferenz.

ausschnitt ausschnitt ausschnitt

Betttuch, Schiffahrt, Stillleben.

inserat in einer zürcher zeitung, 8. 1891

Schifffahrt.

Konrad Duden: Ortho­graphisches Wörter­buch der deutschen Sprache. 1904.

Wenn bei Zusammen­set­zungen drei gleiche Kon­sonanten zu­sammen­tref­fen, z. B. in Brennnes­sel, Schifffahrt, Schnellläu­fer, so kann man davon einen aus­fallen lassen; man darf also schreiben Brennes­sel.

Es handelt sich um ei­ne typo­grafische, durch­aus nicht zwin­gende spar­schreibung.

Konrad Duden: Ortho­graphisches Wörter­buch der deutschen Sprache. 1915. XII.

Wenn bei Zusammen­set­zungen drei gleiche Mit­laute zwischen Selbst­lauten neben­einan­der zu stehen kommen, so ist einer davon zu streichen.

Eine folge der ver­schmel­zung des all­gemei­nen Ortho­gra­phi­schen Wörter­buchs und des so genannten buch­dru­cker­du­dens: Die regelung wird strikter.

Vorschlag «kleine rustsche reform». 1944.

In zusammen­setzungen werden kon­sonanten nur zweimal ge­schrieben: Schiffahrt, aber auch Schiffracht.

Ausweitung der regel.

Heinz Erich Walter, korrektor, Sprach­spiegel, 7. 1966.

Auf völliges Unverständ­nis stößt jene Aus­nahme von der Aus­nahme, daß von drei gleichen Mit­lau­ten, auf die ein weiterer Kon­sonant folgt, keiner ausfällt: Sauer­stofffla­sche, Papppla­kat. Die tech­nischen Schwie­rig­keiten der Fraktur-Li­gaturen sind doch schon längst über­wun­den! Und wer außer einigen Kor­rektoren kennt dieses Regelein? Es wäre drin­gend er­forderlich, daß ein Fachmann einmal die histo­rischen Einflüsse der Satz­technik auf die Recht­schreibung unter­suchte! Er würde bewei­sen, daß das unsinnige Verbot der st-Trennung und die Erhaltung der drei gleichen Konso­nanten vor einem vierten auf den Ligaturen der Fraktur­zeit beruhen. Solche über­holte Buch­drucker­regeln zu ändern, bedarf es kei­ner Recht­schreib­reform.

Ist es ein problem der ortografie oder der typo­grafie?

Lutz Mackensen: Deutsche Recht­schreibung. 1968.

Wir ſchlagen […] vor, drei gleiche Mit­laute zu mei­den: Schnelläu­fer […], aber auch Ballettrup­pe […], Sauer­stofflasche.

Wieder die aus­weitung der regel. (Das ist ei­ne parallele zu Rust, nicht die neu­rege­lung von 1996!)

Duden, die deutsche Recht­schreibung. 20. auflage, 1991. R 204.

Treffen bei Wort­bil­dun­gen drei gleiche Kon­sonanten zu­sammen, dann setzt man nur zwei, wenn ein Vokal (Selbst­laut) folgt.

Schiffahrt, Brennessel, Bal­letthea­ter (th, griech. ϑ, gilt hier als ein Buchstabe), wetturnen.

Bei Silben­trennung tritt der dritte Konsonant wie­der ein. Schiff-fahrt, Brenn-nessel, Ballett-thea­ter, wett-turnen. […]

Nach ck darf k nicht aus­fallen, und nach tz bleibt z erhalten.

Folgt auf drei gleiche Kon­sonanten noch ein anderer, vierter Kon­sonant, dann darf keiner von ihnen weg­fallen. Aus­puffflam­me, Papppla­kat, Bal­letttruppe, fetttriefend.

Treffen drei s aufeinan­der, wenn ss als Ersatz für ß steht, dann werden immer alle drei s ge­schrieben, also auch bei folgendem Vokal.

Zwingende regeln für immer mehr spe­zial­fälle bei un­ver­änder­ter grund­lage, der amt­lichen regelung von 1902.

Neuregelung von 1996.

Die regel entfällt.

Duden, die deutsche Recht­schreibung. 21. auflage, 1996, s. 63. R 136.

Treffen bei Zusammen­setzungen drei gleiche Buch­staben zu­sammen, darf keiner von ihnen weg­fallen.

