Die Lehrerschaft ist an Regelungen interessiert, die einfach anzuwenden sind, möglichst viel Eindeutigkeit generieren und langfristig Bestand haben können. Nichts davon ist gegeben. Dazu kommt, dass die Probleme in der Vermittlung von Deutschkompetenz im Unterricht von der Rechtschreibreform nur zum kleinsten Teil betroffen sind: Schülerinnen und Schüler machen vielleicht 98% ihrer Schreibfehler gar nicht in dem von der Regelung betroffenen Bereich.
Bund für vereinfachte rechtschreibung (BVR)
nachgeführt
,
2023-10-24
Aus presse und internet
2005-06-28
23. 6. 2005
Der Appell trägt die Unterschriften der Akademiepräsidenten Adolf Muschg (Berlin), Dieter Borchmeyer (München) und Ingo Zimmermann (Dresden).
17. 6. 2005
Der ehemalige bayerische Kultusminister Hans Zehetmair ist, seit er als Vorsitzender des Rats für Rechtschreibung amtiert, zur Schlüsselfigur in der Farce der Rechtschreibreform geworden.
Die Rechtschreibreform ist ein voller Erfolg zumindest, wenn es um das Lesen von Texten geht. Das besagt eine Studie von Psychologen der Berliner Freien Universität. […] Bei fast allen untersuchten Regeln kamen die Leser mit den neuen Schreibweisen besser oder gleich gut zurecht und zwar Kinder, die nur die neuen Regeln gelernt haben, ebenso wie Erwachsene, die mit der alten Rechtschreibung aufgewachsen sind.
16. 6. 2005
Gustav Seibt behauptet, dass man nach neuer Rechtschreibung Nude-lauf-lauf trennen dürfe. Das ist falsch! […] Von Rechtschreibreformgegnern wird gerne behauptet, dass an unseren Schulen ein Rechtschreib-Chaos herrsche. Ich bin Lehrer, habe aber bisher an keiner Schule ein derartiges Chaos feststellen können. Nach meiner Einschätzung wird es auch in Zukunft keines geben, und höchstens die fanatischsten Rechtschreibreformgegner werden sich ein solches Chaos wünschen.
Wenn nun aber Regeln neu formuliert werden, so sollte dies so weit wie möglich plausibel sein. […] Tatsächlich sind aber im Rat für deutsche Rechtschreibung die meisten der anstehenden Fragen noch nicht genügend abgeklärt.
Die Schreibung einer Sprache kann doch nicht von der Schule her bestimmt werden.
Hat man überhaupt eine Ahnung, was die Unklarheit bei Schulkindern, die Probleme haben (Legastheniker) oder deren Muttersprache nicht Deutsch ist, anrichtet?
Ärgerlich ist, dass die neue Rechtschreibung, eine natürlich nicht perfekte, aber im Grunde sinnvolle Sache, im letzten Sommerloch von profilierungssüchtigen Politikern mit wenig Sachverstand, aber viel Populismus wieder in Frage gestellt wurde.
Eine Verschiebung des Verbindlichwerdens der Reform würde das durch die verbissene Kritik von Puristen und Besserwissern angerichtete Chaos in den Schulen nur verlängern.
Eine Ausweitung plebiszitärer Elemente wie Volksbegehren und Volksentscheid würde mit Sicherheit in kürzester Zeit Ruhe in diese künstlich hochstilisierte und aufgeblähte Debatte bringen […].
Der Wirbel, der von selbst erkorenen Experten um die neue Rechtschreibung gemacht wird, scheint mir von einer Blindheit oder Ratlosigkeit gegenüber den wesentlichen Herausforderungen in Deutschland und auf der Welt befördert zu sein.
Der Berg kreißt und gebiert ein – nein, kein Mäuslein, sondern ein Monster, eine Missgeburt […].
Wie lange noch lassen sich die Zeitungen von Ministern, die mit dem Kopf durch die Wand wollen (Steinfeld), zum Narren halten?
Aber die Reform hat auch in vernünftigeren Köpfen Verwirrung gestiftet. […] Hermann Unterstöger meint überdies, man hätte „früher“ nicht „Erdöl fördernd“ oder „allein erziehend“ schreiben dürfen. Regel 209 des alten Duden sagt es anders: Beides war freigestellt. Erst die Neuregelung brachte die rigide Einschränkung auf das Getrennte. Jetzt ist der alte Zustand wiederhergestellt.
11. 6. 2005
SZ: Kürzlich haben Sie an den Orden Pour le mérite appelliert, als eine Art Rat der Weisen zu wirken: Klang da nicht Sorge um die Kultur an, das Bewusstsein, es fehle ihr an geistiger Orientierung? Weiss: Dieser Orden versammelt die Geistesgrößen der deutschen Gesellschaft, zusammen mit internationalen Wissenschaftlern und Künstlern. Er trifft sich zweimal im Jahr, und man debattiert dort überaus interessante Fragen, was aber zu selten nach außen dringt. Schon seit meiner ersten Begegnung mit dem Orden ist es meine Hoffnung, dass er nicht ein interner Kreis der Erwählten bleibt, sondern eine sprechende, kommentierende Instanz wird. […] SZ: Was wäre Ihr Wunschthema für das Jahr 2005? Weiss: Niemand sollte dem Orden Themen vorgeben. Aber ich weiß, dass es 2004 ein Thema gab, über das der Orden diskutiert hat, ohne dies öffentlich zu machen: die Rechtschreibreform.
10. 6. 2005
Andreas Thalmayr alias Hans Magnus Enzensberger bietet sieben Rundgänge durch den Zaubergarten der Sprache an. Ganz ohne Polemik geht es dabei nicht ab. […] wenn er die Rechtschreibreform attackiert, zittern ganze Kultusministerien (wenigstens ein bisschen). […] Die Duden-Redaktion in Mannheim bezeichnet er als «Kommission zur Betonierung der deutschen Sprache». Die Kultusministerkonferenz ist für ihn ein Haufen von Legasthenikern, denen er unterstellt, dereinst nicht einmal vor der Abschaffung des Genitivs zurückzuschrecken. Das ist in der Heftigkeit, mit der ein Feindbild zum Popanz aufgeblasen wird, schon komisch.
Josephine Ahrens möchte nicht als Fehler angestrichen bekommen, was außerhalb der Schule weithin nicht als Fehler angesehen wird. Mit diesem Wunsch ist sie jedoch vor Gericht in Hannover nicht durchgedrungen.
6. 6. 2005
Die "Neue Osnabrücker Zeitung" befaßt sich mit dem Kultusminister-Beschluß, große Teile der Rechtschreibreform in Kraft treten zu lassen: "[…] Zwar ehrt es die Minister, daß sie Bedenken aufnehmen wollen. Stutzig macht jedoch, daß sie auf der anderen Seite große Teile der Rechtschreibung per Dekret regeln, obwohl diese keineswegs so unumstritten sind, wie behauptet wird."
Der Schulbuchverleger Michael Klett nannte die nun für die Schüler entstandene Lage "desolat". Die Eltern schrüben anders als ihre Kinder, Lehrmaterialien kursierten in drei Rechtschreibungen.
Erstens: Die Einheit der Rechtschreibung wird auch nach dem 1. August nicht gegeben sein, nicht im Bereich der Schulen, geschweige denn in der Öffentlichkeit. Zweitens: Der Rat für Rechtschreibung hat bewiesen, daß er zu unabhängiger und konstruktiver Arbeit fähig ist. Drittens: Die Kultusministerkonferenz ist und bleibt eine Versammlung blindwütiger Flickschuster.
4. 6. 2005
Neu sollen — wie vor dem 1. August 1998 — Verben wie «vollquatschen», «auseinandersetzen» […] zusammen geschrieben werden, da sie vom Sinn her eine Einheit bilden. Die Vorschläge müssen nun noch den politischen Behörden zur Genehmigung vorgelegt werden — in Deutschland der Kultusministerkonferenz (KMK), in der Schweiz der Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK). Die KMK hatte bereits zuvor beschlossen, für die strittigen, vom Rat noch diskutierten Fälle die Toleranz über den 1. August 2005 hinaus zu verlängern. Auch das EDK sieht laut einer Mitteilung vom Freitag dieses Vorgehen als «sinnvoll» an. Beschlossen sei aber hoch nichts.
Natürlich können die Gegner der Reform das Einlenken der Kultusminister bei der Zusammen- und Getrenntschreibung als Teilerfolg feiern. Nur: Ist damit etwas gewonnen? Bei der größten Fehlerquelle Groß- und Kleinschreibung jedenfalls nichts. Es bleibt eigentlich nur ein Ausweg aus dem Chaos: Meine Damen und Herren, geben Sie Rechtschreibfreiheit!