Kaffeeer­satz, schneeer­hellt, Aus­puffflam­me, Schifffahrt, Papppla­kat, Brennnes­sel, Bal­letttrup­pe, Kon­gressstadt, fetttrie­fend

Eine Aus­nahme bilden die Wörter „den­noch“, „Drit­tel“ und „Mit­tag“.

Zur besseren Lesbarkeit kann ein Binde­strich gesetzt werden <§ 45 (4)>.

Kammma­cher, auch: Kamm-Macher
Zooorches­ter, auch: Zoo-Orchester
stick­stofffrei, auch: Stick­stoff-frei

«Nichtregel» für die über­gangs­zeit im sinn von: «Wo es buch­staben hat, darf man keine weg­lassen.»

Duden, die deutsche Recht­schreibung. 22. auflage, 2000, s. 88. K 169.

Treffen bei Zusammen­setzungen drei gleiche Buch­staben auf­einan­der, kann zur bes­seren Les­bar­keit ein Binde­strich gesetzt werden <§ 45 (4)>.

Kaf­feeer­satz, auch Kaf­fee-Ersatz, Kunst­stofffla­sche, auch Kunst­stoff-Flasche, Kon­gressstadt, auch Kon­gress-Stadt, Geschirrrei­niger, auch Geschirr-Reiniger, Kennnum­mer, auch Kenn-Nummer

[Hinweis:] Bei der Zu­sammen­schreibung ohne Binde­strich darf keiner der drei Buch­staben ent­fallen.

(Eine Aus­nahme bilden die Wör­ter „dennoch“, „Drittel“, „Mittag“ <§ 4 (8)>.)

Brennnes­sel, Schifffahrt, schneeer­hellt, hellli­la, grifffest, schnellle­big, stick­stofffrei, fetttrie­fend, Bal­letttruppe

Keine regel mehr, sondern «weiter­füh­rende Hin­weise, Er­läuterungen oder Emp­fehlungen zu be­stimmten recht­schreib­lichen oder anderen Zweifels­fällen»


Zitate zur neuregelung von 1996

Im 19. Jahrhundert war das Ausschrei­ben aller drei Konsonanten des Kompo­situms tatsächlich aktuell. Aber das ist lange her. Durch Assimilation ging näm­lich der dritte Konsonant im Kom­positum verloren, wenn ihm ein Vokal folgte. […] Man tut gut daran, getreu dieser Ent­wicklung auch weiter­hin zu verfahren […]. Der Reformer (als solcher Welt­verbes­serer faschistoid-chauvinisti­scher Aus­rich­tung) denkt nämlich fol­gender­ma­ßen: „Trenne ich mit drei Konsonanten (Brenn-nessel), dann ist es doch nur lo­gisch, auch ohne Trennung Brennnessel zu schreiben.“ Aber er fragt sich nicht, warum dieser Weg auf einmal logischer sein soll als der Lauf der „natürlichen“ Ent­wicklung. Und vor allem fragt er sich nicht, warum die Ent­wicklung auf einmal grundlos zurück­gedrängt werden soll. Weshalb wir uns fragen: Was soll der Unsinn?!

Mannheimer Morgen, 29. 7. 2000

Der Schriftsteller Ralph Giordano […] wird mit den Worten zitiert: "Bravo, bravissimo! — endlich ein Ende mit dem Klamauk der so genannten neuen Recht­schreibung. Schifffahrt mit drei 'f'? Nur über meine Schriftsteller­leiche!" Dass er zuvor schon die Sauerstofffla­sche mit drei 'f' schreiben musste, hat seine Tätigkeit aber offenbar nicht beein­trächtigt.

, Welt am Sonntag, 9. 10. 2011

Darüber, dass man in zusammen­gesetz­ten Substantiven jetzt immer dreimal denselben Konsonanten hinter­einander schreiben muss - "Schifffahrt", "Bal­letttänzerin" -, regen sich wohl nur noch Recht­schreib-Taliban auf. Denn so etwas musste man auch schon vorher machen, wenn auf den Mehrfach­konsonanten ein weiterer Konsonant folgte und das Wort an dieser Stelle getrennt oder gekoppelt geschrieben wurde wie in "Ballett-Truppe" oder "Schiff-fracht". Hier ist das Regel­werk also ein bisschen leichter und logischer geworden.