Wem? Der Badischen Zeitung schreiben die kultusminister nichts vor.
Der Beschluß der Kultusministerkonferenz, die unstrittigen Teile der Reform in Kraft treten zu lassen, hat im Rat Irritationen ausgelöst. Zehetmair zeigte Verständnis für das Vorgehen der KMK, ließ aber keinen Zweifel daran, daß der Rat auch künftig unbeirrt und unabhängig von Sachzwängen der Politik die einzelnen Bereiche der Reform bearbeiten wird. Zehetmair bekräftigte die Entschlossenheit des Rates, sich von keiner Seite unter Druck setzen zu lassen, auch nicht unter Zeitdruck. […] Der kulturpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Otto, bezeichnete die in Teilen verbindlich gemachte Rechtschreibreform als "Zumutung gegenüber den Lehrern und Schülern". Außerdem sei darin eine "unglaubliche Arroganz gegenüber dem Rat für deutsche Rechtschreibung zu sehen". […] Die bildungspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Reiche, forderte die Ministerpräsidenten auf, die gesamte Reform außer Kraft zu setzen.
Seit Freitag arbeitet die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung doch noch mit im Expertenrat für Rechtschreibung. Damit haben nun auch die beinahe schärfsten Kritiker der Rechtschreibreform von 1996 ihre Bereitschaft bekundet, an einem Kompromiss in allen strittigen Fällen der neuen Rechtschreibung mitzuwirken - und diesen hinterher auch mitzutragen! Und noch besser: indirekt ist damit ja das Eingeständnis der Akademie verbunden, dass bestimmte Teile der Rechtschreibreform eigentlich unstrittig und vermutlich sogar ganz gut sind. Ja, wer sagt's denn!
Das also soll Rechtschreibfrieden schaffen: Die Kultusministerkonferenz will alle "unstrittigen" neuen Regeln zum 1. August für verbindlich erklären. […] Nein, strittig sind alle Bereiche der neuen Rechtschreibung […]. Ein Rechtschreibfrieden ist so nicht zu erreichen.
2005-06-03
Die unstrittigen Teile der Rechtschreibreform sollen nach dem einstimmigen Beschluß der Länder-Kultusminister wie geplant zum 1. August für Schulen und Behörden verbindlich werden.
Als im Herbst letzten Jahres die Zusammensetzung des Rates für deutsche Rechtschreibung diskutiert wurde, gab es heftige Auseinandersetzungen. Nach Jahren übelster Hinterzimmerdiplomatie der Kultusminister und der von ihr eingesetzten Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung war das Mißtrauen groß.
Insgesamt sollte bei der Groß- und Kleinschreibung gar nichts neu geregelt werden, ausgenommen die manchmal zu dogmatische Darstellung im Wörterverzeichnis des Duden (im trüben fischen, sein Schäfchen ins trockene bringen).
Nach dem Beschluss der Kultusministerkonferenz, die Rechtschreibreform in großen Teilen zum 1. August in Kraft zu setzen, macht sich Unmut breit. Die Lehrer bemängeln fehlende Planungssicherheit, Reformgegner sehen in der Teillösung eine zusätzliche Verwirrung der Bürger.
In der langen Übergangszeit formierte sich immer stärkere Kritik. Hatte sich die Diskussion im Vorfeld noch an Schreibweisen wie aufwändig, Gämse und Stängel festgebissen, so erwiesen sich nun in der Praxis vor allem die Regeln zur Getrenntschreibung als Quell steten Ärgers. Einerseits war es nicht mehr möglich, durch Getrennt- oder Zusammenschreibung unterschiedliche Sachverhalte zum Ausdruck zu bringen.
In Quedlinburg einigten sich die Kultusminister darauf, neben der Laut-Buchstaben-Zuordnung und der Schreibung mit Bindestrich auch die Groß- und Kleinschreibung zu verabschieden. Nach Auffassung von Ickler muß aber gerade die Groß- und Kleinschreibung, die nach der Rechtschreibreform gegen grammatikalische Grundregeln verstoße, dringend korrigiert werden.