Die gegner verteidigen etwas, was sie nicht kennen:

Ingeborg Krupar, Die Welt, 19. 2. 1999

leserbrief zu "Bei Rechtschreib­problemen hilft das Grammatische Telefon"

Nordkurier-Online, 2. 8. 1999

Bei "Pappplakat" sträuben sich dem Kul­turamts­chef die Haare. Die Recht­schreib­reform auf dem Weg in die Amtsstuben - doch will­kommen ist sie dort nicht

Doch Jakubzik bemängelt an der neuen Sprach­vorschrift nicht so sehr die Rei­bungs­verluste der Umstellung. Seine Kritik zielt tiefer: "Diese sogenannte Reform ist völliger Quatsch. Eine unaus­gegorene Sache, die niemandem nützt und zu einem Sprachchaos führt", wettert der studierte Deutsch­lehrer, der die Aktion persönlich als halbherzig und im Sinne der Sprach­entwicklung rück­schrittlich ablehnt. "Wenn ich Wörter wie Pappplakat lese, sträuben sich mir die Haare."

Wie hat der kulturamtschef Pappplakat vorher geschrieben?

Carolin Mülver­stedt, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 29. 7. 2000

Großes Erstaunen löst häufig auch die Erkenntnis aus, dass „Kunst­stoffflasche” schon bisher mit drei „f” zu schreiben war […].

newsclick.de (Braun­schweiger Zeitungs­verlag), 15. 9. 2000

Ihre Lehrer sind zwei Jahre nach der ver­bindlichen Einführung der neuen Recht­schreibung im Unterricht immer wieder auf­flackernde Diskussionen um Tip oder Tipp, Papplakat oder Pappplakat leid. […] Der stell­vertretende pädagogische Leiter der Kreis­volkshoch­schule (KVHS) erlebt in Kursen zum zweiten Bildungs­weg, dass sich Schreib­weisen wie Pappplakat gut vermitteln lassen, Zu­sammen- und Getrennt­schreibung aber weiterhin Probleme bereiten.

Es ist erfreulich, dass sich Pappplakat gut ver­mitteln lässt. Man hat es ja auch schon immer so ge­schrieben. Es ist wohl wirklich so: Eine rechtschreib­reform lässt sich höchstens dann vermitteln, wenn sich nichts ändert.

Reinhard Kahl, Uni­versitas, 10. 2004

Zum Beispiel Peter Müller, Minister­präsi­dent in Saar­brücken. Der frisch erweckte Orthografie­populist bekennt, wie froh er nun sei, bald wieder „Sauer­stoffflasche“ mit einem f weniger schreiben zu dürfen. Falsch, Peter. Setzen! Auch nach den Regeln seiner alten Schreib­orthopädie müssen hier drei f sein […].

Ulrich Wickert, ARD-«tages­the­men», 3. 6. 2005, 23:10

Trotzdem, eins verspreche ich Ihnen, meine Damen und Herren: Solch einen Schwachsinn wie Schiffahrt mit drei f und Ballettruppe mit drei t werde ich nie schreiben, selbst wenn ich dann eine schlechte Note bekomme.

Wenn «mister Tages­themen» bisher «Ballettrup­pe» mit 2 t ge­schrieben hat, hat er kaum gute noten bekommen.

, Deutsche Sprache,

Lernende und Lehrende […] wurden von der Reform kalt erwischt. […] In den ohne­hin wenigen Unterrichts­stunden rück­ten die reform­kritischen Fälle ins Zentrum. Grund­schüler/-innen lernten, dass man <Sauer­stofffla­sche> jetzt mit drei <f> schreibt, obwohl ihnen die vorher geltende Geminaten­reduktion noch gar nicht bekannt war.


Komposita mit namen

Glatttal strassenname Glatttalstrasse

Problem: Die komposita werden oft als eigen­namen betrachtet; dazu kommt die falsche meinung, dass sich alle arten von namen nicht nach der recht­schreibung zu richten haben. Die schreibweise Glattal wird von einigen organi­sationen beibehalten, z. b. von der Glattal­bahn und der kreisschul­behörde der stadt Zürich.

glattalbahn.ch: «Glattalbahn», aber «Glatttalbahn» in der meta-information Kreisschulbehörde Glattal Glattal Apotheke

Konsequenz: Da sich die frühere regel für die wort­trennung am zeilenende nicht aufrecht erhalten lässt, muss Glat-tal, Rot-tal und Nydeg-gasse in kauf genommen werden:

zeitungsausschnitt prospekt