2005-06-02
Mit der Energie und Verbissenheit, mit der seine Bergarbeitervorfahren im Erzgebirge Kohle und Metall schürften, geht er den Silberadern der Poesie in fremden Sprachen nach […]. Die Sorgfalt jedoch, die er dem Deutschen angedeihen lässt, ist nicht kleiner. Kein Wunder, dass er einer der schärfsten Kritiker der unglückseligen Rechtschreibreform wurde. Der Übermut der Ämter, der Kunze schon in der DDR zur Verzweiflung brachte, empört ihn – siehe den Oktroi der neuen Ortografie – im vereinigten Deutschland nicht minder.
6. 2005
[…] die 1901 erreichte Einheit der deutschen Rechtschreibung muss im ganzen deutschen Sprachraum gewahrt bleiben. […] Bis heute fehlt allerdings der Tatbeweis, dass die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung für die Schreibenden wirklich eine Erleichterung bedeutet. […] Die Reform muss weitergehen: früher oder später wird man unter anderem über jene beiden Probleme der Syntax, die unsere deutsche Sprache so schwierig machen, wieder diskutieren müssen: über die Grossschreibung der Nomen und über die äusserst komplexe, weil vorwiegend grammatischsyntaktisch begründete Kommaregelung, die kein Deutschsprachiger ganz beherrscht, selbst die Germanisten nicht.
21. 5. 2005
Sie ist ein Wunder aus Glas und Stahl - und für viele das schönste Haus am Pariser Platz: Die Akademie der Künste zwischen dem Hotel Adlon und der DG-Bank, die heute um 18 Uhr eröffnet wird. […] Welche Aufgabe hat sie? Mit Ausstellungen, Lesungen, Vorträgen u.a. informiert sie die Öffentlichkeit über Tendenzen in der Kunst. Sie pflegt ein umfangreiches Archiv sowie rund 800 Sammlungen und Nachlässe (u.a. von Heinrich Mann, Bertolt Brecht). Außerdem berät sie die Regierung in kulturellen Fragen, sprach sich u.a. gegen die Rechtschreibreform aus.
19. 5. 2005
Den Deutschen sind Kriminalfilme, Sport- und Lotterieergebnisse oder Schauspieler allemal wichtiger als der Kanzler der deutschen Einheit. […] Die fehlende Selbstachtung drückt sich auch in der zunehmenden Verhunzung der deutschen Sprache aus und in der sogenannten Rechtschreibreform, die die Verbindung zu unseren Vorfahren abschneidet.
2005-05-14
Fazit: Weder bei der Fremdwortschreibung noch im gesamten Bereich der „Laut-Buchstaben-Entsprechung“ gibt es einen Grund, von der bisher üblichen Regelung anzugehen. Eindeutschungen fanden immer statt, man braucht sie nicht zu forcieren.
9. 5. 2005
Endlich. Der Aufschwung ist da. Zumindest geistig-kulturell. Der Osten ist Spitze. Beim zweiten Mitmach-"Deutschtest" von RTL zeigte sich, dass die Ossis die Rechtschreibung ihrer Muttersprache besser beherrschen als die Brüder und Schwestern im Westen. […] Dies beweist einmal mehr die Finesse der Menschen im Osten, die es nach der Rechtschreibreform geschafft haben, ihre Fehlerzahl Jahr für Jahr zu erhöhen und trotzdem nicht wie die Deppen dazustehen.
7. 5. 2005
Und das ß im "überbetonten Volkstums- u. Staatsbewußtsein" schreibt man heute mit Doppel-s. Die Kritik aber an der Rechtschreibreform verliert angesichts der Lektüre des Kriegsdudens wegen inhaltlicher Irrelevanz stark an Fahrt.
6. 5. 2005
"Die historisch gewachsene Orthographie ist ihnen im Grunde ein Ärgernis", so kurz und treffend charakterisierte der emeritierte Erlanger Sprachwissenschaftler Horst Haider Munske die Motivation der Rechtschreibreformer.
Ob da wohl ungute erinnerungen an seine schülerin Leiss mitspielen? Sie gibt uns anlass zu einer unterscheidung: Es ist aufgabe der wissenschaft, ständig das bestehende und scheinbar selbstverständliche zu hinterfragen und visionen zu entwickeln, und es ist im grunde aufgabe von (verzeihung!) gebrauchtwagenverkäufern, das «historisch gewachsene» zu rechtfertigen und eine beule als verbesserung des cw-werts zu preisen. Vgl. FAZ, 4. 10. 2004.
4. 5. 2005
Wir müssen die leidige Diskussion, die ich gerne mit Vollendung der deutschen Einheit beendet gesehen hätte, abschließen. Der Moment ist leider verpennt worden. Jetzt, im Jahr 2005, sage ich: Die Kommission, die jetzt eingerichtet ist, sollte schnell möglichst stark über das Zusammenschreiben bestimmter Begriffe hinaus auf die Gegner der Rechtschreibreform zugehen. Und die Kultusministerkonferenz sollte dann das, was dabei herauskommt, eins zu eins beschließen. Und das sollten dann alle akzeptieren. Das schlimmste wäre eine fortdauernde Beliebigkeit.
3. 5. 2005
Für einiges Schmunzeln sorgte im Rathaus die Mitteilung, die der nordrhein-westfälische Städte- und Gemeindebund soeben zur Rechtschreibreform abgegeben hat. Ausgangspunkt war ein höchstrichterliches Urteil, in dem festgestellt wurde, dass die neuen Rechtschreibregeln nach der Übergangszeit bis zum 31. Juli eigentlich nur für den Bereich der Schulen verbindlich weiter gelten müssen. Den Stadtverwaltungen ist es danach selbst überlassen, ob sie sich dem anschließen wollen oder nicht.
28. 4. 2005
Da […] von der Konjunktion "daß" kaum noch die Rede ist, sei noch einmal darauf hingewiesen, daß es keinen sachlichen Grund gibt, diese Konjunktion mit ss zu schreiben. Niemand hat bisher auch nur versucht, der Bevölkerung zu erklären, warum das ß nun da gerade verschwinden muß […].
Böhr meint sehr richtig, "daß die deutsche Sprache der Ausdruck unserer geistigen Heimat" sei. Sie ist, wie ich meine, die wichtigste Identität unseres Volkes. Aber die Politiker, vor allem die Kultusminister, treiben eine unsägliche Zerstörung unserer Muttersprache weiter voran mit der zutiefst sprachwidrigen Rechtschreibreform, gegen den in einem Volksentscheid und in allen Umfragen erklärten Willen des Sprachvolkes.
26. 4. 2005
Die umfassendste Auswahl aus Schillers Briefwechsel mit über hundert Adressaten unterbreiten gegenwärtig in einer handlichen, eleganten Form die beiden letzten Bände der Schiller'schen Werkausgabe im Deutschen Klassiker-Verlag, abgesehen von den zwischen 1956 und 1992 erschienenen zehn Briefbänden der Nationalausgabe. […] Auch zeichnet sich der Abdruck der Briefe dadurch aus, dass sie, im Gegensatz zu anderen Ausgaben, ohne modernisierende Bearbeitung, also ohne Berücksichtigung der jüngsten Rechtschreibreform, in der Originalschreibweise dargeboten werden.
23. 4. 2005
Wo es darum geht, nicht entscheidbare Probleme vom Tisch zu bekommen, schlägt die große Stunde der Ergebnisoffenheit. Dann schießen sie die Probleme in die Umlaufbahn der Gutachtenproduktion. Und so hört sich das im O-Ton an: Wirklich ergebnisoffen bin eigentlich nur ich Aber wir werden die Regierung nicht aus der Verantwortung lassen, eigene Gesetze vorzulegen, die wir ergebnisoffen diskutieren und keineswegs nur ablehnen Schon vor zwei Jahren habe ich hier beschrieben, warum die Rechtschreibreform blödsinnig ist. Ich habe damals gefleht, die Landesregierung möge doch bitte ergebnisoffen in eine vorurteilsfreie Überprüfung eintreten.
22. 4. 2005
Eines haben die in der Anonymität agierenden Durchsetzer der Rechtschreibreform inzwischen gewiß erreicht: Sie haben Fakten geschaffen, die nicht von einem auf den anderen Tag vom Tisch zu wischen sind. […] Will man aber zusehen, wie mehrere große lexikographische Verlage in Konkurs gehen, nur weil sie ihr gesamtes Programm in mehrjähriger Arbeit auf die Neuregelung umgestellt haben?
18. 4. 2005
Lehrpläne werden oft verändert. Die Folge: der gesamte Bücherbestand muss ausgetauscht werden. Dazu kommt die Rechtschreibreform mit der x-ten Reform der Reform (zur Zeit kostet ein Schulbuch etwa 30 Euro).
2005-04-14
Die Reformer argumentierten zuletzt, nach der Erprobungsphase des Regelwerks stehe nun die Einheit der Rechtschreibung auf dem Spiel; eine Rücknahme verursache nur Chaos und Kosten. Die Opfer ihrer schlampig entworfenen und arrogant durchgesetzten Neuregeln aber sind die Kinder: Sie stehen vor einem Chaos aus Varianten und Versionen; von Einheit ist keine Spur, Geld hat das Ganze sowieso verschlungen, und nur noch Spezialisten wissen, welcher Duden gerade noch oder schon wieder gilt.
11. 4. 2005
Im Unterschied zur Vorgehensweise der Reformer scheint für den Rat der Sprachgebrauch wieder zur Leitlinie seines Handelns zu werden. Darin liegt die entscheidende Kehrtwendung.
Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat in seiner Sitzung am Freitag letzter Woche deutlich gemacht, daß er die Rücknahme verfehlter Teile der Rechtschreibreform nicht länger ausschließt. […] Die Sprache und die Sprachgemeinschaft lassen sich nun einmal keine Vorschriften machen. Das hätten die Politiker vorher wissen können.
«Keine Vorschriften» – was hatten wir denn vorher?
9. 4. 2005
Die Konferenz der Kultusminister sollte sich die Empfehlungen der Experten zu eigen machen. Sie hat die Schlechtschreibreform selbstherrlich und ohne jede parlamentarische Legitimation gegen die überwältigende Mehrheit der Bürger durchsetzen wollen.
8. 4. 2005
Welche Reichweite der Kompromissvorschlag der Arbeitsgruppe hat, geht schon aus der Befriedigung hervor, die Theodor Ickler, die Speerspitze der Reformfeinde, äußert. […] Das Papier der Arbeitsgruppe stelle einen radikalen Neuansatz dar. […] Dabei waren sie es, die kampagnenartig jede moderate Regelanpassung durch die Zwischenstaatliche Kommission als Katastrophe dargestellt hatten […].
1. 4. 2005
Mit der Pflegeversicherung ist die Pflege dem Markt übergeben worden, sagt Claus Fussek. […] Die Gesellschaft regt sich über die Rechtschreibreform mehr auf als über Menschenrechtsverletzungen in Altenpflegeheimen.
4. 2005
Geht man von unserem Schichtenmodell der Sprache aus, so ist die Rechtschreibung zweifellos auf der untersten Ebene anzusiedeln. Das bedeutet ein Zweifaches: Zum einen stellt die Rechtschreibung eine Art vorgrammatische Disziplin dar, eine Disziplin also, die nicht zum Bereich des grammatischen Systems der Sprache gehört […]. Und zum andern leistet die Rechtschreibung im Hinblick auf die kommunikative Leistung der Sprache wenig bis nichts. […] wird die menschliche Kommunikation ganz wesentlich vom inner- und aussersprachlichen Kontext, in dem ein Wort steht, gesteuert. […] Die kommunikative Leistung der Rechtschreibung ist derart klein, dass wir sie fast vernachlässigen können. […] Ganz anders sieht es nun in Bezug auf die gesellschaftliche Wertung der Rechtschreibung aus. […] Ich kenne keine Sprache, in der die Orthografie einen derart hohen gesellschaftlichen Stellenwert hat wie im Deutschen. Im Italienischen — das versichere ich Ihnen — jedenfalls nicht!
Streng genommen stellte Duden jedoch nicht die alte Rechtschreibregelung dar. Diese bildete vielmehr die amtliche Regelung von 1902, die erste Regelung der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum überhaupt; und diese war weit weniger detailliert und rigide als neuere Auflagen des Dudens. […] Unter anderem lässt sich diese Entwicklung darauf zurückführen, dass 1915 das allgemeine Orthographische Wörterbuch des Dudens mit dem so genannten Buchdruckerduden, einem detaillierten Regelwerk für die grafische Branche, verschmolzen worden ist. Das hat zur Vermischung von Rechtschreibgrundwissen und Spezialistenkenntnissen geführt, eine Entwicklung, die einem guten Umgang mit der Rechtschreibung nicht unbedingt förderlich gewesen ist.
Hermann Scheuringer und Christian Stang: Die deutsche Rechtschreibung. Geschichte. Reformdiskussion. Neuregelung. Edition Praesens, Verlag für Literatur- und Sprachwissenschaft, Wien 2004. […] Zwar wird in dem Buch die Neuregelung der deutschen Rechtschreibung, die am 1. August dieses Jahres in Kraft treten wird, gut nachschlagbar dargestellt; das kann man jedoch andernorts ebenfalls finden. Interessanter erscheint mir deshalb der historische Teil. […] «Über Rechtschreibung zu diskutieren, ist also nicht nur eine Frage zwischen ‹ss› und ‹ß›, sondern Bildungsgeschichte, Schulgeschichte, Gesellschaftsgeschichte usw. – zusammengefasst: Kulturgeschichte.» Wer sich über diese Kulturgeschichte orientieren möchte, ist mit diesem Buch sehr gut bedient.
31. 3. 2005
Es ist hierzulande ein merkwürdiges Phänomen, daß viele tiefgreifende Änderungen im Vorfeld so lange wie möglich ignoriert und erst kurz vor (oder nach) der Rechtwirksamkeit hitzig debattiert werden. Am Ende fügt man sich dann so oder so dem nicht mehr zu vermeidenden Schicksal. So war es seinerzeit bei der Einführung der Rechtschreibreform oder dem ab Freitag möglichen behördlichen Zugriff auf die Konten der Deutschen[,] und es dürfte sehr wahrscheinlich ähnliches geschehen, wenn es ab Herbst neue Reisepässe nur noch gegen Abgabe eines Fingerabdrucks erhältlich sein werden.
29. 3. 2005
Zu allererst: Barfuß schreibt sich auch nach der neuen Rechtschreibung mit scharfem "ß" (wie stets nach langen Vokalen) — dies erwähnen wir nur, um die durch falsche Anwendung der Rechtschreibreform produzierte Verwirrung ein wenig einzudämmen. An den Machern von Til Schweigers neuestem Film scheint diese Rechtschreibregel jedenfalls auch vorbei gegangen zu sein, liest man doch überall offiziell von "barfuss".
22. 3. 2005
Im Umfeld der neu entbrannten Auseinandersetzung um die deutsche Rechtschreibreform hatten über fünfzig Professoren eine Petition an die Parlamente in Deutschland, Österreich und der Schweiz eingereicht. […]Sie forderten die Rückkehr zur früheren Orthographie. Dazu wird es nun in der Schweiz endgültig nicht kommen. Die große Kammer, der Nationalrat, hat jetzt die Petition behandelt.
21. 3. 2005
Am 8. April wird der Rat für Deutsche Rechtschreibung erstmals Änderungen der Rechtschreibreform beraten. […] Zu dem 36-köpfigen Expertengremium gehört der aus der Schweiz stammende Germanistik-Professor der Universität Jena Peter Gallmann (52). […] Wird die rechte Rechtschreibung ein Dauerproblem? Wenigstens ein Dauerthema. Die Experten sind gut beraten, wenn sie die Entwicklung beobachten und die Orthografie-Regeln nach vier oder fünf Jahren wieder anpassen. Bei unseren Nachbarn im Norden, in Schweden, Dänemark, Norwegen ist das ganz normal. Davon kann man lernen.
19. 3. 2005
Die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK) des Nationalrats kam jedoch zum Schluss, dass eine Rückkehr zur alten Rechtschreibung nicht in Frage komme. Auch diese weise zahlreiche Mängel auf.
18. 3. 2005
Ähnlich wie Borner nimmt Straubhaar kein Blatt vor den Mund und verbreitet in seinen Kolumnen in diversen Schweizer und deutschen Zeitungen ebenso liberale Thesen. […] So forderte er in der baz, in der er regelmässig als Gastautor schreibt, dass der Staat sich nicht um die Rechtschreibereform kümmern dürfe.
Die Deutschschweiz wird nicht zur alten Rechtschreibung zurückkehren. Der Nationalrat hat am Freitag stillschweigend von einer entsprechenden Petition von Rechtsprofessoren Kenntnis genommen, ohne ihr Folge zu geben.
15. 3. 2005
Kritiker der Rechtschreibreform haben den Vorstandsvorsitzenden der Axel-Springer AG, Mathias Döpfner, zum «Sprachwahrer des Jahres» gewählt. Die Leser der Sprachzeitung «Deutsche Sprachwelt» hätten sich mit großer Mehrheit für Döpfner ausgesprochen, teilte der Schriftleiter des Blattes, Thomas Paulwitz, am Dienstag am Rande der Leipziger Buchmesse mit.
2005-03-14
Die umstrittene Rechtschreibreform mit all ihren Nachbesserungen und Sowohl-als-auch-Regelungen war der Sprachkultur bislang auch nicht eben dienlich. Speziell die Groß- und Getrenntschreibungsregeln haben dem geschriebenen Deutsch ästhetisch-grammatikalische Missgeburten beschert wie etwa "sehr Zeit raubend" oder "eine Hand voll Frauen" (selbst King-Kong hatte an einer genug). "Der Nobelpreis für Günter Grass war wohl verdient", stand in der "Süddeutschen Zeitung" zu lesen (der Kritiker Joachim Kaiser hatte gemeint: wohlverdient); in einem Geschichtsbuch des Cornelsen Verlags erfahren die Schüler, dass sich Menschenaffen und Menschenvorfahren "auseinander entwickelt" hätten (tatsächlich haben sie sich auseinanderentwickelt). Inzwischen sind die meisten Zusammenschreibungen allerdings wieder zulässig.
Sie registrieren also einen Verfallsprozess? Henscheid: Mir scheint, brennende Fragen um die allseits rasend interessierende Duden-Reform beziehungsweise -Reformreform werden fast läppisch angesichts wirklich bedrohlicher Dinge, etwa des aktuell grassierenden Sprachdrecks der Art, wie er tagtäglich von der "Bild"-Zeitung ausgebrütet wird: orwellsches Neusprech als Doppelmoppel-Stummel der Pop-Art.
11. 3. 2005
Um ein Jahr möchte der kulturpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, Otto, die Einführung der Rechtschreibreform verschieben. Der Rat könne bis zum 1. August dieses Jahres "die unbestritten bestehenden Probleme der Rechtschreibreform" nicht lösen
Als ob mit der Rechtschreibreform nicht schon genug Schaden entstanden wäre, will nun der Bochumer Mathematikprofessor Gerritzen auch noch unsere Zahlen umgedreht wissen, damit es die lieben Kleinen nicht so schwer haben.
Die Parteien, Interessensgruppen und Verbände graben sich in ihre Positionen ein. Jede Seite will die Schulstruktur nach ihrer Fasson verändern. […] Was bedeutet es für das Österreichische Bildungssystem, wenn mit einfacher Mehrheit hurtig drauf los reformiert wird? […] Schon die (behutsame) Rechtschreibreform hat die Fragwürdigkeit einer derartigen Prozedur aufgezeigt: Mit der neuen Schreibung wurden die Schulbücher umgestellt. Würde man diese wieder ad acta legen, müssten die Schulmaterialien neuerlich umgeschrieben werden, dann vielleicht noch einmal und noch einmal.
7. 3. 2005
Neben dem unbedingten Sparwillen versucht sich Wulff mit sorgsam ausgewählten Themen gezielt als Modernisierer und Aufklärer zu profilieren. Mal gehts daneben, wie bei der gescheiterten Rückkehr zur alten Rechtschreibung. Meistens landet er jedoch mediale Volltreffer.
Deutsche Sprache schwere Sprache — das gilt nicht erst seit der umstrittenen Rechtschreibreform. Der Mathematik-Professor Lothar Gerritzen fordert noch mehr Chaos. Statt "vierunddreißig" sollen wir endlich "dreißigundvier" sagen.
5. 3. 2005
Das Volk, dem immer mal wieder seine Ohnmacht vor Augen geführt wird (Euro-Einführung, Rechtschreibreform), ist auf individuelle Anpassung zurückgeworfen.
4. 3. 2005
Einer der schärfsten Kritiker der Rechtschreibreform, der Schriftstellerverband P.E.N., hat jetzt doch noch seine Mitarbeit im Rat für Deutsche Rechtschreibung angekündigt. […] Der P.E.N. entsendet mit dem Erlanger Sprachwissenschaftler Theodor Ickler einen der profiliertesten Kritker der Rechtschreibreform in das umstrittene Gremium.
3. 3. 2005
Bei seinem zweiten Treffen hat der an Überbesetzung leidende Rat für Rechtschreibung in Mannheim eine siebenköpfige Arbeitsgruppe eingesetzt […].
3. 2005
Mit der neuen Orthographie wurden gewachsene Rechtschreibenormen von einer Gruppe selbsternannter Reformer — unter gütiger Mithilfe ahnungsloser Politiker — aus den Angeln gehoben.